2017 revisited

(2016, 2015, 2014, 2013, 2012, 2011, 2010, 2009, 2008, 2007, 2006, 2005, 2004, 2003.)

1. Der hirnrissigste Plan?

Ich glaube, man kann meinen Plan, mich weiterhin kunsthistorisch bilden zu wollen, obwohl vermutlich keine Karriere mehr daraus wird, als hirnrissig bezeichnen. Oder als gut für die Seele. #dissertation

Runner-up: den Wiesntisch ausgerechnet am Vorabend der Bundestagswahl zu haben, bei der ich Wahldienst leistete und dementsprechend früh aufstehen musste.

2. Die gefährlichste Unternehmung?

Im fünften Stock Fenster zu putzen. Erkältet bei offenem Fenster zu schlafen. Die heiße Suppe auf dem Löffel nicht anzupusten. Oder anders gesagt: Ich war sehr risikoscheu in diesem Jahr.

3. Die teuerste Anschaffung?

Mein altes iPhone zickte ungefähr ein Jahr rum und ich erduldete es, weil ich gerade kein Geld ausgeben möchte, wenn es nicht unbedingt nötig ist, aber in Kassel auf der documenta war ich kurz davor, das Telefon an die Wand zu werfen. Obwohl ich wusste, dass bald neue iPhones rauskommen, kaufte ich ein quasi veraltetes – einfach, um wieder ein funktionierendes Handy zu haben, das mich nicht wahnsinnig macht. 430 gut angelegte Euro. Jetzt kann ich wieder mindestens eine Generation überspringen.

4. Das leckerste Essen?

Ich befülle diesen Fragebogen immer über Monate hinweg, er liegt ab spätestens Mitte des Jahres in den Entwürfen, damit ich nichts vergesse. Bis Oktober stand hier: Der erste Kaffee mit selbst gemahlenen Bohnen. Der erste selbstgebastelte Irish Coffee. Das Voit in Kassel. Immer wieder das Broeding.

Nach Oktober kann hier nur noch das Tantris stehen. Ganz weit vorne und ohne jede Konkurrenz. F. und ich reden immer noch ehrfürchtig darüber.

5. Das beeindruckendste Buch?

Comic: Mawils Kinderland. War leider der einzige, den ich dieses Jahr gelesen habe, aber dafür war er richtig gut.

Sachbuch: The Unwinding: Thirty Years of American Decline von George Packer. Ist bereits 2014 erschienen, liest sich aber wie eine Bedienungsanleitung für die Wahl Donald Trumps. Sehr unangenehm, aber unwiderstehlich geschrieben, auch wenn die Stileigenheiten nach 200 Seiten etwas nervig werden.

Runner-up: Da hätte ich gleich zwei. Mein Verständnis für die Nachkriegspolitik in Europa hat James L. Sheehans Where Have All the Soldiers Gone? The Transformation of Modern Europe (auf deutsch: Kontinent der Gewalt: Europas langer Weg zum Frieden) sehr verbessert, und die englische Fassung las sich ganz hervorragend. Direkt dahinter: Carolin Emckes Gegen den Hass.

Fiktion: A Little Life von Hanya Yanagihara. Selten hat mich ein Buch so mitgenommen. Im Prinzip gleichauf: The Underground Railroad von Colson Whitehead. Außer Konkurrenz: The Handmaid’s Tale von Margaret Atwood. Das habe ich auch als Serie gleichzeitig fasziniert und verängstigt verfolgt.

6. Der ergreifendste Film?

Coco vor Moonlight. Lobende Erwähnung geht an Get Out; eigentlich mag ich keine Horrorfilme, aber der hier hatte eben doch deutlich mehr zu bieten als puren Grusel.

Generell sehe ich immer weniger Filme, sondern lungere stundenlang vor Serien rum (danke, Netflix). In diesem Jahr mochte ich Please Like Me, BoJack Horseman und Rick and Morty am liebsten. Weiterhin Pflichtprogramm sind seit letzter Season The Good Place und This Is Us, seit diesem Jahr wieder Will & Grace (I MISSED YOU SO MUCH!), seit immer Grey’s Anatomy und zum Schmachten Outlander. Hoffentlich hört Better Call Saul nie auf, jetzt wo ich von meinen geliebten The Leftovers Abschied nehmen musste.

7. Die beste CD? Der beste Download?

Keine Musik gekauft, aber dafür brav für Spotify Premium gezahlt. Das lohnt sich beim Walken jetzt so richtig, wo ich immer dem kompletten Mix der Woche zuhöre und nicht nur den ersten drei Songs.

8. Das schönste Konzert?

Nur in einem mit den Münchner Symphonikern gewesen, daher war das eindeutig das schönste. Und in der Oper war Rusalka als All-Time-Favorite vorne.

9. Die tollste Ausstellung?

Ich habe die irrwitzig große und vollgehängte Postwar-Ausstellung im Haus der Kunst als grundlegend wahrgenommen. Sie hat mein Wissen über die Nachkriegskunst entscheidend erweitert, vor allem, weil sie sich nicht auf Europa und die USA beschränkt hat, sondern ich mir auch Kunst aus Asien und Afrika anschauen konnte. Wer die Gelegenheit hat, im gefühlt acht Kilo schweren und knapp 900 Seiten dicken Katalog zu blättern, sollte das tun.

Ebenfalls im Haus der Kunst sah ich Thomas Struth, über den wir im Podcast gesprochen haben und mit dem ich mich in einem Einzelmeister beschäftigte. Die Ausstellung wurde verlängert und läuft noch bis zum 7. Januar – schnell noch rein!

Völlig überwältigt war ich von Hisako Inoues Bibliothek der Gerüche in der Villa Stuck. Ich habe leider nicht über sie gebloggt, aber wir sprachen im Podcast begeistert darüber, wie toll es ist, seine Nase in Bücher zu stecken. Auch diese kleine Ausstellung läuft noch und zwar bis zum 14. Januar.

Für mich persönlich hat sich der Besuch in der Galerie Michael Hasenclever sehr gelohnt, in der ich mir Carl Grossberg anschauen konnte.

10. Die meiste Zeit verbracht mit …?

Lesen und schreiben. Ab August Zukunftspanik schieben.

11. Die schönste Zeit verbracht mit …?

Lesen und schreiben. Und kuscheln. Netterweise nicht erst seit August.

12. Vorherrschendes Gefühl 2017?

Okay, jetzt schnell ein Masterthema finden! Okay, jetzt schnell die Masterarbeit schreiben! Okay, jetzt schnell ein Dissertationsthema finden! Okay, jetzt für die Promotion immatrikulieren! Okay, jetzt bei allen Werbeagenturen, die dich jemals gebucht haben, vorstellig werden! Okay, zwischendurch mal atmen und dich hinsetzen und über dein Leben nachdenken. … nee, warte, doofe Idee, lieber atemlos weiterhetzen!

Das nervt mich seit einigen Wochen gewaltig, dass ich nach der Masterarbeit keinen bewussten Schnitt gemacht habe, um mich neu aufzustellen. Was genau will ich in den nächsten Jahren machen, wo, mit wem? Wie positioniere ich mich und als was eigentlich? Da habe ich sehr viele hysterische Schnellschüsse produziert anstatt erst zu denken und dann zu schreiben. Immerhin ist am Jahresende doch noch eine neue Website dabei rausgekommen, die ich hinter den Kulissen gefühlt fünfmal komplett umgeschmissen habe. Jetzt bin ich mit ihr und meiner Positionierung aber sehr zufrieden.

13. 2017 zum ersten Mal getan?

Cold Brew angesetzt. Eine Dauerkarte für einen Fußballverein besessen. (Na gut, nur ne halbe, aber das zählt, finde ich.) Ein, zwei Museumskataloge in der Hand gehabt, in denen der eigene Name steht. In Regensburg gewesen. Im Ägyptischen Museum München gewesen. Auf der documenta gewesen. Eine Masterarbeit abgegeben. Doktorandin geworden. Im Tantris gegessen. Stundenlang übers Olympiagelände gegangen.

14. 2017 nach langer Zeit wieder getan?

Ein Studium abgeschlossen (MA, der BA war 2015, das lasse ich als „lange Zeit“ durchgehen). Halbwegs regelmäßig Sport gemacht. Eine gedruckte Zeitung abonniert. Vorstellungsgespräche gehabt. Wahldienst geleistet.

15. Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können?

Die erste Diss-Idee, die keine fünf Minuten hielt. Die gefühlt zehn Erkältungen im November. Der Abstiegskampf vom FC Augsburg in der Saison 2016/17, der mich als So-gerade-noch-Bayern-Fan aber sehr geerdet hat – so fühlt sich also normaler Fußball an.

16. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?

Die ganzen Hamburger und Berliner Agenturen, mich wieder für die Langstrecke zu buchen, nachdem ich fünf Jahre lang nur kleine Jobs angenommen habe, weil die Uni halt wichtiger war. Das läuft langsam an, was mich sehr freut.

Meinen Doktorvater musste ich nicht groß von mir überzeugen. Ich nehme das als gutes Zeichen.

17. Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?

Am letzten documenta-Tag nicht mehr zu quengeln.

18. Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?

Der Besuch im Tantris, den eine Leserin übernommen hat. Die Opernkarte für Rusalka, die total überraschend kam. Eine neue Website. Eine Kaffeeflasche. Und lauter süße Kleinigkeiten, die F. auf mein Kopfkissen legt, während ich mich im Bad für die Nacht fertig mache. („Du musst mir nicht dauernd was schenken.“ – „Aber du freust dich immer so.“ – „😍“)

19. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?

„Diss passt.“

20. Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?

„Ich freue mich darüber, bei jemandem im Arm zu liegen, der sich darüber freut, dass ich bei ihm im Arm liege.“

21. 2017 war mit einem Wort …?

Unlangweilig.