Was vom Biere übrig blieb

Vor der Lesung hatte ich fiese Flashbacks in die Zeiten, in denen ich als armes Kind bei Akkordeonkonzerten auftreten musste; da hat sich mein Magen ähnlich angefühlt. Das legte sich netterweise sehr schnell, weil Gerhard und Richard die Ruhe in Person waren, schon mal an Scotch und Wein nippten, während ich mein erstes Bier aufmachte. Dann wurde kurz festgelegt, wer wann was liest, wer wann was singt (ja, liebe Leute, die nicht da waren, wir/ich habe/n gesungen) und wie oft wir uns verbeugen, und das war die ganze Vorbereitung.

Da hat meine Textauswahl deutlich länger gedauert. Ich habe viermal gelesen, und um mich rum hat Richard was von Teddy Hecht gelesen, Gerhard hat sich an französischen Zungenbrechern versucht, dann gab’s noch den Brief eines Kriegsdienstverweigerers, ein aufrüttelndes Interview mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft für Kastanienmännchen, einen YouTube-Clip mit Andy Kaufman und dann war der Abend im Prinzip schon rum; dann haben wir nur noch gesungen, Bob Dylan und John Lennon. Ich war deutlich weniger angespannt als ich dachte, sobald’s losging, und das Publikum war äußerst freundlich und freigiebig mit Lachern und Applaus. Firma dankt nachträglich.

Nach reiflicher Überlegung, Alles-nochmal-umschmeißen und dem konsequenten Nen-Teil-wieder-reinnehmen war das meine Textauswahl für den Abend: Von Dienstleiser zu Dienstleister, Lady Marmalade und Eh, du, „Chris“, weil der so gut zu nörgelnden Mailschreibern wie den aus Marmalade gepasst hat.

Mein zweiter Block bestand aus einem weiteren Dienstleister und meinen liebsten Filmfestspielhauserinnerungen, angefangen bei meinem dämlichsten Fehler. Der Text hat, soweit ich das hinter den Lichtern und der Aufregung beurteilen kann, am zweitbesten gefallen.

Der dritte Block war nur ein Text, aber dafür der längste (iPhone-gestoppt auf dem heimischen Sofa: 7 Minuten. Ich hoffe, auf der Bühne hab ich mir etwas mehr Zeit gelassen): mein Babysitting von Emilia. Das war meiner Einschätzung nach der Text, der am besten angekommen ist. Im Nachhinein – und den ganzen kurzen Dingern – ahne ich auch warum: weil man endlich mal ein bisschen Zeit hatte für eine Geschichte. Bei den kurzen Stücken hatte ich gerade angefangen, eine Stimmung aufzubauen, da war sie schon wieder dahin, weil der Text eben nur 20 Zeilen lang war. Merke ich mir fürs nächste Mal, so es denn eines gibt.

Im vierten Teil, bei dem ich schon so entspannt war, dass ich wahrscheinlich wieder gerast bin: Kerlegucken, Ikea-Bettwäsche (runterscrollen bis 3.2.) und Mittagspause, mit dem ich das Dienstleistergenörgel beendet habe (runterscrollen bis 25.4).

Ich habe mich sehr über die bekannten Nasen gefreut, die da waren, über die, die ich nach sieben Jahren Bloglesens endlich kennenlernen durfte und im Nachhinein über diejenigen, die da waren und mir dann per Twitter oder Mail Bescheid gesagt haben, dass sie da waren. SAGT DOCH WAS, WENN IHR NEBEN MIR STEHT!

Eigentlich wollte ich von der Bühne runter twitpicen, aber erstens hab ich’s vergessen und zweitens hätten die Scheinwerfer eh geblendet. Daher nur im Vorfeld: Aufbau, Richard, Gerhard. Vielen Dank an die beiden Herren für die Einladung. Der nächste Tote Salon findet am 14. Januar statt, und dann sitzt Wiglaf Droste auf dem Stuhl in der Mitte.