2015 revisited

(2014, 2013, 2012, 2011, 2010, 2009, 2008, 2007, 2006, 2005, 2004, 2003.)

1. Mehr Kohle oder weniger?

Weniger. Ich habe in diesem Jahr ganze zwei Rechnungen gestellt und lebe weiterhin von meiner schönen gesparten Werbekohle, die tollerweise nicht nur für die Zeit des Bachelor gereicht hat, sondern mich auch noch zwei Jahre durch den Master trägt. Richte mich aber seelisch darauf ein, irgendwann kellnern zu gehen.

2. Mehr ausgegeben oder weniger?

Weniger. Die anderthalbfache Miete und die Flüge zwischen München und Hamburg sind seit März weggefallen.

3. Mehr bewegt oder weniger?

Gleichgeblieben. Ich radele weiter durch die Stadt und vermisse ein Auto nur, wenn ich über Ikea nachdenke oder Schlösser und Klöster außerhalb der Stadt besichtigen will.

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4. Der hirnrissigste Plan?

Eine Beziehung wiederbeleben zu wollen, die schon tot war. Ich habe ungefähr ein Jahr gebraucht, bis dieser Fakt wirklich bei mir angekommen war, aber jetzt ist er angekommen.

5. Die gefährlichste Unternehmung?

Überraschend nach Hamburg zu fliegen. Die drei damals für mich wichtigsten Männer in meinem Leben gleichzeitig vergrätzt. Badly played, Gröner, truly badly played.

6. Die teuerste Anschaffung?

Der Umzug von Hamburg nach München.

7. Das leckerste Essen?

Ein wundervolles Menü im Le Restaurant in Amsterdam und gestern abend, noch so gerade auf der Zielgerade, das beste Steak meines bisherigen Lebens im Theresa.

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8. Das beeindruckendste Buch?

Comic: Ich habe nur den neuen Asterix gelesen.

Sachbuch: Walter Isaacsons Steve-Jobs-Biografie und 1913: Der Sommer des Jahrhunderts von Florian Illies.

Fiktion: Purple Hibiscus von Chimamanda Ngozi Adichie. Ich müsste in diesem Jahr ungefähr fünf Belletristikbücher gelesen haben, wenn ich meinen Instagramstream oder meine wackelige Erinnerung konsultiere. Ich habe nicht mal Siri Hustvedts The Blazing World durchbekommen, obwohl es genau meins sein müsste. The Sachbuch für die Uni is strong in this one.

9. Der ergreifendste Film?

Le tout nouveau testament, dicht gefolgt von Inside out. Sehr gut unterhalten haben mich The Martian und (ich bin immer noch davon überrascht:) Star Wars VII – The Force Awakens. Völlig geflasht hat mich Ex Machina (hier die beste Kritik, die ich zu diesem Film gefunden habe, die auch gut erklärt, warum ich es trotz aller Begeisterung fürchterlich unangenehm fand, den Film anzuschauen).

10. Die beste CD? Der beste Download?

Ich habe 2015 nur eine MP3-Sammlung gekauft (Vulnicura von Björk) und ansonsten Spotify gehört.

11. Das schönste Konzert?

Ich war nur in einem: Die Münchner Symphoniker spielten mit Alexey Stadler. Dafür war ich zwölfmal im Theater und davon hat mir Am Beispiel der Butter im Residenztheater am besten gefallen.

12. Die tollste Ausstellung?

Mit weitem Abstand Louise Bourgeois im Haus der Kunst sowie Keith Haring in der Kunsthalle. Es ärgert mich, dass ich darüber nicht geschrieben, sondern „nur“ gepodcastet (1, 2) habe. Ich werde versuchen, wieder mehr über meine Ausstellungsbesuche zu bloggen. Ich lese lieber als jemandem zuzuhören, selbst wenn ich es selbst bin, der ich zuhöre.

13. Die meiste Zeit verbracht mit …?

… zweifeln.

14. Die schönste Zeit verbracht mit …?

… lernen. (Und geküsst werden.)

15. Vorherrschendes Gefühl 2015?

HILFE!

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16. 2015 zum ersten Mal getan?

In Amsterdam gewesen. Eine Bachelor-Arbeit geschrieben. Aus einem Zweitwohnsitz einen Erstwohnsitz gemacht. Ein Studium beendet (BA).

17. 2015 nach langer Zeit wieder getan?

Ein Studium begonnen (MA). Eine Beziehung beendet. Umgezogen. Eine Beziehung begonnen.

18. Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können?

Tränen wegen der Trennung, Tränen wegen der BA-Arbeit, Tränen wegen des Umzugs.

(Tränen wegen eines verlorenen Handschuhs. Tränen wegen des Nudelholzes, das noch in Hamburg liegt. Tränen, weil ich ein Buch weggeschmissen habe, das ich vier Wochen später gebraucht hätte. Tränen, weil Post von der Hausratsversicherung im Briefkasten ist. Tränen, weil’s regnet, Tränen, weil die Sonne scheint. Meine Fresse, ging mir das auf die Nerven und an die Substanz. Seit ungefähr einer Woche ist es deutlich besser, und ich hoffe, das bleibt so.)

19. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?

Mich selbst, dass alles irgendwann irgendwie wieder gut wird. Ist noch work in progress.

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20. Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?

Einen überraschenden Kuss. (Glaube ich.)

21. Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?

Mich im richtigen Moment in den Arm zu nehmen.

22. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt geschrieben hat?

„Frau Anke Gröner, geboren am … in …, hat am 18. Juli 2015 die Bachelorprüfung für den Studiengang Kunstgeschichte bestanden. Endnote: sehr gut. Aufgrund dieser Prüfung wird hiermit der akademische Grad Bachelor of Arts (B.A.) verliehen.“

Ich habe einen akademischen Grad! Ich freue mich darüber immer noch und öffne ab und zu den grünen LMU-Ordner und bewundere meine BA-Urkunde. (Die bessere Ehrenurkunde!)

Den schönsten Satz des Jahres hat F. zu mir gesagt, und der ist so schön, dass ich ihn für mich behalte.

23. Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?

„Danke.“

24. 2015 war mit einem Wort …?

Berg-und-Talfahrt.

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(2014, 2013, 2012, 2011, 2010)

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Was schön war, 26./27. Dezember 2015

„Ich male, wenn es nötig ist“

Das Interview mit Anselm Kiefer las ich zwar schon vor den Weihnachtsferien, aber den einen Satz, den ich bereits vertwitterte, trage ich seitdem mit mir herum: „Warum hat man solche Angst, sich überwältigen zu lassen durch Kunst?“ Hier die ganze Passage:

Als wir darüber sprachen, ob die kommende retrospektive Ausstellung im Centre Pompidou auch nach Deutschland wandern könnte, sagten Sie, Deutschland sei nicht so relevant.

Na ja, meine Erfahrungen haben gezeigt, dass Deutschland nicht mein erster Resonanzboden ist.

Hat das auch damit zu tun, dass Sie den Betrachtern immer sehr großen Spielraum lassen, großen Interpretationsraum? Sie sind ja auch missverstanden worden, etwa in den 70er Jahren, als Sie in Deutschland weniger verstanden wurden als in anderen Ländern.

Vor allem bei den Juden, die ausgewandert waren, die haben ja meine Karriere gemacht. Der Ärmelkanal ist immer noch eine Grenze.

Woher kommt denn diese abstoßende Reaktion? Schlagen Sie irgendeine Saite an, die man in Deutschland nicht hören kann?

Ich glaube, es ist auch Faulheit der Journalisten. Die schauen die Bilder nicht wirklich an.

Hat es – neben der Thematik vor allem der frühen Jahre – auch mit dem Monumentalen zu tun, auf das die Deutschen immer allergisch reagieren, mit der Überwältigungsästhetik?

Ich bin andauernd überwältigt, von einem Musikstück oder einem Gedicht oder von einem Kunstwerk. Warum hat man solche Angst, sich überwältigen zu lassen durch Kunst? Und dann das Monumentale, das hat ja nichts mit der Größe der Leinwand zu tun.

Bleibt die Überwältigungs-Ästhetik. Neben dem Monumentalen sind große Emotionen in der zeitgenössischen Kunst schwierig zu vermitteln.

Und das ist verkehrt, denn Emotion kommt sowieso immer wieder durch. Es gibt ja diesen Dreiklang: Wille, Emotion und Intellekt. Die wirken zusammen, in Harmonie, und dann ist es richtig. Man kann Emotion nicht ausschalten. Ein Beispiel, an dem man das gut sehen kann, bei Mondrian. Die Mondrian-Bilder scheinen abstrakt, aber sie sind es nicht wirklich. Man sieht ihnen den intellektuellen Kampf an. Was danach kam, De Stijl, das ist dann tot, für mich ist es tot, das ist ohne Emotion. Wenn die Emotion nicht da ist, dann fehlt was, dann ist es nicht vollständig.“

In meinem Fach muss ich natürlich aufpassen, mich nicht von den Bildern vereinnahmen zu lassen – ich brauche nach der ersten, bei mir meist emotionalen Reaktion, den intellektuellen Abstand, um über das Werk nachdenken zu können. Aber genau diese erste Reaktion ist für mich einer der Schlüssel zum Bild oder zur Skulptur: Wie reagiert mein Bauch auf das Gesehene? Ist er begeistert, verstört, angewidert? Weiß er gerade nicht, was passiert? Oder passiert gar nichts und ich habe nur ein Fragezeichen über dem Kopf? Jede dieser Reaktionen ist eine erste Richtung, in die ich denken kann: Bin ich die einzige, die so reagiert? Ist es gewollt, dass ich so reagiere? Reagiere ich auf andere Werke des oder der Künstler*in ähnlich oder ist das hier ein singuläres Erlebnis? Natürlich ist das nicht die einzige Grundlage, auf der ich ein Bild bespreche, aber es ist eine, die ich nicht vernachlässigen darf. Kunst will schließlich immer etwas von mir – würde sie das nicht wollen, wäre eine Skulptur nur ein Gegenstand und ein Bild nur ein bunter Fleck auf der Wand. Ich muss also überprüfen, ob bei mir ankommt, was die Kunst von mir will, und das tue ich in meinem Fall mit einer ersten emotionalen Reaktion.

Ein Buchgeschenk vom ehemaligen Mitbewohner.

Ich habe erst 30 Seiten von Navid Kermanis Ungläubiges Staunen: Über das Christentum gelesen, kann also zum gesamten Buch noch nichts sagen außer dass die Bilder, mit denen Kermani sich auseinandersetzt, in einer sehr anständigen Qualität gedruckt sind, was ja schon mal die halbe Miete ist bei einem Buch über Kunstwerke. Mit einem Satz hatte das Buch mich aber schon in der Hand:

„Kann sein, gibt die Kunstgeschichte dazu eine sympathische Auskunft, kann aber auch nicht sein.“ (S. 24)

Ich glaube, Kermani hat mein Fach sehr gut verstanden.

Meine kleine Höhle.

Die letzten beiden Tage verbrachte ich komplett auf dem Sofa, nur unterbrochen von kurzen Gängen in die Küche, um den Keksteller und die Teekanne wieder aufzufüllen. Dazu schaute ich vier Star-Wars-Filme, Ex Machina (große Empfehlung), While You Were Sleeping und Home Alone, weil Weihnachten erst dann zu Ende ist, wenn ich will, dass es zu Ende ist.

Was schön war, 23. bis 25. Dezember 2015

Das erste Referat im Ost-West-Dialoge-Seminar über zwei Fotografinnen aus der DDR: Helga Paris und Evelyn Richter.
Eine Serie von Richter hat mir sehr gut gefallen, in der sie Menschen fotografiert, die sich Kunst anschauen: Ausstellungsbesucher. Ich weiß nicht, ob die Serie schon abgeschlossen ist. Ein Motiv fand ich besonders toll, vielleicht auch deshalb, weil wir das Bild, vor dem die Ausstellungsbesucherin steht, auch im Seminar besprochen hatten:

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Evelyn Richter: Vor Wolfgang Mattheuers „Die Ausgezeichnete“ im Dresdner Albertinum (1975), Berlinische Galerie.
Quelle: Kat. Ausst. Positionen künstlerischer Photographie in Deutschland seit 1945; 7. September 1997 bis 11. Januar 1998, Martin-Gropius-Bau Berlin, Köln 1997, S. 82. (Prometheus-Bildarchiv)

Hier das Bild, vor dem die Dame steht:

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Wolfgang Mattheuer: Die Ausgezeichnete (1973/74), 125 x 100 cm, Öl auf Hartfaser, Nationalgalerie Berlin.
Quelle: Blume, Eugen/März, Roland: Kunst in der DDR. Eine Retrospektive der Nationalgalerie, Berlin 2003. (Prometheus-Bildarchiv)

Das Bild zeigt den Kontrast zwischen dem idealen und dem stattdessen real existierenden Sozialismus, es entheroisiert das sozialistische Arbeiterbildnis.

Evelyn Richter versuchte teilweise in ihrer Serie, die Betrachter*innen in den gleichen Posen zu fotografieren, die in den Bildwerken zu sehen sind. Die Fotos sind nicht gestellt, sie wartete manchmal wochenlang vor den Werken, bis die für sie passende Person davor stand. Hier hat die Betrachterin den gleichen, fast resignierten Ausdruck, den schon Mattheuers Ausgezeichnete trägt. Gleichzeitig entsteht ein Kontrast zwischen Fiktion und Wirklichkeit (wenn man mal annimmt, dass ein Foto die Wirklichkeit zeigt, worüber man natürlich auch sehr lange streiten kann). Beim gemalten Bild kann man sich notfalls herausreden, dass es Fiktion ist, dass der Sozialismus seine Menschen eben nicht immer glücklich und zufrieden macht. Beim Foto fällt es etwas schwerer, diese Utopie aufrecht zu erhalten. Ich finde es auch bezeichnend, dass die Betrachtende eigentlich gar keine ist, sondern dem Bild den Rücken zuwendet. Sie wendet sich damit sowohl von der sozialistischen Utopie der glücklichen Arbeiterin ab und zugleich von der Kunst ihres Staates, die sie vielleicht sowieso nur pflichtschuldig betrachtet hatte.

Ein Päckchen unterm Weihnachtsbaum: Anita überraschte mich mit Katharina Greves Eigentlich ist Wurst umgestülptes Tier. Von Frau Greve lese ich ja bekanntlich alles, und das Büchlein fehlte mir noch in der Sammlung. Vielen Dank für das perfekt getimte Geschenk und die Widmung – ich habe mich sehr gefreut.

Das Kochen bei meinen Eltern.
Meine Schwester hatte eingekauft, ich schleppte aus München unter anderem meine Lieblingsreibe, mein Lieblingsmesser und mein Lieblingsschneidbrett an, und dann stand ich in der Küche, in der ich seit 20 Jahren nicht mehr wirklich in die Schränke und Schubladen geguckt hatte und fand quasi alles auf Anhieb wieder. Ich wusste noch, wo die Töpfe stehen, die Rührschüsseln, die Gewürze. Das ging deutlich besser als ich gedacht hatte. Vorneweg gab’s schwarze Linsen mit Räucherlachstatar, danach Reh mit Rotkohl und Semmelknödeln – die erschienen mir beim Anrichten plötzlich doch zu rustikal zum Reh, aber anscheinend hat’s allen geschmeckt – und zum Schluss Welfenspeise, bei der sich die familiäre Rotte beschwerte, dass ich nicht mehr gemacht hatte. Ich nehme das als Kompliment.

Die Doppelkopfrunde nach dem Essen mit viel Sekt und Keksen dazu.
Als meine Schwester und ihr Mann schon den Heimweg angetreten hatten, saßen meine Eltern und ich noch am Wohnzimmertisch, plauderten und köpften bis vier Uhr morgens alles an Flaschen, was in der Nähe stand.

Die Lufthansa-Damen in der Lounge am Flughafen Hannover, die einfach mal alle in die Senator- statt in die Business-Lounge winkten. (Den Unterschied hatte ich mir dramatischer vorgestellt.)

Der Rückflug nach München bei Vollmond.
Normalerweise sitze ich immer auf Platz F, also auf der rechten Seite im Flieger, weil ich gerne meine rechte Hand frei habe, um entspannt mein Buch umzublättern, den Getränkebecher zu halten oder mein iPhone aus der Hosentasche zu friemeln, um Candy Crush zu spielen. Dieses Mal buchte ich aber den Platz A, damit ich meine linke Schulter an die Rückenlehne drücken konnte, ohne einen eventuellen Sitznachbarn zu belästigen, denn die Schulter nervte seit ein paar Tagen, aber weniger, wenn ich sie irgendwo gegendrücken kann. Glück für mich, denn auf der linken Seite des Flugzeuges hatte ich die ganze Zeit den Mond neben mir. Seit dem Start glotzte ich wie eine Laienfliegerin aus dem Fenster, weil ich mich gar nicht daran sattsehen konnte, wie wunderschön der helle Mond über den Wolken aussah. In dem Moment, in dem ich daran dachte, ein Foto zu machen, ging das Kabinenlicht aber wieder an, was die Fotomöglichkeit drastisch ruinierte. Ich versuche zu lesen, aber der Mond lenkte mich so sehr ab, dass ich irgendwann mein Buch wieder in den Rucksack packte und nur noch gedankenverloren nach draußen schaute. Bei der Landung dachte ich immerhin an ein Bild, aber das kann nicht mal im Ansatz wiedergeben, wie wunderschön die 45 Minuten gestern in der Luft waren.

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„Es begab sich aber zu der Zeit …

… dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Ich wünsche euch allen ein friedliches, fröhliches, besinnliches, schönes, gesegnetes Weihnachtsfest. Danke fürs Lesen.

Star Wars VII – The Force Awakens

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Was ich nicht wusste, bis @fehlpass am Montag darüber twitterte: Im Mathäser gibt es 10-Uhr-Vorstellungen. Ein Traum! Nur deswegen kam mir der Gedanke, ach na gut, dann guckste dir halt den neuen Star Wars an. Das hätte ich bleiben lassen sollen, denn nun will ich einen Plüsch-BB-8, den Film nochmal sehen und hänge den ganzen Tag im Trailer rum. Drecksstern.

(Es folgen ein paar winzige Spoiler, keine massiven, die den Film ruinieren, aber trotzdem: Weiterlesen auf eigene Gefahr.)

Ich bin emotional null in Star Wars involviert. Meine Heimat war immer die des Star-Trek-Universums, und ich habe nie verstanden, warum diese galaxy far, far away so einen Einfluss auf die Popkultur gehabt hat. Da ich aber Teil dieser Kultur bin, habe ich natürlich brav alle bisherigen Filme gesehen, um nicht doof vor der Tür zu stehen. Ich mochte auch den Trailer für den neuen Film, fand das neue rote Lichtschwert mit der Parierstange schick, freute mich über Adam Driver, in den wir ja alle seit Girls verknallt sind, und darüber, dass wir endlich mal eine Frau als Hauptfigur haben, die nicht sinnlos im Goldbikini irgendwo rumsitzen muss. Trotzdem war ich nicht wild auf den Film, die ganze Hysterie um ihn hat mich auch eher genervt als neugierig gemacht, aber: eine Kinovorstellung um 10 Uhr morgens ist einfach ein Kracher-Argument, vor allem, wenn man gerade nichts für die Uni tun will und eigentlich nur die Zeit bis zum Heiligabend und dem Familienfest totschlägt. Also: Kino. (Wo erstmal dieser sehr geschickt platzierte Spot lief.)

Dass ich sofort debil grinse, wenn das Logo im Bild ist und John Williams dazu aufspielt, wusste ich schon aus den Prequels. Aber meine Reaktion darauf, die alten Reck*innen wiederzusehen, hat mich sehr überrascht. Der zerknautschte Harrison Ford und die leider völlig unzerknautschte Carrie Fisher, die kaum noch ihr Gesicht bewegen kann, ließen mich zum ersten Mal gerührt in einem Star-Wars-Film sitzen. Ich weiß nicht, warum, wie gesagt, mir sind die Figuren eigentlich egal, aber: anscheinend dann doch nicht. Ich weiß nicht, ob es die schlichte Tatsache ist, dass man hier Menschen Jahrzehnte später wiedersieht und es einfach passt; dass es nicht beliebige ältere Schauspieler*innen sind, die jetzt diese Rollen ausfüllen, sondern wieder Ford und Fisher; dass es sich nicht wie ein Film anfühlt, der neu aufgelegt wurde, sondern wie ein Kapitel einer Geschichte, die uns seit fast 40 Jahren begleitet und noch nicht zuende ist. Ich weiß es nicht, aber, das muss ich wirklich immer noch verwundert zugeben, ich war ein bisschen ergriffen. Und zugleich amüsiert, denn dieser Film ist eher lustig als spannend. So ernsthaft spannend war Star Wars ja nie, Gut gegen Böse, Vater, Sohn, blablabla, aber dieser Film konnte mich immerhin einmal so richtig überraschen, und weil mich diese Szene, dieser Handlungsfortschritt so kalt erwischt hat, muss ich den Film dringend nochmal sehen, jetzt, wo ich emotional gefestigt und darauf vorbereitet bin.

Außerdem möchte ich mich nochmal an den Sets erfreuen. Helga twitterte, dass ihr die Riesigkeit vieler Dinge auf die Nerven ging; mir ging es genau andersherum, ich mochte das sehr, dass die Menschen (und alle anderen Wesen) sich fast verloren in den Weiten der Wüsten. Vor allem die eine Szene, in der Rey in ihr Lager zurückkehrt, die Kamera aufzieht und wir erkennen, dass ihr Lager ein halb im Sand verschütteter AT-AT ist, hat mir sehr gefallen. Auch weil es nicht nur die Größenordnung zeigt, sondern die Ruinen der alten Gesellschaft, die von der neuen, der First Order, langsam überlagert werden.

Apropos alte Gesellschaft: The Force Awakens ist wieder dreckiger, kaputter, nicht mehr so pixelig-perfekt wie die Prequels. Die Schiffe sehen wieder teilweise so aus, als würden sie durch Tesa zusammengehalten, alles rostet und quietscht, alles ist benutzt und nicht auf Hochglanz poliert. Auch das wird fast nebenbei abgehandelt, als Rey sich einen alten Helm aufsetzt, auf dem unter dem ganzen Schmutz ein Logo der Rebellion erkennbar ist. Vielleicht haben auch deshalb Ford und Fisher so einen Eindruck auf mich gemacht: weil man sehen kann, wo sie hergekommen sind. Andererseits ging mir das visuelle Referenz-Dropping irgendwann auch auf den Zeiger, vor allem in der Szene, in der Ford einen gewissen Verwandten wiedertrifft. Aber gut, in Star-Trek-Filmen hätte ich das wahrscheinlich abgefeiert und mich über alles Wiedererkannte gefreut, daher lasse ich das mal durchgehen.

Aber das war noch nicht alles. Wie gesagt, ich freute mich schon im Vorfeld über eine weibliche Heldin. Den ganzen Film über freute ich mich dann darüber, dass es nie ein Thema war, dass sie weiblich ist, so wie das bei männlichen Hauptfiguren ja auch nie ein Thema ist, dass sie Männer sind. Aber als Rey kurz vor Schluss erstmals kraftvoll das Lichtschwert schwang, hatte ich ernsthaft ein bisschen Gänsehaut. Ich vertwitterte gestern eine kurze Kolumne, in der genau der Satz fiel, den ich dachte, ohne ihn zu formulieren: „A girl Jedi. Finally.“ Vielleicht hat mich das an Star Wars immer genervt: Während ich bei Star Trek längst eine Captain Janeway hatte, besaßen bei Star Wars nur die Jungs die coolen Spielzeuge, und die Mädels wurden auf eine Frisur reduziert. Ich hatte nicht damit gerechnet, wie sehr es mich begeistert hat, eine Frau mit einer Ikone der Filmgeschichte zu sehen, dem blöden, unpraktischen, britzeligbrummenden Lichtschwert. Das war ein Bild, das mich wirklich bewegt hat, weil es sich angefühlt hat wie: Jetzt sind wir gleich. Finally.

Und ich behaupte, ich bin ein bisschen breitschultriger aus dem Kino gekommen.

Tagebuch Montag, 21. Dezember 2015 – Weihnachtswoche in der Uni

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Tagebuch Sonntag, 20. Dezember 2015 – Lesen

Traurig gewesen. Aus Gründen, wie es so schön heißt und wie es bei mir im letzten Jahr quasi durchgehend Gründe gab. Durch intensives Lesen abgelenkt, was nicht immer funktioniert hat, aber in Ansätzen dann doch.

Ich bibliografierte mal wieder für Herrn Kiefer in der Gegend rum und stieß in einem Repository auf eine US-amerikanische College-Abschlussarbeit, die sich auch mit den Mythen in Kiefers Bildern auseinandergesetzt hatte; allerdings hatte die Dame einfach alle Mythen genommen, die im Werk vorkommen, also nicht nur die als deutsch wahrgenommenen wie die Nibelungen (die sie gerne Niebelungen schreibt), sondern auch jüdische, altgriechische und ägyptische. Damit zeigte sie sehr nachvollziehbar die verschiedenen Interessen auf, die Kiefer über die Jahrzehnte seines Schaffens verfolgte, und ich fand sogar noch Literatur, die ich bisher übersehen hatte. Was ich allerdings sehr putzig fand: Sie verwechselte die Wagner’schen Nibelungen gnadenlos mit dem mittelalterlichen Epos, das zwar eine ähnliche, aber nicht die gleiche Handlung hat. Für sie waren Wagners Nibelungen die Nibelungen und fertig. Ach ja, und den Namen Wagner erwähnt sie nicht mal.

Danach las ich weiter in Mythos Trümmerfrauen: Von der Trümmerbeseitigung in der Kriegs- und Nachkriegszeit und der Entstehung eines deutschen Erinnerungsortes, das ich jetzt schon weiterempfehlen kann. Autorin Leonie Treber erklärt, dass die Trümmerräumung (natürlich) schon im „Dritten Reich“ begonnen habe, denn zu dieser Zeit flogen die Alliierten ihre ersten Luftangriffe. Damals wurden Häftlinge zwangsweise zur Trümmerräumung eingesetzt, womit diese Tätigkeit von vornherein den Ruch einer Strafarbeit bekam, den sie auch in den Jahren 1945 und 1946 nicht loswurde (weiter bin ich noch nicht). Auch nach dem Kriegsende wurden zunächst Strafgefangene, dann zunehmend Arbeitslose eingesetzt, aber den Großteil der Enttrümmerung (das Wort kannte ich auch noch nicht) übernahmen Firmen, die teilweise schon zur NS-Zeit Erfahrungen sammeln konnten. In einigen Städten wurden neue Firmen gegründet, in denen sich kleinere Bauunternehmen zusammenschlossen, um Trümmer nicht einfach zu entfernen, sondern wiederzuverwerten. Trotz des Mangels an Kraftstoff und Ersatzteilen wurde der Großteil des Schutts, zumindest in den westlichen Besatzungszonen, von schweren Maschinen und Fachpersonal beseitigt und nicht von edlen, opferbereiten Frauen mit Eimerketten. Die waren, soweit ich das schon sagen kann, fast ausschließlich auf Berlin beschränkt, aber dafür muss ich noch ein bisschen weiterlesen.

Das Buch ist sehr lesbar geschrieben; wenn man die Fußnoten weglässt, liest sich sich kaum wie eine Dissertation. Wobei ich gerade die sehr spannend fand, weil man gut nachvollziehen kann, durch wieviele alliierte Aktenberge und Zeitungsseiten sich Treber gewühlt haben muss.

An Unbelievable Story of Rape

„As she headed home that night, Galbraith’s mind raced. “Who is this guy?” she asked herself. “How am I going to find him?” Galbraith often volunteered to take rape cases. She was a wife, a mother. She was good at empathizing with the victims, who were overwhelmingly women. Most had been assaulted by a boyfriend, an old flame, or someone they had met at a club. Those investigations often boiled down to an issue of consent. Had the woman said “yes”? They were tough for cops and prosecutors. Juries were hesitant to throw someone in prison when it was one person’s word against another’s. Rapes by strangers were uncommon — about 13 percent of cases. But there was still the issue of the woman’s story. Was she telling the truth? Or fabricating a ruse to cover a sexual encounter gone wrong?

In that way, rape cases were unlike most other crimes. The credibility of the victim was often on trial as much as the guilt of the accused. And on the long, fraught trail between crime and conviction, the first triers of fact were the cops. An investigating officer had to figure out if the victim was telling the truth.
Galbraith had a simple rule: listen and verify. “A lot of times people say, ‘Believe your victim, believe your victim,’” Galbraith said. “But I don’t think that that’s the right standpoint. I think it’s listen to your victim. And then corroborate or refute based on how things go.”

Men explain Lolita to me. Art makes the world, and it can break us
(via Vorspeisenplatte)

„There is a common attack on art that thinks it is a defense. It is the argument that art has no impact on our lives, that art is not dangerous, and therefore all art is beyond reproach, and we have no grounds to object to any of it, and any objection is censorship. No one has ever argued against this view more elegantly than the great, now-gone critic Arthur C. Danto, whose 1988 essay on the subject was formative for my own thinking. That was in the era when right-wing senators wanted to censor art or cancel the National Endowment for the Arts altogether. The argument against this art, which included Robert Mapplethorpe’s elegantly formalist pictures of men engaged in sadomasochistic play, was that it was dangerous, that it might change individual minds and lives and then our culture. Some of the defenders took the unfortunate position that art is not dangerous because, ultimately, it has no impact.

Photographs and essays and novels and the rest can change your life; they are dangerous. Art shapes the world. I know many people who found a book that determined what they would do with their life or saved their life. Books aren’t life preservers; there are more complex, less urgent reasons to read them, including pleasure, and pleasure matters. Danto describes the worldview of those who assert there is an apartheid system between art and life: “But the concept of art interposes between life and literature a very tough membrane, which insures the incapacity of the artist to inflict moral harm so long as it is recognized that what he is doing is art.” His point is that art can inflict moral harm and often does, just as other books do good. Danto references the totalitarian regimes whose officials recognized very clearly that art can change the world and repressed the stuff that might.“

Ich folge neuerdings Bibliotheken auf Instagram.

Tagebuch Samstag, 19. Dezember 2015 – Probekochen

Ich werde am Heiligabend bei meinen Eltern kochen, worauf ich mich einerseits freue (kochen) und andererseits nicht (bei meinen Eltern). Das liegt nicht an der Gesellschaft, sondern an der Küche – ich überlege jetzt schon, wie ich mein Lieblingsmesser verpacke und ob ich einen Teigschaber mitnehmen muss, denn meine Eltern haben leider nicht unbedingt die Gerätschaften zur Hand, mit denen ich gerne arbeite. Daher habe ich die Rezepte bewusst einfach gehalten, wollte einiges aber trotzdem mal probekochen.

Der Nachtisch wird eine Welfenspeise werden. Bis gestern dachte ich, das sei eine niedersächsische Spezialität, aber die Niedersächsinnen meiner Timeline widersprachen heftig. Dann dachte ich, es sei eine hannöversche Spezialität, aber auch da gab es leichten Einspruch. Jetzt frage ich mich, ob unser kleines gallisches Dorf der einzige Fleck auf der Landkarte ist, in dem es wirklich zu jedem Festessen eine Welfenspeise gab. Wie dem auch sei: Ich liebe das Zeug, habe es aber noch nie selbstgemacht. Daher zückte ich gestern eines meiner Lieblingskochbücher – Deutschland vegetarisch von Katharina Seiser und Stevan Paul – und bereitete meine erste Welfenspeise zu. In denkbar ungeeigneten Gläsern, wie ich beim mühsamen Rauslöffeln der Köstlichkeit feststellte. Nächste Woche nehme ich Whisky-Tumbler.

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Die Weincreme war ein Traum, aber mit dem Vanillepudding darunter war ich nicht ganz glücklich; der Eischneegeschmack kam mir zu sehr durch, daher werde ich das Rezept noch mal zubereiten (hier breites Grinsen vorstellen) und dabei weniger Eiweiß verwenden.

Abends kochte ich aus dem gleichen Buch Semmelknödel mit einer Champignonsauce aus dunklem Bier und Sahne. Das war beides perfekt; mir hat besonders die Idee gefallen, nicht nur Weißbrot, sondern auch ein Laugenbrötchen für die Knödel zu verwenden. Das nächste Mal werde ich allerdings die Brotwürfel deutlich kleiner schneiden, damit das Endergebnis etwas eleganter aussieht.

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Tagebuch Freitag, 18. Dezember 2015 – Abu Dhabi/München

Morgen im Iconic-Architecture-Seminar über den Saadiyat Cultural District in Abu Dhabi gesprochen und uns die Gebäude einzeln näher betrachtet. Das Referat dauert fast eine Stunde, was bei fünf Gebäuden auch völlig in Ordnung war. Wir besahen uns die Entwürfe für das Guggenheim Abu Dhabi von Frank Gehry, das Performing Arts Centre von Zaha Hadid, Norman Fosters Zayed National Museum, das Maritime Museum von Tadao Ando sowie das einzige Gebäude, das so gut wie fertig ist: den Louvre Abu Dhabi von Jean Nouvel. Danach waren wir erstmal platt und sprachen von Overkill und wer braucht das und wer soll da hinfliegen und was ist das für ein irrwitziger Plan dieses einen Herrschers, aber der Dozent gab einen, O-Ton, ketzerischen Punkt in die Diskussion: Wir sollten mal an eine bayerische Provinzstadt Anfang des 19. Jahrhunderts denken, wo ein Monarch eine Prachtstraße bauen ließ, die länger war als das komplette mittelalterliche Stadtgebiet, an der Gebäude standen, für die es noch keinen Zweck gab, ein Museum auf der grünen Wiese, dessen Inhalte noch zusammengekauft wurden, einen Stadtteil für Menschen, die noch gar nicht in der Stadt waren, und ein architektonisches Gebilde, das in der Achse zu zwei Schlössern stand und von zwei weiteren Museen begleitet wurde, die größtenteils mit seinen eigenen Artefakten bestückt wurden.

Well played, Dozent, well played. Wir warten also brav auf die weitere Entwicklung und sind nicht mehr so vorschnell mit unseren Urteilen.

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Danach fuhren wir zur BMW-Welt und beschauten uns die wenige Iconic Architecture vor unserer Haustür. Bereits im Wettbewerb wurden die Architekt*innen aufgefordert, das Gebäude so zu gestalten, dass es zum Olympiastadion passt, das in unmittelbarer Nähe steht. Das war mir noch nie aufgefallen, wie gut die beiden Gebäude harmonieren – vermutlich genau deshalb.

Ich mag an der BMW-Welt den in sich verdrehten Kegel sehr gerne und lernte, dass jedes der Dreiecke einzeln angefertigt wurde und sich angeblich keine zwei gleichen an der Fassade befinden. Da wäre ich mir spontan jetzt nicht so sicher, und auch die Referentin wagte einen kleinen Widerspruch zur der von ihr gelesenen Literatur.

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Mich faszinierte der Knick, den die Glasfassade an ihrer Längsseite macht, denn er erinnerte mich sofort an den Hofmeister-Knick, der so ziemlich alle BMW-Modelle ziert. Den hatte die Referentin aber nirgends gefunden, vielleicht ist er nur Zufall. (Ein für mich zu großer Zufall.)

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Im Inneren besahen wir uns die vielen Menschen, die ihren Neuwagen abholten. Das kannte ich natürlich von Audi, für deren Kataloge ich diesen Text gefühlt ein dutzend Mal überarbeitet habe („ein einmaliges Erlebnis yadayadayada“). Deswegen fand ich es sehr spannend, mal die Außensicht zu haben. Der Dozent sprach von einem „Initiationsritus“: „Sie kommen als normaler Mensch und gehen als Teil einer Gemeinschaft.“ Was uns erst auffiel, als die Referentin darüber sprach: die Abgasentfernung. Die BMW-Welt ist eine einzige riesige Halle, die netterweise nicht so wirkt, weil sie von diversen Blöcken und Brücken durchbrochen wird, aber im Prinzip müsste es überall nach Autoabgasen riechen, weil bis zu 250 Autos am Tag in diese und aus dieser Halle fahren. Das tut es aber durch ein ziemlich ausgeklügeltes Luftleitsystem nicht.

Ich stellt überrascht und innerlich ein bisschen verwirrt fest, dass mich Autos immer noch faszinieren können. Ich dachte, diesen Lebensabschnitt hätte ich hinter mir gelassen, und so überlegte ich seit dem gestrigen Besuch, ob ich vielleicht doch mal wieder in einem Urlaubssemester ein bisschen Geld in der Werbung machen sollte. Aber dann las ich eben den verlinkten Text zur Fahrzeugabholung und dachte, och nee, lass mal. Ich bilde mir jetzt ein, dass ich die Autos gestern als Skulpturen wahrgenommen habe und nicht mehr als überteuerten, überholten Quatsch, den wir dringend mal neu definieren sollten, bevor das Öl alle ist. Da wäre dann der Brückenschlag zu Abu Dhabi, was noch schnell alles an Geld verbaut, bevor es mit der Herrlichkeit vorbei ist.

Tagebuch Donnerstag, 17. Dezember 2015 – Weggelaufen

Kein guter Tag. Alte Fotos für den Blog-Jahresrückblick durchgesehen, sentimental geworden, traurig geworden, sehr traurig geworden, alles abgesagt, mich am Schreibtisch verschanzt, gelesen, geschrieben. Hat nicht viel geholfen.

Tagebuch Mittwoch, 16. Dezember 2015 – Seminar und Vortrag

Morgens mein geliebtes Ost-West-Seminar. Das erste Referat ging um die (von Immendorffs Galeristen angeregte) Freundschaft zwischen Jörg Immendorff und A. R. Penck, das zweite beschäftigte sich mit der documenta 6 von 1977, auf der erst- und letztmals Künstler aus der DDR ausgestellt wurden. An dem Vortrag fand ich besonders die rhetorischen Volten spannend, die eben das möglich gemacht hatten.

DDR-Künstler wurden bereits zur d5 eingeladen; das wurde von Ost-Berlin allerdings abgelehnt, da in einem kapitalistischen System keine Kunst entstehen könne. Den Hinweis fand ich gar nicht so doof; wir behaupten ja gerne, Kunst können nur in Freiheit entstehen, aber dass unsere westlich-kapitalistische Welt natürlich auch einschränkt – alleine dadurch, dass Künstler*innen irgendwie ihre Miete zahlen müssen und daher ganz eventuell vielleicht auch Auftragskunst produzieren, die sich im künstlerischen Gehalt nicht sehr von Staatskunst unterscheidet –, vergessen wir ab und zu mal. Zur d6 lautete die Argumentation: Ja, jetzt dürfen einige ausstellen, damit der sozialistische Realismus eine breitere Öffentlichkeit fände – das sei quasi politische Arbeit. (War sie ja auch.)

Gleichzeitig zogen jetzt aber, nachdem sechs DDR-Künstler ausstellen durften, einige westdeutsche Künstler ihre Arbeiten ab (Baselitz und Lüpertz, noch ein Grund mehr für mich, die beiden doof zu finden), wohingegen vor allem Joseph Beuys sich für die DDR-Kunst aussprach. Der Spiegel schrieb damals, dass eine Gegenüberstellung genau der Künstler, die jetzt ihre Bilder abhängten, mit denen aus der DDR ganz spannend gewesen wäre. Wobei das eh nicht möglich war, da die DDR-Kunst ihre eigene, sehr kleine Ecke bekam, was so ziemlich von allen bequengelt wurde.

Mal wieder zwei sehr befruchtende Stunden gehabt.

Abends einen ebenso befruchtenden Vortrag im Zentralinstitut für Kunstgeschichte gehört. Dominik Lengyel, den ich in meiner BA-Arbeit zitierte, sprach über digitale Visualisierungen von archäologischen Theorien und machte mehrfach darauf aufmerksam, dass diese Bilder keine Rekonstruktionen seien, sondern nur Abbildungen von Ideen. Seine Arbeit wäre es, den Archäolog*innen immer wieder Bilder zu zeigen: „Könnte es so ausgesehen haben? Spricht irgendwas dagegen?“ Und erst, wenn nichts mehr im Bild etwas zeigt, das widerlegbar ist, wird es abgenickt. Diese Bilder nannte Lengyel „widerspruchslos“.

Er erwähnte auch etwas, das ich in der BA-Arbeit ausgeführt habe: die farblose Darstellung von Gebäuden. Wir können bei vielen, vor allem antiken, Gebäuden schlicht nicht sagen, welche Farbe sie genau hatten, weswegen es wissenschaftlicher ist, sie „unscharf“ abzubilden, also farblos. Selbst der Himmel in diesen Darstellungen bliebe farblos, denn sobald der Himmel blau sei, wirkten die Gebäude weiß, was eine Farbzuweisung ist, die wir nicht machen können. Erst wenn bei jedem Gebäudeteil klar ist, wie es ausgesehen hat, wird farbig gearbeitet. Hier die farblose Rekonstruktion der Bauphasen des Kölner Doms.

Zum Dom erzählte Lengyel auch noch die Geschichte vom Richter-Fenster. Bei der ersten Präsentation wurde das Fenster in Originalgröße auf schwarzen Folien ausgedruckt präsentiert, aber die Domleitung konnte sich das Fenster nicht an seinem zukünftigen Platz vorstellen. Daraufhin erstellte Lengyel eine Visualisierung des Fensters im Südquerhaus des Doms. Dabei erstellte er neben der heutigen Ansicht auch noch eine, die zeigt, wie das Fenster aussehen würde, wenn die neben ihm liegenden Fenster auch ersetzt würden; die warten nämlich noch auf genug Spendengeld, um ebenfalls neu gestaltet zu werden (oder überarbeitet, das weiß ich gerade nicht). Die Visualisierung zeigt das Fenster deutlich heller als es jetzt ist – logisch, auf einmal sind ja auch die Fenster neben ihm viel lichtdurchlässiger als sie es jetzt sind. Noch sehen wir das Fenster im Dom also in einem Zwischenstadium und noch nicht in dem Licht, in dem es eigentlich zu sehen sein sollte. Mir gefällt es jetzt allerdings auch schon sehr gut.

Am meisten hat mich persönlich der kleine Einblick in seine Lehrveranstaltungen an der TU Cottbus fasziniert. Er schicke seine Studierenden gerne mal ins Museum, damit sie sich von moderner Kunst inspierieren ließen. Wir sahen einige der Visualisierungen, die seine Studis erstellt hatten, die ich sehr spannend fand, die aber gleichzeitig eine Richtung ruinierte, in die ich eventuell in der Nationalstadion-Hausarbeit hätte gehen wollen. In der Sekundärliteratur hatte ich mehrfach gelesen, dass Herzog & de Meuron sich nicht von anderen Gebäuden, sondern von Kunst inspirieren ließen. Ich erwähnte im Blog bereits die Sammlung Goetz, die an Donald Judd und den Minimalismus erinnert, zusätzlich fand ich noch das Blaue Haus in Basel, das angeblich auf Yves Klein zurückgeht (wobei das Blau jetzt echt nicht das Klein-Blau ist) sowie das Steinhaus in Tavole, das die Materialien der arte povera zitiert. Ich hatte die Literatur so verstanden, dass das der totale heiße Scheiß sei, dass Herzog & de Meuron so arbeiten, aber wenn Architekturstudis das schon als Übung im ersten Semester machen, bin ich davon nicht mehr ganz so überzeugt.

Tagebuch Dienstag, 15. Dezember 2015 – Kieferkram

Lange geschlafen, entspannt gefrühstückt, rumgesurft. Dann langsam an die Arbeit gemacht: Ich muss in diesem Semester zwei recht stattliche Hausarbeiten schreiben und beide bis zum 15. März abgeben. Daher will ich die erste (über Anselm Kiefer) bis Ende Januar fertigstellen, um dann noch sechs Wochen für die zweite (Pekinger Nationalstadion) zu haben.

Das Kiefer-Referat war recht hübsch; für die Hausarbeit will ich mich aber auf weniger Bilder beschränken, die ich thematisch etwas enger fassen werde, um meine Argumentation zuzuspitzen. Genauer gesagt, will ich alle Bilder besprechen, die Kiefer in den 1970er Jahren gemalt hat und die einen Bezug zu Richard Wagners Ring des Nibelungen aufweisen. Damit kann ich alles nutzen, was ich mir schon über die deutsche Mythologie angelesen habe – falls es sie gibt, auch darüber hätte ich ein bisschen was zu schreiben –, muss aber nicht auch noch Eschenbachs Parzifal reinnehmen oder die Hermannsschlacht. Ich schaue mir also nur einen Teil der Mythologie an, genau wie nur einen Teil des Kiefer’schen bzw. des Wagner’schen Werks. Im Referat stellte ich die Frage, ob Kiefer es mit seinen Motiven geschafft habe, die Mythen vom Ruch des nationalsozialistischen Missbrauchs zu befreien. Diese Frage kann ich natürlich immer noch nehmen, aber mich reizt ein anderer Aspekt, von dem ich allerdings noch nicht weiß, ob ich ihn belegen kann.

Kiefer hätte sich einfach an den Original-Nibelungen abarbeiten können, aber er hat die zusätzliche Ebene der Wagner-Opern hineingebracht. Und ich frage mich ganz simpel: warum? Die Literatur, die ich bisher ausgewertet habe, teilt sich in ihr Veröffentlichungsdatum: In den 1980er Jahren, als man sich erstmals an Kiefers unangenehm deutsche Motive heranwagte, wurde Wagner benannt, aber nicht weiter eingeordnet. Ab den 1990er Jahren hieß es dann „war halt Hitlers Lieblingskomponist, fertig“. Seit der Jahrtausendwende (und seit Israel ihn ausstellt), gehört er zum Kanon und wird nicht mehr groß hinterfragt. Mir ist das aber zu wenig.

Ich finde den Gegensatz so spannend, der sich aus dem inszenierten Wagner für den NS-Staat (Wochenschau mit Klängen aus der Götterdämmerung, Riefenstahl-Filmsoundtrack, Meistersinger-Aufführung für Hitler plus Gefolge beim Reichsparteitag) und dem privat von Hitler rezipierten Wagner ergibt (seine Festspielbesuche seit 1923, die enge Freundschaft mit Winifred, persönliche Protektion für Wieland Wagner, der nicht zur Wehrmacht musste). Ich frage mich, ob Kiefer mit seinen Wagner-Bezügen auf die privaten Seiten im NS-Staat hinweisen wollte. Bei meinem Besuch im NS-Dokumentationszentrum ist mir wieder einmal bewusst geworden, dass so gut wie jeder Lebensbereich vom Staat und seiner Ideologie berührt wurde – und damit auch so kleine, persönliche Dinge wie Musikgenuss. Bei Kiefers Bildern fiel mir jedenfalls immer die Diskrepanz zwischen dem großen Format und dem relativ schlicht gehaltenen Inhalt auf: Bei Notung (1973) zum Beispiel haben wir einen hölzernen, naturalistisch gestalteten Dachboden auf üppigen 300 x 432 Zentimetern, und alles, was wir sehen, ist ein Schwert, ganz alleine mitten im Raum. Das wäre für mich ein Beleg für meine Idee: ein großes Etwas, das das Kleine, Private umschließt, so wie im NS-Staat ja auch gerne alles Kleine, Private der großen Sache, der großen Ideologie untergeordnet wurde. Auch der Satz „Ein Schwert verhieß mir der Vater“ (aus der Walküre) spielt für mich ins Private (Vater) und benennt gleichzeitig die deutsche Sehnsucht der 1930er Jahre, etwas Größeres sein zu wollen (Verheißung).

Ich weiß noch nicht, ob das eine völlig banale Idee ist oder eine, die ich nicht belegen kann, aber in diese Richtung denke ich gerade. Dazu habe ich gestern ein wenig in der Gegend rumbibliografiert und suche gerade nach übergreifenden Texten zur Wagner-Rezeption. Ich taste mich langsam ans Thema ran; zu Kiefer kann ich, aus dem Bauch raus, schon sehr viel sagen, zu Wagner eher zu viel Persönliches. Da brauche ich noch andere Stimmen als meine eigene.

Und dann machte mich noch @dieterjosef auf eine große Kiefer-Retrospektive im Centre Pompidou aufmerksam, die heute eröffnet. Deswegen werde ich mir Anfang Januar vermutlich zwei Tage Paris gönnen, auch wenn das Geld gerade sehr unlocker bei mir sitzt. Das kann ich mir schlicht nicht entgehen lassen, so viel Kiefer auf einmal ansehen zu können. Und wenn ich schon mal da bin, kann ich mir auch endlich im Louvre eine der wenigen noch erhaltenen, eventuell sogar die einzige karolingische Bronzestatuette angucken, die uns ein Dozent mal dringend ans Herz gelegt hat. Sonst ist im Louvre ja nix, was mich interessiert. *wimmer*

Den Eintrag schrieb ich gestern abend (jetzt ist es kurz vor 9 am Mittwoch) und dachte mir, he, du kannst ja morgen früh noch mal in deinen Moleskines nachgucken, in die du seit über drei Jahren in der Uni reinschreibst, was der Dozent damals zu der Statuette gesagt hat. Dabei hatte ich natürlich vergessen, dass ich umgezogen bin bzw. dass hier plötzlich 60 Kisten standen, deren Inhalt auf 44 Quadratmeter verteilt werden wollte, weswegen ich gleichzeitig auspackte und wegschmiss. Die ausgedruckten Lehrmaterialien stehen brav im Schrank, genau wie die Steuerscheiße der letzten Jahre und zwei Dekaden Versicherungsunterlagen, aber meine eigenen Aufzeichnungen liegen auf einer Mülldeponie. Hatte ich verdrängt. Brauche mal wieder ein Taschentuch und bin sehr wütend.

Tagebuch Sonntag und Montag, 13./14. Dezember 2015 – Film und Filz

Am Sonntag war ich im Kino und sah im Theatiner Das brandneue Testament. Einer der ersten Sätze lautete „Gott existiert. Er lebt in Brüssel“, und damit hatte der Film schon gewonnen.

Gott ist ein schlecht gelaunter Mistkerl, der erst Städte schafft, durch die dann Giraffen laufen, was ihn langweilt. Also bastelt er den Menschen dazu – und dann lauter Gebote, um seine letzte Schöpfung zu ärgern. Brot fällt immer auf die Marmeladenseite, die Schlange an der Nebenkasse ist immer kürzer, und sobald man in der Badewanne sitzt, klingelt immer das Telefon. Seine eigene Familie terrorisiert er genauso: Seine Frau ist verstummt und wird angepöbelt, wenn sie für den Sohn den Esstisch miteindeckt – „DER KOMMT NICHT MEHR WIEDER!“ –, und die zehnjährige Ea hat außer der 3-Zimmer-Wohnung in Brüssel noch nichts gesehen. Bis jetzt. Denn nach einem Streit klaut sie Papa den Schlüssel zu seinem Computerzimmer, sendet der gesamten Menschheit ihr Sterbedatum und macht sich aus dem Staub, um sechs Apostel zu suchen (12 sind ein Hockeyteam, fand Gott super, aber 18 sind ein Baseballteam, findet Mama super) und ein brandneues Testament zu schreiben.

Der Film oszilliert wunderbar zwischen abstruser Komödie, tieftraurigem Drama und erhebendem Achjaseufz und hat bei mir natürlich offene Türen eingerannt. Der Gedanke vom letzten Hemd ohne Taschen und wenn nicht jetzt, wann dann, hat bei mir vor einigen Jahren dazu geführt, studieren zu wollen, ein Fach mit so ziemlich null Berufsaussichten und noch weniger Kohle und trotzdem macht mich jede Stunde, die ich damit verbringe, so viel glücklicher als ich vorher war. So ähnlich denkt auf einmal die ganze Menschheit und fragt sich endlich mal ernsthaft, was sie hier den ganzen Tag eigentlich so macht. Der Film erzählt von den sechs Aposteln, die Ea noch zu ihrem Team fehlen und wie es Gott so ergeht, als er sich mit seinen eigenen Geboten auseinandersetzen muss. Am lautesten gelacht habe ich, als Ea und ein Obdachloser sich über Eas Bruder „JC“ unterhalten und der Obdachlose ihn mit einem gewissen Brüsseler Schauspieler verwechselt. Meine Tränen konnte ich nicht zurückhalten, als Ea ihrer ersten Apostelin einen Traum schickt, in dem eine einzelne Hand auf einem Tisch Pirouetten dreht, während Händels Lascia ch’io pianga läuft. Und als der Film vorbei und der Himmel voller Blumen war (dazu müsstet ihr jetzt den Film gesehen haben, was ich euch ans Herz legen möchte), habe ich tief durchgeatmet und mich gefreut und großzügig über einige doofe Klischees und Genderzuschreibungen hinweggesehen.

Ich habe den Film im OmU geguckt, was im Theatiner netterweise fast immer möglich ist. Das mag jetzt geschmacklos klingen, aber seit den Pariser Anschlägen habe ich die Le Monde in meinem Twitter-Stream und bekomme so täglich mehrere Bröckchen Französisch mit. Auch deswegen wollte ich dringend mal wieder einen französischsprachigen Film sehen. Wobei ich mich bei Le tout nouveau Testament gefragt habe, ob in Belgien ein leicht anderes Französisch gesprochen wird als in Frankreich? Ein anderer Akzent vielleicht? Nee, oder? Ich verstehe in französischsprachigen Filmen so gut wie nichts, weil alle viel zu schnell sprechen, aber dieses Mal habe ich wirklich bis auf ganz wenige Worte überhaupt nichts verstanden.

Trotzdem gefiel mir diese Französischlektion wieder mal sehr, genau wie die täglichen 140-Zeichen-Bröckchen, bei denen ich manchmal sogar auf den Artikel klicke, um mich an den ersten zehn Zeilen zu versuchen (was immer ungefähr eine Viertelstunde dauert, bis ich es halbwegs kapiert habe). Es macht mir weitaus mehr Spaß als die ollen Lehrbuchtexte, bei denen wir im letzten Semester Ärztinnengespräche simulieren mussten („Je suis malade!“ „Nein. Doch. Oooh!“) oder über die Lavendelproduktion in Frankreich lasen. In diesem Semester habe ich keinen Französischkurs besucht, aber vielleicht sollte ich das im nächsten doch wieder machen.

In der Barockvorlesung das schöne Wort „Wendepodest“ gelernt. Das ist ein Treppenabsatz, bei dem sich die Richtung des Treppenverlaufs ändert. Im verlinkten Glossar müssen es 180 Grad sein, der Dozent wandte das Wort aber auch bei einer 90°-Wendung an. Hm. Wir sprachen übrigens über Schloss Weißenstein und die Würzburger Residenz.

Gestern abend fand ich auf dem Schwabinger Weihnachtsmarkt im Kunstzelt das hier und denke seitdem über einen total sinnlosen Einkauf nach. Der kleinste Stein war mit 35 Euro auch recht erschwinglich.

Mürbeteigkekse

Das ist einer dieser Blogeinträge, die ich nur für mich schreibe. Meine Rezepte sind für mich selbst in den letzten Jahren zu einem prima Nachschlagewerk geworden. Vermutlich hat jede/r von euch ein Basiskeksrezept parat, aber ich habe am Wochenende eines angetestet, das dasnuf auf Instagram postete. Es hat mein altes Rezept klar auf den zweiten Platz verwiesen, und deshalb kommt es ins Blog.

Bisher habe ich zum Keksebacken immer das gute alte 1-2-3-Rezept verwendet: 100 g Zucker, 200 g Butter, 300 g Mehl, ein Ei. Der Teig war mir oft zu klebig, um ihn vernünftig ausrollen zu können, weswegen ich ihn zwischen zwei Lagen Backpapier einklemmen musste. Der untenstehende Teig braucht diese Sonderbehandlung nicht; es reicht, die Arbeitsfläche und das Nudelholz leicht mit Mehl zu bestäuben. Die Kekse sind (logischerweise) nicht ganz so buttrig wie die aus meinem alten Rezept, aber die Konsistenz und der etwas süßere Geschmack gefallen mir sehr gut.

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In einer Schüssel

500 g Mehl, Type 405,
250 g Zucker,
1 Päckchen Vanillezucker und
1/2 Päckchen Backpulver vermischen und vorsichtig auf die Arbeitsplatte kippen.

In der Mitte des Mehlbergs eine Mulde formen, in diese
2 Eier aufschlagen und rundherum
250 g Butter in Flocken (oder wie ich es nenne: Brocken) verteilen.

Alles mit einem großen Messer durchhacken, mit kühlen Händen schnell einen Teig kneten. Nicht zu lange damit aufhalten, sonst wird es ein breiiger Matsch, den kein Mehl mehr retten kann.

In Klarsichtfolie einschlagen und mindestens eine halbe Stunde im Kühlschrank parken. (Länger geht auch. Einfrieren und zwei Wochen später weitermachen geht auch. Dann dürfte die Wirkung des Backpulvers zwar hinüber sein, aber bei dem weiß ich eh nicht, ob es überhaupt in den Teig gehört. Ich werde es das nächste Mal weglassen; es hat mich ein winziges bisschen gestört, dass die Kekse etwas auseinanderlaufen.)

Nach der Lagerzeit den Teig auf einer bemehlten Fläche ausrollen, Plätzchen ausstechen und sie bei 200 Grad im vorgeheizten Ofen für zehn Minuten backen.

Bei mir sind vier Bleche damit vollgeworden, und es ist ein kleiner Rest übrig geblieben. Mit dem werde ich eine winzige Tarteform auskleiden und alles mit Obst bewerfen.