Fonduekartoffeln mit Nuss-Bratäpfeln
à la „Go Veggie!“

Herr Paul hat da was Schönes auf den Markt gebracht: eine App für iPhone und iPad, die einen sehr unkompliziert mit vegetarischen, teilweise veganen Gerichten verwöhnt. Beziehungsweise mit den Rezepten dafür. Go Veggie! heißt das Ding, und ich lasse den Schöpfer mal selbst, bis auf den kursiven Einschub, zu Wort kommen:

„Immer mehr Menschen möchten sich bewusster ernähren und entdecken die vegetarische Küche für sich. Gleichzeitig ist das Resultat oft eine freudlos-plumpe Eintopf- oder Einpfannen-Nummer, oftmals wird einfach nur das Fleisch weggelassen und insbesondere Männer klagen gerne mal (zu Recht!), sie würden von vegetarischer Küche nicht satt. Es geht aber auch anders. (In dieser App gibt es) Keine pürierten Gemüsesuppen, keine einsamen Blattsalate, keine Desserts – alles vollständige Hauptgerichte!“

Ich persönlich bin ein großer Fan von „Zeug in eine Pfanne werfen“, aber ich muss gestehen, dass mich die App sehr inspiriert hat. Selbst wenn ich bisher recht wenige Rezepte komplett nachgekocht habe – schon beim Durchblättern springen einen lauter lustige Dinge an, die man notfalls auch als Bausteine kochen kann. So hat mich die App zu einer Pilzpfanne gebracht, und ich traue mich neuerdings, in fast alles mal Lorbeerblätter zu werfen. Das mag wenig revolutionär sein, für mich war das wieder ein kleiner Schritt in Richtung besseres Kochen.

Außerdem ist die App sehr übersichtlich, die Rezepte nutzen Zutaten, die man sowieso im Haus hat bzw. im nächsten Supermarkt zu finden sind, und die Zubereitung ist unkompliziert. Und trotzdem – denn ich ahne, dass sich das gerade nach banalem Zeug anhört –, kommen dabei sehr ansehnliche Gerichte raus.

Okay, das hier gehört noch nicht ganz in die Spitzenkategorie, aber das war das erste, was ich nachgekocht habe: Fonduekartoffeln mit Nuss-Bratäpfeln, die mir außerordentlich gut geschmeckt haben. Das Foto ist leider, wie so oft in dieser Jahreszeit, wenn ich erst nach der Arbeit zum Kochen komme, ein aus der Hüfte gehauener iPhone-Schnappschuss bei Küchenlicht. Hilft ja nix.

600 g festkochende Kartoffeln schälen und würfeln,
4 Schalotten fein hacken,
1 Knoblauchzehe in Scheiben schneiden.
4 EL Olivenöl in einem Topf erhitzen, Kartoffeln, Schalotten und Knoblauch mit
2 Lorbeerblättern 2 Minuten glasig dünsten.

250 ml Weißwein zugeben, alles 4 Minuten offen kochen.
300 ml Gemüsebrühe dazu, 12 Minuten offen kochen.

In der Zeit
1 Apfel entkernen, vierteln und in Scheiben schneiden.
2 EL Öl in einer Pfanne erhitzen und die Apfelscheiben 2 Minuten darin braten.

2 EL geröstete Haselnüsse und
4 Zweige Petersilie grob hacken, zu den Äpfeln geben, 1 Minute braten, mit
Salz und
Pfeffer würzen und warmhalten.

Wieder zurück zu den Erdäpfeln.
100 ml Sahne unter die Kartoffeln rühren und dicklich einkochen.
100 g geriebenen Gruyère dazu, unter Rühren schmelzen. Masse auf den Teller, Äpfel drüber. Schönes Herbst- bzw. Winteressen. Macht nen warmen, glücklichen Bauch.

Disclosure: Stevan hat mir einen Pressezugang für die App geschickt – allerdings zu spät, da hatte ich sie schon gierig auf eigene Kosten runtergeladen.

Sportfan sein

Ich empfahl auf G+ Fever Pitch, was ein paar Kommentare nach sich zog, unter anderem einen von mir:

„Naja, Sportfan-Dasein hat manchmal ja schon etwas Masochistisches. Man fiebert mit einer Sache mit, ohne auch nur den Hauch einer Chance zu haben, sie zu beeinflussen. Und wenn das Spiel verloren geht, leidet man, ohne dass man selbst wirklich etwas verloren hat. Anstrengend. Ich leide nicht, wenn ein Filmcharakter stirbt (okay, ja, tue ich, aber nicht so intensiv wie beim Fußball). Ich leide nicht in der Oper, beim Lesen, beim Kochen oder was auch immer ich sonst in meiner Freizeit tue, um mich zu unterhalten.

Aber Sonntag in Hannover bei 96 habe ich gemerkt: Ich leide. Ich war stundenlang vor dem Spiel hibbelig, ich konnte kaum den Besuch bei meinen Freunden genießen, weil ich die ganze Zeit nur daran dachte, gleich geh ich ins Stadion, gleich geh ich ins Stadion, scheiße, hoffentlich gewinnen wir das Ding. Das Spiel selbst war ein ewiges Auf und Ab der Gefühle (muss ich dir ja nicht erzählen), und ich konnte das auch nicht so einfach wegstecken wie einen Film oder ein Buch. Das Spiel beschäftigt mich immer noch, und ich es ist ein ganz komisches Mittelding zwischen „Toll, ich war live dabei“ und „Mist, wir haben verloren“.

Ich hätte nicht gedacht, dass mich das so mitnimmt, bis mir einfiel: Ich leide heute noch am 2:0 von Italien im Halbfinale der WM 2006. Dieser Moment, als klar war, das war’s, die deutsche Mannschaft ist raus, so close and yet so fucking far – das hat körperlich weh getan. Oder die Bilder von Kahn im WM-Finale 2002, wo er alleine am Pfosten lehnt. Ich weiß noch, wie wir das Spiel gemeinsam in der Agentur geguckt haben und da auch alle sehr fassungslos rumsaßen. Und wir reden hier nicht von „wirklich“ wichtigen Dingen, sondern von einem Fußballspiel, das auf unser aller Leben keinerlei Auswirkungen hat. Außer denen, die wir eben selber zulassen, indem wir leiden.

Sonntag ist mir klargeworden: Das mach ich jetzt nicht mehr nur alle zwei Jahre bei EM oder WM mit, sondern jedes – verdammte – Wochenende.

Und ich kann es, ehrlich gesagt, kaum erwarten, bis wieder Wochenende ist.“

Edit. Vier schöne Minuten auf YouTube: How LeBron James Broke the Golden Rule of Sports.

“Whatever team I’m rooting for, I have perfectly good and logical reasons to care about them. Whatever team you’re rooting for right now – you’re just being irrational.”

(via Tinto Brass‘ Facebook)

Teh Internets makes me happy #324

Der Oktober war portemonnaietechnisch nicht ganz so der Bringer, weil ich hustend zuhause war anstatt tippend in der Agentur. Deswegen musste ich schweren Herzens den Wien-Urlaub abblasen, der eigentlich im November geplant war. Darin enthalten: ein Besuch der Wiener Staatsoper, Katja Kabanowa, mit Schnucki. Ich hatte die Karte im Internet erworben und auf „Selbstabholung“ geklickt, weswegen ich jetzt bei der Theaterkasse anrufen musste, um ihnen zu sagen, dass ich das wohl nicht tun werde und ob ich irgendwie mein vieles Geld wiederhaben könne.

Ich wählte und landete in einer Warteschleife. Klassische Musik, dem Gesprächspartner angemessen.

*didel-didel … didel-didel …*

Ich so: „Das kenn ich. Was ist das bloß?“

*didel-didel … didel-didel …*

Ich so: „Wozu hab ich Shazam?“

Das Agenturtelefon auf laut gestellt, iPhone gezückt, Shazam gestartet … und natürlich wurde in dem Moment abgehoben. Ich wurde mehrmals verbunden, aber die weiteren Warteschleifen waren musiklos. „Bitte warten … bitte warten … bitte warten.“

Nachdem ich mein Anliegen abgewickelt hatte, musste ich natürlich über mein großes Unglück twittern:

Worauf mir gleich mehrfach Hilfe angeboten wurde. Über die Idee von Katha hat die Kaltmamsell bereits gebloggt, und ich wische mir immer noch gerührte Tränchen aus den Äuglein.

Das zweite Hilfsangebot kam von Herrn Reineke, der mich mit einem kulturbeflissenen Verwandten telefonisch zusammenbringen wollte, dem ich das hätte vorsingen können. Grandiose Idee, weswegen ich im Büro mal eben probeweise das Liedchen anstimmte:

Ich so: „Lala-lala … lala-lala …“

Woraufhin eine Kollegin den Kopf zur Tür reinsteckte und mitsang:

„Coppenra-hath u-hund Wiese … aus der Ti-hief-kü-hühltruhe …“

Ich so: „HA! DANKE!” Sofort die Tortenfirma gegoogelt, die netterweise auf ihrer Webseite verrät, welches Liedgut sie für ihre Spots einsetzt:

„Die bekannte Melodie, die Sie aus unserer Werbung kennen, stammt ursprünglich aus der Oper La Gioconda (Tanz der Stunden) von Amilcare Ponchielli.“

Und dann hatte @sowumbaba noch einen Tipp: einfach dem Browser was vorsingen, das ginge auch. Habe ich allerdings nicht ausprobiert.

Lala-lala … lala-lala

Arsenal v Stoke City
22.9.84

‘You must meet my friend,’ I am always being told. ‘He’s a big Arsenal fan.’ And I meet the friend, and it turns out that, at best, he looks up the Arsenal score in the paper on Sunday morning or, at worst, he is unable to name a single player since Denis Compton. None of these blind dates ever worked; I was too demanding, and my partners simply weren’t interested in commitment.

So I wasn’t really expecting very much when I was introduced to Pete in the Seven Sisters Road before the Stoke game; but it was a perfect, life-changing match. He was (and still is) as stupid as I am about it all – he has the same ludicrous memory, the same propensity to allow his life to be dominated for nine months of the year by fixture lists and TV schedules. He is gripped by the same stomach-fizzing fear before the big games, and the same dreadful glooms after bad defeats. Interestingly, I think he has had the same tendency to let his life drift along a little, the same confusions about what he wants to do with it, and I think that, like me, he has allowed Arsenal to fill gaps that should have been occupied by something else, but then we all do that.”

Nick Hornby, Fever Pitch

Auswärtsspiel

Seit mehreren Jahren gehört mein Samstag der Bundesliga; ich erinnere an diesen Eintrag. In der letzten Sommerpause musste ich mit Entsetzen feststellen, dass mir die Jungs und das Bällchen weitaus mehr gefehlt haben als ich das vorher geglaubt hatte. Deswegen gab ich zum Start der jetzigen Saison alle Contenance auf, kaufte ein Trikot, nahm vom pflichtschuldig gemochten HSV Abschied (wenn man halt in Hamburg wohnt) und schenkte mein Herz dem Verein, der es seit Jahren schon hatte, dem FC Bayern, auch wenn man sich dafür immer rechtfertigen muss („Erfolgsfan“). Außerdem wurde ich Vereinsmitglied und guckte mir unser Stadion live an. Zusätzlich trug ich zum ersten Mal alle Bayernspiele in meinen iCal-Kalender ein, damit ich weiß, wann ich soziale Verpflichtungen annehmen kann und wann ich tödliche Krankheiten vortäuschen muss, um in Ruhe Fußball gucken zu können. Und dabei fiel mir auf: He, wenn du schon nicht dauernd nach München fliegen kannst, um deinen Helden zuzujubeln, dann guck sie dir doch an, wenn sie in deiner Nähe spielen. Erste Gelegenheit: meine Geburtsstadt Hannover.

Sonntag mittag checkte ich die vorausgesagten Temperaturen (ein HSV-Spiel vor Jahren hatte mich gut auf die zu erwartende Kälte vorbereitet), zog zwei Shirts und zwei Longsleeves unter mein Gomez-Trikot, fitzelte zwei Paar Socken in die Sneakers, warf mir den Schal mit meinem Namen darauf um, packte die Jacke erstmal in den Rucksack und bestieg den Zug in Richtung Niedersachsen. Die zwei Stunden vor dem Spiel verbrachte ich bei einer Freundin mit Familie, stärkte mich mit Feigen-Pflaumen-Kuchen, ließ mir vom Nachwuchs bescheinigen, eine coole Sonnenbrille zu haben und wurde dann zur U-Bahn gebracht. Auf dem Weg dahin scherzten die ersten 96-Fans, dass Bayern verlieren werde, was ich natürlich mit „Wir sprechen uns nach dem Spiel“ konterte. Gut, dass wir uns danach nicht mehr getroffen haben.

Die AWD-Arena kenne ich noch als Niedersachsenstadion. Mein erstes Popkonzert fand dort statt, Pink Floyd erfreuten mich auf ihrer „Momentary Lapse of Reason“-Tour 1988. Und auch mein erstes Fußballspiel live habe ich dort gesehen. Ich dachte lange Zeit, eine Begegnung der EM 88, Irland gegen die UdSSR, wäre mein erstes Spiel gewesen, aber das zweite Spiel, an das ich mich deutlich weniger erinnere, war laut der Wikipedia schon ein paar Jahre früher: Am letzten Spieltag der Saison 1985/86 verlor Hannover 96 1:4 gegen Dortmund und stieg in die zweite Liga ab. Das Ergebnis wusste ich noch, das Jahr hatte ich anscheinend verdrängt.

Gegen ein 1:4 hätte ich Sonntag nichts einzuwenden gehabt. Schon in der U-Bahn traf ich die ersten Bayern-Anhänger, die genau so wie ich an den roten Trikots zu erkennen waren. Wir mischten uns unter die vielen schwarz-weiß-grünen Schals und Kutten und zogen die wenigen Gehminuten in Richtung Stadion.

AWD-Arena – Allianz-Arena 1:0. Kürzere Anfahrts- und Fußwege, bessere Ausschilderung. Allerdings sieht man das Stadion erst, wenn man direkt davor steht und so eindrucksvoll wie der Kissenberg in München ist es nicht. Aber das gibt nur Abzüge in der B-Note und beeinflusst den Spielstand nicht.

Ich bräuchte für die nächsten Spiele mal eine Aufstellung, in welchen Stadien 0,5-l-Plastikflaschen erlaubt sind. Hamburg: weiß ich nicht mehr verboten, danke, Pleitegeiger. München: erlaubt. Wolfsburg, jedenfalls zu Frauen-WM-Zeiten: 0,5-Tetrapak erlaubt, Plastikflasche verboten. Hannover: verboten.

AWD-Arena – Allianz-Arena 1:1. DURST!

Auch an dieser Stelle, nachdem ich auf Twitter schon mehrfach piepste, ein fettes Dankeschön an den Kutter, dem ich meine Eintrittskarte verdanke. Perfekter Platz, zwei Blöcke neben der Bayern-Fankurve, weswegen ich meine Freund_innen weitaus lauter hören konnte als die 96er, die hinter dem Tor da ganz weit drüben standen. Gerade mal zwei Besuche in der Allianz-Arena hatten mich perfekt vorbereitet. Fangesänge haben recht selten komplizierte Texte oder Melodien, weswegen ich alles locker mitgrölen konnte. Habe ich anfangs nicht gemacht, aber direkt vor mir saßen zwei überzeugte und laute 96-Kuttenträger, und da wollte ich dann doch ein kleines Gegengewicht bilden.

STEEEHT AAAUUF, WENN IHR BAYERN SEID, STEEEHT AAAUUF, WENN IHR BAYERN SEID!

Aufgestanden bin ich verdammt gerne, auch wenn ich kein Bayer bin, aber die Sitzschalen, jedenfalls im Oberrang, sind scheiße unbequem. Man liegt eher als dass man sitzt, und das Lehnchen hat seinen Namen nicht mal im Diminuitiv verdient. Gut, man hat ein bisschen mehr Platz als in München, aber da kann man wenigstens sitzen ohne Angst zu haben, aus der Schale zu rutschen oder sich endgültig den armen Rücken zu ruinieren.

AWD-Arena – Allianz-Arena 1:2. Ich bin alt, ich will’s bequem.

Das Spiel war noch nicht richtig im Gange, als die ersten Nasen hinter mir schon vom Bayern-Dusel zu reden begannen. Das hörte auch nach dem 2:0 nicht auf. Außerdem hatte ich eine Dame hinter mir, die ihren armen Kerl ab Minute 30 volljammerte, dass das alles viel zu spannend sei. „Also wenn die das noch verkacken, dann haben sie aber echt selber Schuld. Das ist alles viel zu spannend. Wieso ist noch nicht Schluss? Mann, wenn die das noch verkacken!“

Natürlich musste sich auch der Mann, dessen Namen ich auf dem Rücken trage, eine Menge anhören. Leider nicht ganz unberechtigt. Umso schöner fand ich es, als ich in der Halbzeitpause mal wieder stand (und sogar Netz hatte!), dass mir ein Bayern-Fan, der hinter mir die Treppe runterkam und mein Trikot sah, auf die Schulter klopfte und meinte: „In der nächsten Halbzeit! Das wird noch!“ Schnucki wäre gerührt gewesen. Hinter dem freundlichen Fan ergoss sich eine weitere Schlange an Menschen, die zu den Fressständen oder den Klos wollten – oder eine rauchen. In den Zugängen durfte man anscheinend und draußen, aber nicht, wenn man saß. Ich habe mehrfach Ordner gesehen, die Leute auf das partielle Rauchverbot aufmerksam machten, und soweit ich das überblicken konnte, wurden auch brav alle Kippen ausgedrückt.

AWD-Arena – Allianz-Arena 3:2. Ich rauche zwar auch ab und zu, aber in der Masse nervt es total. Fetter Punkt für Hannover. Und: Die Allianz-Arena ist das absolute Funkloch. In 300 Meter Entfernung konnte ich manchmal noch twittern, in der Arena selbst ging nix mehr. In Hannover ging es immerhin in der Halbzeit.

Das Spiel selbst fand ich großartig. Klar hätte ich gerne ein anderes Ergebnis als das 2:1 gehabt, ich hätte ein Unentschieden als gerecht empfunden, aber ehrlich gesagt war mir das schon nach dem Abpfiff total egal. Ich habe 90 Minuten auf der Kante des Sitzes verbracht – und das nicht nur, weil mein Rücken sonst zerbröselt wäre. Es war unfassbar spannend, die Stimmung toll, die Kälte erträglich, und wenn ich noch was zu trinken gehabt hätte, wär das ein perfekter Abend gewesen.

Als ich wieder in Hamburg war, habe ich mir das Spiel nochmal auf Sky angeguckt, wo mich die ständigen Close-ups extrem genervt haben. In der Totalen konnte man wunderbar sehen, wie schnell das Spiel war, leider natürlich auch, wieviele Pässe wir diesmal vergeigt haben; wie unbeeindruckt Hannover von Bayern war, denen ich sonst eine gewisse naturgemäße Präsenz unterstelle, von der Sonntag aber nicht ganz so viel zu sehen war. Das waren zwei absolut ebenbürtige Gegner, die sich nichts geschenkt haben und die 90 Minuten lang kaum Leerlauf produzierten. Selbst wenn wir das Spiel verloren haben, war es ein Genuss, es anzuschauen.

Da ich noch 90 Minuten Zugfahrt vor mir hatte, bin ich quasi mit Abpfiff die Treppen runtergehüpft, um den nächstmöglichen Zug zu bekommen. Auch wenn im Gegensatz zu München keine 66.000, sondern „nur“ 49.000 Zuschauer_innen von hier weg wollen, war der Andrang am U-Bahnsteig äußerst erträglich. Eine Menge Ordner sagten genau, wer bitte wo lang zu gehen habe, und die Bahnen kamen im gefühlten 2-Minuten-Takt. In der S-Bahn-Station Fröttmaning fand ich es deutlich enger, deutlich voller und nicht ganz so konsequent organisiert, weswegen man eine Menge Ellenbogen brauchte, um a) in die Bahn zu kommen und b) eventuell sogar zu sitzen. Das hat bis jetzt beide Male mein Begleiter für mich erledigt, aber ich fand es immer recht grenzwertig und werde es wahrscheinlich auch nächste Woche, wenn wir gegen Neapel spielen, grenzwertig finden.

AWD-Arena – Allianz-Arena 4:2. Okay, weniger Menschen, aber trotzdem: eine sehr entspannte und gut organisierte Abreise.

Im Zug nach Hamburg wurde erstmal die Timeline nachgelesen, wodurch das Spiel noch eine weitere Ebene bekam (was Twitter halt so macht, dieser wunderbare Dienst). Und zuhause wartete die bereits erwähnte Sky-Übertragung. Ich war Stunden vor dem Spiel schon hibbelig, was sich auch so gar nicht dadurch bändigen ließ, dass ich ausgerechnet Fever Pitch von Nick Hornby im Zug las. Das Hibbeln hörte im Stadion erst recht nicht auf, und selbst zuhause, als alles vorbei und erledigt und gegessen war, ging mein Kopf nochmal ein paar Szenen durch, erinnerte sich an die vielen Details – und jammerte präventiv, dass er das nicht öfter haben kann.

Selbst wenn ich jeden zweiten Samstag nach München flöge, hätte ich recht geringe Chancen, eine Karte zu bekommen, da von den 66.000 Plätzen gerade mal 8.000 im freien Verkauf landen. Daher hier der Aufruf einer EXTREM ANGEFIXTEN JUNGEN DAME: Wer auch immer als Dauerkartenbesitzer_in mal keine Zeit oder Lust auf ein FCB-Spiel hat – Mail genügt und ich buche einen Flug. Sogar für Köln.

AWD-Arena – Allianz-Arena 4:3. Home is where the heart is.

TV-Tipps en masse

Im September und Oktober starten in den USA eine Menge neuer Serien, die natürlich ALLE angeguckt werden müssen. Bei einigen habe ich nicht mal die Pilotfolge durchgehalten, andere gehören seit Folge 1 auf meinen Merkzettel (danke an Matthias für den Linktipp).

Mag ich sehr:

A Gifted Man

Hätte sehr kitschig werden können, geht aber grad noch so. Der erfolgreiche Hirnchirurg Michael Holt (Patrick Wilson, immer einen Blick wert) trifft eines Abends seine Exfrau Anna, die er seit Jahren nicht gesehen hat und die in einer kleinen free clinic arbeitet – im Gegensatz zu Patrick, dessen Krankenhaus aussieht wie eine Mischung aus Luxushotel und Star Trek. Einen Tag später will er Anna besuchen und erfährt, dass sie vor einer Woche verstorben ist.

Wie gesagt, hätte kitschig werden können – Exfrau kann nicht sterben, weil sie auf Erden noch unerledigte Jobs hinterlassen hat –, aber die Serie hält bis jetzt recht gekonnt die Balance zwischen dem üblichen Krankenhausdrama mit seltsamen Fällen und dem esoterischen Unterton. Zu dem gehört auch der Freund von Michaels Schwester, der ein bisschen indianisches Voodoo betreibt. Und als Bonus gibt’s noch Rhys Coiro, den ich als Billy in Entourage sehr geliebt habe.

New Girl

Charmante Sitcom mit der wunderbaren Zooey Deschanel, die alles machen kann – ich mag dann eben alles. Deschanel spielt Jess, eine blubberige Mittzwanzigern, die ihren eigenen theme song singt und über die Trennung von ihrem Freund hinwegkommen will, indem sie in eine WG mit drei Kerlen zieht. Das ganze fühlt sich ein bisschen an wie eine jugendfreie Version von How I Met Your Mother: alles ein bisschen niedlicher, aber mit den gleichen schönen Schnitten und seltsamen Sätzen.

Unforgettable

Im Prinzip das übliche Cop-Drama, aber mit einem Kniff: detective Carrie Wells (Poppy Montgomery) kann nichts vergessen, was sie jemals gesehen hat. Das bedeutet, dass sie in Situationen, in denen die Fälle in einer Sackgasse scheinen, nochmal im Kopf alles durchgeht, was sie am Tatort oder wo auch immer gesehen und gehört hat. Das ist manchmal ein bisschen sehr erklärbärig, aber irgendwie muss man ja 40 Minuten vollkriegen.

Gefällt mir bis jetzt ganz gut, weil auch das Team recht spannend aussieht – wenn man eben diesem Team mal ein bisschen mehr Backstory geben würde. Könnte besser werden, ist aber bis jetzt sehr ordentlich gemachte Wegguckware. Einziger wirklicher Nörgelpunkt: Um zu betonen, wie verdammt unkonventionell Carrie ist, rennt sie nicht im üblichen Pant Suit rum, sondern fast immer im Tank Top. Das ist ja schön für sie, aber auf die Dauer nervt es echt. Ja, sie hat einen tollen Oberkörper, aber meine Güte, get over it, Autor_innen. Gebt ihr endlich mal was jahreszeitlich angemessenes zum Anziehen.

Up All Night

Christina Applegate und Will Arnett – need I say more? Die beiden spielen ein Ehepaar, das unverhofft zu Eltern wurde und die trotzdem versuchen, weiter coole, crazy Partypeople zu sein. Außerdem dreht Up All Night mal das Klischee um, lässt den Vater zuhause bleiben und die Mutter arbeiten und macht weder den Mann zum debilen Trottel, der alleine verhungert, wenn Frauchen nicht da ist und die Frau nicht zur karrieregeilen Schnatze, die sich plötzlich wie ein Kerl aufführt.

Die Serie lebt sehr von den beiden Hauptdarstellern, von der durchgedrehten Maya Rudolph als Talkmasterin und Christinas Boss und den angestrengten Versuchen, ihr altes Leben mit dem neuen zu vereinbaren bzw. damit klarzukommen, dass ein Kind anscheinend doch ne Menge verändert. Der Tonfall erinnert an The Office, wo man auch gerne mal Schmerzgrenzen überschreitet, ohne richtig widerlich zu werden. Mag ich sehr gerne, obwohl ich sonst Elterncomedy so gar nichts abgewinnen kann.

Prime Suspect

Auch hier ein Wiedersehen mit Filmlieblingen: Maria Bello spielt Sergeant Timoney, die sich als einzige Frau in einem Männerteam im Morddezernat durchsetzen muss. Die erste Folge ist sehr anstrengend, weil es nur um den blöden Geschlechterkampf geht; das ändert sich netterweise, und Prime Suspect wird zu einer guten Cop-Show mit einer, wie ich finde, faszinierenden Hauptdarstellerin.

Ich bin bei sogenannten „starken Frauenrollen“ immer hin- und hergerissen zwischen „Die führt sich ja bloß auf wie ein Mann“ und „Wenn sie sich doch mehr aufführen würde wie ein Mann“. Heißt: Ich weiß manchmal selber nicht, was ich von weiblichen Hauptrollen erwarte, die versuchen, Geschlechterklischees zu brechen. Bello spielt sehr tough und unbeeindruckt und bis jetzt frei von den üblichen Doofszenen, mit denen dann doch ihre ach so verschüttete, feminine Seite bebildert werden soll (heimlich auf dem Klo heulen, Schokolade verschlingen, sich mit der besten Freundin treffen und Weißwein trinken). Außerdem konzentriert sich Prime Suspect auf wenige Verdächtige pro Fall (macht also keine Schnitzeljagd wie Castle, was ich auch mag) und hat einen schönen, rauen Gesamtklang.

Boss

Davon lief erst die Pilotfolge, aber die fand ich extrem gelungen. Sehr filmisch, sehr groß – hat ein bisschen was von The Wire, das The West Wing sein will. Kelsey Grammar spielt den Bürgermeister von Chicago, der eine unheilbare Krankheit dagnostiziert bekommt. Seine Ehe ist nur noch für die Öffentlichkeit da, seine politische Konkurrenz wartet nur auf einen Fehler, und dann gibt es noch seine persönliche Assistentin, seine Ärztin und seine Tochter, aber bis jetzt sind nur eine Menge Bälle in die Luft geworfen worden. Mal sehen, wo es hingeht, aber ich glaube, das könnte sehr gut werden. Die Pilotfolge wurde von Gus van Sant gedreht.

Homeland

Bisheriger Spitzenreiter, was neue Dramen angeht. Claire Danes spielt eine CIA-Agentin, die davon überzeugt ist, dass der aus Afghanistan heimgekehrte Marine Brody (Damian Lewis) ein Schläfer ist, der in seiner Gefangenschaft umgedreht wurde und nun als islamischer Terrorist auf sein Stichwort wartet.

Die Serie hat ein sehr gutes Tempo, mischt „Oh Gott, was passiert jetzt“-Momente gekonnt mit langen, ruhigen Überlegungen und Gesprächen, wirft noch ein paar Flashbacks aus Brodys Gefangenschaft ein und hat Danes mit einer guten Backstory versorgt, aus der sicher noch was wird. Spannendes Thema, gekonnt umgesetzt, und weil die Serie auf Showtime läuft, gibt es auch ein bisschen Blut und nackte Haut zu sehen.

Mag ich irgendwie, wäre mir aber auch egal, wenn die Serie gecancelt würde:

2 Broke Girls

Sehr klassische Sitcom mit einer völlig irrwitzigen Prämisse und Dialogen, die niemand sprechen würde außer den beiden Pleitemädels. Wahrscheinlich mag es ich es deshalb, weil die Serie gar nicht versucht, was wahnwitzig Neues zu machen, sondern sich auf alte Sitcom-Stärken beruft: gute Charaktere, die genug Tiefe haben, um immer wieder was Neues an die Oberfläche zu ziehen, wenn’s der Story hilft, und die übliche Fish-out-of-water-Storyline.

In 2 Broke Girls geht es um die Kellnerin (gibt es einen klischee-igeren White-Trash-Job als Kellnerin im Fernsehen?) Max (Kat Dennings), in deren Leben die hyperreiche Caroline (Beth Behrs) einbricht. Die Arme ist allerdings von heute auf morgen verarmt, weil ihr Vater wegen irgendwas im Knast sitzt und sie nun mittellos sehen muss, wo sie bleibt. Ich sagte schon: irrwitzig. Caroline zieht bei Max ein, und im Prinzip beruht so gut wie jeder Gag auf dem Gegensatz arm versus reich bzw. Brooklyn Girl versus Manhattan Socialite. Das ist manchmal sehr belanglos, aber irgendwie haben sich die beiden Mädels in mein Herz gekalauert.

Hart of Dixie

Noch unglaubwürdiger, aber irgendwie puschelig: Rachel Bilson spielt eine New Yorker Herzchirugin (und niemals habe ich jemandem einen Job weniger abgenommen als Rachel ihre Doktorentätigkeit), die die Hälfte einer Praxis in Bluebell, Alabama, erbt. Auch hier wieder Gegensätze galore: Die Stadtgöre trifft auf den beschaulichen Süden der USA, wo Frauen nur dafür da sind, Eistee und Limonade zu machen und in Kleidern rumzulaufen, die mit der entsprechenden Rocklänge auch aus Gone with the Wind stammen könnten. Die Kerle arbeiten immerhin, aber der zweite Besitzer der Praxis mag es natürlich gar nicht, dass da plötzlich diese junge Dame ist, wo er doch so schön alleine Doktor spielen konnte.

Hart of Dixie ruht sich sehr auf den Südstaatenklischees aus, und die Handlung ist so soapig wie es nur geht in einer 40-Minuten-Sendung, aber irgendwie kann ich nicht aufhören, es zu schauen. Könnte als Bilson liegen, die ich, wie gesagt, komplett unglaubwürdig finde, aber trotzdem total niedlich zum Angucken.

Mag ich eventuell, ich gucke jedenfalls noch ein paar Folgen:

Revenge

Arg geklaute Idee aus dem Klassiker aller Klassiker Der Graf von Monte Christo. Hier ist Emily (Emily Vancamp) die Rächerin, deren Vater vor 15 Jahren unschuldig verurteilt wurde und sich das Leben nahm, bevor seine Unschuld bewiesen werden konnte. Keine Ahnung, ob Töchterchen Emily das überhaupt will – seit fünf Folgen ist sie jedenfalls nur damit beschäftigt, eine Figur nach der anderen, die damals für die Verurteilung sorgten, aus der Serie zu kegeln. Dabei hat sie Geld ohne Ende, einen Mitstreiter, den sie scheiße behandelt, der aber trotzdem alles für sie tut und dabei auch noch ein Computergenie ist, das sich quasi auf Zuruf in iPads hackt und Powerpoint-Präsen frisiert, und nochmal Geld ohne Ende. Das war zwei Folgen ganz lustig, aber allmählich frage ich mich, ob das die ganze Zeit so weiter geht. Und das ewige falsche Lächeln so ziemlich aller Darsteller_innen nervt auch.

Suburgatory

Auch so ein Mittelding zwischen spannend und nervig. Die Sitcom dreht sich um Väterchen (Jeremy Sisto) und Töchterchen (Jane Levy), die aus New York in die Vorstadt ziehen, wo alle Kerle grillen und Geld verdienen und alle Frauen Diät machen und zu enge Klamotten tragen. Ab und zu blitzen mal ein schöner Dialog und eine schräge Situation auf, aber mir geht dieses Frauenbild einfach so sehr auf den Keks, selbst wenn es ironisch überzeichnet ist, dass ich mich wirklich anstrengen muss, es lustig zu finden.

Mag ich nicht:

Ringer

Ach, was hatte ich mich auf Sarah Michelle Gellar gefreut – und dann versandet sie rehäugig in einer Serie, von der ich vier Folgen geguckt habe, aber jetzt von ihr Abschied nehme. Zwillingsschwestern, Identitätswechsel, hätte alles toll sein können, finde ich aber nur verwirrend, weil ich so gar keine Lösungsansätze präsentiert bekomme. Stattdessen wird alles immer komplizierter, ohne dass ich auch nur ahne, wo es hingeht. Anstrengend. Interessiert mich einfach nicht mehr, was wohl noch passieren könnte.

Person of Interest

Nicht mal den Pilot durchgehalten, trotz Jim „Jesus“ Caviezel und Michael „Ben aus Lost“ Emerson. Klang für mich nach sehr reißbrettigem Drehbuch, viel Zeug, das vielleicht Potenzial hätte – ich will aber gar nicht rausfinden, ob’s stimmt.

Free Agents

Ebenfalls schon am Pilot gescheitert, trotz Hank „700 Simpsons-Stimmen“ Azaria. Ich glaube, die nutzlose Sexdiskussion im Meeting hat mich so genervt, dass ich weggeklickt habe. Worum ging’s eigentlich?

Mal wieder Oper im Fernsehen

Da geht man EINMAL aus dem Haus und trinkt ne Runde Wein und schon verpasst man grandiose Opernaufführungen (hat tip probek). Gestern zeigte zdf.kultur Das Rheingold, den Vorabend zum Ring des Nibelungen. Ich zitiere aus dem Programm, auch wenn mir bei den ganzen Adjektiven etwas schwindelig wird:

„Die katalanische Stadt Valencia setzt neue Akzente in der Oper des 21. Jahrhunderts: 2007 wartete „El Huevo“ („Das Ei“), das Opernhaus Palau de les Arts Reina Sofia, mit einer außergewöhnlichen Produktion von Richard Wagners Ring des Nibelungen auf. In der spektakulären Inszenierung von Carlus Padrussa und seiner Theatertruppe La Fura dels Baus wird die Mischung aus Musik, Akrobatik und Technik zu einem fesselnden Bühnenereignis.

Die postmoderne Bilderwelt, die Kombination von raffinierter Videotechnik und Lichtregie dieser Produktion scheinen für die visionären Ausdruckswelten Wagners geradezu prädestiniert zu sein: Die mitunter halsbrecherischen Tableaux der Theatergruppe treffen auf die Videoprojektionen von Frank Aleu.“

Ich konnte nur die letzte halbe Stunde anschauen, bin aber sehr begeistert worden. Die restlichen Teile des Rings kommen an den nächsten drei Donnerstagen: Die Walküre am 27. Oktober, Siegfried am 3. November, Götterdämmerung am 10. November, jeweils um 20.45 Uhr.

Wer keine Lust auf alle drei hat, dem lege ich die Götterdämmerung ans Herz, da wird sowieso nochmal erzählt, was vorher passiert ist, und man kann die längste Arie der Operngeschichte genießen. Die gute Brünnhilde singt zum Finale nämlich satte 15 Minuten lang. Jedenfalls las ich das irgendwann in einem Opernführer, bin aber gerade zu faul, es nachzugoogeln. Ihr macht das schon.

Haselnuss-Pflaumen-Kuchen

Habe ich schon mal erwähnt, wie sehr ich die Kochblogsuche liebe? Statt mich bei chefkoch.de oder ähnlichen Portalen durch 700 Rezepte zu wühlen, die gerne mal einen halben Liter Kondensmilch in Saucen geschüttet haben wollen oder am besten alles mit Maggitüten kochen, finde ich bei der Kochblogsuche eigentlich immer etwas. Manchmal knapp neben dem, was ich eigentlich wollte, aber immer irgendetwas, das ich sofort kochen, backen, brutzeln will.

So wie diesen Kuchen, der nur dazu da war, ein paar Restpflaumen elegant zu entsorgen. Im Originalrezept kommen noch Äpfel auf den Teig, aber ich hatte genug Pflaumen, um die Form vollzukriegen.

Die Teigmenge reicht für eine 20er-Form.

40 g Butter weichrühren und nacheinander
3 Eier dazugeben. Dann in lockerer Reihenfolge
150 g Zucker,
75 g gemahlene Haselnüsse,
150 g Mehl,
1/2 Tütchen Backpulver,
1 Prise Salz,
1 Messerspitze Zimt und, ganz toll,
Saft und Schale einer halben Zitrone.

Den Teig in der Form verstreichen und mit
circa 10 Pflaumen, entsteint und in Spalten geschnitten, belegen.

Im auf 180° vorgeheizten Backofen auf der untersten Schiene für 50 bis 55 Minuten backen. Ich fand den Kuchen sehr fluffig und fein; die süßen Pflaumen passen wunderbar zum Zitronenhauch, und gegen Nüsse ist ja eh nie was einzuwenden. Vom Zimt habe ich nichts geschmeckt, ihn aber auch nicht vermisst.

And I don’t care as long as I sing

Die Sinnkrise dauert an, versteckt sich manchmal unter Konfettiwochenenden, Fußballspielen, Opernbesuchen und viel, viel Wein, aber sobald ich einfach mal irgendwo sitze und mich nicht in hektische Aktivität flüchte, ist sie wieder da. Und dann bin ich traurig und weiß nicht warum, und dann bin ich wieder hysterisch glücklich und weiß noch weniger warum. Inzwischen habe ich aber etwas (wieder-)gefunden, von dem ich weiß, dass es mich zufriedenstellt. Und ruhiger macht. Und nur manchmal ein bisschen traurig, aber das wird die Sinnkrise sein, die aus ihrem Versteck lugt.

Nach über sechs Jahren Pause habe ich wieder mit Gesangsunterricht angefangen. (Trololololo.)

Ende 2004 stand ich schon mal bei jemandem am Klavier und sang ein knappes Jahr lang Tonleitern, wanzte mich bis fast an die Tonhöhe der Königin der Nacht ran, lernte ein bisschen atmen (nie so richtig, wie ich zugeben muss) und schwitzte unzählige Shirts durch, denn meine Güte, kann Singen anstrengend sein. Gleichzeitig kann Singen aber unglaublich befreiend sein, und das hatte ich über Buchschreiben, werbetexten, irgendwie über die Runden kommen und mich konstant hinterfragen anscheinend vergessen.

Da mein damaliger Gesangslehrer nicht mehr in Hamburg ist, fragte ich meine schlauen Netzwerke, und neben vielen anderen hatte Isabo einen sehr guten Tipp. Die erste Stunde bei meiner Lehrerin war ein bisschen kieksig und nervös – jedenfalls von meiner Seite, von ihrer aus nicht die Bohne. Ich hoffe bei jedem vergrätzten Ton, dass sie schon viel, viel schlimmere Töne gehört hat und ich irgendwo im oberen Mittelfeld von okayen Tönen liege, werde sie aber nie danach fragen. Auf dem Notenständer landeten die üblichen Musicallieder, die ich so liebe, aber die man natürlich von tausend YouTube-Clips kennt und deswegen erstmal frustig wird, weil es nicht sofort wie Minelli klingt. (Ich kenne da jedenfalls jemanden, der das so geht.)

Das legte sich aber nach zwei, drei, vier Stunden wieder, und vor kurzem hatte ich gerade mal meine sechste Stunde. Und wie schon nach der vierten und fünften kam ich so irgendwie halbgar und nudelmatschig an – und ging zwei Meter groß mit Schultern, die kaum durch die Tür passen und einem Volumen in der Stimme, mit dem ich Fußballstadien niederbrüllen könnte. Und einen Tag später stand ich in der Küche, dem Raum mit den wenigsten Wänden zu den Nachbarn, ließ mir vom Virtual Piano den Anfangston geben und sang Let’s face the music and dance, das zum Schluss so schön hoch geht. Und zum ersten Mal seit Wochen (und gefühlt seit Monaten) löste sich irgendwas hartnäckig Brockiges in mir, und mein Mund ging so weit auf wie noch nie, und meine Schultern drückten sich von alleine nach hinten und ich wurde immer größer und auf einmal war da so viel Raum und Stärke und Freude und Lust, dass ich es selbst kaum glauben konnte. Scheißegal ob ich beim zweigestrichenen E wieder rumkiekste – das Gefühl, was auf einmal wieder da war, war genau das, was ich so verzweifelt gesucht hatte. Das Gefühl, mir selbst genug zu sein. Eine Stimme zu haben. So tief empfinden zu können, dass es dir niemand wegnehmen und dir niemand schaden kann. So stark zu sein, dass du nie untergehen wirst, ganz gleich wieviel auf dich raufgeschmissen wird. Und das Gefühl, alles tragen zu können, weil ich mich selber tragen kann.

Zum ersten Mal seit langer Zeit war ich wieder laut. Präsent. Kraftvoll. Ohne jeden Zweifel. Ohne mich zu hinterfragen. Ich war einfach da. Jetzt, hier, genau richtig. Und dieses Gefühl kam nicht durch Therapie oder Wegrennen oder Überarbeiten oder diese Kiste Wein da hinten, sondern nur dadurch, dass ich mich fallengelassen habe in eine Melodie, einen Text, ein paar Noten.

Dieses Fallenlassen hat einmal im Unterricht dazu geführt, dass ich mitten im Lied angefangen habe zu heulen, aber auch da hoffe ich, dass meine Lehrerin schon viele flennende Menschen hinter sich stehen gehabt hat. (Würde mich wundern, wenn es nicht so wäre, weil Singen so intim ist.) Wenn man gerade mal wieder am Leben, dem Universum und dem ganzen Rest laboriert, ist so eine Zeile wie „and point me t’ward tomorrow“ nicht unbedingt das Beste, was man singen sollte.

Deswegen singe ich seit Tagen Let’s face the music vor mich hin, notfalls auf dem Agenturklo, wenn die Krise kurz reinschaut, und habe als Bonustrack I just wanna fucking dance im Ohr, an das ich aber noch lange nicht rankomme. (Hier die Bühnenfassung aus der wundervollen Jerry Springer – The Opera und hier die Ntz-Ntz-Version.)

Ich weiß immer noch nicht, warum ich gerade mit allem hadere, denn objektiv ist ja schließlich alles toll. Ich bin gesund, ich hab Freunde, Geld, volle Bücherregale und Kochtöpfe, und wenn ich nicht in Hamburg wohnen würde, schiene auch die Sonne, aber anscheinend reicht das gerade mal wieder nicht. Aber immerhin weiß ich jetzt, wie ich für ein paar Momente Kraft schöpfen kann.

Move over, Sinnkrise. I don’t care as long as I sing.

„Wenn die Menschen unsterblich wären, würden sie weniger nachdenken. Und wenn die Menschen weniger nachdenken würden, wäre das Leben weniger schön.

Ohne die Absurdität des Lebens und die Existenz des Todes wäre weder Die Zauberflöte noch Romeo und Julia geschrieben worden. Warum hätte irgendwer sollen?“

Arno Geiger, Der alte König in seinem Exil (Affiliate-Link)

„Keiner zum Liebhaben“

Der Artikel über Mario Gomez aus der FAS von letzter Woche ist nun auch online. Und die Überschrift ist natürlich totaler Käse, ist klar. *hüllt sich wohlig ins Schnuckishirt*

Eyjafjallajökull-Tam-Tam

Wer in diesen Tagen in München noch nichts vorhat, sollte sich mal das oben genannte Stück im Residenztheater anschauen. (Autor: Helmut Krausser, Regie Robert Lehniger.)

Und wer es nicht bis nach München schafft, bekommt eine längere Version frei Haus ins Internet. Ich habe gestern schon mitgeguckt, schön begleitet vom hauseigenen Twitter-Stream, und fand es ziemlich genial, quasi live bei einer Uraufführung dabei zu sein. Auf dem eigenen Sofa.

(via probeks und Manumelms Gezwitscher)

Melancholia


© Zentropa Entertainment

Melancholia (DEN/SWE/FRA/GER 2011, 136 min)

Darsteller: Kirsten Dunst, Charlotte Gainsbourg, Kiefer Sutherland, Alexander Skarsgård, Charlotte Rampling, John Hurt, Stellan Skarsgård, Brady Corbet, Udo Kier
Musik: Richard Wagner
Kamera: Manuel Alberto Claro
Drehbuch: Lars von Trier
Regie: Lars von Trier

Trailer

Offizielle Seite

Mich hatte der Film nach wenigen Sekunden, weil er Teile der Ouvertüre von Richard Wagners Tristan und Isolde für die Exposition nutzt. Beziehungsweise: um uns das Ende des Films zu verraten. Das allerdings in Superzeitlupe, in wunderschönen, fast überirdisch scheinenden Farben und mit ebenso überirdisch schöner und zeitloser Musik. Doof, dass dieses kleine Wunderwerk uns erzählt, dass im Film die Welt untergeht, weil sie mit einem anderen Planeten – Melancholia – zusammenstoßen wird. Aber bis dahin haben wir noch über zwei Stunden Zeit, weswegen mein erstes Urteil nach dem Abspann auch lautete: Melancholia ist wie Wagner für Anfänger. Man weiß von Beginn an, wie’s ausgeht, die Story könnte größer kaum sein, es dauert alles unfassbar lange, aber dafür gibt’s tolle Musik.

Melancholia besteht aus zwei Teilen. Im ersten sind wir zu Gast bei der Hochzeit von Justine (Kirsten Dunst) und Michael (Alexander Skarsgård). Die Party wird ausgerichtet von Justines Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) und ihrem Gatten John (Kiefer Sutherland), der nicht müde wird zu betonen, wie viel das alles gekostet habe und ob ihr klar sei, dass nicht jede/r in einem schlossähnlichen Anwesen mit einem 18-Loch-Golfplatz heiraten könne. Justine bedankt sich und verzieht gleichzeitig das Gesicht, versichert Claire, wie glücklich sie sei und wie sehr sie genau das alles gewollt habe, verschläft aber Teile ihrer eigenen Hochzeit und nimmt lieber ein Bad, anstatt mit Michael die Torte anzuschneiden. Was nach verzogener Göre klingt, ist in Wirklichkeit eine zutiefst traurige Frau, deren Kraft eben nicht ausreicht, um einen ganzen Abend lang – geschweige denn eine ganze Ehe – durchzuhalten.

Dunst schafft eine sehr schöne Balance zwischen scheinbar ehrlicher Freude über ihr kurzfristig gefundenes Glück und tiefer Trauer, als ihr klar wird, dass es eben genau das ist: kurzfristig. Sie kennt sich selbst genug, um zu wissen, dass sie niemanden glücklich machen kann, am wenigstens sich selbst. So versucht sie, Konventionen zu genügen – der erste Tanz, das gezwungene Lächeln bei den unvermeidlichen Reden, die gespielte Dankbarkeit dem Schwager gegenüber und dessen verdammtem Golfplatz –, bricht aber zu jeder Gelegenheit aus ihnen aus. So werde ich in Zukunft im Tristan immer an die pinkelnde Kirsten Dunst im Brautkleid am Grün 16 (oder so) denken, aber das war’s wert.

Ich mochte den Kontrast zwischen der picobello ausgerichteten Feier und den rohen Kräften, die sich dagegenstellen. Die Mutter, die politisch völlig unkorrekt den Tipp gibt: „Enjoy it while it lasts“; der Arbeitgeber von Justine, dem es völlig egal ist, wie’s ihr geht, solange er von ihr die geforderte Leistung bekommt; und eben Justine, die sehr ursprünglichen Bedürfnissen nachgibt, um sich der Welt zu entziehen: schlafen, sich reinigen, sich mit jemandem vereinigen (egal mit wem), fliehen. Ich mochte, dass sie sich nimmt, was sie will, weil sie weiß, dass sie genau das gerade braucht. Sie weiß allerdings auch, dass sie dafür einen Preis zahlen muss: Sie wird wieder und wieder Menschen vor den Kopf stoßen, sie wird alleine sein, sie wird erschöpft sein.

Genau das passiert im zweiten Teil des Films, wo eher Claire die Hauptrolle spielt. Sie und John sind wieder einmal Gastgeber für Justine, die es gerade noch in ein Taxi schafft, bevor sie in Justines Gästezimmer tagelang schläft. Währenddessen nähert sich draußen ein Planet aus dem Sternbild des Skorpion der Welt, und Wissenschaftler und Untergangspropheten sind sich nicht eing, ob er mit der Erde kollidieren wird oder nicht. Hobbyastronom John ist sich sicher: Das Ding geht vorbei, lagert aber trotzdem mal Benzin, Wasser und Lampen ein, man weiß ja nie. Sein Job: Zweckoptimismus. Claire dagegen zweifelt, weiß nicht, wem oder was sie glauben soll. Ihr Job: Angst. Justine dagegen weiß, was passieren wird, und auf einmal wird aus ihrer angeblichen Schwäche – ihrer Depression – eine Stärke: Sie kann als einzige akzeptieren, dass alles zuende gehen wird und kann deshalb andere mittragen. Ihr Job: Wissen, Vertrauen und Zuversicht. Dinge, die ihre Krankheit eigentlich nicht zulässt, die aber hier auf einmal vorhanden sind. Glaubhaft vorhanden sind.

Melancholia zeichnet scheinbar holzschnittartige Figuren, in denen aber viel mehr steckt. Die sphärische Musik Wagners macht das ganze noch irrationaler, und die Farben halten alles zusammen. Während der Hochzeit in ihrem zimmergelben, warmen Licht erscheint alles mit Gold gepudert, selbst draußen auf dem Golfplatz, wo Lampen Teile des Grüns erleuchten. Die Party dauert die ganze Nacht, und langsam zieht sich ein melancholischer Blauton durch und über alles, während im zweiten Teil das irrlichternde Grün des neuen Planeten die Farbigkeit vorgibt.

Dunst und Gainsbourgh versammeln so viele Emotionen und Persönlichkeiten in sich, dass man ständig überrascht davon ist, was sie noch in sich finden und uns zeigen, so dass ich dem Film selbst seine seeeehr lange Laufzeit verzeihe, denn immerhin konnte ich den beiden Damen die ganze Zeit zugucken. Trotzdem: 20 Minuten weniger hätten’s auch getan; gerade der zweite Teil zieht sich ziemlich fies. Und nebenbei: Tristan und Isolde dauert fünf Stunden – da wären noch ein paar mehr Takte Musik zum Klauen dagewesen, das hätte nicht zehnmal hintereinander der Ausschnitt aus der Ouvertüre sein müssen, so dramatisch er auch ist.

Ich bin nicht unbedingt ein Fan von Lars von Trier, aber mit Melancholia hat er mich doch gekriegt. Ja, der Film grenzt an Kitsch, ja, er dürfte ne Ecke kürzer sein und ja, er ist im Prinzip eine lange Glorifizierung von Depressionen, aber er sieht fantastisch aus, hat wunderbare Schauspieler_innen und bringt Bilder auf die Leinwand, die ich noch lange mit mir herumtragen werde. Wofür ist Kino denn sonst da?

Bechdel-Test bestanden?

1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.

Dreieinhalb Hauptfiguren, davon zwei Frauen, die so ziemlich über alles reden, aber recht selten über Männer. Eher über den Weltuntergang und das große Ganze.

Bechdel-Test bestanden? Mit Bravour.

So long, …

… and thanks for all the fun, Steve.