TV-Tipps en masse

Im September und Oktober starten in den USA eine Menge neuer Serien, die natürlich ALLE angeguckt werden müssen. Bei einigen habe ich nicht mal die Pilotfolge durchgehalten, andere gehören seit Folge 1 auf meinen Merkzettel (danke an Matthias für den Linktipp).

Mag ich sehr:

A Gifted Man

Hätte sehr kitschig werden können, geht aber grad noch so. Der erfolgreiche Hirnchirurg Michael Holt (Patrick Wilson, immer einen Blick wert) trifft eines Abends seine Exfrau Anna, die er seit Jahren nicht gesehen hat und die in einer kleinen free clinic arbeitet – im Gegensatz zu Patrick, dessen Krankenhaus aussieht wie eine Mischung aus Luxushotel und Star Trek. Einen Tag später will er Anna besuchen und erfährt, dass sie vor einer Woche verstorben ist.

Wie gesagt, hätte kitschig werden können – Exfrau kann nicht sterben, weil sie auf Erden noch unerledigte Jobs hinterlassen hat –, aber die Serie hält bis jetzt recht gekonnt die Balance zwischen dem üblichen Krankenhausdrama mit seltsamen Fällen und dem esoterischen Unterton. Zu dem gehört auch der Freund von Michaels Schwester, der ein bisschen indianisches Voodoo betreibt. Und als Bonus gibt’s noch Rhys Coiro, den ich als Billy in Entourage sehr geliebt habe.

New Girl

Charmante Sitcom mit der wunderbaren Zooey Deschanel, die alles machen kann – ich mag dann eben alles. Deschanel spielt Jess, eine blubberige Mittzwanzigern, die ihren eigenen theme song singt und über die Trennung von ihrem Freund hinwegkommen will, indem sie in eine WG mit drei Kerlen zieht. Das ganze fühlt sich ein bisschen an wie eine jugendfreie Version von How I Met Your Mother: alles ein bisschen niedlicher, aber mit den gleichen schönen Schnitten und seltsamen Sätzen.

Unforgettable

Im Prinzip das übliche Cop-Drama, aber mit einem Kniff: detective Carrie Wells (Poppy Montgomery) kann nichts vergessen, was sie jemals gesehen hat. Das bedeutet, dass sie in Situationen, in denen die Fälle in einer Sackgasse scheinen, nochmal im Kopf alles durchgeht, was sie am Tatort oder wo auch immer gesehen und gehört hat. Das ist manchmal ein bisschen sehr erklärbärig, aber irgendwie muss man ja 40 Minuten vollkriegen.

Gefällt mir bis jetzt ganz gut, weil auch das Team recht spannend aussieht – wenn man eben diesem Team mal ein bisschen mehr Backstory geben würde. Könnte besser werden, ist aber bis jetzt sehr ordentlich gemachte Wegguckware. Einziger wirklicher Nörgelpunkt: Um zu betonen, wie verdammt unkonventionell Carrie ist, rennt sie nicht im üblichen Pant Suit rum, sondern fast immer im Tank Top. Das ist ja schön für sie, aber auf die Dauer nervt es echt. Ja, sie hat einen tollen Oberkörper, aber meine Güte, get over it, Autor_innen. Gebt ihr endlich mal was jahreszeitlich angemessenes zum Anziehen.

Up All Night

Christina Applegate und Will Arnett – need I say more? Die beiden spielen ein Ehepaar, das unverhofft zu Eltern wurde und die trotzdem versuchen, weiter coole, crazy Partypeople zu sein. Außerdem dreht Up All Night mal das Klischee um, lässt den Vater zuhause bleiben und die Mutter arbeiten und macht weder den Mann zum debilen Trottel, der alleine verhungert, wenn Frauchen nicht da ist und die Frau nicht zur karrieregeilen Schnatze, die sich plötzlich wie ein Kerl aufführt.

Die Serie lebt sehr von den beiden Hauptdarstellern, von der durchgedrehten Maya Rudolph als Talkmasterin und Christinas Boss und den angestrengten Versuchen, ihr altes Leben mit dem neuen zu vereinbaren bzw. damit klarzukommen, dass ein Kind anscheinend doch ne Menge verändert. Der Tonfall erinnert an The Office, wo man auch gerne mal Schmerzgrenzen überschreitet, ohne richtig widerlich zu werden. Mag ich sehr gerne, obwohl ich sonst Elterncomedy so gar nichts abgewinnen kann.

Prime Suspect

Auch hier ein Wiedersehen mit Filmlieblingen: Maria Bello spielt Sergeant Timoney, die sich als einzige Frau in einem Männerteam im Morddezernat durchsetzen muss. Die erste Folge ist sehr anstrengend, weil es nur um den blöden Geschlechterkampf geht; das ändert sich netterweise, und Prime Suspect wird zu einer guten Cop-Show mit einer, wie ich finde, faszinierenden Hauptdarstellerin.

Ich bin bei sogenannten „starken Frauenrollen“ immer hin- und hergerissen zwischen „Die führt sich ja bloß auf wie ein Mann“ und „Wenn sie sich doch mehr aufführen würde wie ein Mann“. Heißt: Ich weiß manchmal selber nicht, was ich von weiblichen Hauptrollen erwarte, die versuchen, Geschlechterklischees zu brechen. Bello spielt sehr tough und unbeeindruckt und bis jetzt frei von den üblichen Doofszenen, mit denen dann doch ihre ach so verschüttete, feminine Seite bebildert werden soll (heimlich auf dem Klo heulen, Schokolade verschlingen, sich mit der besten Freundin treffen und Weißwein trinken). Außerdem konzentriert sich Prime Suspect auf wenige Verdächtige pro Fall (macht also keine Schnitzeljagd wie Castle, was ich auch mag) und hat einen schönen, rauen Gesamtklang.

Boss

Davon lief erst die Pilotfolge, aber die fand ich extrem gelungen. Sehr filmisch, sehr groß – hat ein bisschen was von The Wire, das The West Wing sein will. Kelsey Grammar spielt den Bürgermeister von Chicago, der eine unheilbare Krankheit dagnostiziert bekommt. Seine Ehe ist nur noch für die Öffentlichkeit da, seine politische Konkurrenz wartet nur auf einen Fehler, und dann gibt es noch seine persönliche Assistentin, seine Ärztin und seine Tochter, aber bis jetzt sind nur eine Menge Bälle in die Luft geworfen worden. Mal sehen, wo es hingeht, aber ich glaube, das könnte sehr gut werden. Die Pilotfolge wurde von Gus van Sant gedreht.

Homeland

Bisheriger Spitzenreiter, was neue Dramen angeht. Claire Danes spielt eine CIA-Agentin, die davon überzeugt ist, dass der aus Afghanistan heimgekehrte Marine Brody (Damian Lewis) ein Schläfer ist, der in seiner Gefangenschaft umgedreht wurde und nun als islamischer Terrorist auf sein Stichwort wartet.

Die Serie hat ein sehr gutes Tempo, mischt „Oh Gott, was passiert jetzt“-Momente gekonnt mit langen, ruhigen Überlegungen und Gesprächen, wirft noch ein paar Flashbacks aus Brodys Gefangenschaft ein und hat Danes mit einer guten Backstory versorgt, aus der sicher noch was wird. Spannendes Thema, gekonnt umgesetzt, und weil die Serie auf Showtime läuft, gibt es auch ein bisschen Blut und nackte Haut zu sehen.

Mag ich irgendwie, wäre mir aber auch egal, wenn die Serie gecancelt würde:

2 Broke Girls

Sehr klassische Sitcom mit einer völlig irrwitzigen Prämisse und Dialogen, die niemand sprechen würde außer den beiden Pleitemädels. Wahrscheinlich mag es ich es deshalb, weil die Serie gar nicht versucht, was wahnwitzig Neues zu machen, sondern sich auf alte Sitcom-Stärken beruft: gute Charaktere, die genug Tiefe haben, um immer wieder was Neues an die Oberfläche zu ziehen, wenn’s der Story hilft, und die übliche Fish-out-of-water-Storyline.

In 2 Broke Girls geht es um die Kellnerin (gibt es einen klischee-igeren White-Trash-Job als Kellnerin im Fernsehen?) Max (Kat Dennings), in deren Leben die hyperreiche Caroline (Beth Behrs) einbricht. Die Arme ist allerdings von heute auf morgen verarmt, weil ihr Vater wegen irgendwas im Knast sitzt und sie nun mittellos sehen muss, wo sie bleibt. Ich sagte schon: irrwitzig. Caroline zieht bei Max ein, und im Prinzip beruht so gut wie jeder Gag auf dem Gegensatz arm versus reich bzw. Brooklyn Girl versus Manhattan Socialite. Das ist manchmal sehr belanglos, aber irgendwie haben sich die beiden Mädels in mein Herz gekalauert.

Hart of Dixie

Noch unglaubwürdiger, aber irgendwie puschelig: Rachel Bilson spielt eine New Yorker Herzchirugin (und niemals habe ich jemandem einen Job weniger abgenommen als Rachel ihre Doktorentätigkeit), die die Hälfte einer Praxis in Bluebell, Alabama, erbt. Auch hier wieder Gegensätze galore: Die Stadtgöre trifft auf den beschaulichen Süden der USA, wo Frauen nur dafür da sind, Eistee und Limonade zu machen und in Kleidern rumzulaufen, die mit der entsprechenden Rocklänge auch aus Gone with the Wind stammen könnten. Die Kerle arbeiten immerhin, aber der zweite Besitzer der Praxis mag es natürlich gar nicht, dass da plötzlich diese junge Dame ist, wo er doch so schön alleine Doktor spielen konnte.

Hart of Dixie ruht sich sehr auf den Südstaatenklischees aus, und die Handlung ist so soapig wie es nur geht in einer 40-Minuten-Sendung, aber irgendwie kann ich nicht aufhören, es zu schauen. Könnte als Bilson liegen, die ich, wie gesagt, komplett unglaubwürdig finde, aber trotzdem total niedlich zum Angucken.

Mag ich eventuell, ich gucke jedenfalls noch ein paar Folgen:

Revenge

Arg geklaute Idee aus dem Klassiker aller Klassiker Der Graf von Monte Christo. Hier ist Emily (Emily Vancamp) die Rächerin, deren Vater vor 15 Jahren unschuldig verurteilt wurde und sich das Leben nahm, bevor seine Unschuld bewiesen werden konnte. Keine Ahnung, ob Töchterchen Emily das überhaupt will – seit fünf Folgen ist sie jedenfalls nur damit beschäftigt, eine Figur nach der anderen, die damals für die Verurteilung sorgten, aus der Serie zu kegeln. Dabei hat sie Geld ohne Ende, einen Mitstreiter, den sie scheiße behandelt, der aber trotzdem alles für sie tut und dabei auch noch ein Computergenie ist, das sich quasi auf Zuruf in iPads hackt und Powerpoint-Präsen frisiert, und nochmal Geld ohne Ende. Das war zwei Folgen ganz lustig, aber allmählich frage ich mich, ob das die ganze Zeit so weiter geht. Und das ewige falsche Lächeln so ziemlich aller Darsteller_innen nervt auch.

Suburgatory

Auch so ein Mittelding zwischen spannend und nervig. Die Sitcom dreht sich um Väterchen (Jeremy Sisto) und Töchterchen (Jane Levy), die aus New York in die Vorstadt ziehen, wo alle Kerle grillen und Geld verdienen und alle Frauen Diät machen und zu enge Klamotten tragen. Ab und zu blitzen mal ein schöner Dialog und eine schräge Situation auf, aber mir geht dieses Frauenbild einfach so sehr auf den Keks, selbst wenn es ironisch überzeichnet ist, dass ich mich wirklich anstrengen muss, es lustig zu finden.

Mag ich nicht:

Ringer

Ach, was hatte ich mich auf Sarah Michelle Gellar gefreut – und dann versandet sie rehäugig in einer Serie, von der ich vier Folgen geguckt habe, aber jetzt von ihr Abschied nehme. Zwillingsschwestern, Identitätswechsel, hätte alles toll sein können, finde ich aber nur verwirrend, weil ich so gar keine Lösungsansätze präsentiert bekomme. Stattdessen wird alles immer komplizierter, ohne dass ich auch nur ahne, wo es hingeht. Anstrengend. Interessiert mich einfach nicht mehr, was wohl noch passieren könnte.

Person of Interest

Nicht mal den Pilot durchgehalten, trotz Jim „Jesus“ Caviezel und Michael „Ben aus Lost“ Emerson. Klang für mich nach sehr reißbrettigem Drehbuch, viel Zeug, das vielleicht Potenzial hätte – ich will aber gar nicht rausfinden, ob’s stimmt.

Free Agents

Ebenfalls schon am Pilot gescheitert, trotz Hank „700 Simpsons-Stimmen“ Azaria. Ich glaube, die nutzlose Sexdiskussion im Meeting hat mich so genervt, dass ich weggeklickt habe. Worum ging’s eigentlich?