Was schön war, Freitag, 11. März 2016

Das hier.

Normalerweise bin ich eisenharte Parkett-Sitzerin in der Oper. So toll das ist, dass da diverse Musiker*innen für mich aufspielen – ich will ihnen nicht bei der Arbeit zugucken. Und erst recht nicht beim Rein- und Rausgehen, wenn sie nichts zu tun haben. Wobei ich das als Kind immer faszinierend fand, den Harfenistinnen (nie einen Kerl an dem Instrument gesehen) dabei zuzuschauen, wie sie aktelang Taschenbücher lesen und dann kurz mal zupfen.

Wenn ich alleine in die Oper gehe, warte ich immer, bis die briefliche (oder e-mailiche) Vorbestellungsfrist rum ist, denn dann kann man sich die Plätze aussuchen. Vorher fragt man höflich für Karten einer gewissen Preisklasse an und kriegt dann welche zugewiesen. Das hasse ich und deswegen warte ich. Einen Platz gibt’s immer noch irgendwo.

Dieses Mal wollte ich aber F. eine Karte zu Weihnachten schenken, weil der Herr unfassbarerweise noch nie in einer Wagner-Oper war. Der Mann wohnt quasi auf Theaterbühnen und in Konzertsälen, aber Wagner hat er noch nie gehört. Das kann so natürlich nicht bleiben. Also bat ich für den Fliegenden Holländer (oder wie ich ihn nenne: den Anfänger-Wagner) schriftlich um zwei Karten und bekam, natürlich, den ollen Rang. Den zweiten von vieren, um genau zu sein, aber dabei immerhin die erste Reihe. Allerdings die Plätze, die fast direkt an der Bühne lagen. Ich stellte mich nölig darauf ein, die ganze Zeit den Kopf drehen zu müssen und war dann sehr glücklich, als ich gestern abend sah, dass die Sitze immerhin zur Bühne ausgerichtet waren. Was auch bedeutete: Beinfreiheit!

Was es allerdings auch bedeutete: Wenn ich entspannt in meinem 50-Euro-Sesselchen saß, sah ich ungefähr ein Drittel der Bühne, nämlich das rechte. Und jetzt raten Sie, wo Herr Konwitschny so ziemlich alle Akteur*innen bei ihren Arien oder Duetten hinbeorderte? Genau, auf die linke Seite. Ich habe den Holländer zum ersten Mal so richtig im dritten Akt gesehen und auch das nur, weil ich mich irgendwann genervt fast über die Brüstung gehängt habe. Das große Duett mit Daland im ersten Akt? Reines Hörvergnügen. Das Duett mit Senta im zweiten? Genau das gleiche. Sentas große Arie im zweiten Akt? Nur gehört, nichts von ihr gesehen, selbst mit Über-die-Brüstung-Lehnen. Und das Bild, auf das ich mich die ganze Zeit gefreut hatte, nämlich das Ansingen des Chors der Norweger gegen den der Holländer? Sah von oben dann doch eher nach grauem Rumgewusel aus und nicht nach der bedrohlichen Konstellation, als die ich es vor drei Jahren (oder so) im Parkett zum ersten Mal gesehen hatte.

Irgendwann gab ich das ständige Rauslehnen auf und genoss die konzertante Oper, war aber trotzdem pissig, weil ich 50 Euro für nicht unbedingt wenig Geld halte. Ja, im Vergleich zu den anderen Preisklassen der Staatsoper ist das eine der günstigeren Karten, aber trotzdem. Da hätte ich auch die Hörplätze für zehn nehmen können.

Wieder was gelernt, was ich ja eigentlich schon wusste: nächstes Mal wieder Parkett. Notfalls einen Gutschein zu Weihnachten und dann hoffen, dass noch Karten da sind.

Genug gequengelt. Was nämlich schön war: F. hat es gefallen, auch wenn er die Wagnermania noch nicht nachvollziehen kann (was für mich heißt: Wir gucken den Ring), es war schön, sich mal wieder die Oper zu gönnen, was ich mir viel zu lange verkniffen habe (WEIL PARKETT EBEN SCHEISSTEUER IST), und selbst der Ersatztenor Andreas Schager für Klaus Florian Vogt, auf den ich mich gefreut hatte, war toll. Ehrlich gesagt, war er so toll, dass ich nach drei Tönen dachte, ach guck, gar nicht so schlecht, dass Vogt krank war. Den haben wir ja auch oft genug gehört, den Schager noch nicht. Den gucken wir uns jetzt öfter an. IM PARKETT!

Was schön war, Donnerstag, 10. März 2016

Vormittags mit einem netten Menschen telefoniert, viele schöne Infos bekommen und ebenso viele gute Tipps.

Mittags ein unerwarteter Anruf, der mich sehr gefreut hat.

Und nachmittags hatte ich dann die Hände in Pastateig.

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Gefühlt habe ich meine Nudelmaschine seit über drei Jahren nicht mehr benutzt; sie stand in Hamburg, während ich mein Raviolibrett nach München geschleppt hatte (fragt nicht). In Hamburg hatte ich meist das Gefühl, keine Zeit für aufwendiges Kochen zu haben, weil wir ja nur das Wochenende hatten und auch das nicht jede Woche, sondern meist nur einmal im Monat. Also stand das Maschinchen in seinem Karton und wartete brav auf mich.

Für gestern abend hatte sich F. Pasta gewünscht und eigentlich war der Plan, ein bisschen Huhn und ein paar Tomätchen dazu in die Pfanne zu werfen, aber mich überkam die Lust, mal wieder Nudeln selber zu machen. Ich kletterte auf die kleine Leiter, holte den Karton vom Küchenschrank und packte die Maschine aus. Jedesmal wenn ich sie aus dem Karton hole, denke ich an den Mann, der sie mir geschenkt hat und freue mich auch nach über 25 Jahren über sie (und ihn).

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Ich briet ein bisschen Filet in der Pfanne an, röstete Pinienkerne, schnitt eine kleine Zwiebel und eine kleine Möhre in grobe Stücke und warf alles mit einem Eigelb und ein bisschen Frischkäse in den Zerkleinerer, um eine Farce zu machen. Im Nachhinein glaube ich, dass ein paar Kräuter noch nett gewesen wären und vielleicht doch der Knoblauch, auf den ich bewusst verzichtet hatte, denn der schmeckt immer sehr durch. So war die Farce ein bisschen … wie soll ich sagen … versteckt geschmacksträchtig: Man ahnte, was man aß, aber so richtig dann auch wieder nicht.

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Dafür war die Pasta toll. Auf 150 g Mehl gab ich ein Ei und ein Eigelb sowie ein bisschen Salz, knetete mit feuchten Fingern, ließ den Teigball in einem feuchten Tuch eine Stunde ruhen und drehte ihn dann stückchenweise durch die Maschine. Ich hatte fast vergessen, wie schön sich frischer Nudelteig anfühlt, so glatt und kühl. Ich mag den leichten Zug, den ich mit der linken Hand auf die Nudelbahn ausübe, die mir aus der Maschine entgegenkommt, während ich mit der anderen Hand kurbele. In der dünnsten Einstellung ließ ich den Teig gleich auf das leicht bemehlte Raviolibrett gleiten, füllte ein Teelöffelchen Farce ein, legte eine weitere hauchdünne Teigbahn darüber und rollte alles beherzt mit dem Nudelholz platt. (Hey, kommt daher der Name Nudelholz? Fällt mir jetzt gerade so auf.)

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Ich wusch ab, deckte den Tisch, suchte mir einen schönen Rotwein für abends, bereitete noch ein Karottenpüree vor und las entspannt im Internet rum, bis F. kam. Wir verbrachten einen schönen Abend miteinander und schliefen früh ein.

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Nach der Nudelherstellung hatte ich noch eine weiße Espressomousse gebastelt, die leider nicht bis zum Abendessen fest wurde. Die musste ich dann heute morgen alleine essen. Ein schlimmes Schicksal.

Tagebuch, Mittwoch, 9. März 2016

Tagsüber alte Belege von veröffentlichten Artikeln auf dem Rechner gesucht und größtenteils gefunden. Die fehlenden angefragt und teilweise innerhalb von zehn Minuten als hübsches PDF zurückbekommen. Mich ein bisschen darüber gefreut, dass ich schon über so viele Dinge für Geld geschrieben habe und einen kurzen Wunsch ins Universum geschickt, dass ich das gerne weiter machen würde.

Schöne Texte gelesen. Den hier von Katia Kelm zum Beispiel, die über eine Ausstellung mit ihr in der Schweiz berichtet:

einmal setzen wir uns kurz irgendwo rein und ich bestell für 7 euro eine eierbechergroße portion cappuchino.
auf meine frage, ob sie auch sojamilch hätten, die bedienung so, auf schweizerdeutsch: „ich glaube ja, aber ich hab das noch nie gemacht.“
ich: „ach naja, is egal, dann nehm ich den einfach mit normaler milch“
bedienung: „nein, kein problem! ich möchte nur, dass sie wissen: ich hab das noch nie gemacht, ich kann nicht versprechen, dass er gut wird.“
ich: „ach, machen sie sich keine umstände, ich nehm den dann einfach mit milch.“
bedienung: „lassen sie mich ihren kaffee BITTE mit sojamilch machen!!!“

Danach noch Architekturtheorie und Nazikram, aber sowas steht nicht online, sondern in Bibliotheken.

Wieder traurig geworden, weil ich über den Kerl und unsere Wohnung nachdenken musste. Einerseits bin ich froh, wenn das alles Anfang April vorbei ist, andererseits ist dann wirklich die letzte Verbindung zwischen uns weg. Ich wünsche mir irrationalerweise, dass er in unserer Wohnung bleibt, damit ich weiß, dass noch jemand da ist, dass noch irgendwas von uns da ist. Also neben den tausend Referenzen in diesem Blog.

Ich koche gerne nach meinen eigenen Rezepten – deswegen verblogge ich sie ja überhaupt, da sind sie alle schön an einem Platz. Neuerdings stolpere ich dauernd über Sätze, die was mit dem Kerl zu tun haben, und das tut jedesmal weh. Spontan will ich die Texte ändern, ich reiße mich dann aber zusammen, weil ich alte Frau natürlich weiß, dass die Zeit alle Wunden heilt, dass ich irgendwann wieder darüber lächeln kann, dass ein Mann in meinem Bienenstichrezept auftaucht, und bis dahin muss ich das aushalten.

Es fällt nur so schwer, es im eigenen Blog auszuhalten.

Was schön war, Dienstag, 8. März 2016

Viele feministische Links in meiner Timeline, kaum Chauvischeiße. Habe anscheinend die Mute-Filter im Griff.

Nach dem epischen Rumgememme über meine Zeichenzahl las ich meine Kiefer-Hausarbeit noch mal, die ich Ende Januar abgegeben hatte. Wo ich direkt nach der Abgabe noch jedem Satz hinterhergetrauert hatte, der rausgeflogen war, konnte ich die Arbeit jetzt mit sechs Wochen Abstand deutlich besser würdigen. Was mich beim Wiederlesen gefreut hat: Die ist gut so. Klar hätte sie doppelt oder fünfmal so lang sein können, Belege hätte ich genug gehabt und auch noch genügend eigene Gedanken, aber so wie sie da jetzt steht, ist sie gut. Mein Kernargument ist anständig vor- und aufbereitet und man versteht es auch ohne größere Zeichenanzahl. Das passt schon so.

Dafür habe ich jetzt die sinnlose Panik, dass den Dozent*innen mein Kerntext zu kurz ist – der hat bei beiden Arbeiten ungefähr die Länge eines BA-Hauptseminars – und mir die Literaturnennung als Zeichenschinden ausgelegt wird. Ich hoffe mal, dass meine rege und interessierte Seminarteilnahme nicht den Eindruck einer faulen Schnarchnase hinterlassen hat, die sowas Albernes wie Zeichenschinden nötig hat.

Danke für eure zahlreichen Hinweise auf Literaturverwaltungs-programme. Wir kriegen von der LMU Citavi bzw. Endnote für lau, und ich habe zusätzlich noch in Papers investiert und mir Zotero angeguckt – aber ich verstehe bis heute nicht, wo der Vorteil von diesen Programmen liegt. Wenn ich in der Werbung beim Katalogtexten irgendwas gelernt habe, dann, den Überblick über 120 Seiten zu haben. Das scheint mir auch bei meinen Arbeiten zugute zu kommen; bisher habe ich immer alle Quellen wiedergefunden, wenn ich sie mir einmal notiert hatte, auch wenn ich das ganz altmodisch in einer Word-Liste mache und zu jedem Titel drei Stichworte notiere, warum der Text sinnvoll (oder sinnlos) ist.

Und natürlich weiß ich, wie praktisch das ist, wenn Fußnoten automatisiert erscheinen, aber ganz ehrlich: Ich mag diese Handarbeit. Ich mag das als Abschluss der Arbeit, noch mal über alles mit der Pinzette rüberzugehen. Deswegen (und nur deswegen, ähem) wäre ich eine miese Programmiererin geworden: Ich will viele manuelle Arbeitsschritte gar nicht vereinfachen und automatisieren. Ich sage nicht, dass ich gerne am Fließband stehen will, aber meistens machen mir leicht monotone Tätigkeiten eher Freude als Arbeit.

Aber ich höre ja immer auf meine Leser*innen und gucke mir die Programme deshalb noch mal brav an.

Abends eine sehr nette Bekanntschaft bei Spätburgunder gemacht.

Im Ofen überbackenes Käsebrot mit Zwiebeln rockt total, auch wenn F. ein bisschen leiden musste, so knutschtechnisch. Aber kein Mann, der mich liebt, wird mir Zwiebeln verweigern! Venceremos!

Was schön (und scheiße) war, Montag, 7. März 2016

(Edit 1: Wer sich mein sinnloses Rumjammern ersparen will, springt gleich zum Edit 2 da unten.)

Vogelnest-Hausarbeit abgebeben. Das war schön. Aber: nach einem legendären Kampf mit der ollen Zeichenzahlbegrenzung. Das war scheiße.

Ich darf im MA pro Hausarbeit 50.000 Zeichen raushauen, inklusive wissenschaftlichem Apparat, Fußnoten etc. Wenn ich an meiner Arbeit schreibe, kontrolliere ich nach jeder Schreibsitzung meine Zeichenzahl und habe brav im Hinterkopf, dass noch ordentlich Zeichen dazukommen, denn erst am Schluss, also am Tag, bevor ich abgebe, mache ich die Fußnoten hübsch.

Jedes Buch, jeder Aufsatz und was auch immer ich noch so zitiere (dieses Mal war eine DVD dabei, die ich gnadenlos ins Literaturverzeichnis gepackt habe, weil ich nicht wusste, wo sie sonst hin soll – Sonderpunkt „Benutzte Medien“? Nope), taucht einmal im Literaturverzeichnis am Schluss der Arbeit auf. Wenn alles fertig ist, der Text also steht, kopiere ich jeden einzelnen Titel und füge ihn bei der ersten Nennung in die betreffende Fußnote ein. Warum ich das erst am Schluss mache und so dauernd das Damoklesschwert des „Vielleicht hab ich nachher doch wieder zu viele Zeichen, weil der Word-Zeichenzählschlumpf mich hasst“ über mir schwebt? Weil ich im dritten Semester mal während des Schreibens schon die Fußnoten komplett ausgetextet hatte, bevor der Text richtig stand. Was natürlich dazu führte, dass ich während meiner 80 Korrekturphasen Absätze hin- und herschob und sich dadurch auch die Fußnoten verschoben. Plötzlich war die erste Nennung nicht mehr die erste und ich suchte wild durch die ganze Arbeit. Seitdem habe ich mir angewöhnt, immer nur die Kurznennung zu schreiben, also „Schmidt 2006, S. 90“ statt „Schmidt, Thomas: „Architektur für die Olympischen Spiele der Neuzeit“, in: Kat. Ausst. Architektur + Sport. Vom antiken Stadion zur modernen Arena, Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne, München 2006, Wolfratshausen 2006, S. 81–101, hier S. 90“, und erst am Ende der Textarbeit bei der ersten Nennung den vollständigen Titel. Denn jetzt weiß ich ja, wo die olle erste Nennung steht.

Beim Vogelnest habe ich sehr viel Literatur benutzt, die ich oft nur ein einziges Mal zitiere, viele chinesische Zeitungen, Architekturmagazine, Online-Artikel, die genau den einen Fakt hatten, den ich für mein Argument gebraucht habe. So lang war mein Literaturverzeichnis noch nie, und ich hoffe, das wird mir nicht als Zeichenschinden ausgelegt. Es gäbe nichts, was weiter von der Wahrheit weg wäre, verdammt.

Kurz vor Schluss zählte ich mal die Zeichen der Literaturliste – aha, 10.000 Zeichen (fuck!), das heißt also, wenn ich auf ingesamt 50.000 Zeichen kommen darf, darf mein Text nicht länger als 40.000 werden.

Hier hauen wir uns alle vor die Stirn, schütteln abschätzig den Kopf und fragen uns, wie so was Bräsiges wie die Gröner jemals einen Universitätsabschluss hingekriegt hat.

(Mit viel Alkohol und Tränen, aber lassen wir das.)

Also. Ich hätte natürlich nur 30.000 Zeichen schreiben dürfen plus die 10.000 im Literaturverzeichnis, die ja zum Schluss nochmal in die Fußnoten kommen.

Langer Blogeintrag, kurzer Sinn: Nach den letzten Korrekturen und dem Einfügen der Literatur klickte ich frohgemut auf „Zeichen zählen“ – und erblickte die widerliche Zahl von 65.000.

Den Montagvormittag habe ich unter sehr lautem Fluchen auf mich und meine Mathelehrer*innen damit verbracht, meine traumhaft ausgewogenene Arbeit um fette 15.000 Zeichen zu kürzen. Die politischen Implikationen vom Bauen in Dikaturen sind raus, die Überlegungen, ob das schon cultural appropriation ist, wenn sich ein westliches Architektenteam chinesischer Ikonografie bedient, viele schöne Stadionfakten zu London 1908 (erstes modernes Olympiastadion der Neuzeit), Stockholm 1912 (erstes mit Anklängen an einen nationalen Baustil), Berlin 1936 (nationalsozialistische Überwältigungsarchitektur – und die erste Fernsehübertragung) und München 1972 („Die Spiele im Grünen“) sind raus, viele Sätze über die Funktionen von Stadien in ihrer urbanen Umgebung, meine kunsthistorische Objektbeschreibung ist kürzer geworden, ach, es ist ein Jammertal.

Allerdings eins, das ich Idiotin mir selbst gebuddelt habe.

Deswegen werde ich in den nächsten zwei Semester alles anders machen. Nur in den nächsten zweien, denn in der Masterarbeit im vierten Semester zählt der wissenschaftliche Apparat nicht mehr mit. Die Prüfungsordnungsautor*innen hatten vermutlich richtig Bock darauf, sich diesen Quatsch auszudenken. (Alkohol und Tränen irgendwer?)

Für die nächsten Hausarbeiten werde ich am Anfang des Textes eine Fußnote einfügen, in die ich bräsig jeden blöden Titel werfe, den ich auch hinten im Literaturverzeichnis aufführe. Erfahrungsgemäß schmeiße ich Literatur sehr selten wieder aus, wenn sie einmal in der Arbeit drin ist, daher dürfte sich diese Fußnote kaum ändern, sondern nur immer länger werden. Wird super. Sieht im Layout bestimmt auch knorke aus. Wird mich beim Schreiben nie wahnsinnig machen.

Aber genug vom wunderschönen Vogelnest und dem STUMPF DER ARBEIT DARÜBER. Das Ding ist abgegeben und ich hab jetzt Semesterferien. Das ist schön. Und nächste Woche bin ich in Wien und sehe Anselm Kiefer und bin bereits zweimal verabredet und das wird auch schön.

*wirft die Gläser an die Wand*

Edit 2 mit Lerneffekt: Ich hätte diesen Eintrag schon nach Abgabe der Kiefer-Hausarbeit schreiben sollen.

Ein freundlicher Kollege wies mich auf unsere eigene Website hin, auf der steht, dass die vollständige Nennung beim ersten Vorkommen gar nicht explizit vorgeschrieben ist. Unsere Website habe ich natürlich im ersten Semester auswendig gelernt, um bloß nichts falsch zu machen. Uns wurde damals – ich bin mir nicht mehr sicher, ob bei den KuGis oder den Historiker*innen – nahegelegt, beim ersten Vorkommen den kompletten Titel zu nennen, weil es schlicht lesefreundlicher ist. Man sieht mit einem Blick: Ist das ein Buch, ist das ein Aufsatz, wenn letzteres, hat er drei oder 30 Seiten (was für die Aussagekraft nicht ganz unwichtig ist), von wem genau stammt die Quelle (Meiers gibt’s ja viele), ist das ein großes Tier im Fach, kennt man den oder die usw.

Sah ich alles genauso und seitdem habe ich brav den Gesamttitel beim ersten Vorkommen genannt, was auch nie ein Problem war, denn im BA zählten die Fußnotenzeichen nicht zur Gesamtzeichenzahl. Jetzt im MA schon, wie ich oben lang und jammerig ausführte. Natürlich habe ich seit zwei Jahren nicht mehr auf unsere Site geguckt, denn inzwischen wusste ich schließlich, wie man anständig zitiert und hatte deswegen – hier nochmal vor die Stirn schlagen – völlig vergessen, dass das keine notenrelevante Vorschrift ist, so zu zitieren, wie ich das mache, sondern eine Möglichkeit.

Da ich eine ungesunde Zuneigung zu meinen Hausarbeiten entwickele, je länger ich an ihnen rumbastele – gibt es das Stockholm-Syndrom für Wissenschaftler*innen und ihre Schriften? –, dachte ich die letzten zwei Stunden ernsthaft darüber nach, meine beiden Dozent*innen anzuschreiben und sie zu fragen, ob ich die Arbeiten noch mal abgeben darf – mit geänderten Fußnoten und einem dafür deutlich üppigeren Haupttext. Bevor ich das tat, fragte ich aber eine weitere Dozentin (nicht an der LMU) per DM, wie sie das fände, wenn sie so eine Mail bekäme. Sehr gelacht habe ich bei der Antwort „Du wärst die erste, die mir so eine Mail schreiben würde“, aber einsichtig genickt habe ich dann bei „Ist die Arbeit wirklich besser, die du jetzt nachreichen würdest?“ Und da bin ich mir selbst nicht mehr so sicher. Die lange Fassung klingt etwas weniger kurzatmig, sie führt etwas weiter aus, aber natürlich ist auch in der kurzen Fassung alles Wichtige drin, denn sonst hätte ich sie nicht abgegeben.

Und so nehme ich dieses Semester wieder mal eine neue Lernerfahrung mit. Und weiß nächstes Mal, dass ich keine lange Fußnote vor mir herschieben muss, wie ich es oben im Blogeintrag andachte, sondern einfach kurz angebunden „Schmidt 2006, S. 90“ schreibe und fertig. Auch wenn mein auf Lesefreundlichkeit getrimmtes Inneres weinen wird. Dafür wird mein tipp- und auskunftsfreudiges Inneres jubeln, weil es endlich Platz hat.

Was schön war, Sonntag, 6. März 2016

Gemeinsam aufgewacht. (Ich wache auch gerne alleine auf, aber wenn ich mit jemandem anders zusammen aufwache, fällt mir das halt auf, und es freut mich jedes Mal.)

Banana Bread gebacken (das untere Rezept) – die Küche duftete herrlich! Danach den heißen Ofen gleich weiterverwendet und ein Brot reingeschoben. Nach dem Abkühlen weiße Kuvertüre auf das Bananenbrot gepinselt.

Nachmittags Besuch bekommen, der meine Vogelnest-Hausarbeit gegengelesen hatte. Schlaue Anmerkungen eingefügt, ausgedruckt, nochmal gelesen (großer Fehler, denn man findet ja immer noch was), nochmal korrigiert, nochmal gelesen, nochmal ausgedruckt. Wird Montag vormittag abgegeben. (Das ist jedenfalls der Plan. Ich lese die Arbeit natürlich noch mal. Wir gucken einfach, was passiert.)

Mit dem Schwesterherz telefoniert.

Abends ein paar Scheiben des frischen Brots von morgens dick mit Käse und Zwiebeln belegt und überbacken.

Viel Earl Grey aus Omis Tassen getrunken.

Und selbst House of Cards scheint besser zu werden.

Was schön war, Samstag, 5. März 2016

Gut geschlafen. Earl Grey. Nichts zu tun zu haben und auch nichts tun müssen. Schönes Fußballspiel im Fernsehen Internet. Und dass abends jemand vorbeikommt und die richtigen Worte findet.

Nicht schön: Franzbrötchen klappen anscheinend nur mit richtiger Hefe und nicht mit dem Trockentütchen. Schmecken gut, gehen aber nicht auf. Ist ein bisschen wie recht trockenen Zimtklotz essen. Aber vielleicht mag das ja jemand, dann hätte ich hier den Tipp: dieses Rezept nicht mit Frischhefe backen.

Tagebuch, Freitag, 4. März 2016

Morgens mit einer Freundin telefoniert, die eine für mich neue Idee hatte, was man mit einem abgeschlossenen Kunstgeschichtsstudium anfangen könnte, wenn das Geld langsam weniger wird und man nicht kellnern gehen will. Ich werde das im Hinterkopf behalten.

Karte und Gebiet ausgelesen und für okay befunden. Okay im Sinne von = in sechs Monaten habe ich vergessen, worum’s ging. Zwischendurch mein übliches Augenrollen, wenn Houellebecq von „engen Scheiden“ schreibt, aber nicht so häufig wie sonst bei ihm.

Bücher in die Stabi zurückgebracht, Nachschub aus der UB geholt, unter anderem meinen Lieblingsreiseführer, dieses Mal für Wien. Sehr überfordert gewesen, mir Ziele für zwei Tage in der Stadt rauszusuchen, aber ich kriege das schon noch hin. Wird auf Museen und Häuserfassaden rauslaufen.

Zum Abendbrot einen schmackhaften Burger verzehrt und die erste Folge der vierten Staffel von House of Cards geguckt. Ist auch nur noch Pflichtprogramm. Nölig festgestellt, dass Netflix USA mich inzwischen rausschmeißt. DNS/VPN-Service gekündigt.

Neues Buch angefangen, ebenfalls frisch aus der UB: Jürgen Kockas Das lange 19. Jahrhundert.

Beim Einschlafen wieder so traurig gewesen wie morgens, aber nicht mehr ganz so mutlos.

Tagebuch, Donnerstag, 3. März 2016

Sitze in meinem Semesterendloch und schippe da ein bisschen drin rum. Neuerdings mit den Förmchen „Als ich einmal reich war“, „Was habe ich mir vor vier Jahren bloß gedacht?“ und „Viel Spaß in den nächsten 20 Jahren auf dem Arbeitsmarkt, du alte Hippe“.

Tagebuch, Mittwoch, 2. März 2016

Ein winziger Durchhänger. Quasi nichts mehr zu tun, zwei Bücher zum Selbststudium liegen hier (NS-Kunst, Architekturtheorie), trotzdem habe ich morgens erstmal Kitchen Impossible geguckt und sehr genossen, dann Houellebecq gelesen, zwischendurch Salat und abends noch French Toast gemacht, aber eigentlich war ich sehr ruhig und wollte nur alleine auf dem Sofa sein und raus in den Regen gucken.

Abends einen Umzug meiner Websites beauftragt. Die vorletzte Trennung vom Kerl. Traurig gewesen.

Was schön war, Dienstag, 1. März 2016

Von F. nach Hause fahren und aus dem Busfenster gucken

Die letzten Fußnoten im ersten MA-Semester

Morgens fuhr ich in die Stabi, um dort die letzten zwei kleinen Fußnötchen gegenzuchecken. Dazu brauchte ich zwei Bücher, die im Lesesaal lagen. War natürlich alles richtig, was ich mir notiert hatte, aber so eine strebsame Nase bin ich halt, dass ich bei Formulierungen, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob ich sie beim wilden Stoffsammeln brav abgeschrieben oder nur en passant exzerpiert hatte, lieber noch mal nachgucke, bevor ich die Arbeit abgebe.

Dann las ich die vorgestern gekürzte und mit einer leicht veränderten Zusammenfassung versehene Arbeit zum tausendsten Mal und war zum ersten Mal zufrieden.

Mal sehen, was die Korrekturfee sagt.

Moralische Anstalten

In der frei lesbaren Designkolumne aus dem März-Merkur von Christian Demand geht es um die seltsame Gleichsetzung von Menschen mit Geschmack (wer auch immer den definiert) und Menschen mit einer guten Gesinnung (gleiche Klammer wie eben).

„Menschen vom Schlag der Erfurter Wutbürgerin, versicherte man sich stattdessen gegenseitig, seien mit Argumenten nun einmal nicht zu erreichen. »Die denkt so«, seufzte eine Journalistin konsterniert, die kurz zuvor noch mit Erklärungen nur so um sich geworfen hatte, und schob zur Bekräftigung nach: »die denkt in ihrem Wohnzimmer mit Gelsenkirchener Barock so«. Niemand widersprach. Niemand wunderte sich über diese anachronistische Kategorie. Niemand lachte lauthals auf, um nachzufragen, weshalb man sein Ressentiment nicht ebenso gut in Bauhaus-Optik oder auch in Ikea-Möbeln ausleben können sollte. Offenbar empfanden alle Beteiligten die umstandslose Gleichsetzung von zweifelhaftem Geschmack und niederer Gesinnung als unmittelbar einleuchtend.“

Demand schlägt den Bogen vom Deutschen Werkbund über Manufactum-Kataloge bis zur AD, Svensk Design und der Kulturgeschichte, die sich etwas von ihm vorwerfen lassen muss (über den letzten Satz habe ich sehr gelacht. It’s funny cause it’s true):

„Designhistorische Literatur wird nämlich unseligerweise seit eh und je bevorzugt von Autoren geschrieben, die, bei aller Sachkunde, von Bewunderung für ihren Gegenstand durchdrungen sind und dementsprechend viel Raum und Energie für die Erörterung künstlerischer Prioritäts- und Rangfragen aufwenden. Aus diesem Grund trägt Designgeschichte oft zumindest latent affirmative, wenn nicht sogar hagiografische Züge, am schlimmsten bei Monografien zu einzelnen Stilrichtungen und Designern. Zu allem Überfluss genießen die immer gleichen Entwürfe und Objekte, Institutionen und Akteure in der Forschung überproportional große Aufmerksamkeit – was durch die Logik der wissenschaftlichen Fördersysteme zusätzlich begünstigt wird, weshalb es wohl nur eine Frage der Zeit ist, bis der erste aus DFG-Mitteln finanzierte catalogue raisonné der am Bauhaus entworfenen Heftklammern und Klingelschilder erscheinen wird.“

Piano Phase

Weniger funny, aber auch true: Pappnasen in der Kölner Philharmonie, die den Abbruch eines Stückes von Steve Reich erzwingen. Das konnte ja auch keiner ahnen, dass Reich gespielt wird, wenn Reich im Programm und vermutlich auch noch auf der Eintrittskarte steht.

Daraufhin warf @munifornication das abgebrochene Stück Piano Phase in meine Twitter-Timeline und ich war für 18 Minuten sehr abwesend und völlig hingerissen vom Timing der beiden Künstler*innen.

Der Cembalist Mahan Esfahani, der seine Darbietung unterbrechen musste, hat selbst auch etwas zum Vorfall geschrieben:

„I really hate to engage in a reductio ad ISISam, to coin a phrase, but I should like to reflect on something which bears consideration. There are people in the world who want to completely destroy culture. Culture! Can you believe this? Culture doesn’t hurt anyone. It doesn’t stab or kill or behead anyone. And yet, it disturbs them so much to the depths of their souls that they want to stamp it out. Now, I’m not saying that yesterday’s very naughty individuals have some sort of equivalency to that level of evil, but it would do them good to consider that music will die if we are not active participants in seeing music change and challenge us. In that sense, I’m not a performer and you are not listeners. We are all responsible for making sure that music is never in a state of inertia. There is no such thing as a static definition of ‘good’ or ‘authentic’ or ‘correct.’ The sort of people who talk about this as though it were heaven tend to be those who make hell on Earth.“

(via @captnsumner und @regelwunst)

Socken stopfen

Ja, wirklich.

Ich habe vor kurzem angefangen, meine Kleidung zu reparieren, wenn sie Macken hat, wo ich sie früher schlicht entsorgt habe. Für Fünf-Euro-Socken mach ich mir doch keine Mühe, dachte ich. Heute denke ich: Warum eigentlich nicht? Ich trage diese Fünf-Euro-Socken gerne, also sorge ich dafür, dass ich etwas länger von ihnen habe. Das sieht bei mir zwar immer aus, als hätte Doktor Frankenstein betrunken Stoffreste vertackert, aber für mich ist das jedesmal ein kleiner Triumph, wenn ich die Socken gestopft in die Schublade lege anstatt mit einem Löchlein versehen in den Abfall.

Die Handarbeitsbloggerei darf jetzt gerne lächeln, das kenne ich schon von der Kochbloggerei, die vor fünf Jahren auch gerührt darüber war, dass ich meine erste Tomatensauce gekocht habe. In fünf Jahren stehen hier Schnittmusterbögen, mark my words.

Tagebuch, Montag, 29. Februar 2016

Gemeinsam aufgewacht (file under #hach).

Ins ZI gefahren, die vorletzten Fußnoten gegengecheckt. Eine Kommilitonin getroffen, die, genau wie ich vor einigen Wochen, verzweifelt ein Buch sucht, auf dem quasi das komplette Iconic-Architecture-Seminar beruhte. Das steht ein einziges Mal in München und zwar im ZI, aber dort ist es nie im Regal, keine Ahnung, wer das gerade bunkert. Ich empfahl ihr die Fernleihe, über die ich es bezogen hatte, aber sie meinte, dafür reiche die Zeit nicht mehr, sie müsse jetzt echt anfangen zu schreiben, in zwei Wochen wäre ja schon Abgabe. Ich gab ihr ein Buch aus meinem Stapel, in dem sich einige Thesen des gesuchten Buches fanden, aber das kannte sie schon.

Nach gut zwei Stunden war ich mit Fußnotenchecken fertig, suchte aus Pflichtgefühl noch ein Buch über die NS-Kunst in der hauseigenen Suchmaschine, fand es im Regal nicht, nahm das als ein Zeichen, klappte den Rechner zu und stapfte durch den Regen über den Königsplatz, von wo mich die U2 nach Hause shuttelte.

Zuhause im Schnelldurchgang die Oscar-Verleihung nachgeholt; diesen Clip – Schwarze Schauspieler*innen in weißen Filmen – finde ich immer noch lustig, sonst war alles eher mau. Mich für Leonardo diCaprio gefreut, auch wenn ich The Revenant so überhaupt nicht sehen will. Stattdessen Spotlight geguckt, sehr empfehlenswert.

Ein bisschen durchgehangen, aus dem Fenster geguckt, ein neues Buch angefangen, abends zu F. gefahren.

Gemeinsam eingeschlafen (file under #hach).