„Es gibt im Leben etwas wie „mildernde Umstände“. Und es gehört zu der zynischen Logik des Lebens, dass meistens erst grausame Umstände zu mildernden Umständen führen. Bei jedem denkenden und fühlenden Wesen müsste mit dieser Erkenntnis alles in Schieflage geraten, was es früher über Gut und Schlecht zu wissen glaubte. Die Bibel irrt: Unsere Rede sei zwar ja, ja und nein, nein. Aber alles was darüber ist, ist nicht von Übel, sondern Weisheit. Und wenn hier schon jemand ausgespieen wird aus dem Munde des Herrn, dann bestimmt nicht derjenige, der mit seinen sieben Zwetschgen noch die feinen Unterschiede wahrnehmen kann und für den das Leben kein durchkartografierter Tortenboden ist. „Wer schreit, hat unrecht“, sagen sie. Und kommen nicht darauf, dass es auch heißen könnte: „Wer schreit, hat Schmerzen.“ Die Welt ist schon ein etwas subtilerer Sauhaufen.“

Simon Borowiak, Wer Wem Wen. Eine Sommerbeichte

„The opera novice“

Opernneuling Sameer Rahim schreibt im Telegraph in einer neuen Kolumne, wie es ihm als Novize ergeht:

„In a fit of self-improvement, I got out opera CDs from the library and listened with the libretto on my lap. But it was didn’t work: no matter how many times I listened to The Marriage of Figaro I always got distracted. Somehow I could hear that the music was impressive but I never felt it.

I also went to see some live. Knowing that I was taking an interest, a musical friend bought me tickets to a Prom of Verdi’s Macbeth at the Albert Hall. For whatever reason, though, nothing about the performance gripped me. In fact, I think I struggled to stay awake. After that I stopped trying. There was no point faking an interest in something that wasn’t truly touching me.

About a year ago, quite unexpectedly, something changed. I saw an advert on the Telegraph website for English National Opera’s production of Wagner’s Parsifal. I had never heard of this opera and had no idea what to expect but it wasn’t that expensive – £26, the price of a hardback book – and I had nothing better to do that Saturday, so I booked a ticket. Perhaps if I’d known then that Parsifal has the reputation of being Wagner’s slowest and most inaccessible opera I would have been a bit put off. Happily ignorant of this, though, I went along.“

„Die meisten Klienten besuchen uns gerne in der Agentur. Wahrscheinlich wegen des Kaffees und des Ausblicks. Wir empfangen sie nachmittags, sie essen etwas, sie trinken etwas, sie unterzeichnen Verträge. Ich würde nicht sagen, dass ich mit meinen Klienten befreundet bin, aber ich würde sagen, dass ich viel Verständnis für sie habe, auch für ihre Selbstzweifel. In der internationalen Presse kursiert seit Jahren die Ansicht, dass die Texte aus CobyCounty stilistisch zwar perfekt seien, dass ihnen jedoch der Bezug zu existenzieller Not fehle. Diese Haltung wird in Onlinemagazinen und Kommentarforen nachgeahmt. Und wenn Autoren noch sehr jung sind, dann lesen sie tendenziell viel in solchen Magazinen und Foren und laufen Gefahr, sich von diesen jederzeit abrufbaren Meinungstexten langsam zermürben zu lassen. Eine meiner wichtigsten Aufgaben sehe ich darin, die jungen Autoren auf die Lügen in den Digital- und Printmedien hinzuweisen: Zum Beispiel wurde auf der Webseite von Le Monde zuletzt behauptet, der Markt vertrage keine aufwendig gestalteten Bücher über Standpartys mehr. In Wahrheit wollen die Menschen aber noch viel mehr über gute Zeiten in CobyCounty erfahren, das zeigen nicht nur die Verkaufszahlen, das erklärt sich von ganz allein: Wer hier nicht lebt, will sich ein Leben hier vorstellen, und alle anderen wollen ihre eigenen CobyCounty-Erfahrungen mit den Erfahrungen in den Texten abgleichen.

Ein guter Agenturtag beginnt mit Kaffee und zwei Shortstorys. Nach der Mittagspause, die ich oft in einem Bistro für üppige Gemüsesuppen verbringe, schreibe ich E-Mails und führe Telefonate. Heute spreche ich mit Mattis Klark, der mein allererster Klient war. Er möchte nach seinem Debütroman nun einen Band mit kürzeren Texten veröffentlichen. Das Projekt ist einfach zu betreuen, es sind schlichte, leicht anrührende Geschichten über einen manisch-depressiven Highschoollehrer. Ich finde fast keine Fehler und kann Mattis für seine äußerst solide Orthografie loben. Er ist ein dankbarer, sonorer Typ, er zieht seinen Sohn alleine auf. Ich kündige ihm an, dass ich ihn auf eine Tasse schwarzen Tee besuche, sobald er mir auch die letzten beiden Erzählungen geschickt hat.“

Leif Randt, Schimmernder Dunst über CobyCounty

„Sag doch Schnucki zu mir“

„Sag doch Schnucki zu mir“ aus „Die Rose von Stambul“ von Leo Fall. Das singe ich jetzt zu jedem Bayernspiel. Vielen Dank an den stets charmanten Doppelhorn für den Hinweis.

(Direkt-Schnucki)

Drei Opern und ne DVD

Der Fliegende Holländer“ von Richard Wagner, Bayerische Staatsoper München, 8. Januar 2012, in der Inszenierung von Peter Konwitschny mit Kazushi Ono am Pult.

Mit Klaus Florian Vogt. Als Groupie fliegt man selbst für den ollen „Holländer“ nach München, den ich auswendig kann und in dem Schnucki auch nur die unaufregende und viel zu kleine Partie des Erik gesungen hat. Die aber dafür sehr schön, auch wenn man ihn in Bademantel und Adiletten kaum ernstnehmen konnte.

Generell mochte ich die Inszenierung aber recht gern; alte Schiffstaue trafen auf moderne Plastikstühle, die Mannschaft des Holländers war durch ihre altmodischen Kostüme schön abgegrenzt von den Norwegern, die ich irgendwo in den 60er Jahren verortet habe. Mit dem Bühnenbild des zweiten Akts kämpfe ich noch: Eigentlich findet er in einer Spinnstube statt, und es werden lustige Zeilen gesungen wie „Summ’ und brumm’, du gutes Rädchen, munter, munter, dreh’ dich um!“. Konwitschny hat aus Spinnrädern – Achtung – Spinning-Räder gemacht und lässt die versammelte Frauschaft in die Pedale treten. Das ist für fünf Minuten lustig, aber dann eher albern und ergibt auch vom Text her nicht mehr viel Sinn. Und weil wir eben im Fitnessstudio sind, kommt Erik aus der Sauna und trägt das oben erwähnte Outfit. Hm.

Richtig toll fand ich dagegen den Showdown der beiden Mannschaften. Das wird gerne im Hafen inszeniert, wo Norweger und Spinnerinnen sich über die fast unsichtbaren Holländer lustig machen und sie aus ihrem Schiff herauslocken wollen. Diesmal fand das Bullying in einer Kaschemme statt, wo sich beide Menschenhaufen nach und nach vermischten und sich so auch die Dynamik sehr sichtbar änderte. Anstatt zwei Teams gegeneinander ansingen zu lassen, infiltrierten quasi zuerst die Norweger die stumme Masse der Holländer – und dann kippte es plötzlich, passend zur musikalischen Übernahme, wo sich das Holländermotiv immer zwingender in die lustigen Weisen der Norweger mischt. (Nebenbei mein allerliebster Lieblingschor von Wagner. Jedesmal Gänsehaut. Kein Wunder, wenn sich 60 Männer vor dir die Seele aus dem Leib singen. Mitlesen?)

Das Schlussbild fand ich ebenfalls großartig. Erinnerte mich an alte Gemälde, schön düster, der Stimmung angemessen. Ich mag das sehr, wenn einen das komplette Ensemble zum Schluss anguckt. Das einzige, was ich zu bequengeln hätte, ist das leicht verschleppte Dirigat. Ich mag Wagner und vor allem den „Holländer“ gerne etwas zackiger, und hier klang es doch des Öfteren etwas auf Krampf hinausgezögert.

In dieser Spielzeit läuft der „Holländer“ leider nicht mehr, aber falls er nächste Saison nochmal im Programm ist: Den kann man sich angucken. Auch weil er netterweise ohne die überflüssigen zwei Pausen gespielt wird. Ich meine, lächerliche zweieinhalb Stunden Gesamtdauer. Da hat man sich als Wagnerianerin ja gerade erst hingesetzt.

Tosca“ von Giacomo Puccini, Deutsche Oper Berlin, 21. Januar 2012, in der Inszenierung von Boleslaw Barlog mit Matthias Foremny am Pult.

Mit Klaus Florian Vogt. Auf italienisch. Nun ja. Als Bayreuther Lohengrin hatte der Mann mich ja im Sturm für sich eingenommen, weswegen ich mir nach kurzer Amazon-Suche die einzige DVD bestellte, die bis dahin mit ihm zu kriegen war. Ich schweife mal kurz ab:

Rusalka“ von Antonín Dvořák, Aufzeichnung aus der Bayerischen Staatsoper München 2010, in der Inszenierung von Martin Kusej mit Tomás Hamus am Pult.

Grandiose Inszenierung, an die ich mich lange erinnern werde. Ich hätte nicht gedacht, dass man aus der Geschichte der kleinen Meerjungfrau eine Inzeststory à la Amstetten hinkriegt, aber es hat funktioniert. Kristine Opolais in der Titelrolle und (meine persönliche Neuentdeckung) Günther Groissböck als Wassermann singen alles an die Wand, was noch auf der Bühne steht, und das ist eben auch Vogt. Der darf zwar mit heruntergelassener Hose die Gräfin begatten, aber stimmlich ist er mir weniger im Gedächtnis geblieben. Deswegen hatte ich ein bisschen Angst, dass er nach dem eher verhaltenen Tschechisch auch mit Italienisch nicht so klarkommt, aber die Angst war unbegründet. Zurück nach Berlin:

Tosca“ von Giacomo Puccini, Deutsche Oper Berlin, 21. Januar 2012, in der Inszenierung von Boleslaw Barlog mit Matthias Foremny am Pult.

Genau wie als Lohengrin hat Vogt es geschafft, mir eine neue Facette seiner Partie zu zeigen; sein Cavaradossi ist nicht der übliche schmetternde Schmalztenor, sondern ein grüblerischer, zärtlicher Maler, der sich zögernd statt heldenhaft in seinen Tod fügt. Sein Abschiedslied „E lucevan le stelle“ hat mich dann auch endgültig gekriegt, und es sind ein paar Tränchen geflossen. Ich ahne allmählich, dass der Mann auch das abgelutsche „Nessun dorma“ singen könnte und ich würde heulen, weil es eben auf einmal neu und anders klingt als die ganzen Schmachtversionen, die ich kenne. (Aber Pavarotti kann das auch.)

Die Inszenierung ist alles andere als neu; sie stammt aus dem Jahr 1969 und so sieht sie auch aus. Plüschige Kostüme, goldiges Dekor, das einzig Moderne ist die Linienführung von Scarpias Büro, das gewollt gefluchtet aussah und von dem ich Kopfschmerzen gekriegt habe. War aber egal, denn es hat alles gepasst, und ab und zu mag ich traditionelle Inszenierungen wirklich gerne. Muss man sich wenigstens nicht mit Interpretationen abmühen. Das war alles schön und gut und wunderbar. Läuft garantiert noch 40 Jahre. Und alleine für die souveräne Geste, mit der Scarpia sein Weinglas an die Wand schmettert, würde ich es mir noch mal anschauen.

Lear“ von Aribert Reimann, Hamburgische Staatsoper, 24. Januar 2012, in der Inszenierung von Karoline Gruber mit Simone Young am Pult.

Meine zweite Begegnung mit moderner Oper, nachdem ich letztes Jahr Benjamin Brittens „The Turn of the Screw“ als Livestream aus Glyndebourne verfolgt hatte. Meine Reaktion nach wenigen Minuten, die sich auch bis zum Schluss nicht mehr änderte: wow. Ja, es ist etwas anstrengender als „klassische“ Opern, wobei ich persönlich Mozart und seine putzigen Szenarien anstrengender finde als diese – ich nenne es mal so – brutale Konfrontation, die ich Dienstag abend erlebt habe. Ich habe keine Melodie entdecken können, keine einzige Tonfolge, an der ich mich festhalten hätte können, kein Instrument oder Motiv für einzelne Personen, nichts.

Dafür durfte ich aber einen großartigen Text per Übertitel mitlesen und hervorragende Stimmen genießen. Allen voran Bo Skovhus als Lear, der nachvollziehbar vom arroganten König zum hilflosen Wahnsinnigen wird und der mich nicht nur stimmlich, sondern auch darstellerisch sehr beeindruckt hat. Seine drei Töchter haben mir ebenfalls sehr gut gefallen, und ich fand es schade, dass nur Hayoung Lee als Cordelia ihre verdienten Brava-Rufe bekommen hat. Mir persönlich ist Hellen Kwon als Regan stärker im Gedächtnis geblieben; ihre Partie besteht aus bergeweise wahnwitzigen Koloraturen, die sie wunderbar gehässig gesungen hat. Der einzige, der nicht singt, ist der Narr, was das ganze Stück noch irrationaler hat wirken lassen. In der Oper hat man sich ja damit abgefunden, jetzt zwei Stunden lang angesungen zu werden, und auf einmal eine Sprechstimme zu hören, hat mir sehr gut gefallen, weil es noch eine weitere scharfe Kante war in der sperrigen Musik.

Und noch ein wow: die Inszenierung. Pures Texterinnenglück. Auf die spärlichen Kulissen werden Worte und Sätze projiziert oder geschrieben. So dreht sich viel um das Wort „ich“, aus dem man genauso „Licht“ wie „Nichts“ machen kann, was die beiden Pole des Stücks schön beschreibt. Im zweiten Akt schreibt der Narr verschiedene Fassungen eines Satzes mit Kreide an ein schwarzes Tuch, indem er Buchstaben oder Worte auslässt: Wer ist der König? Wer ist er? Ist er König? Klingt simpel, war aber äußerst effektvoll. Und noch ein winziges bisschen Glück, von dem ich nicht weiß, ob es Zufall oder Absicht war: Lear wirft irgendwann einen Stiefel gegen dieses Tuch, wobei die weiße Kreide abstäubt. Hatte wahrscheinlich keinen tiefen Sinn, aber der fast spielerische Kreideregen war für mich ein kleiner Hoffnungsschimmer in der düsteren, verzweifelten Atmosphäre.

„Lear“ läuft leider nur noch dreimal in dieser Spielzeit. Also hin da. Wirklich. Generell würde ich euch ja alle gerne öfter in die Oper prügeln – WEIL’S TOLL IST –, aber wenn ich mir von den drei Opern eine aussuchen müsste, wäre es ganz klar der „Lear“. Vor allem, weil ich zum ersten Mal in meinem langen Opernleben einen Komponisten beklatschen konnte: Reimann kommt zum Schluss mit dem Ensemble auf die Bühne. Sonst guck ich ja nur Zeug von Toten.

Und noch ein Goodie: Die Kartenpreise fangen bei lausigen zehn Euro an. Zehn, Kinnings! Nix mit elitär und zu teuer. Gebt euch einen Ruck und der Oper eine Chance und macht die Hütte voll. Das hat der „Lear“ nämlich verdient.

Flammkuchen mit Birne, Ziegenkäse und Radicchio

Gestern sollte es ein fixes Mittagessen geben, da meine Zeit zwischen Agentur, Home Office und Opernbesuch etwas knapp bemessen war. Daher wollte ich – gasp – mit Tiefkühlteig arbeiten. Wobei: Bei Blätterteig habe ich damit keine Probleme, den habe ich noch nie selbst gemacht. Warum dann nicht auch Flammkuchenteig? Immer schön pragmatisch bleiben.

(Und wenn mein Supermarkt tiefgekühlten Flammkuchenteig gehabt hätte, wäre der sogar auf dem Foto. So isses Pizzateig. Schmeckt auch.)

Für ein Persönchen

1 Stück TK-Flammkuchenteig mit einer Mischung aus
1–2 EL Crème fraîche und
1 Eigelb

dünn bestreichen. Belegen mit

1 Birne, in dünne Spalten geschnitten,
1 Rolle Ziegenkäse, zerbröckelt,
1 Schalotte, in dünne Ringe geschnitten, und
Rosmarin.

Nach Packungsanleitung backen. Danach noch

1–2 Blätter Radicchio, zerzupft, und
Balsamico

darübergeben und feddich.

„Unter Freunden“

Das SZ-Magazin über eine Asienreise der Berliner Philharmoniker:

„Die Berliner Philharmoniker, 128 müde Musiker aus 25 Nationen, ihr Chefdirigent Simon Rattle, dazu Orchesterwarte, der Intendant, die Pressesprecherin, der Arzt, omnipräsent mit seinem schwarzen Köfferchen, sie alle stehen am Gepäckband des Pekinger Flughafens und warten. Von Berlin-Tegel sind sie gekommen. Peking ist die erste Station der Asientournee des Orchesters. Fünf Städte werden sie in 19 Tagen besuchen, zehn Konzerte spielen, Mahlers 9. Symphonie, Anton Bruckners 9., Maurice Ravel und Toshio Hosokawa, den Japaner, der ein Hornkonzert für das Orchester komponiert hat.

Von Peking wird es nach Shanghai gehen, von da nach Seoul, nach Taipeh und am Ende, knapp drei Wochen später, nach Tokio.

Und während sie warten, kriechen Arbeiter in den Bauch des Lufthansa-Jumbos »Duisburg«, der gechartert ist, um das Orchester auf dieser Reise zu fliegen. Der Bauch war warm, den ganzen Flug über geheizt auf 23 Grad, 8500 Kilometer lang, damit die Instrumente nicht leiden, damit der Leim der Celli nicht aufquillt, der Kontrabässe und Bratschen. Ein Vermögen sind sie wert, diese 162 Kisten mit »gebrauchten Instrumenten«, wie es in den Frachtpapieren steht. Sie werden auf Paletten geladen und mit Lastwagen in die Konzertsäle Asiens gefahren, die sie füllen sollen mit dem Klang, für den das Orchester in der Welt das beste der Welt genannt wird.“

Mittagessen für alle

Anstatt Menschen auf der Straße zu fragen, welche Musik sie gerade hören oder warum sie was tragen, fragt Sebastian Dickhaut, was es zu essen gibt. I like.

Zwei Lesungen mit mir und der „Deern“

Ich lese am 27. Februar in Kiel und am 29. März in München. Nähere Infos verstecken sich unter den Links, die euch auf die Deern-Website führen. Ich hoffe, ihr seid dabei.

Karamellbutter mit Fleur de Sel

Ja, nee, ist klar. Da schreibt Little Jamie einfach irgendwas von gesalzener Karamellbutter auf Facebook und postet auch noch ein Foto davon und gibt mir auf Nachfrage das Rezept und dann muss man noch acht Stunden in der Agentur sitzen anstatt Butter und Zucker zu schmelzen? FOLTER! Aber irgendwann war der Arbeitstag rum, und danach habe ich das da gemacht.

Der Schmackofatz ist babyeinfach herzustellen und totaaal multifunktional. Warm und noch flüssig stelle ich mir das herrlich auf Vanilleeis vor. Oder in Jogurt gerührt. (Nee, lieber Eis.) In festem Zustand könnte man die Butter auf irgendwas Brotiges streichen. Man könnte sie aber auch einfach so aus dem Glas löffeln. Sach ich mal so. Hab ich natürlich nicht gemacht. *hust*

Für zwei kleine Gläser

200 g Kristallzucker mit
4 EL Wasser

bedecken. Alles in einem kleinen Topf bei mittlerer Hitze aufkochen, bis der Karamell goldig wird. Das dauert so fünf bis zehn Minuten, und weil man die Pracht nicht bei fieser Flamme vor sich hinschmelzen lässt, ist die Gefahr gering, dass man den Moment verpasst, in dem der Karamell noch wie Karamell schmeckt und nicht wie angebrannter Topfboden. Wichtig beim Aufkochen: nicht umrühren. Wirklich nicht. Einfach in Ruhe lassen und nebenbei ein bisschen lesen oder singen. Jedenfalls nicht umrühren.

Wenn es einem goldig aus dem Topf entgegenblubbert, eben diesen vom Feuer ziehen und nach und nach

1–2 gute Prisen Fleur de Sel und
100 g ungesalzene Butter

in Stücken einrühren. Wenn sich die Butter nicht so recht mit dem Zucker verbinden will, den Topf wieder auf die Flamme schieben und weiterrühren. Zum Schluss

2 gute EL Mascarpone unterrühren und die Pracht in ausgekochte Gläschen umfüllen.

Post aus der Vergangenheit

Wie man es in zwei Sekunden schafft, mich mit einer E-Mail zum Heulen zu kriegen. Könnte daran liegen, dass sie von jemandem kommt, den ich seit 15 Jahren nicht gesehen habe und dass sie mich an jemanden erinnert, der vor zwölf Jahren ums Leben kam.

Dear Anke,

This morning as I was sweeping, my three-year old son got into my vault of mementos and brought me an envelope I haven’t seen in years. The envelope was from my dear uncle Karl’s good friend Anke. As a teen, I received a few cards/letters from her and saved them. After a mild chiding for disrupting my belongings (the entire contents of the treasure chest on the floor, and the one thing he brought me was the blue envelope with red and blue candy-like stripes), I decided a search for Anke was in order. I facebook-searched her to no avail. I then decided to google “Anke Groner Hanover, Germany” and there was her blog, “Blog Like Nobody’s Watching.” So many interesting subjects and links to choose from! I simply clicked “Favorite Entries” as a starting point and there I found: To Karl with Love. While the babblefish/google translation is a bit jumbly, the sentiment is certainly there. Every memorial touching; I laughed. I cried.

Anke, I hope this is your email address as I would love to correspond with you. Your book sounds entertaining and inspiring, congratulations.

Love,
Kari in Indiana

Dear Kari,

I don’t know how to begin this e-mail. When I opened you mail yesterday it took me about two seconds to start crying – this was certainly a very surprising and unexpected blast from the past. I still remember you vividly, in the back of Karl’s car, telling me about how fast you went on you boyfriend’s motorcycle. I remember how proud Karl was of you and how often he spoke of you. And of course I remember that it was you who called me to tell me he had died. I don’t even know if the date I wrote into all my blog entries about him is really the day he died – I was in a bit of a shock for weeks afterwards because I simply couldn’t believe that he was gone.

Kari, I really don’t know what to write. This feels very weird and at the same time wonderful.

What I hate most about the fact that Karl isn’t around anymore is that he didn’t get the chance to achieve everything he dreamed of. We met at a very strange time in both of our lives (at least that’s what he said, and I felt the same), and I hope that he is somewhere watching over me and seeing me having become a different (and hopefully) a better person. And I want to believe that his life would have turned out to be as great as mine, and that he would have been happy.

(I’m babbling, forgive me.)

I’ve been living in Hamburg for the past 12 years; I’d just moved here when Karl died. I am a freelance coypwriter for different advertising agencies, and last year I published my first book (as you know). I have a boyfriend, a very old car, an even older apartment, way too many books, and overall I am very happy with how my life turned out to be. And you can find me on Facebook:

https://www.facebook.com/ankegroener

I’d love to hear from you again. Thank your son from me for knocking over you stuff.

Love,
Anke

Seitdem haben wir mehrere Mails hin- und hergeschickt; ich werde hoffentlich dieses Jahr endlich meinen Hintern hochkriegen und in die USA fliegen, wo ich seit Karls Tod nicht mehr war.
Vielleicht wollte ich nie seinen Grabstein sehen.
Vielleicht ist es jetzt an der Zeit.

SOPA/PIPA

The Oatmeal erklärt’s am besten.

Groupie-Content

Klaus Florian Vogt auf SWR2. Ein zweistündiges Gespräch mit Musike von Schnucki und anderen. Noch eine Woche zum Anhören auf der Webseite. Via @shochi_hh.

Twitter-Lieblinge im Januar 2012, Teil 1

Ein gebeichtetes Dankeschön …

… an Armin, der mich als Reaktion auf folgenden Tweet

charmanterweise mit Simon Borowiaks Wer Wem Wen. Eine Sommerbeichte überrascht hat. Vielen Dank, ich habe mich sehr gefreut.

Und ehe jetzt wieder die Tweets auflaufen: „Wo ist dein Kindle?“ – auch der lag natürlich zuhause, neben den vielen Büchern, die noch auf mich warten. War ja klar.