How Twitter Changed the Way I Live

Via so ziemlich allen Leuten, denen ich folge: How Twitter Will Change the Way We Live. Gut, die Headline finde ich ein bisschen zu hoch aufgehängt, aber der Artikel spricht genau die Dinge an, die Twitter für mich inzwischen unverzichtbar gemacht haben – was ich selbst nicht geglaubt hätte, bevor ich mich angemeldet habe. Das Stichwort social warmth hat es mir besonders angetan:

“And yet as millions of devotees have discovered, Twitter turns out to have unsuspected depth. In part this is because hearing about what your friends had for breakfast is actually more interesting than it sounds. The technology writer Clive Thompson calls this “ambient awareness”: by following these quick, abbreviated status reports from members of your extended social network, you get a strangely satisfying glimpse of their daily routines. We don’t think it at all moronic to start a phone call with a friend by asking how her day is going. Twitter gives you the same information without your even having to ask.”

Neben dem Status, wann wer aufsteht, sich einen Kaffee holt und wieder am Rechner sitzt, finde ich die Gruppenausflüge, wie ich sie nenne, am spannendsten. Steven Johnson, der Autor des Artikels, beschreibt das so:

“In the past month, Twitter has added a search box that gives you a real-time view onto the chatter of just about any topic imaginable. You can see conversations people are having about a presidential debate or the American Idol finale or Tiger Woods — or a conference in New York City on education reform. For as long as we’ve had the Internet in our homes, critics have bemoaned the demise of shared national experiences, like moon landings and “Who Shot J.R.” cliff hangers — the folkloric American living room, all of us signing off in unison with Walter Cronkite, shattered into a million isolation booths. But watch a live mass-media event with Twitter open on your laptop and you’ll see that the futurists had it wrong. We still have national events, but now when we have them, we’re actually having a genuine, public conversation with a group that extends far beyond our nuclear family and our next-door neighbors. Some of that conversation is juvenile, of course, just as it was in our living room when we heckled Richard Nixon’s Checkers speech. But some of it is moving, witty, observant, subversive.

Skeptics might wonder just how much subversion and wit is conveyable via 140-character updates. But in recent months Twitter users have begun to find a route around that limitation by employing Twitter as a pointing device instead of a communications channel: sharing links to longer articles, discussions, posts, videos — anything that lives behind a URL. Websites that once saw their traffic dominated by Google search queries are seeing a growing number of new visitors coming from “passed links” at social networks like Twitter and Facebook. This is what the naysayers fail to understand: it’s just as easy to use Twitter to spread the word about a brilliant 10,000-word New Yorker article as it is to spread the word about your Lucky Charms habit.”

Die Nacht, in der Obama zum Präsidenten gewählt wurde, habe ich in Berlin verbracht. Zu der Zeit war ich dort gebucht und saß morgens um zwei mutterseelenalleine auf einem Sofa, das nicht meins war – und habe mich trotzdem nicht alleine gefühlt. Denn um mich herum twitterten so viele Leute aus der ganzen Welt Wahlergebnisse, Statistiken und interessante Links, dass ich mich gefühlt habe wie im Wahllokal. Und es kam mir nicht einmal komisch vor, denn durch mein Bloggen habe ich mich schon längst daran gewöhnt, dass Menschen, die ich nur digital kenne, manchmal genauso wichtig und echt für mich sind wie die, denen ich persönlich gegenübersitze. Ich empfinde eine @-Botschaft via Twitter als genau die gleiche Konversation wie die face to face. Ich bleibe inzwischen mit vielen Menschen eher per Mail in Kontakt als per Telefon und habe nicht das Gefühl, eine Gesprächsebene verloren zu haben.

Ein weiterer Gruppenausflug war der Grand Prix, bei dem ich twitternd mit dem Rest der Welt über manche Kostüme gelästert habe. Und ich freue mich jetzt schon auf die Fußballweltmeisterschaft, wo bei jedem Tor Millionen von gleichlautenden Tweets bei mir aufschlagen und ich das Gefühl haben werde, mitten im Stadion zu sein.

Und, ich gebe es ja zu, ich liebe es, Promis zu folgen. Nicht vielen, und einige habe ich auch schon längst wieder entfolgt, aber ich mag diese seltsame Mischung in meiner Timeline, die aus Freunden, Bekannten und völlig Fremden besteht und eben Promis, die man glaubt zu kennen, weil man ihre Filme oder TV-Shows gesehen hat.

“The average Twitter profile seems to be somewhere in the dozens: a collage of friends, colleagues and a handful of celebrities. The mix creates a media experience quite unlike anything that has come before it, strangely intimate and at the same time celebrity-obsessed. You glance at your Twitter feed over that first cup of coffee, and in a few seconds you find out that your nephew got into med school and Shaquille O’Neal just finished a cardio workout in Phoenix. (…)

And because, on Twitter at least, some of those people happen to be celebrities, the Twitter platform is likely to expand that strangely delusional relationship that we have to fame. When Oprah tweets a question about getting ticks off her dog, as she did recently, anyone can send an @ reply to her, and in that exchange, there is the semblance of a normal, everyday conversation between equals. But of course, Oprah has more than a million followers, and that isolated query probably elicited thousands of responses. Who knows what small fraction of her @ replies she has time to read? But from the fan’s perspective, it feels refreshingly intimate: “As I was explaining to Oprah last night, when she asked about dog ticks …”

Ich bin durch Twitter auf so viele spannende Webinhalte aufmerksam geworden, die mir entgangen wären, wären sie „nur“ durch Weblogs propagiert worden. Bei Blogs lese ich immer noch lieber diejenigen, die mir Geschichten erzählen anstatt mich mit Links vollzuballern. Bei Twitter habe ich komischerweise nichts dagegen, dauernd auf Links zu klicken – jedenfalls auf die, die mich erahnen lassen, was sich dahinter verbirgt. Alleine ein Bruchteil aller #Zensursula-Links hat mich politisch mehr motiviert als ich es seit Jahren war. Und auch wenn der Flashmob zum Grundgesetzlesen vielleicht nicht der Reißer war, den man sich erhofft hatte, so hatte ich das zum ersten Mal seit Langem wieder das Gefühl, mich engagiert zu haben, etwas gemacht zu haben, etwas, was wichtig war. Genau wie das Unterzeichnen und Verlinken der ePetition gegen die Internetsperren – die sich sicherlich auch und gerade durch Twitter so rasend schnell verbreitet hat.

Das ganze Gequengele, Twitter verbreite nur Banalitäten und Nichtigkeiten, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich glaube, die Quengler folgen einfach den falschen Leuten. Oder sie haben keine Lust dazu, sich schon wieder mit einer neuen Technik auseinanderzusetzen, die mal wieder einen Status Quo ändert, zum Beispiel den der Regenbogenpresse, die kaum noch Klatsch veröffentlichen kann, ohne dass die betreffenden Promis kurz und trocken twittern: „Alles erstunken und erlogen.“ Oder den der Politiker, die sich bisher recht sicher waren, dass ihr Wahlvolk sich nur alle vier Jahre mal äußert und dann auch bitte nur per Stimmzettel. Oder ganz einfach den von dir und mir und Hinz und Kunz, die sich plötzlich permanent in einer Konversation befinden und in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten.