Dienstag, 23. Januar 2024 – Brahms und Brahms

Wir saßen schon wieder in einem Konzert, das ballt sich gerade etwas. Und es gab, genau wie Samstag, Brahms, dieses Mal nicht nur Klavier, sondern Klavier und Orchester vor der Pause (1. Klavierkonzert) und danach nur noch Orchester (4. Sinfonie). Die Münchner Philharmoniker hatten sich Zubin Mehta als Dirigent eingeladen und spielen seit Tagen mit ihm alle Sinfonien durch, wenn ich das richtig gesehen habe. Auch wegen des Dirigenten hatte F. die Karten erworben, denn wer weiß, wie lange man den Herrn noch sehen kann, und Yefim Bronfman hatte ich zumindest auch noch nie live gehört. Jetzt weiß ich: gerne wieder.

Mehta hatten wir gemeinsam in Wien gesehen, als wir noch sehr spontan Karten für den Musikverein bekamen. Wegen dieser Spontaneität saßen wir in der letzten Reihe im seitlichen Rang und überblickten nur ein Drittel der Bühne. War im Prinzip egal, denn der Klang war unglaublich und wunderschön, das Konzert rangiert in meinem Kopf ganz oben bei den besten, aber ich hatte Mehta halt noch nie bei der Arbeit gesehen. Als wir gestern in der Isarphilharmonie Platz nahmen, wo der Flügel mittig auf der Bühne stand, meinte F.: „Heute siehst du ihn auch nicht. Zumindest in der ersten Hälfte.“ Und ja, der aufgeklappte Deckel verdeckte das Dirigentenpult fast. Aber ich sah ihn immerhin ein bisschen: die sich nicht übermäßig bewegenden Hände und ab und zu seinen Kopf. Netterweise sah ich aber Bronfman, dem ich sehr gerne zuschaute und noch lieber zuhörte.

Für mich überraschend mochte ich die erste Hälfte lieber, beim Klavierkonzert von 1859 hatte ich mich seelisch auf was Nettes, Unaufgeregtes eingestellt, bei der Sinfonie, die 1885 uraufgeführt wurde, dann auf gefühlt Neueres, wir sind ja schon auf dem Weg ins 20. Jahrhundert. Es war aber, für mich Laiin, genau umgekehrt. Beim Klavierkonzert entfleuchte mir direkt im Schlussapplaus ein „Wow“, bei der Sinfonie stieg ich geistig irgendwann im dritten Satz etwas aus und ließ den vierten dann eher milde interessiert an mir vorbeiziehen. (Edit 30 Minuten nach dem Posten: Die oben verlinkte Aufnahme läuft gerade, und momentan finde ich den 3. Satz super.) Aber alleine für die ersten beiden Sätze hat es sich, es hat sich wie immer gelohnt, im Konzertsaal zu sitzen. Und wenn diese Abendveranstaltungen noch etwas früher begännen, könnte man danach noch auf einen Cocktail … aber so stiegen wir in unsere U-Bahnen und Trams und waren brav um 23 Uhr im Bett.