Samstag, 21. Januar 2023 – Neues Video

Mein Wecker klingelte um 7, UM SIEBEN, wo ich doch seit drei Jahren kaum jemals vor 7.30 Uhr aufstehen musste, weil mein Schreibtisch nur fünf Meter vom Bett weg ist und daher mein Arbeitsbeginn um 9 elegant zu schaffen ist, aber gestern hatte ich mir einen Platz im Lesesaal der Stabi reserviert, die um 8 öffnete. Ich war immerhin um halb neun da, stellte fest, dass mein Lieblingsfahrstuhl am Wochenende nicht erreichbar ist (ich bin sehr selten am Wochenende in Bibliotheken), musste daher zurück in die zugige Eingangshalle und von dort nach oben fahren. Ja, das Treppenhaus der Stabi ist super, aber für mich Klumpfuß ist jede Treppe toll, die ich vermeiden kann.

Ich bekam sogar noch einen Fensterplatz, was mich sehr freute, weil ich so in den leise fallenden Schnee gucken konnte. Den man im Bild irgendwie überhaupt nicht sieht.

Bisher hatte ich nur einmal am Fenster gesessen, weil dort die Rechner standen, auf denen ich damals das FAZ-Bibliotheksportal erreichte (für diese alte Hausarbeit). Heute kann man das Portal auch schön von zuhause anwählen, das ging damals nicht, ich pendelte für die Hausarbeit zwischen Stabi und Historicum hin- und her – die Stühle und die Atmosphäre sind im Historicum besser, aber dort standen weitaus weniger freie Rechner rum. Also war ich meist in der Stabi, und ich erinnere mich an einen Wintermorgen, wo ich es ernsthaft nicht mehr aushielt vor Kälte. Der Lesesaal ist ein Anbau aus den 1960er Jahren von unter anderem dem geschätzten Sep Ruf, der quasi nur aus Glas besteht. Ist hübsch, klar, aber im Sommer immer zu warm und im Winter, Sie ahnen es. Wobei es im Winter auf Plätzen, die weit von den Fenstern weg sind, durchaus auszuhalten ist. Am Fenster stellt sich aber ein Lagerfeuerfeeling ein: Füße und Beine werden mummelig von der Heizung unterhalb der Fenster erwärmt, während der Oberkörper wimmernd vor sich hinfriert, denn zwischen Heizungsluft und Oberkörper ist halt der Tisch, an dem man sitzt.

Gestern sah ich zum ersten Mal einen großen Wagen mit Decken am Eingang des Lesesaals, die zur Benutzung bereitlagen. Ich war kurz versucht, eine mitzunehmen, aber ich wusste, ich hatte nicht so irre viel zu tun, daher ließ ich die für andere liegen. Meine zwei Jahrgänge einer Zeitschrift hatte ich auch nach ungefähr zwei Stunden durchgearbeitet. Dabei fand ich – natürlich! – noch eine weitere Autobahn von Protzen, die ich bisher von ihm in zweifacher Ausfertigung als Ölgemälde kenne. Diese Abbildung ähnelt den Ölgemälden, hat aber doch deutlich Unterschiede, was bedeutet, dass der Herr diese blöde Brücke anscheinend ein weiteres Mal auf Papier und nicht auf Leinwand gemalt hat, wovon ich nichts wusste, weil ich sein zweites Werkverzeichnis noch nicht hatte. Dieser Job wird nie aufhören und ich werde nie alles wissen und das hat mich – natürlich! – wieder irre gemacht.

Ich bastelte noch ein wenig am zu schreibenden Konferenzbandbeitrag rum, bis mir endlich die Grundstruktur gefiel und machte mich dann auf den Weg nach Hause. Nicht durchgefroren!

Ich nahm nicht den Bus, den ich mir morgens gegönnt hatte, sondern spazierte zu Fuß nach Hause. Der Weg führte mich am Alten Nordfriedhof vorbei, und mir fiel ein, dass ich vor genau einem Jahr dort mein erstes Video gedreht hatte (Videokurs mit Casey Neistat, Videolink ist dort ganz unten zu finden). Ich hatte im letzten Jahr noch ein weiteres Video gemacht und zwei kurze Fingerübungen, aber ansonsten war das Jahr nicht zum Filmen gedacht. Bei beiden Wien-Aufenthalten von F. und mir filmte ich ein bisschen rum, aber ich merkte sehr schnell, dass ich nicht durchs iPhone gucken, sondern persönlich präsent und aufmerksam sein wollte. Auch von Papa machte ich keine weiteren Aufnahmen, das wäre mir falsch vorgekommen (ein paar Fotos habe ich gemacht, hauptsächlich von seinen Händen). Kurz: Ich nutzte meine teure Videosoftware quasi gar nicht. Aber gestern hatte ich Lust, einfach ohne Ziel und Plan über den Friedhof zu spazieren, um zu gucken, ob die vielen Porträtbüsten und Statuen lustige Schneemützchen hätten.

Hatten sie, und daraus wurde dieser winzige Film ohne jeden Anspruch. Das hat Spaß gemacht, wieder über Musik und Schnitt und Tempo nachzudenken.

Mittags und abends gab’s Grünkohl, der war in der Biokiste vom Freitag und machte mich sehr glücklich.