Tagebuch Freitag/Samstag, 5./6. Februar 2021 – Lemonbrot und Leseputzen

Zur freitäglichen Date Night koche ich oder F. schleppt Essen an, das andere gekocht haben. Dieses Mal wünschte ich mir spontan Raclette – bis mir am Freitag, meinem Einkaufstag, einfiel, dass mein geliebter Karstadt um die Ecke ja vor Monaten geschlossen wurde. Dort war im Untergeschoss die Feinkostabteilung, bei der ich so irrwitzige Dinge wie Pastrami oder frischen Koriander erstehen konnte, den mein Edeka nie oder nur an ungeraden Dienstagen bei Vollmond hat. Oder eben Raclettekäse.

Da ich es immer noch, trotz netterweise sinkender Inzidenzzahlen, so gut es geht vermeide, vor die Tür zu gehen, außer es ist zu etwas menschenfreiem wie eine Packstation, bündele ich Einkäufe immer an einem Tag und möglichst an einem Ort. Das klappt nicht immer; wenn ich Lust auf wirklich guten Aufschnitt habe, dann gehe ich eben zum Metzger, und wenn es die Lieblingsbrötchen sein müssen, MÜSSEN, dann auch zum Bäcker, wo ich sonst halt auf Aufschnitt verzichte oder meine Tiefkühlfächer mit selbstgebackenem Brot leeresse. Da ich aber in den vergangenen Jahren gelernt habe, dass es mir gut geht, wenn ich gut esse, muss es eben auch ab und zu Aufschnitt sein WEIL PANDEMIE UND SELF-CARE. (Hervorragende Argumentation, um weiter Fleisch zu essen oder Dinge zu kaufen, die eigentlich nicht nötig wären, weil Tiefkühler gut gefüllt.)

Nun stand ich also vor der Entscheidung, zum Käsehöker zu radeln – oder halt Gruyère beim Edeka zu holen. Ratet, was es geworden ist.

Ich kaufte für die Woche und den Freitagabend ein, sah auf dem Rückweg, dass die Altpapiertonnen leer waren, erledigte Altpapier, putzte dann die Wohnung einmal komplett durch, dann war es schon nachmittags, ich bearbeitete weiter den Brotteig, den ich am Donnerstag abend angesetzt hatte, buk nebenbei eine Lemon Tarte, die ich zum Nachtisch reichen wollte, als ob man nach Raclette noch irgendeinen Nachtisch braucht, dann schnipselte ich recht wenige Zutaten für die Pfännchen zurecht, kochte Pellkartoffeln, drapierte Käse, deckte den Tisch und freute mich vor.

Wir genossen ein bisschen Rindfleisch, das hervorragend mit der japanischen Kewpie-Mayonnaise harmonierte, F. streute Furikake auf die Kartoffeln, ich würzte mein Rührei mit Siracha, wir nutzten nicht nur die übliche Kräuterbutter für die Pfännchen, sondern auch Misobutter, und über alles gab es einen Koriander-Minz-Dip, den wir bei unserem liebsten afghanischen Restaurant zum ersten Mal gegessen hatten. Den Laden gibt es leider nicht mehr, und das Rezept für Zhug ist auch nicht ganz dasselbe, aber es ist sehr nah dran. Dazu gab es kalifornischen Chardonnay und für mich ein winziges Stück Lemon Tarte hinterher. Crossover-Käsepfännchen for the win!

Gemeinsam eingeschlafen.

F. war früher wach, löste vermutlich schon das NYT-Crossword, während ich noch schnarchte. Dann döste er wieder weg und ich buk das Teigklumpen, der seit Donnerstag abend ein Brot geworden war.

Gestern mittag gab es logischerweise die übliche Raclette-Restepfanne, sehr schmackhaft. Von unseren Außer-Haus-gekochten Speisen bringt F. am liebsten was vom Broeding an den Tisch; die verpacken ihre Köstlichkeiten in Pappschachteln oder flache Weckgläser, die man einfach so in den Ofen schieben kann, um die Speisen aufzuwärmen. Die Gläser kann man zurückbringen, man darf sie aber auch behalten, und ich bewahre jetzt Hefewürfel, halbe Riesenzwiebeln oder übrig gebliebenen Korianderdip nicht mehr in ollen Tupperdöschen auf, sondern habe eine Batterie an wunderschönen Weckgläschen in allen Größen im Kühlschrank stehen. Das freut mich neuerdings noch mehr, den Kühlschrank zu öffnen als eh schon, es ist jetzt sehr hübsch da.

Ich verbrachte den restlichen Tag damit, die Effingers weiter zu lesen. (Zwischendurch schlief ich beim Augsburg-Spiel ein, es langweilt inzwischen nur noch, Fuppes am Laptop zu gucken, Stadion or bust, keine Lust mehr.) Je weiter ich im Buch voranschreite, desto mehr warte ich auf fünf Staffeln davon auf Netflix, das ist quasi schon wie eine Drehbuchskizze geschrieben, das muss nur noch ausformuliert werden. Ich mag dieses Buch in seiner totalen Atemlosigkeit sehr, die aber trotzdem nie das Gefühl hinterlässt, dass mir gerade Wichtiges vorenthalten wird. Man bekommt zum Beispiel das Dreikaiserjahr (meine innere Orientierung bei deutscher Geschichte) und dessen Umbrüche auf zwei Seiten mit, und danach schwingt es durch weitere Zeilen, um Generationenkonflikte und das Nebeneinander von alten und neuen Einstellungen und Ordnungen zu erläutern. Ich bin völlig verliebt in diese Sprache und ihre Knappheit, mit der große Familiengeschichten mal eben so nebenbei runtererzählt werden.

NASA Declares a Beloved Mars Mission Over

Der Artikel ist schon von Februar 2019, aber ich war erneut angerührt von den kleinen, großen Mars-Robotern. In wenigen Tagen soll der Planet übrigens Nachschub bekommen, ist völlig an mir vorbeigegangen.

Der Artikel war Teil eines Newsletters vom Atlantic, der mit „Stories That Made Us Think Again – Four Atlantic writers on pieces that challenged their assumptions“ umschrieben wurde. Zum Artikel von Marina Koren schrieb Adam Harris:

„Space has always felt distant, cold. The things floating around in it—not just rocks and dust, but also our satellites and rovers—seemed fundamentally disconnected from my experience. Sure, I understood intellectually that some of the information gathered by these machines exploring space had an impact on my life here on Earth. But I never expected to find myself crying over them when they went away.

Yet Marina Koren’s masterfully written piece “NASA Declares a Beloved Mars Mission Over” made me do just that. The story was an obituary for the Opportunity rover, sent to Mars in search of water. The rover had been rolling around the red planet for more than a decade, sending back signals of what it found. The work was patient and precise and important. “Then,” Marina wrote, “it stopped.” Scientists sent up commands, but Opportunity didn’t respond. I actually cried reading that, and it was strange. When I was done with the piece, I learned that she’d written another explaining why we mourn when space robots die.“

Ein Ausschnitt aus dem Artikel:

„The end of Opportunity leaves only one functioning rover on Mars: Curiosity. Curiosity arrived on the planet in 2012 and, despite some technical problems of its own last year, is in good health. The rover is on the opposite side of the planet, and with Opportunity shut down, “we basically lost our surface presence on one half of Mars,” says Mike Seibert, a former Opportunity flight director. (Seibert was around for the last massive dust storm on Mars, in 2007, which the rover survived just fine.)

Curiosity doesn’t have the time or speed to trundle over and check on its friend. The only views NASA has of Opportunity come from robotic spacecraft that orbit Mars, like satellites circle the Earth. From here, Opportunity is a fuzzy smudge against a vast, rugged landscape.

For engineers and scientists, the pain of the mission’s demise is softened by this fact: Opportunity was supposed to die years ago. It was one of two rovers NASA landed on Mars in 2004. The other, named Spirit, touched down on the other side of the planet. The missions were expected to last three months, but they kept going for years.“

Am 18. Februar landet (hoffentlich) Perseverance, der im Laufe des Jahres noch durch Rosalind Franklin Verstärkung bekommt.

Die Begründung der ESA, den Rover nach Franklin zu nennen, fand ich schön:

„Rosalind Elsie Franklin was a British chemist and X-ray crystallographer who contributed to unravelling the double helix structure of our DNA. She also made enduring contributions to the study of coal, carbon and graphite. ESA has a long tradition of naming its missions for great scientists, including Newton, Planck and Euclid.

“This name reminds us that it is in the human genes to explore. Science is in our DNA, and in everything we do at ESA. Rosalind the rover captures this spirit and carries us all to the forefront of space exploration,” says ESA Director General Jan Woerner.“