Tagebuch, Montag, 8. Februar 2016 – Falling into place

In den letzten Wochen hat sich bei mir innerlich einiges gefestigt, was 2015 in der Schwebe war: meine Beziehungen, mein Wohnort, meine Studiensituation. Gefühlt habe ich das vergangene Jahr damit verbracht, meinen Status quo wiederzufinden, von dem ich nicht genau wusste, wo er eigentlich sein soll. Aber so allmählich fallen alle Einzelteile dort hin, wo sie sich richtig anfühlen, und ich hoffe, das bleibt so.

Studiensituation

Das erwähnte ich in meinem traditionellen Semesterabschlusseintrag bereits: Die Entscheidung für den Master war richtig, der diffuse Wunsch nach einer anschließenden Promotion ist keiner mehr, sondern ein festes Vorhaben. Ich habe mir einen kleinen Plan gebastelt, wie meine nächsten Wochen und Monate aussehen könnten und versuche jetzt, ihn umzusetzen. Die Kiefer-Arbeit war ein grandioser Motivationsschub, der zu keinem besseren Zeitpunkt hätte kommen können.

Wohnort

Anfang April werde ich noch ein paar Kisten in Hamburg packen, um meine restliche Habe zu meinen Eltern fahren zu lassen. Dann gebe ich dem Kerl die Schlüssel, die ich noch habe, und mache dort ein letztes Mal die Tür hinter mir zu. Mein Abschied vom Lebensgefährten, der Stadt, in der ich 15 Jahre gewohnt habe und dem Leben, das dort stattfand, hat ein Jahr gedauert, aber jetzt fühlt es sich bereits wie Vergangenheit an. Es sind nur noch die wenigen Kartons, die zum endgültigen Good-bye fehlen, und ich habe keine Angst mehr davor, sondern bin im Gegenteil froh darüber, wenn das Thema durch ist.

Vor einigen Tagen trat ich aus meiner Münchner Wohnung auf die Straße, merkte, wie warm es plötzlich geworden war – und musste unwillkürlich vorfreudig lächeln. Sommer war für mich jahrzehntelang eine sehr überflüssige Jahreszeit, aber seit zwei Jahren habe ich mich mit ihr arrangiert. Frühling und Sommer in München sind wunderschön; die angeblich nördlichste Stadt Italiens fühlt sich dann wirklich so an. Ich freue mich schon auf das Radeln in der lauwarmen Luft, wenn ich nachts von Freunden komme, ich freue mich auf F.s Balkon, auf dem Wein besser schmeckt als irgendwo anders, den Balkon des ehemaligen Mitbewohners, von dem ich so gerne in den Altbau gegenüber gucke, ich freue mich auf die lange Dämmerung und das Licht unter den Kastanien im Biergarten. Ich freue mich darüber, eine Stadt gefunden zu haben, in der ich freiwillig draußen sein will. Also „draußen“ innerhalb meiner Maßstäbe – ich werde nie jemand werden, die gerne 15 Stunden in der Sonne rumlungert, aber ich habe festgestellt, dass ich in den letzten beiden Jahren, seit ich wieder Fahrrad fahre, gerade im Sommer öfter einen Umweg fahre, einfach weil es so schön ist, durchs sommerliche München zu radeln.

Auch meine Wohnung fühlt sich inzwischen richtig an. Ich habe monatelang hin- und hergeräumt, Dinge ausprobiert und viel weggeschmissen, aber jetzt ist es keine Verlegenheitslösung mehr, nach der es sich direkt nach dem Umzug angefühlt hat, sondern mein Zuhause. Die Lieblingsmesser liegen griffbereit, das schöne Geschirr steht neuerdings offen im Regal und nicht mehr im Umzugskarton in der Abstellkammer, ich habe Tischwäsche, Blumenvasen und Kerzenhalter. Ich wohne hier, und jetzt sieht man das auch.

Beziehungen

F. und ich hatten uns Ende letzten Jahres getrennt, weil ich nicht mit uns klargekommen bin. Ich war im Kopf noch mit dem Kerl, dem Umzug und dem Studium beschäftigt und da war alles andere schlicht zu viel für mich. Die Zeit der Trennung war richtig und wichtig und sie hat dafür gesorgt, dass wir uns wieder näherkommen konnten, dieses Mal unter anderen Vorzeichen.

Wenn man über ein Jahrzehnt in einer Beziehung lebt, hinterfragt man ihre Mechanismen irgendwann gar nicht mehr. Ich jedenfalls nicht. Ich hatte mich irgendwann in irgendwas eingerichtet und das war halt so. Die letzten Veränderungsversuche endeten damit, dass der Kerl sich und ich mich weiterentwickelte, aber nicht wir gemeinsam, und schlussendlich führten sie zur Trennung.

Als ich mit F. zusammenkam, nutzte ich die gleichen Mechanismen, die ich aus meiner alten Beziehung kannte, ohne darüber nachzudenken, dass ich einen anderen Mann vor mir habe, der ganz eventuell einen anderen Umgang erwartet und anbietet. Im Prinzip war das der Trennungsgrund: Ich habe versucht, eine neue Beziehung so aussehen zu lassen wie die alte, was natürlich Quatsch ist, weil die alte ja nicht mehr funktioniert hat. Das ist mir aber erst während der Trennung klar geworden und F. auch. Seitdem tänzelten wir ein bisschen umeinander rum, waren erst wieder gute Freunde, dann welche mit Benefits und jetzt gerade haben wir einen zweiten Versuch als Paar gestartet. Wir wissen beide noch nicht genau, wie das laufen wird, aber wir wissen jetzt, dass wir am Zusammensein rumdengeln können, Dinge ausprobieren können, nicht alles nach Plan machen müssen. (Bitte stellen Sie sich hier vor, wie ich in eine Papiertüte atme.)

Kurz gesagt: Im Moment sind alle meine Spielfiguren da, wo ich sie haben will. Game on, baby.