Was schön war, Freitag, 30. Oktober 2020 – Zum zweiten Mal Tantris

Nach der Abgabe der Masterarbeit vor drei Jahren gönnten F. und ich uns einen Besuch im Tantris, um dieses Ereignis gebührend zu feiern. Damals war ich von allem überfordert, gleichzeitig schwerstens beeindruckt und meinte, dass ich erst nach der Abgabe der Dissertation dort wieder hingehen würde. Und so habe ich es auch gemacht.

Küchenchef Hans Haas geht Ende 2020 in Rente, danach wird das Haus saniert und beginnt unter einem neuen Küchenchef eine weitere Ära in seiner Geschichte. Auch das war ein Grund dafür, dort noch einmal hingehen zu wollen. Wir hatten eigentlich eine Reservierung im März zu meinem Geburtstag, weil wir ahnten, dass es zum Ende des Jahres – wenn alle nochmal bei Haas essen wollen – vielleicht schwieriger werden würde mit der Buchung. Meine Abgabe war da noch für Oktober geplant, ich wusste aber schon, dass es klappen würde mit der Einreichung, also zogen wir die Diss-Feier vor. Bis der Lockdown kam, alles schließen musste und wir die Reservierung verschoben – auf Ende Oktober, jetzt sogar perfekt nach der Abgabe, und im Oktober wäre ja möglicherweise schon das Schlimmste an der Pandemie vorbei. Nun ja.

Ich verbrachte die letzten zwei Wochen, nachdem die Infektionszahlen durch die Decke gingen, damit, jeden Tag zu gucken, wie die Ansagen für die Gastro gerade waren. Ende letzter Woche war klar, dass die Restaurants noch geöffnet blieben, die Sperrstunde aber auf 21 Uhr vorgezogen wurde, was bedeutete, dass wir uns vom geplanten 7-Gang-Menü verabschieden mussten. Es war uns aber beiden ganz recht, dass uns diese Überlegung abgenommen wurde: Wir mussten nicht mehr auf Zahlen und Zeiten gucken, sondern wussten: 18 bis 21 Uhr, vier Gänge, fertig.

Wobei ich bis gestern nachmittag noch haderte, überhaupt hingehen zu wollen. Ja, Diss-Abgabe feiern, ja, noch einmal von Haas bekocht werden, ja, schon klar. Aber: [Hier alle Gegenargumente für Restaurantbesuche einsetzen, die ich alle kenne und an die ich mich seit März halte. Ich war einmal im Broeding und ansonsten dreimal in Gaststätten, allerdings draußen, und zweimal im Biergarten.] Ich las eine Studie nach der anderen, die im Prinzip nur das aussagte, was wir vermutlich alle inzwischen verinnerlicht haben: In ungelüfteten Innenräumen ist das Infektionsrisiko höher als draußen. Das half nicht so recht weiter.

Ein Punkt in meinen Überlegungen waren die Infiziertenzahlen in München: Derzeit sind ungefähr 0,3 Prozent der Bevölkerung erkrankt. Das schien mir ein halbwegs überschaubares Risiko zu sein in einem nicht turnhallengroßen Sternerestaurant mit funktionierender Klimaanlage.

Was den Ausschlag gegeben hat, mich ohne Maske drei Stunden lang in einen Gastraum zu setzen, und das hat mich selbst überrascht, war Instagram. Erst vor wenigen Tagen, als der Lockdown beschlossene Sache war, fiel mir auf, dass viele meiner Foodies, denen ich folge, in den letzten Monaten weiter essen gegangen waren, Gerichte posteten und sich anscheinend weniger Sorgen gemacht hatten als ich. Gleichzeitig waren sie auf Twitter unterwegs, posteten Bilder von sich mit Maske, unterstützten die Ansagen der Regierungen und waren generell vernünftige Menschen. Das überzeugte mich, warum auch immer, davon, dass man möglicherweise halbwegs gefahrlos essen gehen konnte, wenn man sich die richtigen Läden dafür aussuchte. Also ging ich essen.

Wie schon beim letzten Blogeintrag stehen auch hier wieder keine Fotos der Gerichte; dieses Mal knipste ich zwar, aber ich behalte das trotzdem für mich.

Wie F. gestern schon sagte: „Man geht nur einmal das erste Mal ins Tantris“, und damit hatte er sehr recht. Ich kannte nun die Qualität der Speisen, die aufgetragen wurden, und war daher nicht mehr ganz so umgehauen wie beim ersten Mal. Was mich dieses Mal fertig gemacht hat, waren die Weine. Wir – also F., denn ich wurde großzügigerweise eingeladen – entschieden uns für die Premium-Weinbegleitung, die hier aus der Hüfte fotografiert lesbar ist. Den Preis habe ich mal abgeschnitten.

Wo ich beim ersten Besuch notiert hatte, dass ich fast beim Lammgang geheult hätte, weil er so toll gewesen war, erledigte mich dieses Mal ein Chardonnay, und ich bin nicht mal großer Chardonnay-Trinkerin. Ich hatte im letzten halben Jahr, wo ich gefühlt von allem gestresst und überfordert war und die kleinen Futterinseln, die mir andere bauen, größtenteils ausgelassen hatte wegen DER GESAMTSITUATION, anscheinend vergessen, wie glücklich mich hervorragendes Essen und noch bessere Weine machen können. Die gestrigen drei Stunden begannen für mich etwas angespannt, aber nach dem Champagner zum Reinkommen, dem Gruß aus der Küche und dem tollen ersten Gang fühlte sich alles gleichzeitig nach Urlaub und, Achtung, das böse Wort in diesem Jahr, endlich mal wieder irgendwie normal an. Bei mir lösten sich anscheinend siebzehn Blockaden gleichzeitig und so verheulte ich die konfierte Seezunge mit Blumenkohlpüree und Sepiagnocchi total, weil ich nach jedem Schluck Tränen trocken musste, mich wieder zusammenriss, einen Bissen nahm, einen Schluck trank – und wieder weinte. Gut, dass die Tische schon in Nicht-Pandemie-Zeiten hier so schön weit auseinanderstehen und jetzt erst recht – vermutlich hat das niemand mitbekommen außer F., und der kennt mich Heulsuse ja.

Was auch schön war: Wir hatten endlich mal andere Gesprächsthemen als den derzeit üblichen Deprikram, weil wir, wie immer bei Restaurantbesuchen, jeden Krümel auf dem Teller ausdiskutieren und alle zwei Minuten neue Noten in den Weinen entdecken. Das ging bis zum Digestif so weiter, den wir gleich zweimal nahmen. F.: „Haben wir noch Zeit?“ – Kellner: „Noch zehn Minuten.“ – F.: „Dann noch eine Runde.“ So genoss der Herr zweimal einen Bierbrand (noch nie gehört) und ich sprach selig einem Tonkabohnengeist zu.

Nach vier Gängen waren wir längst nicht so abgefüllt wie nach dem letzten Mal, wo wir uns ein wenig erschlagen zur U-Bahn schleppten. Gestern spazierten wir zu einer Bushaltestelle auf ungefähr einem Drittel des Wegs, ich ließ mich nach Hause chauffieren, F. zu sich, wonach er zu Fuß zu mir kam. Es war seltsam, den Abend schon gegen 22 Uhr zu beenden, da hätten wir normalerweise gerade beim Dessert gesessen und danach noch eine Etagere Petit-fours leergemampft, aber das war okay. Ich habe mich sehr gefreut, dieses Erlebnis noch mitnehmen zu können, bevor wir alle vier Wochen lang zuhause sitzen. Ich fühle mich jetzt auch etwas besser gerüstet für den langen Winter. (Vielleicht doch noch auf Önologie umsatteln?)

Die Damentoilette, immer wieder ein Erlebnis.

Tagebuch Donnerstag, 29. Oktober 2020 – Plunderteilchen und Judo-Flashback

Im Prinzip Schreibtischtag, aber durchbrochen von Hefeteiginseln und Bagelbacken und sehr viel Schweiß auf der Yogamatte.

Vorgestern hatte ich erneut Bagelteig angesetzt und dieses Mal das immer noch nicht im Haus befindliche Backmalz durch Honig anstatt durch Rübensirup ersetzt. Die Bagels gingen besser auf, und nach dem Anpassen der Backzeit von 14 auf 12 Minuten hatte ich ziemlich perfekte Bagels. Sobald dieser Eintrag online steht, korrigiere ich das Bagelrezept und empfehle es hiermit uneingeschränkt weiter.

Nebenbei ging über Stunden ein bisschen Plunderteig, denn ich hatte mir in den Kopf gesetzt, Kirschplunder zu backen. Dafür wird der Hefeteig wie für Croissants ewig touriert, daher dauerte das etwas. Das Endergebnis war, vielleicht wegen des leicht anderen Grundrezepts und meiner Schusseligkeit beim Tourieren – hatte ich das jetzt schon gedreht oder nicht? –, nicht ganz so plunderig wie von der Bäckerin, aber nah dran. Auch die Form war noch nicht so elegant, wie ich sie haben wollte, ich werde weitere, konzentriertere Versuchsreihen starten müssen, es hilft ja nichts.

Im Interweb-Sportkurs war zum dritten Mal Shotokan angesagt. Den ersten Durchlauf hatte ich etwas verwundert erledigt, weil ich längst nicht so verschwitzt war wie sonst. Den zweiten hatte ich quasi nur nebenbei laufen gelassen, damit das Programm glaubt, ich hätte ihn erledigt, und warf danach etwas anderes an. Gestern war ich aber brav bei der Sache und stellte fest, dass es doch mehr Spaß machte als erwartet.

Die gut 20 Minuten waren eher tiefe Ausfallschritte mit zum Kampf erhobenen oder den Körper schützenden Armen, aber es hat mir dann doch gefallen, mich an mein Judo-Training zu erinnern, das ich vor Jahrzehnten als Kind und Jugendliche gemacht hatte. Schon der Blick ins Video, wo der Trainer auf einem bestimmten Boden stand, erinnerte meine Füße an das Gefühl, auf Judomatten zu stehen anstatt auf meiner blöden Plastikyogamatte, die auf einem Holzfußboden ruht. Ich weiß nicht, auf welchem Untergrund Karate ausgeführt wird, vermutlich auf einem ähnlichen. Die Judomatten waren fest genug für einen guten Stand, aber weich genug, auch wenn das Wort wie eine Übertreibung scheint, dir beim Aufprall nach Würfen nicht weh zu tun. (Stelle beim Rumgoogeln gerade interessiert fest, dass ich mir die auch für Zuhause kaufen könnte, wenn ich irre wäre.) Auch wenn mich diese Übungen nicht so richtig ins Schwitzen brachten, genoss ich es dieses Mal sehr, mich wieder auf meinen Körper zu konzentrieren und feste Übungen nach einem Schema auszuführen, immer im Wechsel Bewegen – Halten – Bewegen – zur Ruhe kommen.

Generell merke ich, dass ich seit den letzten Tagen anders gehe, stehe und rumsitze (außer auf dem Sofa vor Serien), etwas aufrechter und bewusster. Das ist sehr schön. F. meinte vorgestern, ich fühle mich beim Umarmen anders an, darüber denke ich noch nach. Ich bin mir relativ sicher, dass sich am Gewicht nicht viel verändert haben kann bei den ganzen Bagels und Kirschplundern, die ich verspeise, aber ich merke schon bei einigen Shirts, dass sie lockerer sitzen. Vielleicht verteilt sich meine Körpermasse gerade um. Ich lasse sie einfach machen.

Nach dem konzentrierten Kampfsport light klickte ich auf ein neues Video, das Mobilität versprach und hauptsächlich am Boden stattfand. Ich dachte noch launig, das wird nett, war es auch, aber ich habe noch nie so viel geschwitzt wie in diesen 30 Minuten. Erneut der Lerneffekt: Wenn man sich nach und nach bestimmte Bewegungen zutraut, wächst auch das Vertrauen in den eigenen Körper, ein bisschen aus der Komfortzone rauszugehen. Das tat ich gestern gleich mehrfach und war danach die ganze Zeit voller Endorphin, bis ich schließlich plundersatt vor einer Serie wegdöste.

Ich bereite gerade hauptsächlich meine Verteidigung vor, die in drei Wochen stattfinden wird, und lese dazu konzentriert die Diss, die ich in den vier Monaten seit der Abgabe nur kursorisch oder gezielt auf der Suche nach Infos für den Vortrag beim Doktorandenkolloquium durchgeblättert hatte. Natürlich fallen mir jetzt ewig Dinge auf, die ich anders hätte formulieren können oder sollen – aber andererseits auch viele, bei denen ich denke: Ja, das ist gut. Ich hoffe, meine Prüfer:innen sehen das auch so.

Tagebuch Mittwoch, 28. Oktober 2020 – Neue, alte Serie

Eigentlich kommen im September bzw. Oktober die Fernsehserien in den USA aus ihrer Sommerpause zurück und starten in die neue Season. Dieses Jahr ist alles anders, wissen wir, weswegen ich mich immerhin über die animierte Serie „Bob’s Burgers“ gefreut habe. Bei allen Shows mit echten Menschen war ich mir nicht so sicher, ob und wann sie wiederkommen und quietschte deshalb gestern sehr undamenhaft rum, als ich die ersten zwei neuen Folgen von „This Is Us“ entdeckte, einer meiner liebsten Unterhaltungen.

Die Serie springt aus der Jetztzeit in die Vergangenheit und ab und zu auch in die Zukunft – dieses Gimmick habe ich immer noch nicht so recht in mein Herz geschlossen, aber okay. Die Jetztzeit war nie so richtig definiert, die Kleidung passte, die Autos hatten gewohnte Formen, aber wenn ich mich richtig erinnere, wurde nie eine konkrete Jahreszahl genannt, die Serie hätte in 2014 oder 2016 spielen können, als sie 2018 lief. Bei den ersten neuen Folgen wird aber gleich im ersten Dialog „the virus“ erwähnt, man trägt Masken und desinfiziert sich die Hände, „Hanks got it“ spielt auf Tom Hanks’ Infizierung an, was die Serie sogar in einen bestimmten Monat verortet. Auch die BLM-Proteste wurden deutlich in die Handlung integriert. Das irritierte mich etwas, nicht negativ, aber es holte mich sehr aus dem Phantasie-Universum der Familie heraus. Ich bin gespannt, wie sie das fortführen. Aber der Satz, der auf die Sitcom „One Day at a Time“ anspielte – „Nobody cancels Rita Moreno“ – war mir dann doch etwas zu viel, wenn auch äußerst sympathisch.

Totaler Themenwechsel. Gestern gab es einen Online-Vortrag des Fritz-Bauer-Instituts, den ich verpasste, weil ich mit dem Schwesterherz konferierte. Ich gucke ihn heute auf YouTube nach und lasse auch gleich mal die Buchempfehlung des Vortragenden da: „Ausschaltung der Juden und des jüdischen Geistes“. Nationalsozialistische Kulturpolitik 1920–1945.

Das Themenportal zur Weimarer Republik des deutschen Archivportals ist jetzt online.

Tagebuch Dienstag, 27. Oktober 2020 – Use your core!

Meinen Wocheneinkauf erledigt. Seit zwei Wochen ungefähr beschränke ich mich wieder darauf, möglichst nur einmal die Woche in einen Supermarkt zu gehen, und gestern war dieser Tag.

Danach in die Sportklamotten geworfen und die im Plan vorgesehene Einheit aus meinen True-Beginner-Kurs absolviert. Das Cardio-Kickboxing kannte ich schon, das ist bereits das dritte Mal, das ich diese Einheit anklickte, aber anscheinend hörte ich gestern zum ersten Mal richtig zu. Viele der Übungen gehen nicht auf Fitness für Survival-Urlaube, sondern sind wirklich für Leute wie mich gemacht, die außer zur Bibliothek radeln nichts an Sport machen. Oder für Menschen, die nach Unfällen wieder fit werden wollten, Ältere und manchmal denkt das Programm auch an dicke Menschen. Das heißt, viele der Übungen sind wirklich Basics und sorgen für mehr Kraft, mehr Mobilität und mehr Stabilität. In so ziemlich jeder Aufwärmphase balanciert man auf einem Bein, und je weiter fortgeschritten die Übungen sind, desto öfter kommen Kommandos wie „und jetzt das Bein ganz nach hinten“, weit zur Seite, wie einen Kick in Zeitlupe halt, oder auch: Heb dein Knie nach vorne, stell dir vor, es steht eine Teetasse darauf, jetzt den Fuß kreisen. Eigentlich simpel, aber wenn man einen Matschfuß hat wie ich, dessen Zehen nicht mehr funktionieren, die normalerweise das ganze wunderbare Ausbalancieren erledigen, dann wackelt man dabei halt sehr rum. Weil der Anfängerkurs aber nett ist, darf man immer einen Stuhl neben sich haben, an dem man sich festhalten kann. Auch hier gibt es Abstufungen: Wo es am Anfang hieß, halt dich fest, you know your body better than anyone else, heißt es nun: Stell dir vor, auf der Stuhllehne liegt ein Ei und du darfst dich nur so kurz und so sanft wie möglich festhalten. Ich mag das.

Beim Rumbalancieren habe ich meine Hände nicht an der Hüfte wie der knuffige Vorturner, sondern benutze sie wie Flügel eines irre gewordenen Flugzeugs, um zu balancieren. Das klappt dann nämlich in den allermeisten Fällen auch ohne mich am Stuhl festzuhalten, wenn ich auf dem rechten Bein stehe. Gestern hatte ich, vermutlich aus Gewöhnungsgründen an das Programm, die geistige Kapazität frei, dem Vorturner zuzuhören anstatt mit den Armen zu wackeln und mich auf meine Füße zu konzentrieren, denn ich befolgte erstmals seinen bestimmt schon hundertmal geäußerten Tipp: „Use your core.“ Also: spann die Bauchmuskeln an, um die Balance zu halten. Das tat ich – und stellte begeistert und sehr überrascht fest, dass ich anscheinend inzwischen Bauchmuskeln habe, die meinen raumgreifenden Körper ausbalancieren können.

Ich ahne, dass sich das für euch total lächerlich anhört und ihr, wenn ihr mich auf dem Handy lest, gerade kopfschüttelnd und entspannt auf einem Bein steht, aber für mich war das eine ziemlich tolle Sache, und ich freue mich immer noch darüber. Ich musste auch an eine der Physios denken, die mit mir in der Reha nach der Bandscheiben-OP gearbeitet hat, und bei der ich mich, erstmals auf einem Wackelball sitzend, vorgestellt habe mit der Bemerkung, dass ich überhaupt keine Bauchmuskeln hätte. Woraufhin sie meinte: „Sie können sich aufrecht auf einem Ball sitzend halten – das sind Ihre Bauchmuskeln.“

Nach den 30 Minuten hatte ich das Gefühl, gerade warm geworden zu sein und ärgerte mich über mich und mein Körpergefühl, dass ich mich jetzt nicht einfach traue, in den Tights und dem engen Shirt vor die Haustür zu gehen und eine Stunde auf dem Friedhof herumzuwalken. Laufband und Standfahrrad sind inzwischen Hamburger Sperrmüll, aber ich wollte mich noch weiter bewegen. Also klickte ich eine weitere Übung an, die ich über die Suchparameter „easy“, „halblang“, also irgendwas zwischen 20 und 30 Minuten, und „no equipment“ fand. Das waren fiese 20 Minuten, die ich größtenteils, aber nicht komplett mitmachen konnte. Danach war ich aber immerhin so atemlos und durchgeschwitzt, wie ich gerne sein wollte.

Ich vermisse ein Folgeprogramm für True Beginner, vielleicht in die Richtung „Not a true beginner anymore, but still not fit and also fat“. Hello, Daily Burn? Eins-a-Vorschlag hier am Start!

Die Übungen nahmen die Arme mehr mit als das meiste, was ich bisher gemacht habe, was ich schon im Laufe des Tages merkte, als ich Zeug aus Schränken nehmen wollte und dafür die Arme strecken musste. Au. Au. Au. (Herrlich.)

Mittags gab’s eine Riesenschüssel Salat mit ein paar Croutons aus Baguette, ehe das komplett hart wird, und abends bastelte ich Reispapierrollen. Das einwöchige Einkaufen sorgt auch dafür, dass ich endlich mal meine Vorratsschränke leerkoche. Wieder eine Packung Nudeln weg und das Reispapier ist jetzt auch alle. Der tolle vietnamesische Dipp dazu kommt aus einem Lesergeschenk und geht so:

Nước chấm

12 g Zucker in
45 ml warmem Wasser auflösen.
15 ml Fischsauce,
15 ml frischen Limettensaft,
1 fein geschnittene Knoblauchzehe und
1 fein gehackte Vogelaugenchili dazugeben, fertig.

Ich habe meine Reispapierbröckchen noch angebraten. Und ja, das ist chinesisches Geschirr, aber ich benutze das so selten und gestern hatte ich halt Lust darauf. Vermutlich zu lange über cultural appropriation oder Respekt vor fremden Küchen nachgedacht. Zu keinem Ergebnis gekommen außer: Ich benutze das Geschirr so selten und gestern hatte ich halt Lust darauf.

Tagebuch Montag, 26. Oktober 2020 – Ablage

Gestern war Orga- und Schreibtischtag. Meine Ablage ist wieder auf dem neuesten Stand – ich hatte sie im Zuge der Diss und auch wegen DER GESAMTSITUATION einfach mal ein paar Monate ignoriert, das ging ganz gut. Gestern brauchte ich aber ein bestimmtes Schriftstück, und so lochte und heftete ich, schmiss weg und sortierte.

Abends Augsburg dabei zugeschaut, wie es mal wieder gegen den Angstgegner Leverkusen unterging. In der ersten Liga hat der FCA noch nie gegen Leverkusen gewinnen können, ich weiß gar nicht, warum ich mir diese Spiele anschaue. Im letzten Jahr kam ich sogar zu spät zum eigenen Oktoberfesttisch, weil ich innerlich auf einen Sieg gepolt war und den im Stadion sehen wollte, und dann ging es 0:3 aus. Gestern immerhin nur 1:3. Meh.

The Erasure of Mesut Özil

Spannendes Stück in der NYT über Özils Stand bei Arsenal – ohne wirklich zu einem Schluss zu kommen, was ich mit am besten fand.

„Everything started with a tweet. Mesut Özil knew the risks, in December last year, when he decided to offer a startling, public denunciation both of China’s treatment of the Uighurs, a largely Muslim minority in the region of Xinjiang, and the complicit silence of the international community.

Friends and advisers had warned Özil, the Arsenal midfielder, that there would be consequences. He would have to write off China as a market. His six million followers on Weibo, the country’s largest social network, would disappear. His fan club there — with as many as 50,000 signed-up members — would go, too. He would never play in China. He might become too toxic even for any club with Chinese owners, or sponsors eager to do business there. […] Yet Özil was adamant. […] And so he pressed send.

How much of what followed can be traced back to that tweet is contested. Özil is convinced that is the moment everything changed. Arsenal is just as adamant that it is not. There is no easy, neat way of bridging the divide between those perspectives. Perhaps both are true. Perhaps neither is.“

The Lessons of Reading Every Book About Trump

Schön geschriebene Rezension über alles, was über Trump geschrieben wurde. Kann man sich das Lesen also endlich sparen, denn das Fazit hat mich – leider – überzeugt: „Both framings — Trump as exception, Trump as steroidal avatar of the country that formed him — have always been true. The difference is that, in 2020, they are equally banal. Watching Lozada press his lively intelligence into what feels, in places, like a critique of itself is its own education in saturation, and in the incentives of a culture that is designed to keep talking long after there’s anything left to say.“

„Which brings me to Carlos Lozada’s new book, “What Were We Thinking: A Brief Intellectual History of the Trump Era.” Lozada, the nonfiction book critic at the Washington Post, revisits all the books on Donald Trump that he’s read since 2015: about a hundred and fifty titles, each purporting to illuminate the man and his times. (Immediately, the reader is primed for the sequel: “What Was I Thinking.”) One of the book’s standout preoccupations is whether Trump is an asteroid or a fungus. In other words, was the President’s victory a freak event, a chunk of debris that crashed into the country and transformed it forever? Or had Trumpism long been waiting in the soil, its destiny intertwined with ours? As Lozada shows, some Trump books exclaim over the norms that this Administration has broken; others take a longer view, considering the White House’s channelling of dark American traditions. Lozada finds the second approach more useful (the revolution will, and should, be contextualized) but leaves room for the fact that Trump has degraded us, and that some of the rot can be scraped off.

The book’s most original idea is its structure: a taxonomy that presents ten types of Trump book, including the White House “chaos chronicles” (“an endless encore of officials expressing concern”), “heartlandia” (lyrical portraits of Trump voters in flyover country), “Russian lit” (a genre which both looks at Trump’s personal ties to Russia and unpacks his Soviet-style tactics), and activism manuals for the resistance. Each chapter offers an essay made up of loosely connected mini-reviews; because there’s a lot of stylish recapping, the appeal of Lozada’s study can depend on the material being discussed. A chapter on the erosion of truth contains a fascinating précis of “A Lot of People Are Saying,” Russell Muirhead and Nancy L. Rosenblum’s tract about “the new conspiracism,” which proceeds via “innuendo and repetition” and “substitutes social validation for scientific validation.” (With Trump, Lozada writes, “there is conspiracy, but no theory.”)“

Was schön war, Sonntag, 25. Oktober 2020 – Familienfeierchen

Gemeinsam aufgewacht und noch ewig im Bett rumgelungert. Das war schön.

F. ging irgendwann nach Hause und von dort gleich zu Fuß weiter in den zwölf Kilometer entfernten Vorort von München, wo seine Eltern wohnen. Ich konnte noch zwei Folgen Gilmore Girls, einen Flat White und ein Stück Baguette mit Marmelade einschieben (Samstag nachmittag Baguettes gebacken, deren Teig ich Freitag vor dem Kolloquium angesetzt hatte). Danach machte auch ich mich auf den Weg, allerdings per Rad.

Ich hatte etwas länger überlegt, ob ich mir diese Strecke zutraue. Ja, zwölf Kilometer klingt nicht sehr weit, aber bis jetzt waren meine Fahrten zu irgendwelchen Terminen nie länger als ungefähr fünf Kilometer, München halt, Millionendorf. Zu Beginn der Pandemie bin ich mal geschätzt 15 Kilometer kreuz und quer und entlang des Englischen Gartens geradelt, aber dabei ließ ich mir irre viel Zeit und hatte danach auch ein bisschen Knieprobleme.

Seit einigen Wochen strenge ich mein Knie nun an, denn der lustige Interweb-Sportkurs will dauernd große Ausfallschritte von mir (die cool kids sagen „lunges“), nach vorne, nach hinten, zur Seite, keep it up, keep moving, three more, come on. Die taten am Anfang ein bisschen weh, jetzt nicht mehr, was schon mal sehr schön ist. Außerdem behaupte ich, dass meine Kondition einen Hauch besser ist als noch vor wenigen Wochen, und daher beschloss ich, die Strecke mit dem Rad zu fahren – wenigstens hin, zurück wollten wir uns beide in die S-Bahn trauen, die dann vermutlich schon sehr leer sein würde.

Ich verglich die Strecken, die Google Maps mir ausspuckte, mit der, die mir die MVV-Rad-App anzeigte, bei der man nicht nur die schnellste, sondern auch die grünste Strecke auswählen kann. Die führte mich quasi die ganze Zeit kreuz und quer durch München, war aber sogar kürzer als die von Google Maps, das bei drei Alternativen eine anbot, die zu zwei Dritteln sturzlangweilig geradeaus ging. Und genau die nahm ich dann auch, weil ich meine Tendenz zum gnadenlosen Verfahren auf unbekannten Strecken inzwischen kenne.

Das erste Fünftel der Strecke ging größtenteils durch Gegenden, die ich kannte, die aber gerade von Münchens üblicher Baustellenwut arg befallen sind. Erneut fiel mir auf, dass es für die Autos ewig Schilder und Pfeile und Zeug gibt, um ihnen zu sagen, wo sie bitte langfahren sollten, Radler und Fußgängerinnen sich aber bitte selbst darum kümmern dürfen, ob und wo es jetzt weitergeht. Als ich den Hindernisparcours hinter mir hatte, wurde es aber besser: Ich fuhr geradeaus, musste mich nur zwischendurch über zugeparkte Radwege ärgern und bei dem vielen Laub etwas vorsichtig sein, aber ansonsten war ich nach nicht sehr schneller Fahrt in knapp einer Stunde am Ziel – und fragte mich, warum ich mir vorher darüber so einen Kopf gemacht hatte. Clevererweise hatte ich ein Shirt zum Wechseln dabei, denn ich war doch ins Schwitzen gekommen.

F.s Eltern trafen von außerhalb Münchens in ihrem Haus ein, denn den Vorabend hatten sie bei F.s Bruder und dessen Kleinfamilie verbracht (insgesamt fünf Personen). Der eigentliche Plan war eine gemeinsame Feier gewesen, aber wegen der Infektionszahlen hatten wir das im Laufe der Woche verworfen, und soweit ich weiß, wären mehr als fünf Personen an diesem bestimmten Ort am Samstag eh nicht mehr erlaubt gewesen. Wir köpften Champagner, aßen Torte, dann Käse und Quittenchutney (vergessen, nach dem Rezept zu fragen, das war sehr gut), dann gab es noch einen Wein, huch, damit konnte ja niemand rechnen, und gegen 21 Uhr begaben F. und ich uns auf den Weg zum S-Bahnhof. Der Herr schritt stramm voran, ich bummelte auf dem Rad hinterher, weil ich schlicht lieber fahre als gehe, wir mussten nur drei Minuten warten, und dann fuhr ich erstmals mit meinem Fahrrad S-Bahn. Alles sehr aufregend. Außer uns und dem Rad waren, wenn ich richtig geschaut hatte, nur zwei weitere Menschen im Riesenwaggon.

Vom Bahnhof aus nach Hause geradelt, mich sehr darüber gefreut, dass nichts weh tat, durchgeschlafen, und auch heute morgen findet mein Knie alles prima. Guter Tag.

Eben trug ich die gestrigen Begegnungen in mein Kontakt-Tagebuch ein. In den letzten Tagen gab es in meiner Twitter-Timeline Diskussionen über die Möglichkeit der Verschriftlichung; ich nutze keine App und kein fancy Programm, ich habe nur ein langes Word-Dok offen. Da ich eh den ganzen Tag am Rechner bin, ist das für mich am schnellsten und am einfachsten, und weil es auf meinem Schreibtisch liegt, sehe ich es auch immer und vergesse es nicht.

Was schön war, Freitag/Samstag, 23./24. Oktober 2020 – Kolloquium

Das war schön, zwei halbe (lange) Tage mit Mitdoktorand:innen per Zoom zu verbringen. Ich stellte meine Arbeit vor bzw. meinen Bildfund, und dann lehnte ich mich zurück, trank viel Tee, guckte in 23 andere Arbeitszimmer und hörte viele spannende Vorträge.

Danach kam die übliche Nach-Kolloquiums-Depression, weil ich alleine und unvernetzt zuhause saß und nur eine sehr geringe Chance für mich sehe, in dem Bereich weiterzuarbeiten, in dem ich seit acht Jahren sehr glücklich bin, und das war dann scheiße.

Netterweise konnte mich der Briefkasten aufheitern, denn dort lag ein Lesergeschenk: Demokratie: Eine deutsche Affäre von Hedwig Richter, der ich gerne auf Twitter folge und die ich dort auch per DM um einen Literaturhinweis für Demokratiegeschichte bat, den ich dann gleich in die Diss einbauen konnte. An Verfasserin und freigebigen Schenker hiermit ein dickes Danke.

Und abends kam dann F. mit zwei Flaschen Blaufränkisch rum, immer eine gute Idee.

Das war mein letztes Doktorandenkolloquium, was ich sehr bedauere. Ich hoffe, dass ich wenigstens noch irgendwo ein paar Vorträge oder Papers unterbringen kann – dann vielleicht auch mit einem schicken Titel vor meinem Namen. Gestern kam nämlich auch die offizielle Einladung der LMU zu meiner Verteidigung – mit einem Beipackzettel, was man alles bei Zoom-Disputationen beachten muss. So muss ich meinen Perso in die Kamera halten, irgendwer muss Protokoll führen, und bevor es losgeht, soll ich mit der Kamera den ganzen Raum abfahren, damit die Prüfer:innen sicher sein können, dass mir niemand unter dem Schreibtisch sitzend Spickzettel zusteckt. Das heißt also: aufräumen und möglicherweise drei Sätze zu Luise vorbereiten, die ja in meinem Arbeitszimmer hängt und mir beim Verteidigen zugucken wird.

Vielleicht bis dahin auch die Simpsons-Schuhe verräumen.

Tagebuch Donnerstag, 22. Oktober 2020 – Dinge zum ersten Mal tun

Für den Vormittag habe ich zur Überschrift nichts beizutragen, höchstens so einen Hauch: Ich arbeitete, dann radelte ich zur Uni-Bibliothek, um mir ein Buch abzuholen – das kannte ich nicht, Geschlechter(un)ordnung und Politik in der Weimarer Republik, aber neue Bücher zählen vermutlich nicht zu den Dingen, die ich zum ersten Mal erledige. Dann ging’s weiter zum Bäcker und zur Lieblingseisdiele, die ich in diesem Jahr erst ein- oder zweimal besucht hatte. F. und ich trafen uns dort zum Mittagessen und ich bemerkte erstmals die Ampel am Eingang, die aber laut F. schon von Anfang an da stand: Man durfte nur bei Grün eintreten, ganz einfach. Im Podcast meinte Florian, dass er inzwischen blind irgendwelchen Pfeilen auf dem Boden hinterherläuft, einfach weil man sich so daran gewöhnt hat, dass man dauernd irgendwie geleitet wird. Ich hingegen gucke immer nach Anweisungen an Schaufenstern oder ähnlichem: Beim Lieblingsbäcker (und bei dem um die Ecke, der für die Alltagsversorgung da ist) heißt es: nur zwei Personen im Laden, beim Metzger nebenan steht eine Werbetafel für Soft Drinks, auf der steht: „Bitte nur drei Personen“. Mit der Werbe-Unterzeile lese ich da immer „Bitte nur drei Personen und eine eisgekühlte Cola im Laden“ und muss jedesmal darüber grinsen (und vergesse immer, es zu fotografieren).

Memo to me: Rose beim Ballabeni schmeckt nach Hubba Bubba, nicht mehr bestellen.

Wieder heimgekehrt ging es auf die Yogamatte, denn beim Radeln auf Rückwegen nach Hause kann ich mich nie zusammenreißen und fahre immer zu schnell und bin daher immer leicht angeschwitzt, weswegen es überhaupt nicht schwerfällt, in die Sportklamotten zu steigen und gleich weiterzuschwitzen. Gestern machte ich zum – Moment, ich zähle im Kalender nach – sechsten Mal eine Übungseinheit, bei der ich mich immer sehr konzentriere, denn sie geht auf Bauch- und Rückenmuskulatur und beim Rücken bin ich alte Bandscheibenpatientin sehr vorsichtig. Deswegen winkte ich bei den ersten Malen Side Plank auch nur ab und machte was anderes, traute mich dann aber nach und nach, sie auf dem Stuhl auszuführen wie der Vorturner das gerne hätte und nicht auf dem Fußboden, denn wir sind ja hier im Anfängerinnenkurs, also machen wir alles ein bisschen weniger fies. Aber auch da habe ich es nie auf beiden Seiten geschafft, weil meine Füße, die ja mitarbeiten müssen, was Halt und Stand angeht, nicht auf beiden Seiten gleich gut funktionieren. Aber gestern, ha! gestern klappte es erstmals auf beiden Seiten und auch jeweils die geforderte Zeiteinheit lang. Ich war stolz wie Bolle und muss mir selber eingestehen: Training hilft. Wer hätte es gedacht. Ja, ihr alle, ich weiß. Bei mir dauernd solche Erkenntnisse etwas. ABER FRAGT MICH WAS ZU AUTOBAHNEN!

Noch in den Sportklamotten stellte ich mich dann an den Herd. Vorgestern abends hatte ich thailändischen Klebreis eingeweicht, der jetzt aus dem Wasser durfte und in meinen Bambusdämpfer kam. Gleich zwei neue Dinge: Klebreis und dämpfen. Um so einen Bambuseinsatz war ich ewig rumgeschlichen, verbat es mir aber, ihn zu kaufen, denn den brauche ich vermutlich eh nicht uswusf. Aber bei uns im Haus gibt es ja die wunderbare Einrichtung des Hausflohmarkts: Wer irgendwas nicht mehr braucht (Bücher, teilweise sogar Klamotten, meist Haushaltskram wie Vasen) stellt es an einen bestimmten Platz im Treppenhaus und alle anderen können sich bedienen. Da stand vor Wochen mal ein kleiner Bambusdämpfer und zack! hatte ich einen Bambusdämpfer.

Gestern wurde er eingeweiht und funktionierte tadellos, ich bereitete zweimal Kokossößchen und -sirup zu, musste mir eingestehen, dass meine gekaufte Mango die vermutlich unreifste war, die jemals jemand gepflückt hatte, aber das Gericht schmeckte trotzdem ganz hervorragend. Statt Mungobohnen gab es bei mir Erdnüsse dazu.

Mit dem Stabi-Zugang die FAZ gelesen. Nicht auf dem Handy, sondern auf dem Laptop, was nicht so super ist, aber heute teste ich das mal auf dem iPad. Für lau! Bibliotheken, an mein Herz!

Abends kam F. vorbei, nach Tagen mal wieder gemeinsam eingeschlafen. Das war ein schöner Tag. (Wenn man die Infiziertenzahlen ignoriert.)

Tagebuch Mittwoch, 21. Oktober 2020 – Keine Impfung

Morgens bei 8 Grad der Versuchung widerstanden, die U-Bahn zu nehmen – zum Glück, denn Radfahren macht mich ja immer glücklich. Wieso vergesse ich das dauernd? Ich blogge das doch jeden zweiten Eintrag.

Mein Weg führte mich zur Hausärztin, wo ich erstens ein neues Rezept für meine Dauermedikation abholen, mich aber auch gegen Grippe impfen lassen wollte so wie brav im März. Das ging dieses Mal leider nicht, denn es gibt derzeit Engpässe beim Impfstoff. Das hatte ich zwar gelesen, aber natürlich darauf gehofft, dass im stets funktionsfähigen Bayern doch was geht. Nope.

Den Rest des Tages teilte ich zwischen Arbeiten und Kochen auf. Ich bereitete unter anderem zwei Gläschen mit Quitten in Earl-Grey-Sirup zu, allerdings ohne Ingwer und mit eindeutig zu dünn geschnittenen Spalten:

Dann verarbeitete ich noch weitere 14 Quitten zu Dulce de Membrillo; jedenfalls war das der Plan. Letztes Mal wurde ich von der freundlichen Quittenschenkerin dafür gerügt, die ganzen braunen nicht verwendet zu haben; die braunen Stellen seien nur optisch, das ginge, die Früchte seien noch gut. Also testete ich dieses Mal jede Stelle an: solange sie fest war, wurde sie benutzt, alles, was schon angematscht war, kam weg.

Ich weiß nicht, ob es daran gelegen hat, aber meine Quittenmasse ist nie wirklich schön orange geworden wie im letzten Jahr, sondern blieb bräunlich, und sie ist auch bis heute morgen noch nicht fest geworden, was letztes Jahr gerade ein Stündchen dauerte. Hm. Geschmacklich ist es okay, aber ich bin nicht glücklich. Meine geliebte Käsebeilage! Ich muss wohl um noch ein paar Quitten bitten – und dann wird wieder radikal rausgeschnitten. (Die Reime waren keine Absicht, aber ich lass das jetzt so.)

Mich sehr über die falschen FAZ-Kündigungs-Tweets gefreut, hier mein Liebling.

Der Ursprung war eine jammerige Kündigung eines angeblich langjährigen Lesers der FAZ auf einem dieser rechten Blogs, das ich jetzt nicht verlinke. Montag und gestern hatte ich mir die digitale FAZ gegönnt, weil ich zurzeit etwas besser (oder ausgewogener) informiert sein möchte als nur durch meine natürlich total tolle Twitter-Timeline. Mein Uni-Zugang zur SZ ist leider Geschichte, über die Stabi komme ich mit ein bisschen Umweg noch rein, aber das nervt am Handy sehr, und ja, ich lese lieber die FAZ als die SZ. Also gebe ich derzeit ein bisschen Geld aus.

Stelle gerade beim Ausprobieren des SZ-Archivs über den Stabi-Zugang fest, dass ich jetzt auch die FAZ zuhause lesen kann. Das ging sonst nur an den Rechnern der Stabi vor Ort. Corona-Änderung? Egal. FAZ lesen! Danke, Stabi!

Jedenfalls lernte ich, dass die Bannmeile um parlamentarische Gebäude gerade 100 Jahre alt geworden ist. (Zwölf Jahre müssen wir abziehen.)

Abends Roths Radetzkymarsch ausgelesen. Großartig. Wer nicht wie ich drei Euro in Antiquariaten dafür ausgeben möchte, kann das Ding auch bei Guttenberg lesen.

Nach diesem Buch war ich endlich in Stimmung für Clarks Schlafwandler, das ich vor Jahren gekauft hatte und das bisher schmählich ungelesen hier rumlag.

Den Radetzkymarsch zu lesen hat meine Wien-Sehnsucht übrigens nicht kleiner gekriegt, eher das Gegenteil. Hoch die Republik!

Apropos Stabi:

(Nathan W. Pyle)

Tagebuch Dienstag, 20. Oktober 2020 – Müde

Dass man müde ist, darf man angeblich nicht mehr twittern, jedenfalls wenn man gut Klavier spielen kann, aber im Blog ist es, glaube ich, noch erlaubt. Ich erspare mir die Nacherzählung und verlinke die Entschuldigung der SZ für einen Artikel, der auch mir eher sauer aufgestoßen ist, die unter anderem in der Welt, die ich nicht verlinke, als Einknicken vor dem Twitter-Mob gesehen wird, und jetzt bin ich erst recht müde.

Ich schlafe seit zwei Tagen eher mies, bin tagsüber beschäftigt, mache Sport, trinke keine fünf Espresso (habe jetzt ernsthaft den Plural erdudet), bin wirklich müde, wenn ich ins Bett gehe, lasse mir fast das Buch auf die Nase fallen, aber sobald das Licht aus ist, ist der Kopf wieder an und ich liege zwei Stunden rum, bis ich halt noch eine Stunde lese. Ich ahne, dass es DIE GESAMTSITUATION gepaart mit einigen persönlichen Baustellen ist und bin daher nicht so ganz beunruhigt, nur genervt, weil ich nicht schlafen kann, wenn ich doch schlafen möchte. Immerhin habe ich den Radetzkymarsch jetzt fast durch und finde ihn ganz großartig.

Gestern war wieder Cardio-Kickboxing im Interweb-Sportkurs angesagt und nach 30 Minuten hatte ich das Gefühl, gerade warm zu sein, aber nicht genug verschwitzt. Also klickte ich mutig auf einen 20-minütigen weiteren Cardiokurs, der nur mit dem eigenen Körpergewicht arbeitet und davon habe ich ja genug. Die Einheit bestand aus dreimal denselben Übungen; beim ersten Mal war ich eher mit Koordination als mit ernsthaftem Mitmachen beschäftigt, weil ich durch meine kleinen körperlichen Einschränkungen einiges nicht machen kann, hüpfen zum Beispiel. Dann überlege ich mir Alternativen, und das geht bis jetzt sehr gut. Beim zweiten Durchgang merkte ich den Unterschied zwischen meinem üblichen Anfängerkurs und dem für Nicht-Anfänger – ein deutlich höheres Tempo bei den Wechseln zwischen den Übungen, weniger Erklärungen, aber dafür mehr Anfeuerungen, die ich sehr gerne mag. Ja, billige Psychologie, aber als jemand, der in Sport immer miese Noten hatte (bis auf die Judo-Kurse in der Oberstufe), mag ich es sehr, wenn mir jemand zuruft, dass ich einen great job doe und es upkeepen soll. Beim dritten Durchgang war ich genau so verschwitzt wie ich es haben wollte, schnappte irgendwann nach Luft, trank danach viel Wasser und saß zehn Minuten lang nur selig ausgepowert rum, bevor ich mich aus den Sportklamotten schälte, um zu duschen. Ich ahnte einen fürchterlichen Muskelkater – und stellte heute morgen äußerst befriedigt fest, dass er nicht kam.

Vielleicht sollte ich mal die Übungen zum Einschlafen machen, die die NYT neulich empfahl.

Den Link haben mir mehrere Leser:innen geschickt und jetzt verblogge ich ihn endlich mal, danke für eure Mails: Fotograf Jörg Brüggemann hat zwischen 2014 und 2019 die deutsche Autobahn abgelichtet, und die Bilder sehen sehr anders aus als das, auf was ich in den letzten drei Jahren in Öl geschaut habe. Eine kleine Auswahl dieser Werke könnt ihr zum Beispiel auf GDK Research sehen, darunter auch ein paar Protzens (nicht alle, die er auf der GDK hatte).

Meine Diss hat mir den Spaß an Autobahnen deutlich verdorben, weil ich jetzt gut weiß, wie attraktiv sie mal waren, so ohne Lärmschutzwände, mit einem schönen Mittelstreifen, viel Aussicht auf die deutsche Landschaft und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 80 km/h (1937, wenn ich mich richtig erinnere, bin zu faul nachzugucken). Das hätten wir alles schön behalten können, aber nein, wir wollten ja dringend 250 km/h fahren. Meh.

Bagels, das dritte Rezept

(Hallo, Googler*innen, nehmt lieber dieses Rezept!)

Als ich mit Kochen und Backen begann, war dieses Rezept mein erster Bagel-Versuch. Das waren mit Abstand die hübschesten Kringel, die ich je produzieren konnte, aber so richtig zäh waren sie nicht und sehr oft geklappt hat das Rezept auch nicht. Dann versuchte ich mich an diesem, das war gelingsicherer, aber immer noch nicht perfekt. Auch das Rezept der Kaltmamsell, die dem Guardian nachgekocht hat, ist noch nicht gaaaanz so, wie ich es haben möchte, aber schon sehr nah dran. Könnte daran gelegen haben, dass ich nicht mit Backmalz, sondern mit Rübensirup und außerdem mit 550er-Mehl gearbeitet habe. Wir backen weiter!

Für sechs Bagels, drüben steht das Rezept für zwölf.

1 TL Gerstenmalz* und
5 g frische Hefe in
190 ml lauwarmem Wasser auflösen. Abgedeckt ruhen lassen, bis sich Schaum auf der Flüssigkeit gebildet hat, das dauerte bei mir ungefähr eine Stunde.

* Gerstenmalz kann durch Rübensirup oder Honig ersetzt werden. Bei mir funktionierte Honig etwas besser als der Sirup, der Schaum bildete sich früher, und die Bagels gingen einen Hauch besser auf.

1 TL Gerstenmalz (oder Ersatz) dazugeben. Mit
375 g glutenstarkem Weizenmehl (z. B. tipo 00, bei mir 550er) sowie
7 g Salz verkneten, bis der Teig fest und homogen ist. Schüssel abdecken und ca. 2 Stunden gehen lassen, bis sich das Teigvolumen verdoppelt hat.

Nach der Ruhezeit den Teig noch einmal kurz durchkneten und in sechs Teile teilen. Diese zu ca. 20 cm langen Würsten rollen, einen Kringel formen und die Enden zusammenkneifen. Alles auf ein Brett (oder gleich das mit Backpapier ausgelegte Backblech) legen, mit Frischhaltefolie oder einem Tuch abdecken und für 18 bis 22 Stunden im Kühlschrank vor sich hingehen lassen. Nach zwei Backversuchen würde ich zu mindestens 20 Stunden raten.

Am nächsten Tag eine halbe Stunde vor dem Weiterverarbeiten aus dem Kühlschrank holen. Einen großen Topf mit Wasser zum Kochen bringen und jeden Bagel von jeder Seite für 15 Sekunden kochen (ich habe das einzeln in einem kleineren Topf erledigt). Wer mag, taucht die Dinger noch feucht in Sesam, Mohn oder was auch immer.

Im auf 240° (Ober- und Unterhitze) vorgeheizten Ofen in 12 bis 14 Minuten goldbraun backen. Bei mir reichten 12 Minuten genau, bei 14 waren sie mir zu fest.

Laut der Kaltmamsell sorgt Einfrieren für einen noch authentischeren Geschmack, ich habe die sechs Bagels auf zwei Tage verteilt verspeist, und sie schmeckten am zweiten noch genauso gut wie am ersten.

Tagebuch Freitag bis Sonntag, 16. bis 18. Oktober 2020 – Mit Kochen ablenken

Ich bin etwas mundfaul und poste daher lieber auf Twitter oder Instagram Futterfotos, als hier ewig zu schreiben. Kochen und backen lenkt ab, mein tägliches Rumhüpfen vor dem Internet-Sportkurs auch. Dort auch weiterhin spannend zu beobachten: Bei jeder unbekannten Übungseinheit habe ich einen Tag später spannenden Muskelkater weil an bisher anscheinend eher weniger genutzten Körperteilen.

Momentan bin ich ganz im Griff der steigenden Infektionszahlen und verabschiede mich innerlich von drei bis vier Terminen, die eigentlich bis Ende des Jahres noch verantwortungsvoll geplant waren und Inseln der Glückseligkeit sein sollten, wenn schon sonst zu vieles anstrengt. Weihnachten bei den Eltern steht (noch) nicht zur Diskussion, da freunde ich mich gerade sehr nölig mit der Möglichkeit eines Mietwagens und acht Stunden Fahrt über langweilige Autobahnen an anstatt bequem in zwei Züge zu steigen. (Bei meinen Eltern trage ich den ganzen Tag lang Maske. Ja, das geht.)

Bis gestern hielt ich mich an einer Studie des RKI fest, die zwar vom September ist und Zahlen bis August erfasste, aber trotzdem eine für mich erkennbare Tendenz zeigt: dass Übertragungen in der großen Mehrzahl der Fälle im familiären Umfeld oder bei der Arbeit stattfinden und Restaurants – zwei der Glücksinseln mit Sternen – eher selten Infektionsherde sind. Wobei ich natürlich prima ignoriere, dass für andere Menschen das Restaurant der Arbeitsplatz ist. Auch öffentliche Verkehrsmittel sind angeblich eher selten.

Dann las ich aber eben in der Montags-FAZ (€), dass die Gesundheitsämter seit Beginn der Pandemie nur durchschnittlich ein Drittel der Fälle konkret nachverfolgen konnten und bei der jetzigen, wieder sprunghaften Situation deutlich weniger. Das heißt: Keiner weiß so ganz genau, wo die Ausbrüche nun stattfinden. Auch die vermeintlich sichereren Öffis könnten nicht komplett überwacht bzw. ausgewertet werden: Haben zum Beispiel zwei infizierte Menschen die Corona-App installiert, werden diese zwar gewarnt, aber die Umsitzenden ohne App natürlich nicht, die sich dann aber auf den 20 Minuten zur Arbeit möglicherweise anstecken und so weiter und so fort.

Was für mich jetzt gerade heißt: In der eigenen Wohnung einigeln wie im April scheint die einzige Möglichkeit zu sein, weiterhin gesund zu bleiben.

Und was mich gerade fast genauso wahnsinnig macht: dass Artikel wie der obige hinter einer verfickten Bezahlschranke sind. Auch die SZ versteckt ihre Artikel gerne dahinter, während US-Medien wie die NYT oder die Washington Post alle Artikel zum Thema Corona frei zugänglich halten. Auch im Sinne der Aluhüte wäre es vielleicht überlegenswert, diese Taktik auch hierzulange zu fahren. Von mir aus dürft ihr aber gerne die Promi-News und die neueste Rotwein-Schokoladen-Diät hinter die Bezahlschranken verweisen, die sind momentan möglicherweise nicht ganz so wichtig.

„Aber das Alter nahte mit grausamen und lautlosen Schritten und manchmal in tückischen Verkleidungen. Sie zählte die Tage, die an ihr vorbeirannen, und jeden Morgen die feinen Runzeln, zarthaarige Netze, in der Nacht um die ahnungslos schlafenden Augen vom Alter gesponnen. Ihr Herz aber war ein sechzehnjähriges Mädchenherz. Mit ständiger Jugend gesegnet, wohnte es mitten im alternden Körper, ein schönes Geheimnis in einem verfallenden Schloß. Jeder junge Mann, den Frau von Taußig in ihre Arme nahm, war der langersehnte Gast. Er blieb leider nur im Vorzimmer stehen. Sie lebte ja gar nicht; sie wartete ja nur! Einen nach dem andern sah sie davongehn, mit bekümmerten, ungesättigten und verbitterten Augen. Allmählich gewöhnte sie sich daran, Männer kommen und gehen zu sehen, das Geschlecht der kindischen Riesen, die täppischen Mammutinsekten glichen, flüchtig und dennoch von schwerem Gewicht; eine Armee von plumpen Toren, die mit bleiernen Fittichen zu flattern versuchten; Krieger, die zu erobern glaubten, wenn man sie verachtete, zu besitzen, während man sie verlachte, zu genießen, wenn sie kaum gekostet hatten; eine barbarische Horde, auf die man trotzdem wartete, solange man lebte. Vielleicht, vielleicht stand einmal ein einziger aus ihrer verworrenen und finsteren Mitte auf, leicht und schimmernd, ein Prinz mit gesegneten Händen. Er kam nicht! Man wartete, er kam nicht! Man wurde alt, er kam nicht! Frau von Taußig stellte dem nahenden Alter junge Männer entgegen wie Dämme. Aus Angst vor ihrem erkennenden Blick ging sie mit geschlossenen Augen in jedes ihrer sogenannten Abenteuer. Und sie verzauberte mit ihren Wünschen die törichten Männer für den eigenen Gebrauch. Leider merkten sie nichts davon. Und sie verwandelten sich nicht im geringsten.“

Joseph Roth: Radetzkymarsch, München 1981 (Erstauflage 1932), S. 181.

Schokoladen-Babka

Ich musste sehr lachen, als ich gestern meine Babka-Fotos instagrammen wollte, denn der erste Eintrag in meinem Feed war von MissCaro, die genau dasselbe eine Stunde vorher erledigt hatte. Unser beider Inspiration war die letzte Folge von The Great British Bake-Off gewesen, wo die Kandidat:innen allerdings nur lausig wenig Zeit zur Verfügung hatten, wie dieser Blogartikel kritisch anmerkt. Mein Rezept stammt aus dem alten Ottolenghi-Buch Jerusalem, und wenn ihr heute noch mit dem Teig anfangt, könnt ihr morgen zum Brunch die Babka essen.

Das Rezept im Buch ist für zwei Babkas, ich habe nur eine zubereitet, aber ich ahne, warum man gleich zwei machen sollte: ist irre schnell weg. Hier kommen die Zutaten für eine Kastenform.

265 g Mehl, Type 405, mit
50 g Zucker,
1 TL Trockenhefe sowie der
abgeriebenen Schale von 1/2 Zitrone in einer Schüssel mischen.
1 Ei,
1 Eigelb,
1 dicke Prise Salz und
60 ml Wasser bei niedriger Geschwindigkeit unterrühren. Nach und nach
75 g zimmerwarme Butter in Stücken dazugeben, bei mittlerer Geschwindigkeit rühren, bis der Teig glatt und elastisch ist. Wenn ihr zwei Babkas backt, drei Eier verrühren und die Masse halbieren.

Eine Schüssel leicht ölen, den Teig hineingeben, mit Frischhaltefolie abdecken und für mindestens 12 Stunden, am besten über Nacht, im Kühlschrank gehen lassen.

Als ich den Teig gestern mittag aus dem Kühlschrank nahm, dachte ich, ich hätte etwas falsch gemacht: Er war nicht so aufgegangen, wie ich es erwartet hatte und fühlte sich auch eher nach festem Mürbeteig als nach flauschigem Hefeteig an. Das legte sich aber beim weiteren Bearbeiten, also keine Sorge.

Eine Kastenform mit 1 kg Fassungsvermögen leicht ölen und mit Backpapier auslegen, dabei das Papier an den langen Seiten überstehen lassen, so dass ihr die Babka später aus der Form bekommt.

65 g Zartbitterschokolade schmelzen.
60 g Butter schmelzen.
25 g Puderzucker mit
15 g ungesüßtem Kakaopulver mischen und mit Butter und Schokolade zu einer streichfähigen Paste mischen.

Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche auf ca. 30 x 40 cm ausrollen. Die Paste aufstreichen, dabei einen ca. zwei Zentimeter breiten Rand lassen.

50 g gehackte Pecannüsse (Wal- oder Haselnüsse gehen vermutlich auch) auf die Schokoschicht streuen und noch
1 EL Zucker darübergeben. Ich habe nicht verstanden, wozu das nötig ist, kann man vermutlich weglassen, aber der eine Löffel macht die Babka auch nicht mehr fett.

Den Teig nun zu einer langen Rolle aufrollen, die Naht sollte unten liegen. Diese Rolle nun längs (!) halbieren. (Wer clever ist, legt die Rolle vor dem Halbieren schon auf das vorbereitete Backpapier, das in die Kastenform kommt. Ich war nicht clever.) Die zwei Stränge am oberen Ende miteinander verbinden, dann die beiden Stränge übereinanderflechten. Also rechten Strang über den linken legen, dann den linken über den rechten etc. Dabei nicht groß quetschen, es geht nur darum, dass beide Stränge hübsch aussehen und dass dabei die Schnittseite immer oben bleibt. Dann alles in die Form heben. Das ging bei mir, indem ich mein großes Hackmesser als Transportmittel genutzt habe. Beim Rollen und Schneiden fühlte sich mein Teig auch wieder brav wie Hefeteig an.

Die Form nun mit einem angefeuchteten Küchentuch abdecken und nochmal für eine bis anderthalb Stunden an einem warmen Ort gehen lassen.

Den Backofen auf 190 Grad Ober- und Unterhitze vorheizen. Die Form mit Alufolie locker bedecken und die Babka für etwa 30 Minuten backen. Sagt jedenfalls das Buch, bei mir waren es 45 und die Mitte war immer noch klietschig. Also: Stäbchenprobe.

Während die Babka backt, einen Sirup herstellen. Dazu
130 Zucker in
80 ml Wasser geben und aufkochen. Sobald sich der Zucker vollständig aufgelöst hat, vom Herd nehmen und abkühlen lassen.

Sobald die Babka aus dem Ofen kommt, den Sirup über den Kuchen streichen und dabei vollständig aufbrauchen. Die Babka lauwarm abkühlen lassen und erst dann aus der Form nehmen.

Ich fand den Kuchen erstaunlich unsüß, obwohl soviel Zucker drin ist, aber die dunkle Schokolade und der dunkle Kakao steuern sehr gut dagegen. Durch den Sirup kriegt die Babka einen schönen Glanz und ein bisschen nasse Füße, das ist beim Essen sehr lustig. Tolles Zeug. Die Wartezeiten lohnen sich wirklich.

Tagebuch Donnerstag, 15. Oktober 2020 – Vorbereitungen

Gearbeitet, unter anderem den Vortrag fürs Doktorandenkolloquium erstmals Probe gehalten: 22 statt der geplanten 15 Minuten sind schon sehr gut. Ein bisschen gekürzt, ein bisschen rumgeschoben, vermutlich werde ich eh wieder zu schnell reden, und damit passt das dann.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit Vorbereitungen: Herr F. hatte sich gewünscht, mal wieder seinen Burger zu essen. Also buk ich Burger Buns, weil ich nur noch drei tiefgefrorene hatte, und so wie ich uns kenne, möchte jeder zwei essen und nicht nur einen. Ich setzte Balsamicozwiebeln an und bastelte Whiskey Bacon Jam – mit Honig statt mit Ahornsirup, der war überraschend alle. Die in Gin eingelegte Gurken hatte ich schon am Wochenende angesetzt. Heute besorge ich noch Fleisch und dann tafeln wir heute abend ganz hervorragend.

Als Ausgleich aß ich gestern, wie auch schon vorgestern, Nudeln mit vegetarischer Hackfleischsauce vom Supermarkt zum Mittag, das lag schon länger im Kühlschrank und musste wirklich mal weg. Hatte ich irgendwann geistig umnachtet als Hackfleischersatz gekauft und erst zuhause gemerkt, dass es mit Tomatensauce kommt. Bisschen viel Oregano, aber sonst ziemlich gut. (Finde gerade keinen Link, liegt bei Edeka in der Kühltruhe.)

Germany’s Better. No, Worse. Wait, What?

Ich lese gerne Außenansichten zu meinem Land, daher:

„It’s a dichotomy I’ve observed throughout my life as a dual citizen of the U.S. and Germany, having lived in both places as well as the U.K. and Asia. From the outside, Germany often looks enigmatically strong, orderly or even enlightened. From the inside, it can appear hopelessly behind, calcified and often benighted — and probably on the verge of terminal decline. […]

One harrowing initiation rite for expats is their first contact with the Orwellian-named Ordnungsamt (Department of Order), informing them of various violations — from their parking and waste separation to their children’s noise during regulated hours.

At the same time, German enforcers somehow keep missing the biggest scandals. One example was the systematic cheating by German carmakers on diesel emissions (first prosecuted in 2015 in the U.S. rather than Germany). Another was the recent disappearance of billions from the balance sheet of the country’s leading fintech company (first investigated by Britain’s Financial Times). […]

But this striving for consensus also has its dark sides: conformism and resistance to change. In the plus column, the resulting German mentality produces fertile biotopes of medium-sized and family-owned firms, the so-called Mittelstand, that manufacture some obscure widget, generation after generation and with world-beating reliability. In the minus column, the same attitudes explain Germany’s aversion to risk, iconoclasm and blue-sky innovation.“

Rez. Hannah Jonas: Fußball in England und Deutschland von 1961 bis 2000

Aus dem Newsletter der Sehepunkte pickte ich mir unter anderem diese Rezension raus:

„Selbstredend geht es der Autorin nicht einmal am Rand um Tore, Tabellen und Trophäen, die in unendlich vielen, reich bebilderten Fanbüchern bereits zu Genüge dokumentiert wurden. Vielmehr ist für sie die Geschichte des Fußballs ein ideales Spielfeld, auf dem sich sozio-ökonomische Wandlungsprozesse nach dem “Ende des Booms” zeigen lassen, nachdem 1950er Jahre und 1960er Jahre von einem bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwung gekennzeichnet waren. Jonas geht dabei von der begründeten Annahme aus, dass der Fußballsport als Konsumprodukt und Medienereignis gesamtgesellschaftliche Entwicklungen besonders gut veranschaulichen kann. Bei diesem Ansatz ist es nur plausibel, dass für die Zeit bis 1990 der Fußballsport in der DDR, der den marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten des Westens weitgehend entzogen war, nicht beleuchtet wird. In diesem Rahmen lautet die These der Autorin, dass der Fußballsport “vom Verlierer der Wohlstandsgesellschaft zum Motor einer kommerzialisierten und globalisierten Unterhaltungskultur” geworden sei.“

The last thing America needs right now is more ‘West Wing’

Ich gucke es natürlich trotzdem.

„The result, now available on HBO Max, is everything a die-hard fan could want: proof that President Josiah “Jed” Bartlet (Martin Sheen), a Nobel-winning economist who served two terms in an alternate-reality America many years ago, is still somehow with us, along with his loyal aides. They live in an enviable world in which the people have elected one of the smartest men in the country to lead it, instead of one of the dumbest. In that world, every word uttered is emphatic and sharp and true.

So many words, words upon words, the effluence of the dialogue being the show’s draw, as well as one of its drawbacks. What sounded so glidingly lyrical back then verges on the ridiculous and grating now, unless, of course, you have too much invested in “The West Wing’s” idealized Washington, where centric principles almost always triumph over politics. That’s a pipe dream that most viewers put away long ago. Other fans cling to it, watching “West Wing” episodes in endless Netflix loops, not merely as a diverting means of escape from the hideousness of 2020, but as a privileged form of zoning out — a detached state of denial at the very worst time to be detaching. […]

It’s strange how the thing we might most desire (to live once more in the reassuring grip of “The West Wing’s” make-believe) is also the last thing America needs right now. Bartlet, if he existed, would probably agree and record his own PSA: He would ask us to let go, get real and move on. (And vote.)“

How to (not) watch the Trump town hall on NBC

Ich lachte. Ist ja auch was IN DIESER SITUATION.

„Here’s how best to watch President Trump’s town hall Thursday night on NBC and its affiliates:

– Consult your local listings to find what channel NBC and its affiliates are in your area!
– Tune your TV to that channel.
– Unplug the TV.
– Throw it out the window.
– Watch the screen shatter on the asphalt or other pavement below.
– Oh no! Those screens contain toxic materials, and you can’t just throw away TVs. Check your municipality’s recycling guidelines so you can dispose of that TV safely.
– Wow, there are very many rules about how to handle a broken TV, and this is going to be more involved than I initially assumed!“