“Racism is a state of mind”
Ricky Gervais interviewt Chris Martin. Und der Rest von Gervais’ Website ist genauso schön. (Endlich mal bookmarken, doo.)
(via franziskript)
Ricky Gervais interviewt Chris Martin. Und der Rest von Gervais’ Website ist genauso schön. (Endlich mal bookmarken, doo.)
(via franziskript)
Abgekackt. 3 von 13 im Woody-Allen-Quiz vom Guardian. Shadows and Fog.
Schön, dass ihr euch so einen Kopf um mein Wohlergehen macht und deshalb per Mail nachfragt, wie’s mir geht und warum die Kommentare abgeschaltet sind. Weil ich zu faul zum vielen Mailen bin, kommt die Antwort per Weblog.
Zu 1: Mir geht’s hervorragend.
Zu 2: Die Kommentare sind abgeschaltet, damit’s mir hervorragend geht.
Ich überlege seit ungefähr einem halben Jahr, die Kommentare zu deaktivieren. Die „Darf man doofe Kommentare löschen und kommt man dafür nicht in die Hölle“-Diskussion war der Anfang. Auf weiß-der-Geier-wievielen Weblogs zu erläutern, dass das hier immer noch meine Seite ist und dass damit automatisch meine ganz persönliche Schmerzgrenze der Maßstab aller Dinge ist, war genauso nervig wie nutzlos. Ich bin im Folgenden ziemlich paranoid geworden, was die Kommentare angeht. Ich habe mein Vertrauen in mich selbst erschüttert gesehen, abzuschätzen, was richtig und was falsch ist; wann ist es purer Selbstschutz, Spackenkommentare zu löschen und wann ist es doofe Eitelkeit. Und noch einen weiteren Effekt hat diese Diskussion gehabt: Ich habe mehr und mehr den Spaß am Schreiben verloren. Bei jedem Eintrag habe ich mir im Vorfeld überlegt, wer jetzt was in den falschen Hals kriegen könnte. Und bei jedem Eintrag bin ich davon überrascht gewesen, wie wenig ich die Reaktionen des Publikums vorhersehen kann. Viele Kommentare, die ich nicht vorausgeahnt habe und die mich falsch erwischten, haben genervt oder sogar verletzt. Anfang Dezember war ich fast soweit, das Bloggen ganz zu lassen, weil ich einfach keine Lust mehr auf diesen bescheuerten vorauseilenden Gehorsam hatte. Den habe ich schon tagsüber in der Agentur, wo ich bei jedem Satz den CD, den Berater, den Kunden und die Rechtsabteilung des Kunden im Hinterkopf habe. In meinem Weblog will ich weiterhin aus dem Bauch heraus schreiben dürfen, ohne dafür verbal in die Fresse zu kriegen.
Die „guten“, alten Argumente „Wer öffentlich schreibt, muss auch öffentlich mit Gegenwehr rechnen“ fruchten bei mir nicht mehr. Wer öffentlich schreibt, fordert sicherlich zu Kritik heraus. Aber auch die kann in einem halbwegs vernünftigen Umgangston verfasst werden. Je länger ich dieses Weblog führe, desto mehr habe ich das Gefühl, dass Brüllen inzwischen mehr Spaß macht als Diskutieren und dass es immer mehr in Mode kommt, den Kopf vor dem Kommentieren auszumachen. Und darauf habe ich einfach keine Lust mehr.
Ich habe so lange mit mir gerungen, die Kommentare abzuschalten, weil sie neben der täglichen Nerverei gleichzeitig eine tägliche Freude waren. Zu lesen, dass es Leuten gefällt, was ich schreibe, ist nur ein Aspekt (wenn auch ein ziemlich schöner). Noch spannender sind (oder waren) allerdings die Kommentare, die ergänzt haben, was im Artikel angesprochen wurde (wie hier bei Wallace & Gromit). Oder die Kommentare von Autoren, die mir bisher unbekannt waren. Ich habe viele schöne Weblogs direkt aus dem Kommentarfeld auf meine Blogroll gesetzt, und ich muss gestehen, dass mir das sehr, sehr fehlt. Genau wie mir das Gefühl fehlt, Publikum zu haben. Es fühlt sich trotz der Mails eben an, als ob man in den leeren Raum hineinschreibt. Das Gefühl ist seltsam – aber gleichzeitig sehr befreiend.
Die neue Tagline „Blog like nobody’s watching“ ist durchaus ernst gemeint (der zweite Teil der Line nicht, aber mir ist schon bei mehreren Gesprächen aufgefallen, dass keiner den Witz versteht. Mist). Es ist genau das eingetreten, was ich mir erhofft hatte: Die Lust zu schreiben ist wieder da, weil ich nicht mehr über Konsequenzen nachdenken muss. Daher geht es mir seit dem Abschalten der Kommentarfunktion wieder besser, mein Weblog gefällt mir besser, und überhaupt ist die Welt viel sonniger als noch Anfang Dezember. Ich hoffe mal naiv, dass das so bleibt. Vielleicht denke ich in drei Wochen anders, vielleicht auch nicht. Aber was immer ich denke, steht einen Tag später hier. Ihr kriegt das schon mit.
Danke an zoomo für einen wunderbaren Tipp: Little Britain auf BBC Prime (im Angebot von Kabel Deutschland drinnerin). Letzten Freitag gab’s die erste Folge,und morgen wird sie wiederholt, daher geb ich den Tipp mal schnell weiter. Alles Wissenswerte steht bei zoomo oder direkt auf der offiziellen Seite.
Hey! Ich mag Rapshonig!
(When I grow up I want to sound like Malorama)
Thema: Re: BACK!!!!!
Datum: 30.11.99 01:46:11 (MEZ)
Von: Shay D KD
An: GroenerAAnke!
I loved hearing from you! I am so proud of you! You should be my inspiration to go in pursuit of my dream. One problem, I am not sure what that is. The wedding sounded very nice, do you have a tape of you singing? I can’t wait to crowd into your little apartment when I visit. I liked Hamburg a lot, but didn’t see much of it. The Venice of the North! I would like to see several concerts there and bootleg them and then have TA offer them online for sale. That way I could recoup my travel costs. He made over $1300 off his Elvis bootleg! I wanted to call over the Thanksgiving holiday, but didn’t know how to contact you. Expect a call this weekend. I am glad you had help moving, if I could have I would have. Are your parents happy or sad? Tell them I said Hi!
Love,
Karl
Karl Dewaine Glass, 10.01.1962 – 02.12.1999
Happy birthday, love. You still owe me that call.
„Hast du gut geschlafen?“
„Die Qualität war in Ordnung, die Quantität ließ zu wünschen übrig.“
Ich hab den seltsamsten Mann des Planeten abgekriegt.
(Lucky me.)
Sommer vorm Balkon (D 2005, 105 min)
Darsteller: Inka Friedrich, Nadja Uhl, Andreas Schmidt, Stephanie Schönfeld, Vincent Redetzki, Christel Peters, Kurt Radeke
Musik: Pascal Comelade
Kamera: Andreas Höfer
Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase
Regie: Andreas Dresen
Es gibt Filme, bei denen ich mich schon im Kino darauf freue, sie danach in der Kritik in der Luft zu zerreißen. Es gibt Filme, die mich völlig unberührt zurücklassen und bei denen ich in der Kritik mühsam Punkte suche, an denen ich meine Meinung entlanghangeln kann. Und es gibt Filme, die so wunderschön sind, so hervorragende Darsteller haben und eine so schlichte und gleichzeitig großartige Geschichte erzählen, dass ich eigentlich gar keine Kritik dazu schreiben möchte, weil alle Worte dieser Welt dieser Art Filme nicht gerecht werden können. Ich versuche es trotzdem: Hier ist meine Kritik zu Sommer vorm Balkon, einem der besten Filme, die ich in letzter Zeit gesehen habe.
Die Geschichte klingt fast belanglos: Katrin ist eine arbeitslose Schauwerbegestalterin, die manchmal dem Alkohol zu sehr zuspricht – um ihre Erwerbslosigkeit zu verdrängen, um bei der Männersuche lockerer zu werden, um die Geldsorgen zu vergessen, wegen denen sie ihrem Sohn nicht die gewünschten Turnschuhe schenken kann oder schlicht, weil die Cola alle ist. Ihre beste Freundin Nike ist eine Altenpflegerin, die ihren Job nicht aus Nächstenliebe macht, sondern weil sie die Miete zahlen muss, dabei aber trotzdem die ihr anvertrauten Alten mit so viel Empathie umsorgt, dass man es ihr einfach nicht abkauft, dass sie bei der Pflege wirklich nur ans Geld denkt. Beide Frauen sind auf der Suche nach dem Traummann, wenn es schon mit dem Traumjob nicht geklappt hat. Eines Tages begegnen sie dem Kraftfahrer Ronald – bzw. er begegnet ihnen, als Katrin ihm vors Auto läuft und Nike ihn später ihn der Kneipe schüchtern, aber bestimmt anflirtet. Ronald lässt sich ganz selbstverständlich in Nikes Leben nieder, und dadurch ändert sich die Freundschaft der beiden Frauen.
Habe ich eben „belanglos“ gesagt? Vielleicht das falsche Wort. Vielleicht eher: Die Geschichte klingt, als ob sie einem ein Freund abends beim Bier erzählt: „Du, die Katrin, der geht’s grad nicht so gut. Und Nike hat sich so nen komischen Kerl angelacht, du glaubst es nicht …“ Als ob man neben den beiden steht und ihnen beim Leben zuguckt. Und das Schöne an diesem Film, der sich eben nicht anfühlt wie ein Film, ist, dass er das wahre Leben abbildet, ohne Zuckerguss, aber auch ohne fiese Filmdramatik mit Geigensoundtrack und Heulspur. Das ist mir besonders in einer Szene aufgefallen, in der Katrin (Inka Friedrich) nach einer sehr durchzechten Nacht im Krankenhaus aufwacht. Eine Ärztin bietet ihr an, ein paar Tage dazubleiben, um vielleicht mit einem Psychologen zu reden, worauf Katrin zusammenbricht und eher wütend als verzweifelt ausruft, dass sie sich ja auch umbringen könne, der Sohn sei alt genug, der käme auch alleine klar, und was würde das schon ausmachen, wenn sie sich umbrächte. Solche Sätze können ganz leicht fürchterlich pathetisch werden und überzogen, aber das waren sie hier nicht. Genau wie wirklich alle anderen Dialoge im Film waren die Sätze echt und unmittelbar und richtig und gut. Inka Friedrich erzwingt mit ihrem Spiel nie falsches Mitleid, nie dieses klebrige Filmgefühl, ach Gott, die Arme, hoffentlich hat ihr das Drehbuch ein Happy End geschrieben. Stattdessen nötigt sie uns Respekt für ihre Figur ab, die sicherlich manchmal Dinge tut, die wir aus der sicheren Distanz des Kinosessels nicht gutheißen können, die wir aber alle schonmal selbst gemacht haben: Wir haben uns dämlich zu Freunden verhalten, haben unsere Grenzen nicht erkannt, haben uns schlicht zum Affen gemacht. Und wir hatten kein Drehbuch, auf das wir uns verlassen konnten. Katrin scheint das auch nicht zu haben, sie lebt einfach weiter, macht einfach weiter, versucht, alles in Ordnung zu kriegen, soweit ihr das möglich ist. Und ich habe ihr dabei sehr, sehr gerne zugesehen.
Nadja Uhl als Nike steht Friedrich in ihrer Authenzität um nichts nach. Nike ist stets eine Spur zu grell und einen Hauch zu eng gekleidet, lässt gerne ihren String unter der Jeans vorblitzen – aber sie wirkt nie billig oder aufgetakelt, sondern einfach wie jemand, der sich in genau diesen Klamotten wohlfühlt. Ihr Aufzug ist keine Anmache, sondern schlicht ihre Art, sich zu kleiden, als ob es eben keine andere Art gibt, sich zu kleiden. Ihre Wohnung ist ein kleines Idyll an Spießigkeit, das aber den Traum von etwas Besserem ausstrahlt: Der Fächer über dem Bett soll Weltläufigkeit zeigen, die kunstvoll gefalteten Papierservietten auf dem billigen Frühstücksgeschirr sollen Stil herbeizaubern, wo keiner ist. Und dass sie Ronalds Unverschämtheiten so lange aushält, zeigt ihren festen Glauben daran, dass sie ihn vielleicht irgendwann so hat, wie sie ihn gerne hätte. Das wäre doch gelacht. Alles andere kriegt sie ja auch hin. Nadja Uhl berlinert sich durch ihre Zeilen, bezaubert durch ihren seltsam prolligen Charme und ist dabei so stark in ihrer Darstellung, dass Nike nie albern wirkt; wir müssen nie über sie schmunzeln oder über ihr Bemühen, aus ihrem kleinen Leben etwas Großes zu machen. Sie macht Nike nie lächerlich, sondern im Gegenteil, sie zeigt sie als eine willensstarke Frau, die selbst in ihren schwachen Momenten genug Mut hat, diese Schwächen anzunehmen.
Sommer vorm Balkon hat ein Tempo, das seinem Titel angepasst ist: Es ist Sommer, man bewegt sich langsamer, man bleibt länger wach, man genießt die Wärme um sich herum – man aalt sich fast in der Geschichte statt in der Sonne. Er entzückt durch viele kleine Detailgenauigkeiten, die die Figuren noch schärfer definieren. So cremt Nike einen alten Mann ein und nutzt die überschüssige Creme auf ihren Händen flink, effizient und in einer schon tausendmal dagewesenen Bewegung für ihre Arme. Und Katrin lernt auf einem Seminar, dass sie im Bewerbungsgespräch nie den Kaffee annehmen sollte, weil sie so nervös sei – und im nächsten Gespräch macht sie genau das Gegenteil. Alle anderen Tipps beherzigt sie unbeholfen, aber einen guten Kaffee lehnt man eben nicht ab.
Der Film hat eine sehr genaue Beobachtungsgabe für sein Milieu und seine Story und wirkt dadurch eben wie die oben angesprochene Geschichte, die man abends beim Bier erzählt bekommt. Er klingt, wie ein guter Film mit guten Sätzen klingen muss; mir ist kein einziger Dialog aufgefallen, über den ich gestolpert wäre. Viele Sätze waren mehr als nur Futter für die Ohren; Dinge, die man nicht zeigen kann, muss man eben erzählen. Aber hier steckte in vielen Sätzen eine zweite Ebene, teilweise eine ganze Welt. Wenn Katrin Nike nach einem Streit als erstes erzählt, dass ihr Sohn Liebeskummer habe und Nike dazu lächelnd „Ach, schön“ sagt, dann heißt das so viel, dann steckt da so viel Anteilnahme an einem anderen Leben drin, so viel Erleichterung darüber, dass man wieder dazugehört – in zwei kleinen Worten.
Sommer vorm Balkon ist einer dieser Filme, die sich vollkommen anfühlen. So vollkommen, dass ich mich seit zwei Tagen davor drücke, eine Kritik zu schreiben, weil ich dieses zutiefst befriedigte Gefühl nicht zerreden wollte, mit dem ich aus dem Kino kam. Aber jetzt bin ich doch froh, darüber geschrieben zu haben, weil ich mich nochmal an die vielen Dinge erinnern durfte, über die ich mich schon im Kino gefreut habe. Ganz große Empfehlung.
Mal eben zum Bahnhof Altona gefahren, um den Wochenend-Guardian zu besorgen, dann ins Mercado geschlendert, vielleicht ein bisschen Parmaschinken mitnehmen, schließlich Feldsalat gekauft, Frühlingszwiebeln, Basilikum, Blutwurst, an die ich mich jetzt endlich rantraue, um sie zu rösten (damn you, Tim Mälzer) und auf den Salat zu geben, frisches Brot, ach ja, und den Parmaschinken und sogar die People hab ich gekriegt, zwar kein Us Weekly, aber immerhin People, und eben der Guardian, und der Bus für die Rückfahrt war angenehm leer und das Basilikum duftete und im Briefkasten lag die neue Chrismon und vor der Tür die SZ und jetzt kann das letzte Urlaubswochenende anfangen.
Mein liebstes Jahresanfangs-Ritual, auf das ich mich schon im Dezember freue: den Briefumschlag mit den Kinokarten aus dem letzten Jahr in die grüne Schale von meiner Oma leeren, in der bereits die Kinokarten aus den letzten Jahren liegen. Und dann die erste Kinokarte des neuen Jahres in den nun leeren Umschlag werfen.
Ich freu mich jetzt schon auf den Dezember 2006, wenn ich mich auf den Januar 2007 freuen kann.
Die LA Times berichtet, dass dieses Jahr Jon Stewart die Oscars moderieren wird. Gute Wahl.
(Und wer richtig Langeweile hat, kann sich den Endlos-Kommentarthread unter der Meldung durchlesen, in denen Liberale und Konservative darüber streiten, wie linksradikal Hollywood geworden ist und ob Juden überhaupt auf eine Bühne dürfen. Yawn.)
Variety berichtet von Überlegungen von Fox, Futurama wieder ins Programm zu nehmen. Also neue Folgen, nicht die alten, die jeder schon auf DVD hat. Ich würd mich freuen.
Im Variety-Artikel bin ich übrigens auf ein nettes Feature gestoßen: ein Slanguage-Lexikon. Seltsame Begriffe aus der Welt des Film-Business (oder: doofe Phrasen, damit das Gequatsche wichtiger klingt) können online nachgeschlagen werden.
(via Popwatch)
Jarhead (USA 2005, 123 min)
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Peter Sarsgaard, Jamie Foxx, Lucas Black, Brian Geraghty, Jacob Vargas, Laz Alonso, Chris Cooper, Dennis Haysbert
Musik: Thomas Newman
Kamera: Roger Deakins
Drehbuch: William Broyles Jr, nach dem Roman von Anthony Swofford
Regie: Sam Mendes
(Achtung, ein paar winzige Spoilerchen konnte ich nicht unterdrücken)
Ziemlich zum Ende von Jarhead hören wir Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal als Marine Tony aus dem Off: “Every war is different. Every war is the same.” Ein schönes Fazit. Dumm nur, dass man dieses Fazit auch auf den Film anwenden kann: All war movies are different. All war movies are the same.
Jarhead beruht auf der Autobiografie von Anthony Swofford, der im ersten Golfkrieg im Irak kämpfte. Beziehungsweise gerne gekämpft hätte, denn bis kurz vor Kriegsende haben er und seine Kameraden nichts anderes gemacht als Ölfelder zu bewachen und versucht, vor Langeweile nicht die eigenen Kameraden zu erschießen. Von dieser Langeweile erzählt der Film – und das meist in Bildern und Sätzen, die einem verdammt bekannt vorkommen. Jarhead macht aus dieser Not manchmal sogar eine Tugend, indem er die Marines auf dem Stützpunkt Apocalypse Now anschauen lässt oder ein Video von The Deer Hunter in die Handlung einbaut. Wobei sich das Video als eine gehässige Botschaft einer Ehefrau eines Marines entpuppt, die inzwischen lieber mit dem Nachbarn schläft. Aber wenn am Anfang Tony in der „Ausbildung“ von seinem Sargeant gedemütigt und angeschrieen wird, muss man sofort an Full Metal Jacket denken, der diese Abart von militärischer Erziehung so unnachahmlich eingefangen hat, dass alles, was danach kommt, eben wie eine billige Kopie aussieht.
Auch das Zusammensein im Lager im Irak bietet wenige Überraschungen: das übliche testosterongesättigte Macho-Gequatsche der Jungs, die wilde Vermutungen über die Bettqualitäten der Freundinnen und Frauen der anderen anstellen. Das Einerlei an Patrouillengängen im Niemandsland. Die Wachdienste, die eigentlich nichts bewachen. Und weil eben jeder Feindkontakt wahnsinnig weit weg ist, wird Football in Gasmasken gespielt, auf Kamele gezielt, und es werden zu Weihnachten aus Versehen ein paar Leuchtraketen abgefeuert, was Latrinendienst nach sich zieht, aber keine kriegerischen Aktivitäten. Das ganze fühlt sich wie ein Ferienlager für Männer an, nur das alle zufällig bis an die Zähne bewaffnet durch die Gegend laufen. Es fühlt sich gleichzeitig ziemlich banal an, und deswegen fiel es mir schwer, die Anspannung nachzuvollziehen, die einigen angeblich nervlich sehr zugesetzt hat. So wird aus Tony innerhalb weniger Minuten eine wandelnde Zeitbombe; er presst einem Kumpel das Gewehr ins Gesicht und droht, ihn zu erschießen, wo er doch vorher ein gut gelaunter Marine war, der Camus auf dem Klo gelesen hat.
Ich nehme an, dass der Film ein Anti-Kriegsfilm sein soll. Um das zu erkennen, muss man sich allerdings ein bisschen Mühe geben, denn mit der ganzen schmissigen Tonspur und den gut gelaunten Jungs, von denen kein einziger im Kampf draufgeht, sieht Jarhead doch ziemlich nach einer Werbung für eine Karriere im Militär aus. Aber einige Szenen und Figuren verleihen dem Film dann doch die nötige Tiefe, jedenfalls streckenweise. Tonys bester Freund Troy (Peter Sarsgaard) ist davon überzeugt, das Richtige zu tun, seinem Land zu dienen und seine Pflicht zu tun, während Tony seinem Vorgesetzten, der ihn brüllend fragt, was er zum Henker hier mache, wahrheitsgemäß entgegenschreit: “I got lost on my way to college, SIR!” Trotzdem sind die beiden ein gut eingespieltes Team von Scharfschützen, und aus den verschiedenen Erwartungshaltungen diesem Krieg gegenüber ergeben sich wenige eindrucksvolle Szenen. Die beste ist sicherlich die, als beide endlich! dem Feind gegenüberstehen – aber trotzdem nicht zum Zug kommen. Worauf Troy fassungslos zusammenbricht und nur noch brüllt: “That was my kill!” Die letzte Chance, schlicht seinen Dienst zu tun – sie wird ihm verwehrt.
Dass dieser Dienst bedeutet, Menschen zu erschießen, fällt niemandem mehr auf. Die Monate der Gemeinsamkeit ohne Ziel und Zweck haben die Männer von der Realität einer straff organisierten Armeetruppe entfernt. Mitgefühl scheint nicht mehr vorhanden zu sein; so werden z.B. verbrannte Leichen eines Autokonvois, der unter Beschuss genommen wurde, belustigt als crispy critters bezeichnet. Und durch das Aufwachsen mit MTV und CNN wird der Krieg eher als Unterhaltung denn als Bedrohung empfunden. Als einmal eigene Hubschrauber über eine Gruppe hinwegfliegen und dabei die Doors ertönen, nölt Tony, dass das Vietnam-Musik sei: “Can’t we have our own songs?”
Jarhead bewegt sich des Öfteren auf der Grenze zur Komödie, ohne dabei so bissig zu sein wie Three Kings. Er versucht, die Tragik des Krieges klarzumachen wie mit dem ausgebombten Autokonvoi, dem Überschnappen einiger Rekruten und ständigen verschwitzten, angespannten Gesichtern. Er erinnert dabei an Platoon, ist aber längst nicht so eindringlich. Er fühlt sich eben an wie ein seltsam unentschlossener, seelenloser Remix aus allen Kriegsfilmen, die man in den letzten Jahren gesehen hat. Denn auch die Charaktere gehen einem nicht besonders nahe – sie sind nur Stereotypen: der bebrillte Tolpatsch, der sexversessene Großkotz, der Marine mit eisernem Pflichtgefühl und eben Tony, der eigentlich gar nicht hier sein will, was man ihm aber auch nicht wirklich anmerkt.
Was mich dennoch davon abgehalten hat, den Film direkt nach dem Verlassen des Kinos abzuhaken, waren einige wenige Szenen, die sich gut anfühlten, richtig, nicht so platt. Zum einen die Darstellung des Vorgesetzten der Truppe, Sargeant Sykes, der von Jamie Foxx verkörpert wird. Er ist der erste Charakter, dem ich es abgekauft habe, dass er sich zum Militär gemeldet hat, weil er den Job mag. Nicht das Rumschreien, nicht die Kriegsgefahr, nein, die Chance, Rekruten auszubilden, sie zu führen und sie nicht im Stich zu lassen, wenn es darauf ankommt. Natürlich benutzt auch er das F-Wort in jedem zweiten Satz und auch er hat ein paar markige Sprüche drauf, bei denen einem der Intellekt wegschmilzt. Aber bei all seinen Posen merkt man ihm an, dass er seinen Job ernst nimmt. Und dass es eben für ihn ein Job ist. Er muss sich nichts beweisen, es geht ihm nicht um Geld oder um sein Vaterland oder was auch immer. Es ist sein Job, einen Truppe 20jähriger in der Nähe von brennenden Ölfeldern zu beschützen, und genau das macht er auch. Fertig, aus.
Der oben angesprochene Zusammenbruch von Troy war ebenfalls eine der Szenen, die noch nachgehallt haben, genau wie die Bilder der Ölquellen in Flammen, dem Regen aus schwarzem Gold, ein Traum, in dem Tony Sand kotzt und einige völlig verständnislose Blicke, die Gyllenhaal für seine Umgebung übrig hat. Überhaupt macht Gyllenhaal eine ziemlich gute Figur, auch wenn mir bis zum Schluss nicht ganz klar wurde, warum seine anfängliche Abneigung dem Militär gegenüber in Begeisterung über den Kriegseinsatz umgeschlagen ist. Jarhead lässt einen allgemein ein bisschen ratlos zurück: Die Botschaft, dass Krieg kein Spaziergang ist, kannte ich schon vorher und habe sie hier eher verwässert gefunden. Dass Menschen sich in Extremsituationen verändern, ist auch nix Neues, aber die Veränderungen, die hier passieren – wenn denn überhaupt welche passierten –, waren auch nicht der Rede wert. Und vor allem konnte ich eben nicht nachvollziehen, durch was genau die Jungs sich verändert haben. Der Unterschied von Jarhead zu anderen Kriegsfilmen ist, dass es kaum Szenen von der Front gibt. Dieser Unterschied, der aus ihm wirklich etwas Besonderes hätte machen können, geht aber völlig unter im üblichen Truppen-Einerlei. Jarhead fühlt sich an wie die hundertste Nacherzählung einer altbekannten Geschichte. Irgendwann kann man’s eben nicht mehr hören, und die Pointe kennt man auch schon. Und Jarhead hat nicht mal eine.
This means you, Vadder von Heidi Klum, du, Richterin beim Bremer Sozialgericht und du, Vakona-Spacken. Oder wieso werden der Werbeblogger, der Shopblogger und das LawBlog von euch Schwachmaten belästigt?
(Links via Matt Wagner und wirres, von denen ich hoffentlich nicht wegen Namensanmaßung vor den Kadi zitiert werde)
Im Guardian schreibt Laura Barton über ihre seltsame Begegnung mit JT Leroy, dem Schriftsteller, dem seit einiger Zeit nachgesagt wird, er habe seine Bücher nicht selbst geschrieben. Auch nach einem Treffen ist sie sich nicht sicher, ob sie den „wahren“ Autor getroffen hat. Sie ist sich nicht einmal sicher, ob der JT, den sie traf, nicht die JT ist. Das Essay fasst zum Schluss allerdings zusammen: Eigentlich ist es doch völlig egal, wer Sarah und The Heart is Deceitful Above All Things verfasst hat – die Bücher sind da, und das ist alles, was wichtig ist:
It is all a matter of authenticity. Is it because if JT LeRoy is not a drug-addled hobo hooker made good, we feel embarrassed because we’ve been conned, as if we paid full price for a Louis Vuitton purse only to find it was a fake? But nothing has been taken from us. The books remain: as startling and disturbingly beautiful as they ever were. There is nothing that has sullied the New York Times‘s assertion that “his language is always fresh, his soul never corrupt”. And what strikes me more than anything is that in this age of overblown celebrity, where people such as Paris Hilton can be famous purely for being Paris Hilton, mightn’t JT LeRoy represent the precise inversion of this? The work is all. The identity is irrelevant.
The words that surface most frequently in my head are those of the writer Peter Murphy, who contacted LeRoy after the New York Magazine piece to show his support: “It all boils down to this,” he wrote: “I can’t prove the existence of god, but I sure do love the Bible”.
(JT hat auch ein Weblog.)