Charlie’s Angels 2: Full Throttle

Charlie’s Angels 2: Full Throttle
(3 Engel für Charlie: Volle Power, 2003)

Darsteller: Cameron Diaz, Drew Barrymore, Lucy Liu, Bernie Mac, Demi Moore, Luke Wilson, Matt LeBlanc, John Cleese, Crispin Glover, Robert Patrick, Justin Theroux
Musik: Ed Sheamur
Kamera: Russell Carpenter
Drehbuch: John August, Cormac & Marianne Wibberley
Regie: McG

Wenn es den Begriff „Jungsfilm“ nicht schon geben würde als würdigen Gegner für den Chickflick, dann müsste er für Charlie’s Angels: Full Throttle erfunden werden. Der Film ist so hemmungslos auf die Zielgruppe der pubertierenden 13–16jährigen Kerle zugeschnitten, dass es entweder weh tut – oder verdammt viel Spaß macht.

Ich finde es immer spannend zu sehen, wie ein Film beginnt: Fängt er mit einem Paukenschlag an, um den Zuschauer sofort zu kriegen? Oder entwickelt er sich langsam, um vorsichtig eine Stimmung zu etablieren? Oder macht man es ganz anders und lässt den Film in der nördlichen Mongolei beginnen: mit Lucy Liu im tief ausgeschnittenen Lederoutfit, Drew Barrymore beim Wettsaufen mit ner Menge asiatischer Hinterwäldler und Cameron Diaz im weißen Mini, die auf einem Bullen reitet, während im Hintergrund Tone Locs Funky Cold Medina aus der Jukebox dröhnt? Und wenn dann der erste Satz im Film noch „Get off the babysitter – Daddy’s home“ als Codewort lautet, weiß man, dass man sich im perfekten Popcorn-Kino befindet.

Charlie’s Angels 2 ist ein würdiger Nachfolger des ersten Teils geworden, der sich auch schon überhaupt nicht ernstnahm, sich bei keinem Stunt auch nur einen Hauch um die Schwerkraft oder gar Logik gekümmert hat und auch nur einfach gute Laune machen wollte. Das schafft der zweite Teil genauso spielerisch: mit verlässlich gut aufgelegten Hauptdarstellerinnen, die sich den ganzen Film lang ganz doll lieb haben, immer füreinander da sind und dabei verdammt viel Arsch zeigen; mit einem Soundtrack, der fast nie zur Ruhe kommt und mit Kostüm- und Perückenwechseln ohne Sinn und Verstand, aber dafür fast im Minutentakt.

Das, was Angels nicht ganz zu einem entspannten Hirn-aus-und-gut-ist-Film hat werden lassen, ist der Versuch, ein bisschen Story in die bunte Bonbonwelt zu bringen. Nach den ersten zehn Minuten, in denen ich fast konstant gegrinst habe, weil es einfach Spaß macht, sich dieses sinnfreie, aber technisch perfekte Treiben anzugucken, kam zum ersten Mal ein Hauch von Handlung ins Spiel. Worum es in Angels geht, ist meiner Meinung nach aber völlig nebensächlich. Wenn ein Film sich die Freiheit nimmt, einfach nur einen Gute-Laune-Song an den nächsten zu packen, jeden nur erdenklichen Ort als Set zu nutzen, an dem man irgendwas in die Luft jagen kann und dazu ein paar Hauptdarsteller engagiert, die gewillt sind, in albernsten, aber dabei stets freizügigen Outfits rumzulaufen und einfach nur gut auszusehen – kurz gesagt: wenn ein Film sich die Freiheit nimmt, nicht mehr als ein zweistündiges Musikvideo sein zu wollen, warum muss dann dieser wunderbar seichte Unterhaltungsfluss durch Handlung gestört werden?

Wann immer der plärrende Soundtrack verstummt, verliert der Film leider merklich an Tempo. Und das ist eigentlich fast konstant ziemlich hoch: Vollgas eben. Was bedeutet, dass angenehmerweise keine der Actionszenen künstlich in die Länge gezogen wird. In diesen Sequenzen hat Regisseur McG ein perfektes Timing erwischt; bei der Handlungsebene leider nicht. Da nützen dann auch die vielen schönen Cameos nichts – allen voran Bruce Willis, den wir leider nur in einer kurzen Szene genießen dürfen.

Was den Film dagegen wieder unterhaltsam macht, sind seine vielen gelungenen Referenzen an amerikanische Filme und Fernsehserien. Offensichtlich ist sich Angels bewusst, dass er auf einer der künstlichsten TV-Serien aller Zeiten beruht, und meist will er dieses Image auch gar nicht loswerden. Das führt zu wundervollen Anspielungen auf Flashdance (die drei Engel schweißen lustig an einer Schiffswand herum, während stilgerecht im Hintergrund What a feeling läuft), CSI (komplett mit Who are you als Musikbegleitung und einer Menge technischem Wissen, das wirklich niemand besitzt – so erkennt Drew Barrymore scharfsinnig an einem Turnschuhabdruck am Tatort, dass das nur die Air Jordans aus dem Jahre weißichnichtmehr sein können, die als limitierte Auflage nur in einem einzigen Store in L.A. verkauft wurden, was den Kreis der Verdächtigen natürlich drastisch einschränkt; und das alles erzählt sie uns in einer dramatischen Tonlage, als würde sie gerade darüber referieren, wie man eine Atombombe entschärft) und natürlich Blues Brothers: The one and only Carrie Fisher darf als Kopie der legendären Pinguintante mit einem Lineal auf Pulten herumklopfen, während die Engel in eben diesen näher an sie heranrutschen. Einfach schön.

Wir Mädels kommen ein bisschen zu kurz bei Charlie’s Angels: Full Throttle – oder wie ich ihn nenne würde: Charlie’s Angels: Tits and Ass. Ab und zu dürfen zwar auch ein paar Sixpacks von Schnuckelsurfern bestaunt werden, aber das war’s dann auch. Zielgruppengerecht eben. Genauso wie die Tatsache, dass sich Cameron Diaz über einen Hund mehr freut als über einen Heiratsantrag.

Angels ist dementsprechend ein Film, bei dem man mal wieder sinnlos 16 sein darf. Oder sich zumindest so fühlt. Ich hab jedenfalls danach Pink im Autoradio ziemlich laut aufgedreht und bin viel zu schnell nach Hause gefahren. Denn das ist genau das Gefühl, mit dem man aus dem Film kommt: Buckle up, baby – you’re in for a hell of a ride.

Forever young

Dieser Eintrag bei Herrn Scholz hat mich zurück in meine tiefste Pubertät katapultiert.

Die erste Band, an die ich mein unschuldiges Herz verloren habe, waren The Teens. Ich erinnere mich, dass ihre Musik auf unseren Kracherpartys (ohne Jungs, aber mit Mama nebenan) immer der Knaller war. Ihre Kassetten waren meine erste Quelle für englische Vokabeln, auch wenn es ein Jahr gedauert hat, bis ich kapiert hatte, was „gonna“ bedeutet. Und ich war hemmungslos verknallt: in Robbie, den schnuckeligen Sänger. Als er die Band verließ (er war sozusagen der Ur-Robbie), habe ich brennend heiße Tränen vergossen, am Strand von Büsum, wo wir gerade im Urlaub waren. Während meine Schwester sich mit einem Ganzkörper-Sonnenbrand in den Mittelpunkt drängen musste, war ich mit meinem Kummer ganz alleine. Ich blickte auf die plätschernde Nordsee und wusste, die Welt wird nie wieder gut.

Aber es gab ja noch andere Schnuffis in der Band. Zweiter Favorit war – natürlich – der Basser. Alex. Eher der Schüchterne, wie die Basser halt so sind, eher im Hintergrund, aber mit diesem beseelten Blick, der mein Jungmädchenherz hoffen ließ – darauf, dass mein Leben vielleicht doch wieder einen Sinn bekäme.

The Teens waren relativ schnell wieder von der Bühne der Popmusik verschwunden, nachdem Robbie weg und der Rest aus der Pubertät raus war. Aber meine Geschichte mit ihnen war noch nicht zu Ende.

Ungefähr 15 Jahre später erzählte mir meine Freundin Uta, dass ihre Bekannte Charlie Besuch bekäme – irgendein Musiker aus Berlin, den sie werweißwo kennengelernt hatte. Ob ich Lust hätte, zum gemeinsamen Frühstück vorbeizukommen. Ich hatte und kam. Und wer saß am Tisch und plauderte fröhlich mit den Anwesenden? Alex. DER Alex.

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich die Labernase vor dem Herrn bin. Es gibt kaum ein Thema, zu dem ich nicht wenigstens ein paar Allgemeinplätze beitragen kann, um in der Konversation zu bleiben. Gib mir ein Stichwort, und ich monologisiere vor mich hin (so wie jetzt). Aber an dem Morgen war ich wieder 12. Ich hab zuerst meinen Mund nicht wieder zu- und dann nicht wieder aufgekriegt. Ich hab nur dagesessen wie ein Idiot und ihn angeglotzt. Der Rest der Truppe hat die ganze Zeit Witze gemacht und mir in die Rippen gehauen, aber ich hab’s echt nicht fertig gekriegt, auch nur „Hallo“ zu sagen. Das Idol meiner Jugend, einer der ersten Kerle, mit denen ich feuchte Träume hatte – und da sitzt der Typ einfach neben mir und redet wie ein ganz normaler Mensch. Ich hab’s einfach nicht fassen können.

Ein paar Wochen später war Alex wieder in der Gegend, und wir haben uns mit ein paar Leuten bei mir getroffen. Inzwischen hatte ich meine Sprache wiedergefunden und ihm ein wenig peinlich berührt die Story erzählt, was er grinsend zur Kenntnis genommen hat. Er hat mir geduldig dutzende von Geschichten über die Teens erzählt, wollte aber logischerweise lieber über Big Light reden, bei denen er inzwischen spielte. Das hat mich zwar nicht die Bohne interessiert, aber egal. Ich hab ihm andächtig zugehört und die ganze Zeit gedacht: Alex von den Teens redet mit mir. 12 eben.

An dem Abend bei mir haben wir unter anderem ein Kino-Quiz gespielt, was sein Autogramm erklärt, das er mir etwas unwillig auf meine alte Teens-Kassette gegeben hat, denn eine CD von Big Light hatte und habe ich bis heute nicht.

Ich habe ihn noch ein paar Mal gesehen, aber seit die Freundschaft zwischen Charlie und ihm in die Brüche gegangen ist, haben wir auch keinen Kontakt mehr. Dafür habe ich als Trophäe noch ein Buch im Schrank stehen, das er mir zum Geburtstag geschenkt hat: Wassermusik von T.C. Boyle. Erstens: guter Geschmack, der Mann, und zweitens: mit Widmung.

Und jetzt bin ich total sentimental drauf. Ich werde mal versuchen, einem Nik Kershaw- oder Duran Duran-Fanclub beizutreten.

Forever young.
Forever stupid.

Terminator 3: Rise of the Machines

Terminator 3: Rise of the Machines
(Terminator 3: Rebellion der Maschinen, 2003)

Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Nick Stahl, Claire Danes, Kristanna Loken, David Andrews
Musik: Marco Beltrami
Kamera: Don Burgess
Drehbuch: Michael Ferris & John Brancato, Tedi Sarafian
Regie: Jonathan Mostow

Welche Daseinsberechtigungen haben eigentlich Sequels? Ist ein Film nicht nur dann wirklich gut, wenn er es schafft, uns eine Geschichte ganz altmodisch von Anfang bis Ende zu erzählen, ohne dass Fragen offen bleiben, ohne dass man noch eine Fortsetzung braucht?

Ja, eigentlich schon.

Trotzdem gibt es Fortsetzungen von Filmen, die für mich durchaus Sinn gemacht haben, weil sie der Story noch eine zusätzliche Seite verliehen haben. Batman Returns zum Beispiel bringt neue Gegenspieler mit neuen, interessanten Fähigkeiten und erzählt damit eine wirklich neue Geschichte. Wenn der Titelheld nicht zufällig den gleichen Namen tragen würde wie im ersten Teil, hätte der zweite fast nichts mit dem ersten gemein. Batman Returns hat mir persönlich sogar noch besser gefallen als Batman, weil ich ihn psychologisch dichter fand. (Und nebenbei Michelle Pfeiffer lieber mag als Jack Nicholson, aber das tut jetzt nichts zur Sache.)

Terminator 2: Judgment Day war ebenfalls eine gelungene Fortsetzung. Aus dem absolut Bösen des ersten Teils wird plötzlich das Gute, der Beschützer. Eine völlig unerwartete und damit für mich spannende Verwandlung des Hauptcharakters und damit der ganzen Geschichte des Films. Und da der Terminator eine Maschine und damit neu zu programmieren ist, ist diese Wandlung sogar glaubwürdig. Batman Returns hätte nicht so funktioniert. Dass der Held plötzlich zum Feind Gotham Citys wird, wäre kompletter Blödsinn gewesen.

Bleibt die Frage, was uns eine weitere Fortsetzung vom Terminator noch bieten kann. Eine weitere Verwandlung des T-800? Zwischen gut und böse bleibt da nicht mehr viel. Ein neuer Feind? Wäre eine Möglichkeit. Neue, unerwartete Gefahren für John Connor? Auch eine Idee. Irgendetwas völlig Überraschendes, das aus der Zukunft in die Gegenwart „zurückkommt“? Kann man machen.

Und? Irgendwas davon in Rise of the Machines dabei?

Leider nein.

T3 fühlt sich an, als ob man selber eine Reise in die Vergangenheit unternimmt. Die Story ist fast eins zu eins aus dem zweiten Teil übernommen: Es ist wieder ein hoch entwickelter Terminator, der John Connor ans Leder will, wenn auch diesmal in einer attraktiven weiblichen Verpackung; dieser Terminator ist dem alten T-800 eigentlich überlegen und verliert zum Schluss natürlich trotzdem, und es geht mal wieder darum, die Menschheit zu retten. Na bravo.

Eigentlich hat mich das gar nicht so gestört. Der Film hat Tempo, eine Menge wohltuend altmodischer Stunts und Actionsequenzen, und der Quecksilber-Effekt, der im 2. Teil so begeistert hat, klappt komischerweise auch zehn Jahre später noch. Und für mich persönlich gibt es sowieso kaum ein Bild auf einer großen Leinwand, das mehr Kraft hat und Eindruck macht, als diese glitzernden Stahlskelette, die sich auf mich zubewegen und mich schließlich in Großaufnahme mit ihren roten Augen anblicken. Funktioniert noch. Gibt immer wieder Gänsehaut.

Das, was mich stattdessen gestört hat, war der Tonfall des Films. Er beginnt mit einem Monolog John Connors aus dem Off, in dem er seine Hoffnungslosigkeit beschreibt. Obwohl er weiß, dass seine Mutter und er mit Hilfe des Terminators die Welt vor dem Untergang bewahrt haben, verfolgen ihn Alpträume: “It hasn’t happened, no bombs fell, computers didn’t take control, we stopped Judgment Day. I should feel safe, but I don’t.” Der Monolog wird begleitet von Bildern seiner Einsamkeit und Angst wie z.B. eine Explosion, die eine riesige Stadt in Schutt und Asche legt, und bergeweise Menschenschädel unter Wasser.

Ich hatte nach wenigen Filmminuten nicht das Gefühl, in einem Popcorn-Streifen zu sitzen. Ich hatte das Gefühl: Das ist ernst gemeint. Dieser Film will nicht unterhalten. Dieser Film will, dass du dich nicht mehr sicher fühlst in deiner Welt.

Und die letzten Sätze im Film greifen diese Stimmung wieder auf, auch wenn die üblichen Durchhalteparolen (“Never stop fighting”) einem noch in den Ohren klingen. Aber ich persönlich wollte nicht sofort wieder zum Tagesgeschehen übergehen. Ich habe schon noch darüber nachgedacht, welchen Einfluss Maschinen auf uns haben, welchen Sinn die komplette Vernetzung der Welt hat, was alles heutzutage machbar ist und ob es überhaupt Sinn hat, weiterhin danach zu streben, noch mehr machbar zu machen.

Und genau wegen dieser nachdenklichen, ambitionierten Exposition und des verzweifelten und trotzdem hoffnungsvollen Endes hat mich der komplette Mittelteil des Film genervt. Denn der ist ganz der alte Terminator: Natürlich gibt es die üblichen lakonischen Jokes, die sich daraus ergeben, dass Schwarzenegger eben eine Maschine spielt (oder es zumindest versucht), die Witze nicht kapiert und Gefühlsregungen nicht einprogrammiert hat. Natürlich hat jeder der Protagonisten einen coolen Spruch, den man prima zitieren kann, und natürlich läuft Arnie wieder in Leder und mit Sonnenbrille rum – und selbst daraus kann man noch einen Scherz basteln. Was eigentlich okay gewesen wäre, denn so hat Terminator 2 funktioniert. Aber der hat sich auch nicht die Mühe gemacht, eine düstere Grundstimmung aufzubauen. Für mich war bei T2 von Anfang an klar: Ihr spackigen Maschinen könnt uns mal – jetzt gibt’s auf die Fresse, und zwar in Großaufnahme. Nicht zuletzt, weil Linda Hamilton sich den ganzen Film entweder mit Workout oder Waffen beschäftigte, oder weil Edward Furlong als John Connor eben 13 und keine 30 war und daher die Stimmung eher pubertär als ernsthaft rüberkam.

Nicht so bei T3. Denn dieser Film hat mit Nick Stahl als Connor und Claire Danes als seine Zukünftige zwei wirklich gute und ambitionierte Darsteller, die den bekanntermaßen völlig unbegabten Schwarzenegger noch alberner wirken lassen als er eh schon ist. Vielleicht habe ich mich allein von ihrer Präsenz in die Irre führen lassen, denn ich bin einfach davon ausgegangen, dass die beiden es nicht nötig haben, ein B-Movie zu drehen.

T3 schlägt ab und zu wirklich ein paar nachdenkliche Töne an, und das hat den Film für mich sehr unausgegoren werden lassen. Ich konnte nicht wirklich über die ganzen – zugegebermaßen guten Scherze – lachen, weil ich gar nicht über sie lachen wollte. Und genauso wenig konnte ich mich von der zweifelnden Stimmung hinreißen lassen, weil eben immer ein kleines Witzchen dazwischenkam. Terminator 3 ist daher für mich ein halbherziger Versuch, einen sehr guten und eindrucksvollen Filmcharakter wiederzubeleben, der eigentlich im 2. Teil schon einen wunderbaren Filmtod gestorben ist. Deswegen hat dieses Sequel für mich auch keine Berechtigung, so ordentlich es handwerklich auch gemacht ist.

Und das eigentlich Dumme ist nicht, dass der 3. Teil so schwach war – das Dumme ist, dass die letzten Sätze im Film einen 4. Teil bereits beschreien. Was der allerdings noch erzählen soll, weiß ich wirklich nicht. Höchstens das noch: Was, zum Teufel, haben diese blöden Maschinen denn nun eigentlich gegen uns, dass sie uns vernichten wollen? Das würde mich nach drei Filmen allmählich wirklich mal interessieren.

Verschwende deine Jugend

Verschwende deine Jugend
(D, 2003)

Darsteller: Tom Schilling, Robert Stadlober, Jessica Schwarz, Marlon Kittel, Dieter Landuris, Christian Ulmen
Kamera: David Schultz
Musik: Lee Buddah
Drehbuch: Kathrin Richter & Ralf Hertwig
Regie: Benjamin Quabeck

Verschwende deine Jugend spielt 1980 und versucht, den Anfängen der Neuen Deutschen Welle nachzuspüren. Also den Anfängen mit DAF und nicht dem Kinderkram mit UKW oder Hubert Kah. Es geht um die Nachwuchsband Apollo Schwabing, deren „Manager“ Harry Pritzel (Tom Schilling) eigentlich Bankazubi ist, der aber alles daran setzt, die Jungs als Vorgruppe von DAF in den Zirkus Krone zu kriegen. Und das ist im Prinzip schon der ganze Film.

Die Story selber ist nicht sonderlich aufregend oder überraschend, die Darsteller dagegen recht ordentlich, die Dialoge sind nett, tun aber auch niemandem weh, und der Ausstattung merkt man an, wieviele Menschen in meinem Alter hinter den Kulissen rumgewuselt haben: alles da von Zauberwürfel bis Senso, von Computerspielen bis zu fiesen LP-Covern, von spitzen Schuhen bis zur grellen Neon-Bar-Beleuchtung. Ich hab mich nicht gelangweilt, ich fand’s aber auch nicht umwerfend.

Was mir trotzdem an dem Film gefallen hat, war das Gefühl, mit dem ich aus dem Kino kam: das Gefühl, noch einmal diese wunderbare Naivität genossen zu haben, mit der scheinbar alle damals durch die Gegend gerannt sind. Und mit „damals“ meine ich nicht unbedingt die Zeit der 80er, sondern die Zeit, in der jeder für sich jung war. Die Zeit, in der man das Gefühl hatte, unsterblich zu sein und in der jeder Augenblick der beste war, den man je hatte. Wo man nie weiter als bis übermorgen gedacht hat, wo man mit absoluter Gewissheit sagen konnte, dass man immer nur das machen würde, was man wollte und wo das Wort „Konsequenzen“ irgendwas war, was man im Lexikon nachschlagen musste. Die Zeit, in der die richtige Musik wichtiger war als die große Weltpolitik. Eben die Zeit, in der wir alle sehr, sehr seltsame Prioritäten hatten – und das in der vollen Überzeugung, die einzigen zu sein, die eben diese Prioritäten kennen. Das gab uns dieses einzigartige Gefühl der Überlegenheit der Jugend; die Überlegenheit gegenüber den Erwachsenen, die anscheinend nicht mehr wussten, was wichtig ist.

Am Ende des Films muss sich Harry eingestehen, dass so ziemlich alle seine Pläne grandios in die Hose gegangen sind. Und trotzdem spricht er davon, dass ihn das nicht einmal störe, denn das sei eben die Quittung für das Geilste, was er je gemacht habe.

Was ist, bitteschön, so geil daran, eine Menge Kohle in den Sand zu setzen? Was ist an einer Niederlage so geil? Was?

Ganz einfach: das Gefühl, etwas erlebt zu haben. Das Gefühl, einen Unterschied gemacht zu haben. Ich war da. Ihr habt es alle gesehen. Okay, ich bin gescheitert. Aber ich hab’s versucht. Das war es wert. Und jetzt mach ich das nächste große Ding.

Verschwende deine Jugend versteht es, einen auf eine ganz widerliche Art sentimental zu machen. Man will gar nicht die ganzen seltsamen Klamotten und Frisuren wiederhaben. Aber auf einmal will man dieses Gefühl wiederhaben, dieses: Ich will auch noch mal den Wunsch verspüren, einen Unterschied zu machen. Ich will mich wieder nach völlig irrationalen Dingen sehnen wie der nächsten Platte einer obskuren Band anstatt nach der nächsten geregelten Gehaltsüberweisung. Ich will auch wieder Dinge tun, ohne darüber nachdenken zu müssen, welche Konsequenzen sie haben. Ich will mir wieder zugestehen, völligen Blödsinn im Brustton der Überzeugung von mir zu geben. Und vielleicht will ich auch einfach nur wieder das Gefühl haben, mein Leben sei unendlich und alle Türen stünden mir offen.

Ich sag’s ja: widerlich. Aber irgendwie auch schön. Also los. Ins Kino gehen. Ein bisschen Jugend (oder Alter) verschwenden. Den Mussolini tanzen. Passt schon.

Serving Sara

Serving Sara (Mann umständehalber abzugeben!): Ich habe selten eine Komödie gesehen, die ihren Namen weniger verdient. Vier Schauspieler, die eigentlich genug Talent haben, um lustig zu sein (Matthew Perry, Elizabeth Hurley, Cedric the Entertainer, Vincent Pastore), hier aber völlig vergebens gegen ein mieses Script und ein noch mieseres Timing anspielen. Die Grundidee – Ehefrau wird Scheidungsklage zugestellt; daraufhin engagiert sie den Überbringer, stattdessen ihrem Mann wiederum ihre Klage zuzustellen – ist zwar nett, wird aber durch einen überflüssigen Handlungsschlenker nach dem anderen völlig verschleppt. Das einzige, was mich bewogen hat, den Film bis zu Ende und fast ohne Vorskippen zu gucken, war die Tatsache, dass Matthew Perry endlich mal was anderes spielen durfte als den ewigen Friend Chandler Bing.

Borderline

Borderline (Unter Mordverdacht): Nettes, kleines Thrillerchen mit der immer wieder funktionierenden „Therapeutin mit von ihr besessenem Klienten“-Story. Und obwohl der Film es geschafft hat, mich ein paar von seinen falschen Fährten glauben zu lassen, ist er doch eher Fernseh- denn Kinoformat. Ehrlich gesagt, hatte ich ihn eh nur wegen Schnuckel Sean Patrick Flanery geliehen – und wenn man im Hinterkopf hat, was der alles schon für Blödsinn gedreht hat, war der Film ziemlich okay.

Equilibrium

Equilibrium: Der Film ist eine gut zusammengeklaute Mischung aus 1984, Metropolis und Fahrenheit 451: Nach dem dritten Weltkrieg wird eine Droge entwickelt, die den Menschen die Fähigkeit nimmt zu fühlen. So soll sichergestellt werden, dass Kriege durch Hass und Gewalt nicht mehr vorkommen. Das halte ich zwar für eine äußerst gewagte These, aber wenn man die einfach mal außer acht lässt, ist Equilibrium ein ziemlich ordentlicher Film geworden: sehr stylish, im positiven Sinne sehr durchkalkuliert (fast grafisch anmutende Sets, strenge Kostüme, klare und effektive Lichtgestaltung) und mit hervorragenden Schauspielern; allen voran Christian Bale, der im Laufe des Films von der kalten Maschine zu einem fühlenden Wesen wird. Gerade die Szenen, in denen Bales Charakter zum ersten Mal Empfindungen spürt, hätten mit einem weniger talentierten Mimen arg in die Hose gehen können. Hier aber fühlt man mit ihm, wenn er zum ersten Mal klassische Musik hört oder seine obligatorischen Handschuhe auszieht, um bewusst Metall, Glas, Haut zu spüren. Außerdem bemerkenswert: die Kampfszenen, in denen zwar für meinen Geschmack ein bisschen zu viel rumgeballert wird (Matrix lässt grüßen), die aber trotzdem nie zu lang oder einfach unmotiviert daherkommen. Schöne Sache.

The Pianist

The Pianist (Der Pianist): In einem Wort: bewegend.

In mehr Worten: Ich hätte nicht gedacht, dass nach Schindler’s List noch ein – auch wenn das Wort in diesem Zusammenhang seltsam klingt – guter Holocaust-Film möglich ist. Aber gerade der Vergleich der beiden zeigt die Schwächen von List und die Stärken des Pianist. The Pianist ist viel weniger moralkeulig, viel weniger zeigefingerig und vor allem viel weniger überlebensgroß. Wo List in jeder nur möglichen Situation auf den unbeirrbaren Glauben ans Überleben appelliert, zeigt The Pianist fast unbeteiligt, wie ein Einzelner das Grauen erduldet und übersteht. Und zwar nicht, weil er sich ständig einredet, dass er überleben muss, sondern weil ihm einfach nichts anderes übrig bleibt. Was sollte er denn sonst tun?

Mir hat genau diese Zurückhaltung des Film sehr gefallen, und sie hat mich genauso mitgenommen wie die eher plakativen Bilder in List. Während ich mich bei List schon des öfteren erwischt habe, über die Verwendung von Schwarzweißfilm nachzudenken, damit der Punkt mit dem Mädchen im roten Mantel auch richtig reinhaut, kommt man bei The Pianist gar nicht dazu, über Licht, Kamera oder auch die Schauspieler zu sinnieren. Alles ist bewusst so sehr zurückgenommen, dass nur eines ganz deutlich beim Zuschauer ankommt: die Geschichte. Und die ist groß genug.