Vera Drake

Sehr ruhiger Film von Mike Leigh über eine Mutter, die Anfang der 50er Jahre illegale Abtreibungen durchführt und deswegen von der Polizei verhaftet wird. Vera Drake erzählt zwar auch von den Vernehmungen und dem Gerichtsverfahren, aber er legt viel mehr Wert auf die Vorgeschichte. Der Film zeichnet ein sehr liebevolles, aber kein verklärtes Bild von England nach dem Krieg: Familien, die eng zusammenrücken mussten, aber auch Familien, die sich vor Platz kaum retten konnten. Das scheinbar sozial engagierte Leben der „Unterschicht“ und die kühle Distanz der „Oberschicht“. Schwarzmarkt und Schiebereien, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit.

Der Film erzählt seine Geschichte sehr schnörkellos und schlicht und weicht nie von seinem direkten Weg aufs Ziel ab. Wahrscheinlich hat er mich deswegen so gerührt, wahrscheinlich war ich deswegen so fasziniert von Vera und ihrer Familie. Sie kamen mir in den zwei Stunden, in denen ich sie erlebte, sehr nahe; ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, mit ihnen im Wohnzimmer zu sitzen und Tee zu trinken. Und deswegen hat es mich, obwohl ich wusste, worum es in diesem Film geht, fast überrascht, die Hauptfigur dabei zu sehen, wie sie Abtreibungen durchführt. Es wollte so gar nicht in ihr sonstiges Leben passen, in dem sie soviel Güte und Rücksicht und Freundlichkeit anderen gegenüber zeigte – und genau deshalb passte es dann doch.

Imelda Staunton als Vera Drake liefert ein wundervolles Porträt einer Frau, die mit ganzem Herzen an das glaubt, was sie tut, und der erst sehr spät klar wird, was sie wirklich getan hat. Ich habe selten einen glaubhafteren Charakter gesehen. Und schon länger keinen Film, der sich so dicht und stimmungsvoll anfühlt.

Eine Antwort:

  1. Jepp, ganz hervorragender Film. Im übrigen über weite Strecken improvisiert, wie ich gerade gelesen habe, nur die Hauptdarstellerin wusste, dass es um Abstreibung ging.