„Ich bin Werbetexterin.“

1. Was machst du beruflich?

Ich bin Werbetexterin.

2. Was ist gut – was ist nicht so gut daran?

Gut: Ich darf den ganzen Tag schreiben und krieg auch noch Geld dafür. Und da ich mich so ziemlich fest auf Autoverkaufsliteratur spezialisiert habe, darf ich den ganzen Tag über schöne, neue, teure Autos schreiben. Die ich nie fahren werde, weil sie zu neu und zu teuer sind, denen ich aber immer auf der Straße hinterhergucke, weil sie so schön sind. (Immer wieder: Mercedes CLS. Der schönste stählerne Arsch ever. Nur nicht in Silber. Ich weiß überhaupt nicht, warum den irgendwer in Silber fahren will. Da knacken seine Linien gar nicht. Runner-up zum Hinterhergucken: Audi A5.)

Auch gut: Seit zwei Jahren bin ich selbständig. Heißt: Ich mache im Idealfall dauernd was Neues. Was natürlich so gut wie immer mit schönen, neuen, teuren Autos zu tun hat, denn die Hersteller dieser Autos verteilen ihre Etats ganz gerne auf mehrere Agenturen. Kataloge hier, Anzeigen da, Messemittel dort, Zubehör da, Nutzfahrzeuge hier …

Ebenfalls gut: Die Kohle stimmt. Geht immer besser, ist klar, man hat ja nie genug Schlösser aus Gold, aber generell passt das.

Immer gut: Da ich meistens weiß, was ich tue (außer an Tagen wie diesen), habe ich fast immer um 18 Uhr Feierabend. Was alles andere als selbstverständlich ist in der Werbung. Leider.

Nicht so gut: Man könnte jetzt über die Branche lästern, aber ich persönlich komme ganz gut mit ihr klar. Idioten gibt’s überall, nette Menschen glücklicherweise mehr.

Aber: Als Werber muss man wissen, dass der Kunde immer König ist. Immer. Und wenn der Satz im Katalog dreimal widerlich klingt, wenn der Kunde den so haben will, dann kriegt er ihn. Und dann nützt es auch nix, dass man als Texterlein bittere Zähren vergießt wegen des miesen Sprachgefühls. Werbung ist keine Kunst. Wer Kunst machen will, sollte nicht in die Werbung gehen. Wir schreiben keine Romane, wir photoshoppen keine Meisterwerke. Wir verkaufen Zeug. Mehr nicht. Das vergisst man gerade als Junior gerne, aber irgendwann hat man’s geschluckt, und dann regt sich jemand Branchenfremdes darüber auf, wie abgestumpft die Werber doch sind, und man selbst guckt in den Spiegel und denkt sich, hm, ich mag mein Zeug und ich kann auch mit gutem Gewissen sagen, damit niemanden zu belästigen, denn lustigerweise holen sich die Leute Autokataloge freiwillig. Aber damit hab ich sicher eine Luxusnische in dieser Heizdeckenveranstaltung.

3. Was wäre dein absoluter Traumberuf?

Ich habe jahrelang den Plan B im Hinterkopf gehabt: Drehbuchautorin. Je länger ich aber Werbung mache, desto weniger will ich was anderes machen. Und in den letzten Jahren musste ich mir auch langsam eingestehen: Ich hab nix zu erzählen. Ich habe keine große Idee, die in mir gärt und aufgeschrieben werden will. Ich plaudere lieber über Zeug, das andere machen, Bücher, Filme, Comics oder Blogeinträge. Und ich rede gerne über mich selber, aber das will ich nicht zwischen zwei Buchdeckeln lesen.

Außerdem ist dieses nagende Stimmchen nicht mehr da, das mir jahrelang bei einem guten Film oder einem guten Buch sagte, ach Mist, ich wünschte, ich hätte das geschrieben. Das Stimmchen ist inzwischen ein glückliches Ding an der Seitenlinie geworden, das sich puschelschwingend über anderer Leute Zeug freuen kann, ohne traurig darüber zu sein, dass ihm das nicht eingefallen ist. Ich weiß nicht, ob das Altersmilde oder Resignation ist. Ich nenne es Zufriedenheit.

Aber mein Traumberuf ist natürlich immer noch Astronautin. Ich kann nur nix, was mich für einen Aufenthalt im All qualifizieren würde. Außer mit großen Augen aus der Raumfähre zu gucken und staunende Blogeinträge darüber zu schreiben. Andererseits: NASA? ESA? Das würde ich sogar für lau machen!

4. Warum gerade dieser?

Weil ich es mir unglaublich majestätisch vorstelle, die Welt von oben zu sehen. Und weil ich, außer den wenigen Minuten im Toten Meer, keine Ahnung habe, wie sich Schwerelosigkeit anfühlt.

(Fragebogen bei Isa mitgenommen)