Bücher 2010 – März

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John Layman/Rob Guillory – Chew Vol. 1: Taster’s Choice

Großartiges Ding. Chew erzählt von John Chu, einem cibopathic – “he gets psychic impressions from whatever he eats”. Heißt: Wenn er in einen Apfel beißt, sieht er den Baum, an dem er gewachsen ist und kennt die Pestizide, die er abbekommen hat. Wenn er in einen Burger beißt, weiß er, wie die Kuh geschlachtet wurde – weswegen Herr Chu meist nur Gemüse isst. Heißt aber auch: Wenn er in das Fleisch eines Mordopfers beißt, weiß er, wer der Täter ist. Klar, dass Chu Kriminalbeamter geworden ist und nun der FDA unter anderem dabei hilft, illegales Hühnerfleisch sicherzustellen, denn nach der Vogelgrippe-Epidemie ist chicken verboten, wohingegen das Ersatzprodukt chickyn frei verkäuflich ist. Und wie bei jeder Prohibition gibt es Leute, die den hungrigen Genießern echtes Hühnerfleisch bieten wollen; Schmugglerbanden entstehen, aufrechte Cops halten dagegen und so weiter und so fort.

Dann kommt in Chew noch eine Restaurantkritikerin vor, die – ich liebe diese Idee – ein saboscrivner ist: Sie kann Essen so beschreiben, dass ihre Leser es selbst schmecken können. Was eigentlich toll ist, außer, wenn sie über irgendwelche Hinterzimmerjoints schreibt, die Hundefutter und Kotze verarbeiten. Außerdem dabei: eine russische Dame, die einem noch nicht näher bekannten Vampir hörig ist, ein, zwei Kollegen von Chu, die nicht immer das sind, was man erwartet, und haufenweise abgehackte Finger, Blut und tote Hunde.

Chew hat erst angefangen; in diesem Paperback sind die ersten fünf Hefte gesammelt, die die Story gerade groß werden lassen. Ich hab keine Ahnung, wie’s weitergeht, aber bis jetzt bin ich begeistert. Grundidee, Zeichnungen, Tonfall – alles toll. Will mehr. Hab Hunger.

(Webseite zu Chew, Blog von Autor und Letterer Layman, Blog von Zeichner und Kolorist Guillory)

Charles Brownstein – Eisner/Miller

Eine Aufzeichnung von vielen Gesprächen zwischen den Comiczeichnern Frank Miller und Will Eisner. Die beiden reden über Farbe versus Schwarzweiß in Comics, die geringe Wertschätzung, die ihr Medium früher hatte und wie sich das in den letzten 50 Jahren geändert hat (oder auch nicht?), über Zensur, über ihre Lieblingstinte und überhaupt über so viel, dass ich gar nicht nachkam mit Post-its ins Buch kleben. Das Buch gehört nämlich dem Kerl, und deswegen konnte ich nicht mit Bleistift lesen, um mir schöne Sätze zu merken.

Ich mag diese Art von Büchern sehr gerne. Ich mag, wie Truffaut mit Hitchcock geredet hat, Cameron Crowe mit Billy Wilder, Tom Tykwer mit Michael Ballhaus. Man erfährt so viel mehr und das alles viel direkter als in einer Biografie, weil eben Menschen miteinander reden, die den gleichen Hintergrund haben. Ich bin, was Comics angeht, immer noch am Anfang meiner Bildung und daher konnte ich leider die Lieblingstinte nicht würdigen, weil ich keine Ahnung habe, warum diese oder jene Marke jetzt so toll ist. Trotzdem habe ich jedes Wort verschlungen, weil ich mich so eingeweiht gefühlt habe. So wie in einer exklusiven Privataudienz mit den Meistern.

Und Miller und Eisner haben wirklich viel, sehr viel zu erzählen. Ich fand es zum Beispiel sehr spannend, dass Millers Werke gerne mit Filmen verglichen werden und Eisners mit Theaterstücken. Einfach weil Miller gerne den Blickwinkel auf seine Figuren ändert, während Eisner eher statisch bleibt. Jede Methode, ein Bild zu komponieren, erzeugt eine andere Rezeption, aber beide transportieren ihre Geschichte. Oder: Miller erzählt, dass er gerne zuerst alle Schwarztöne aufträgt und dann die Figuren mit Weiß wieder aus dem Schwarz „fräst“ und das über 150 Seiten hinweg, während Eisner sich von Panel zu Panel fortbewegt. Oder oder oder. Hardcore-Comicfans, zum Beispiel:

“MILLER I think if I were to name the best and the worst thing that’s happened to comics in my lifetime, it’d be the same sentence: The inmates took over the asylum (Eisner laughs). A bunch of people who loved comics moved into it, which is great, but, unfortunately, its overall world is possessed with these fondly remembered childhood fantasies. To the point where you can do The Name of the Game or A Contract with God, I can go off and do Sin City, we can do anything we want to, and they’ll smile at us and nod. But the minute I turn around and dent the Batmobile, they go out of their minds! They have such a precious view of these fantasies.“

Oder das Geschichtenerzählen in Bildern (ach was):

“EISNER (…) I want to get my reader by his lapels, and I want to make him think and I want to make him cry because of what I’m telling him.

MILLER What I want to do is make him stop breathing!

EISNER The way I tell stories, I’m writing a letter to somebody. And I’m telling them about the past. I’m telling somebody what happened yesterday.

MILLER And I feel like I’m giving them a harassing phone call! (laughter)

EISNER That’s funny, but it’s good. It’s right on. That is a very understandable difference. I’m telling somebody right now, either somebody my age or somebody who’s had enough life experience to understand what I’m talking about. Obviously in the medium I’m working in, I can’t get into as fine a detail as Saul Bellow would get into when he’s writing a description of a given scene. Comics have that limitation. An image has a great deal of limitation. There’s a certain amount of depth that it cannot evoke without the experience of a viewer. My reader needs a certain depth of experience. Our narrative begins with a single image taken out of a seamless flow of images …

MILLER And it’s amazing what a picture can do. I had a real cartoon moment walking up 9th Avenue one day. Everybody was buzzing back and forth on a hot day, and there were a lot of people on the street. I was walking by a restaurant, and there was the most beautiful little rag doll just lying on the sidewalk. I leaned over and picked it up, looking to see if there was a baby carriage of whatever, and there was nothing in sight. And it could have been some little girl’s favorite rag doll. It was beautiful. But I didn’t want so steal it and take it home. So I sat it on the stoop in front of the restaurant, like I was taking care of it or something, and then walked off.

EISNER What you just talked about is the kind of thing that I would spend two pages drawing.

MILLER It was completely meaningless. Some little girl lost her doll.

EISNER It was very meaningful. As a matter of fact, in Graphic Storytelling I extracted a well-known thing from Ernest Hemingway. He once said, “I can write a short story in six words.“ What are the six words? He said, “For sale: baby shoes, never used.” What you just described is something that I would jump on. Now, whether you would stop your story … there’s a moving vehicle that’s racing down the highway. Would you stop that in time for this guy to get out of there? (Miller laughs.) No, you wouldn’t. You’ve provided a wonderful visual example of the difference between us.

On the other hand, let’s talk of the meaning of a visual image. That image of a man – picking up a baby doll, a rag doll, looking at it, looking around, seeing nobody, and putting it on the stoop – that has to be a classic set of images. The depth of that drawing comes from the reader’s experience. The reason you and I are so entranced by that thing is because we have the experience needed to give it context. Now, somebody writing this in text will talk about the history of this thing oder give you a whole page of narrative that describes the inner feelings of the man who picked the doll up. We haven’t got time to describe his inner feelings. We must somehow imply them visually.

MILLER It felt an awful lot like a French movie.

EISNER I think it’s a classic act of humanity. This is not something that an animal would do. It’s something that a human being would do.

But getting back to the issue of why I said that images have narrative limitations … that story you told is a beautiful example of how imagery can evoke emotions. But we need the support of the reader to help define the internal motions that go into it. I could develop that onto two pages, shown by the kind of man standing there and how he picks up the doll. It could go several ways. It could be a man in a tuxedo with a top hat. Or it could be an old man in shabby old clothes. It could be an athletic-looking man. These are the images that would evoke story and the depth that we’re talking about. That is called storytelling imagery.”

Auch schön: Es gibt nicht nur viel zu lesen, sondern auch viel zu gucken. Jedesmal, wenn die beiden eine bestimmte Zeichentechnik oder eine Besonderheit ansprechen – sei es von ihren eigenen Werken oder auch von Kollegen –, gibt es mindestens ein Bild, manchmal auch gerne eine ganze Seite aus dem betreffenden Comic dazu. Natürlich macht das Buch noch mehr Spaß, wenn man von den beiden ein bisschen was kennt; bei mir war es deutlich mehr Miller, den ich gelesen hatte, aber das hat dem Lesevergnügen überhaupt nicht im Weg gestanden. Große Empfehlung.

(Leseprobe bei amazon.de)

Ulf von Rauchhaupt – Die Ordnung der Stoffe. Ein Streifzug durch die Welt der chemischen Elemente

Von Rauchhaupt hatte jahrelang eine Kolumne in der FAS, in der er auf 70 Zeilen jeweils ein chemisches Element beschreiben durfte. Diese Kolumnen sind in diesem Buch versammelt, und das war’s dann auch schon. Jedes Element hat gerade einmal anderthalb Taschenbuchseiten, was natürlich viel zu wenig ist, um wirklich was zu erfahren. Aber: Jeder Stoff bekommt mindestens eine spannende Eigenschaft zugeordnet – zum Beispiel dass bei Feuerwerk das Nitrat oder Chlorat von Barium für die grüne Farbe zuständig ist –, und die bildet dann den Grundstock für die wenigen Zeilen. Das liest sich sehr unterhaltsam und launig weg, und man kann sich ganz tolle Fakten merken und damit angeben. Etwa dass in Neonröhren das viel billigere Argon drin ist. Oder die schauerliche Geschichte von Herrn Byers. Oder dass bis in die 50er Jahre hinein das psychogene Lithium in 7-Up enthalten war. Oder dass die wunderbare Farbe der Van Gogh’schen Sonnenblumen ausgerechnet Chromgelb war, das nicht stabil ist, weswegen die Blumen nach und nach zu Ocker ausbleichen. Oder dass man auf Usedom beim Bernsteinsammeln bitte nicht jeden gelben Klops aufheben sollte, der angeschwemmt wird, denn das könnte auch Phosphor sein aus nicht explodierten Brandbomben der Alliierten, das sich manchmal schon bei Hosentaschenwärme spontan entzünden kann. Oder (brabbelnd ab)

Neil Gaiman/Sam Kieth, Mike Dringenberg, Malcolm Jones III – The Sandman I: Preludes & Nocturnes

Ich habe schon ein, zwei Gaimans gelesen, die ich auch irgendwie nett fand, aber so richtig superduper dann auch nicht. Trotzdem wurden viele Leser und Leserinnen (und Mitbewohner von Mitbloggerinnen) nicht müde, mir The Sandman ans Herz zu legen. Und jetzt, wo ich die ersten acht Hefte gelesen habe, bin ich auch sehr froh darüber, so viele Nöckelnasen um mich herum zu wissen.

Den Anfang des Epos macht die Geschichte von Dream, der für die Träume und Alpträume der Menschheit zuständig ist. Er wird 1916 mithilfe eines blöden Zauberspruchs gefangengenommen und kann erst 70 Jahre später entkommen. In der Neuzeit muss er dafür sorgen, sein altes Königreich wieder aufzubauen bzw. überhaupt erst einmal wieder an sein mythisches Werkzeug gelangen, das in den Jahrzehnten seiner Gefangenschaft des Öfteren den Besitzer gewechselt hat.

Sandman hat mir nicht nur wegen der Story gefallen, die sehr stimmig erzählt wird, sondern auch wegen der Geschwindigkeit, mit der sie sich entfaltet. Keine wilde Hektik, sondern viel Hintergrund und Atmosphäre. Man fühlt sich nicht – wie bei manchen anderen Comics – für blöd verkauft, sondern darf sich in einer durchaus herausfordernden Welt bewegen. Klingt jetzt alles nicht überbordend begeistert, aber Sandman hat mich sehr beeindruckt.

(Leseprobe bei amazon.de, Weblog und Twitter-Account von Neil Gaiman)

Elisabeth Rank – Und im Zweifel für dich selbst

Zweifel erzählt von Trauer. Und Freundschaft. Und Liebe, die zu Trauer wird und nach der sich Freundschaft bewährt. Tim, Lenes Freund, kommt bei einem Autounfall ums Leben, woraufhin Lene und ihre Freundin Tonia aus Berlin wegfahren, ziellos durch Meck-Pomm kurven, um schließlich an der Ostsee anzukommen – nur um wieder umzudrehen und auf eine Beerdigung zu gehen. Im Laufe der Reise, die weder Flucht ist noch Lösung noch Lösungsansatz noch irgendwas, außer Autofahren und Weinen und Nachdenken und Leben, erfahren wir mehr über die beiden, ihre Partner und Mitbewohner und wie es sich anfühlt, Verlust aushalten zu müssen.

Ich lese Elisabeths Blog seit Jahren (ich trau mich nicht mehr, Liz zu schreiben), und so sehr ich ihren Stil mag, so sehr hatte ich Angst davor, ihn auf 200 Seiten zu lesen, weil ich nicht wusste, ob die vielen, zarten Augenblicke, die sie so treffend beschreiben kann, auf der Langstrecke verschmieren und ihre Präsizion verlieren. Tun sie nicht. Tun sie ganz und gar nicht.

Motoro Mase (John Werry, engl. Übers.) – Ikigami: The Ultimate Limit 1 (The End of Vengeance/The Forgotten Song)

Ein Ikigami ist eine Nachricht, die dir von deiner Regierung überbracht wird – 24 Stunden, bevor du stirbst. Als Kind wurde dir eine Impfung verabreicht, und wenn du Pech hattest, befand sich in der Spritze eine Nanokapsel, die irgendwann im Laufe deines Lebens dein Herz anhält. Da jeder weiß, dass dieses Schicksal ihn oder seine Liebsten treffen kann, schätzen alle Bewohner dieses Landes ihr Leben viel mehr als andere. – Das ist zumindest der Plan, den die Regierung hatte, als sie dieses Gesetz erlassen hat. Ikigami 1 erzählt die Geschichte von zwei Menschen, die ganz unterschiedliche Biografien haben und dementsprechend unterschiedlich auf ihre Todesnachricht reagieren. Außerdem treffen wir einen Mitarbeiter der Regierung, der die Ikigamis zustellen muss.

Der Comic hat mich ziemlich mitgenommen. Die Grundidee ist ja nun auch nicht gerade Kuschelkram, und der gesamte Tonfall geht von sehr schmerzhaft bis sehr deprimierend. Ein bisschen abgelenkt hat mich das Format, denn Ikigami ist wie im japanischen Original von rechts nach links und von hinten nach vorne zu lesen. Da war mein Kopf dann doch etwas zu beschäftigt, um die schwerverdauliche Story ganz nah an mich ranzulassen. Trotzdem: Empfehlung.

Es gibt insgesamt vier Bücher; dieses hier stand auf der Auswahlliste des Angoulême International Comics Festival 2010.

(Lese„probe“ *hust* hier. Fängt japanisch an, geht englisch weiter.)

Drew Gilpin FaustMothers of Invention: Women of the Slaveholding South in the American Civil War

Mothers beschreibt das Leben von weißen Frauen der Oberschicht der Südstaaten zurzeit des Amerikanischen Bürgerkriegs. Diese deutliche Erwähnung muss sein, denn das Leben von schwarzen Frauen oder weißen Frauen in eher einkommensschwächeren Schichten war ein ganz anderes. Faust konzentriert sich eben auf diese Gruppe, und ich habe einiges in diesem Buch gelesen, das mich sehr überrascht hat.

So ist es ja ein gängiges Kriegsklischee, dass die Männer an die Front ziehen und die Frauen sich um die Verwundeten kümmern. Zurzeit des Civil War war der Raum, in dem sich weiße Frauen der Oberschicht bewegten, sehr begrenzt. Die sogenannte women’s sphere war eindeutig auf das Haus beschränkt, wo sie aber auch eher wenig zu tun hatten. Kochen, waschen und Kinderaufzucht war Arbeit von Sklaven und Sklavinnen; die mistresses waren im Prinzip „nur“ damit beschäftigt, Bildung anzuhäufen (so gut wie alle konnten lesen und schreiben und meist ein Musikinstrument spielen) und Bälle auszurichten, um Töchter und Schwestern zu verkuppeln. Sie waren aber in der Öffentlichkeit völlig unsichtbar; es galt sogar als unschicklich, nur den eigenen, weiblichen Namen in der Zeitung zu lesen. Mitte des 19. Jahrhunderts war dementsprechend Krankenpflege eine absolute Männerdomäne, denn sie beinhaltete ja erstens Arbeit und zweitens eine in der Öffentlichkeit. Erst als so ziemlich alle Männer an die Front geschickt wurden, hieß es plötzlich, wie gut doch Krankenpflege zum weiblichen Geschlecht passe. Eine Einschätzung, die sich bis heute nicht mehr geändert hat.

Das Buch konzentriert sich sehr stark auf Aufzeichnungen von Frauen aus der Zeit: Briefe, Tagebucheinträge, Gedichte. In ihren eigenen Worten beschreiben Frauen ihr Leben zurzeit des Civil War, und Faust setzt die vielen Stimmen in einen sehr lesbaren und nachvollziehbaren Rahmen. Mothers befasst sich vor allem mit der großen Veränderung des damals als natürlich angesehenen Zustands, dass die Männer die Macht haben, dafür aber die Frauen beschützen. Der Bürgerkrieg zeigte, dass diese „freiwillige“ Machtverteilung eine Illusion war:

“Before the war, women of the southern elite had regarded themselves as dependents within an organic social order in which female subordination was accepted in return for protection and support. Yet white men’s wartime failure to provide women with either physical safety or basic subsistence cast this world and its social assumptions into question. Relationships of unchallenged status, of assumed superiority and inferiority, were transformed into what political theorists would call social relations of contract. Women came to regard their sacrifice and subordination as no longer inevitable but contingent on men’s fulfillment of certain expectations. The notions of “virtual” political representation – which argued that women’s interests would be protected by their men – had proved hollow indeed. Women began to acknowledge and defend their own interests apart from those of their families and their nation and to regard themselves as individuals posessing rights and legitimate desires, not just duties and obligations.”

Oliver Sacks – Uncle Tungsten: Memories of a Chemical Boyhood

Schön, schön, SCHÖN! Also für mich. Denn: Uncle Tungsten ist nicht unbedingt eine gelungene Biografie; dafür sind die Erlebnisse des jungen Oliver Sacks zu spärlich beschrieben. Es ist aber auch kein Chemiebuch, denn dafür ist es zu persönlich, zu subjektiv. Aber: Beides zusammen ist genau das Buch, das ich gerade lesen wollte in meiner kindlichen Begeisterung für die Elemente und was die kleinen Racker so machen. Sacks erzählt von seinem Onkel, dem eine Glühlampenfabrik gehört, in der Wolfram (engl: tungsten) verarbeitet wird. Er gibt sein chemisches Wissen an seinen kleinen Neffen weiter, der natürlich davon beeindruckt ist, dass Dings blaue Dämpfe ergibt und Bums schönstens explodiert, wenn man es mit Schlumpf reagieren lässt. Und als Leserin hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, mit Sacks alles zu entdecken. Es hat sich nicht angefühlt wie eine Versuchsbeschreibung nach der nächsten, sondern so, als ob man mit ihm zusammen davon fasziniert ist, wie verschieden Metalle sind oder Edelgase oder seltene Erden (was für ein toller Name!), als ob man mit ihm zusammen Reagenzgläser mischt und Elementproben sammelt und im Science Museum rumhängt und das Periodensystem auswendig lernt.

Sacks ist ja eh ein Meister im persönlichen Schreiben, wenn man das so nennen mag. Auch in seinen anderen Büchern (zum Beispiel dem hier oder dem hier) schafft er es, jede Distanz auszublenden und einen quasi mit ans Krankenbett zu nehmen. Genauso begeistert habe ich ihm bei seinen Experimenten über die Schulter geguckt. Zusätzlich erzählt Sacks noch viele Anekdoten aus der Geschichte der Chemie, die er als Kind gehört hat und von denen ich einige netterweise schon aus der tollen BBC-Doku kannte: die Entdeckung einzelner Elemente, das Entstehen des Periodensystems und des Bohr’schen Atommodells zum Beispiel. Alles zusammen ergibt – für mich – eben genau so ein Buch über Chemie, wie ich es lesen wollte: Historie vermischt mit alltäglichen Anwendungen von chemischen Elementen, gepaart mit einem absolut begeisternden Schreibstil. Für alle Chemiker wahrscheinlich romantischer Kinderkram, für alle Nichtinteressierten schlimmer als ein Schulbuch, aber für alle Knallköppe wie mich, die gerade Sachen toll finden, die andere in der 7. Klasse toll fanden, ein wundervolles, wundervolles Buch.

(Mit Dank an giardino: Sing along!)

FlixFaust. Der Tragödie erster Teil

Wie der Name schon sagt: Faust eben. Nur mit Faust als Berliner Taxifahrer, mit einem Gott, der „seine“ Welt mit Google Earth im Auge behält, in der Allah einen Skype-Account hat, mit Mephisto, der sich als Life Coach ausgibt, mit Margarete, die nach Frau Schreinemakers benannt ist und die Tochter des Gemüsetürken um die Ecke ist, und mit einem dicken, pupsenden Pudel namens Charlotte von Stein. Die Geschichte ist in vielen, vielen Teilen schon in der FAZ erschienen, was mich wahnsinnig gemacht hat – immer nur vier, fünf Bilder zu sehen, fand ich irrsinnig anstrengend. Deswegen habe ich brav auf das Buch gewartet und es dann in einem Rutsch durchgelesen. Wie immer bei Flix: schöne Sätze, schöne Bilder, komische Füße, Gags im Hintergrund (die Cornflakespackung mit der Aufschrift „Cornflix“ oder dass die angesagte Bar ausgerechnet Dante heißt) und Sprechblasen, die mich minutenlang hysterisch kichern lassen: „Was sagte Gott, als er das Ruhrgebiet erschaffen hatte? Essen ist fertig.“

(Alle Folgen auf faz.net)

Siri Hustvedt – The Sorrows of an American

In Sorrows geht es um den Psychiater Erik, seine Schwester Inga und drei Storylines auf einmal. Erik verliebt sich in seine Untermieterin, die seltsame Fotos geschickt bekommt, Inga muss sich mit Leuten herumschlagen, die was mit ihrem verstorbenen Mann Max zu tun haben, der ein bewunderter Autor war, und im Hintergrund wabert noch eine Familiengeschichte mit dem noch zu bestattenden Vater rum. Die jeweiligen Auflösungen sind relativ unspektakulär, aber trotzdem habe ich das Buch sehr gerne gelesen, weil ich den Stil von Hustvedt so gerne mag. Er ist nicht ganz so auf den Punkt gewesen wie bei What I Loved; ich hatte eher das Gefühl des Entlangschlenderns am Leben von ein paar Leuten, wie auf einer Party, wo man mit halbem Ohr drei Geschichten erzählt kriegt, die alle keinen Anfang und kein Ende haben, sondern schlicht einen kurzen Eindruck hinterlassen. Mir kamen die Figuren nicht ganz so nahe wie bei Loved, und ich fand es sehr lustig, dass Hustvedt wieder aus der Ich-Perspektive eines Mannes geschrieben hat. Aber wie gesagt: gerne gelesen. (Das war jetzt eine arg fusselige Rezension, ich weiß. Passt aber zum Buch.)

(Leseprobe bei amazon.com)

Mike Carey/Peter Gross – The Unwritten 1: Tommy Taylor and the Bogus Identity

Tommy Taylor ist ein kleiner Zauberer mit einer Tätowierung, die wehtut, sobald sich der böse Ambrosio nähert. Seine beiden Freunde Sue und Peter helfen ihm bei seinen Abenteuern … klingt bekannt? Kein Wunder, dass die Tommy-Taylor-Bücher so beliebt sind und sich Tom Wilson, der Sohn des Verfassers, mit gut informierten Fans auf der Comiccon auseinandersetzen muss. Wilson ist vor Jahren unter nie geklärten Umständen verschwunden, und Tom bemüht sich, das Erbe aufrechtzuerhalten, muss aber gleichzeitig damit zurechtkommen, dass alle Welt ihn für den kleinen Zauberer hält und ihm Kräfte zuschreibt, die er nicht hat. Oder doch? The Unwritten 1 versammelt die ersten fünf Hefte dieser neue Serie, und sie klingt ziemlich vielversprechend. Man kann sich nie sicher sein, wieviel Fiktion wirklich Fiktion ist und wieviel Wirklichkeit. Alles verwischt, es gibt eine Landkarte, auf der Orte aus berühmten Romanen verzeichnet sind, Wilson hat seinem Sohn beigebracht, solche Orte als real zu betrachten, und zum Schluss des Buches taucht auch noch Rudyard Kipling auf, der vielleicht auch etwas mit der Geschichte zu tun hat … alles noch sehr verworren, aber ich mag das Spiel mit Figuren aus der Literatur. Man hat ja nicht oft einen Harry-Potter-Klon und Frankensteins Monster auf einer Buchseite.

Warren Ellis/Darick Robertson – Transmetropolitan 4: The New Scum

Auch wieder ein schöner Wurf. Dieses Mal geht es um den Präsidenten (the beast) und seinen Herausforderer (the smiler), die beide Spider Jerusalem überraschend offene Interviews geben. Spider ist immer noch angenervt von der ganzen Welt, aber diesmal überwältigt sie ihn schließlich, und wir bekommen ab und zu ein überfordertes Großmaul zu sehen, was mir sehr gut gefallen hat.

(Leseprobe bei amazon.de)

Tagebuchbloggen 30.03.2010:
Man spricht kein Deutsh

Ich entschuldige mich hiermit bei allen Cafés, in die ich nicht mehr gehe, weil sie Deppenapostrophe in ihren Speisekarten haben. Ich habe seit zwei Jahren einen Rechtschreibfehler in meinem Rechnungsformular, und unglaublicherweise haben alle meine Kunden bisher brav bezahlt. Richtig muss es heißen:

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Anke Gröner

Kein Komma hinter „Grüßen“. Aber ich bin immerhin nicht alleine mit meinem Unwissen.

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Kundenanmerkung zu einem TOTAL OKAYEN SATZ: „Klingt nicht deutsch“.

Kontakterin zu neuer Headline: „Versteh ich nicht.“

Kreativdirektor zum gesamten Katalogtext: „Könnte ein bisschen faszinierender sein.“

Kollegin gegenüber: „Schreibt man „den einen oder anderen“ groß oder klein?“

Anke: „Das fragst du mich? HEUTE?“

Wie schon gesagt: Ich werd jetzt Grafiker. (Und ich setze weiterhin ein Komma hinter „Grüßen“. Weiß ja anscheinend eh keiner, wie’s richtig ist.)

” ‘We will kill every enemy’, Stalin hat promised in a toast in November 1937; ‘if he is an Old Bolshevik, we will destroy his relatives, his family. We will destroy anyone who with his deeds or thoughts strikes a blow against the unity of the Soviet state.’ Of the small group of men who signed almost four hundred execution lists during the Great Terror, which lasted, at its peak, from the summer of 1937 with Politburo Order no. 00447 against ‘anti-Soviet elements’ until the early winter of 1938, Molotov signed the greatest number: 373 (eleven more lists than Stalin himself signed), bearing the names of 43,569 people. On one day in December 1937, Molotov, Stalin and Andrei Zhdanov signed away 2,274 lives. It was Molotov who had suggested sentencing by list. On some lists, he personally changed verdicts form imprisonment to death, but he made a habit of underlining numbers, not names.“

Molotov’s Magic Lantern – A Journey in Russian History, Rachel Polonsky, Faber and Faber 2010, p. 87/88

Äffchen mit Schreibmaschinen

Wenn du willst, dass dein Mac so klingt wie eine Schreibmaschine, so mit KLACKKLACKKLACK! und BING!, dann hat GoFugYourself eine Lösung. Und die Kommentatoren auch eine für die ollen PCs.

Ich hab’s noch nicht ausprobiert. Zum Ausgleich dafür ein Regenbogenfoto, das ich Sonntag während des schlimmen, SCHLIMMEN HSV-Spiels gemacht habe.

regenbogen

(Willkommen beim ereignislosesten Tag des Jahres. Bisher.)

Noch ein Dankeschön zu meinem Geburtstag. coolcat hat mich mit einem weiteren Buch für den großen Stapel beglückt: Wo die glücklichen Hühner wohnen von Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer. Vielen Dank, ich habe mich sehr gefreut – und gestern schon ein bisschen festgelesen, wodurch ich festgestellt habe, dass Koch- und Backblogs im Buch als gute Rezeptequelle erwähnt werden. Bis jetzt bin ich beim Kapitel Brot auf Chili und Ciabatta gestoßen. Wie toll ist das denn.

Töröö

Der beste Grund, in der Oper im Rang zu sitzen: Man kann dem Orchester bei der Arbeit zugucken. Ich sitze lieber im Parkett, weil eben das Orchester mich so schön ablenkt, aber ich muss gestehen, bei einigen Wagner-Opern sitze ich absichtlich im Rang, weil ich weiß, dass mir irgendwann langweilig wird. Mein liebstes „Objekt“ ist meist die Harfenistin (ich hab noch nie einen männlichen Harfenspieler gesehen), die zwei-, dreimal die Saiten erklingen lässt – und dann ne halbe Stunde ein gutes Buch liest, bis sie mal wieder was zu tun kriegt. Einige Musikanten gehen auch raus, wofür ich sie immer bewundere; gerade bei den vielen Percussionsinstrumenten hätte ich immer Angst, irgendwo gegenzurennen.

Und wie es einem Posaunisten bei Rachmaninows 2. Klavierkonzert so geht, zeigt netterweise die Orchestermusikerin.

(Edit: Verdammtes Internet. Posaunist hat mich angefixt. Eingekauft.)

Apfelkuchen vom Blech

Ich finde es sehr lustig, dass ich in letzter Zeit viel freundliche Leserpost zum Thema Essen bekomme. Da erzählen mir Leute, wie ich Fisch unfallfrei aus Pfannen kriege (wie – Geduld?!? Keine Chance) oder dass das immer so gute Laune mache, wenn ich von meinen Anfängerköstlichkeiten erzähle. Das freut mich sehr. Es wundert mich zwar auch – ich meine, wenn’s ein 12-Gänge-Feinschmecker-Menü wäre, von dem ich schreibe, okay, aber Gemüsesuppe? –, aber es fällt mir mit diesem Wissen im Hinterkopf leichter, Allerweltsrezepte wie das folgende aufzuschreiben. Eigentlich sind die ganzen Rezepte nämlich eher für mich, damit ich sie – eben – aufschreibe.

Dann los. Apfelkuchen, Baby.

apfelkuchen

Aus 500 g Mehl, zwei Eiern, einem Würfel Hefe, 50 ml lauwarmer Milch, 60 g Zucker und einer Prise Salz einen Hefeteig zubereiten. Ich hatte leider keine Frischhefe im Haus, daher wurde es eins dieser Tütchen, die mir etwas unheimlich sind. Erstens weil ich den Geruch und das Gefühl beim Auseinanderbröckeln von Frischhefe so gerne mag. Und zweitens weil ich nicht verstehe, warum der Teig trotzdem was wird, so ohne Vorteig und schon mal gehen lassen und so. (Ich lese die falschen Chemiebücher.)

Den Teig dann mummelwarm vor sich hingehen lassen; in meinem Buch stand was von zwei bis drei Stunden, aber das geht bei Frau Ungeduld ja gar nicht. Anderthalb Stunden mussten reichen, dann wurde aus der fluffigen Teigkugel, die so langsam aus der Schüssel quoll, ein Blech voll Teig, das nochmal zehn Minuten gehen durfte.

In der Zeit habe ich sechs Äpfel zu dünnen Spalten verarbeitet. Im Rezept stand was von 2,5 Kilo – bei mir waren es gerade mal 1,5 und es hat trotzdem locker gereicht. Dafür war am Ende das Verhältnis von Teig zu Frucht natürlich etwas ausgewogener; bei mehr Äpfeln wäre mir der Teig vielleicht nicht ganz so als relativ geschmacksneutral aufgefallen. Dafür hab ich der Sahne dann Vanillezucker gegönnt.

Das Blech mit Apfelspalten belegen, ein bisschen Zitronensaft drüberträufeln, Zimt und Zucker drauf und dann im auf 180° vorgeheizten Backofen 30 Minuten lang backen.

Und wenn man ein Foto macht, wenn der Kuchen noch brüllwarm ist, verläuft auch die Sahne total fotogen.

Das Genderblog schreibt sehr positiv über Lady Gagas Telephone.

(Ich mag die Dame.)

„Was gibt’s zu essen?“

„Ich dachte, nach der anstrengenden Woche mach ich mal Hausmannskost aus den 60er Jahren: einen fiesen Kartoffelhackauflauf.“

„Lecker. … Sieht aber aus wie schon mal gegessen.“

„Warte, da kommt noch Petersilie drauf.“

Neil Gaiman beschreibt seinen Besuch bei einer kleinen Filmpreisverleihung: A nobody’s guide to the Oscars.

“I head for the first mezzanine bar. I’m hungry and want to kill some time. I drink whiskey. I order a chocolate brownie that turns out to be about as big as my head and the sweetest thing I’ve ever put in my mouth. I share it.

People are wandering up and down the stairs.

Whiskey and sugar careening through my system, I defy the orders on my ticket not to photograph anything, and I tweet a picture of the bar menu. My fiancee is sending me messages on Twitter urging me to photograph the inside of the women’s toilet, something she did during the Golden Globes, but even in my sugar-addled state, that seems a potentially disastrous idea. Still, I think, I should head downstairs and, in the next commercial break, say hello to Henry Selick. I walk over to the stairs. A nice young man in a suit asks me for my ticket. I show it to him. He explains that, as a resident of the first mezzanine, I am not permitted to walk downstairs and potentially bother the A-list.

I am outraged.

I am not actually outraged, but I am a bit bored, and I have friends downstairs.

I decide that I will persuade the inhabitants of the mezzanines to rise up as one and to storm the stairs, like in Titanic. They might shoot a few of us, I decide, but they cannot stop us all. We can be free; we can drink in the downstairs bar; we can mingle with Harvey Weinstein.

Someone tells me on Twitter that nobody’s checking the elevators. I suspect that might be a trap, and head back to my seat.”

(via Jens Scholz)

Wenn ich mir was wünschen könnte, würde ich gerne meinen Lebensunterhalt damit bestreiten, Bildunterschriften für Unhappy Hipsters zu schreiben.

(via mlrm)

Tagebuchbloggen 24.03.2010

Einen Haken unter einen Katalog gemacht. Einen halben unter einen zweiten. Bei einem dritten nochmal über die Headlines gegangen. Bei einem vierten letzte Fitzelkorrekturen mit dem Lektorat abgeglichen. Bei einem Mailing die englische Fassung freigegeben. Textmanuskript für eine Webseite begonnen. Textbausteine für einen Riesenstapel Mailings teilweise fertiggekriegt.

Sehr hungrig gewesen.

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Heilbutt gemacht und wie immer bei Fisch nicht komplett aus der Pfanne gekriegt. Dazu gab’s Zucchini und grüne Paprika und Kartoffelpüree mit Petersilie.

Zum zweiten Mal meinen tollen Dekoring benutzt. Ich stapele Essen jetzt immer aufeinander. Wozu guck ich sonst Masterchef.

The Good Wife

Wenn man erkältet ist, kann man ja nicht viel mehr machen als rumliegen und irgendwann, wenn der Kopf wieder halbwegs da ist, aber der Kreislauf noch nicht, Serien gucken. Auf Halde lag bei mir noch The Good Wife mit Julianna Margulies, die ich seit ER sehr gerne sehe.

Die Serie beginnt mit der Pressekonferenz von Peter Florrick (Chris „Mr. Big“ Noth), seines Zeichens Generalstaatsanwalt von Cook County. Florrick gesteht seine Bestechlichkeit und dass er seine Frau betrogen habe. Margulies als Alicia Florrick steht ihm mit versteinertem Gesicht zur Seite. Schnitt, ein paar Monate später. Peter sitzt im Gefängnis, Alicia wohnt mit ihren zwei pubertierenden Kindern statt in einem Riesenhaus in einem Appartement und nimmt dankbar das Angebot ihres alten Studienkollegen Will (Josh Charles) an, in seiner Anwaltsfirma zu arbeiten, um über die Runden zu kommen.

Die Folgen drehen sich dann um die üblichen Gerichtsfälle, und die Serie definiert das Genre auch nicht unbedingt neu. Was sie aber trotzdem sehenswert macht, ist das immer wiederkehrende Motiv des Ehelebens: Wie verhält man sich als Ehefrau, der sehr publik wehgetan wurde? Was macht man als Ehemann, der alles wieder geraderücken will, aber hinter Gittern sitzt? Wie geht es den Kindern damit, dass ihre Schulkameraden das Sexvideo ihres Vaters kennen? Und: Wie geht der Rest der Welt mit dieser Familie um? Mal kommt Alicia ihr Status als betrogene Frau zugute, mal ganz und gar nicht. Die Rahmenhandlung ist daher meist spannender als die Gerichtsfälle, aber auch die sind gut geschrieben und routiniert in Szene gesetzt.

Mir haben vor allem die Frauenfiguren gefallen. Erstens mal, dass sie gefühlt in der Mehrheit sind (hat man ja auch nicht alle Tage). Alicia in ihrer ständigen Ambivalenz und Stärke, ihre Mitarbeiterin Kalinda (Archie Panjabi), die für sie investigativ unterwegs ist – alleine die Tatsache, dass das kein Kerl ist, fand ich bemerkenswert. Diane (Christine Baranski), Wills Partnerin in der Anwaltsfirma, die gleich in der ersten Folge klarmacht, dass sie Frauen fördert, weil’s sonst keiner tut.

Alles in allem: gut gemachtes Serienfutter, das ab 31. März auch in Deutschland zu sehen ist. In Amerika neigt sich die erste Staffel gerade ihrem Ende zu, und eine zweite ist bereits abgenickt.

Isa hat neuerdings eine Kolumne im Kulturmagazin Titel, und in der gestrigen geht’s darum, was genau man eigentlich so übersetzt.

„„Du bist doch Übersetzerin, was heißt denn refrigerator?“ – Keine Ahnung. Ich bin Übersetzerin, ich kann keine Wörter übersetzen. Fast nie. Nicht mal so vermeintlich eindeutige Wörter wie refrigerator.

Das ist natürlich eine etwas wichtigtuerische Pose. In Wahrheit habe ich durchaus eine Ahnung: refrigerator wird in den allermeisten Fällen wahrscheinlich Kühlschrank heißen. Seltener vielleicht auch Kühler oder Kühlwagen oder Kondensator (eines Kühlsystems). Im Einzelfall kann es aber auch mal sein, dass refrigerator mit Schlagbohrmaschine übersetzt werden muss. Oder Staubsaugerbeutel. Das glauben Sie nicht?“

Dazu ist mir ein Absatz aus einem Buch eingefallen, über das ihr natürlich in schönster Ausführlichkeit am 31. März in der monatlichen Bücherrückschau informiert werden: Eisner/Miller, eine Aufzeichnung von dutzenden von Gesprächen zwischen Will Eisner und Frank Miller. Darin erzählt Eisner, dass sein Text, der auch mal ohne Sprechblase im Bild „hängt“, auch immer zu seiner Bildkomposition gehört. Hier muss der/die Übersetzer_in wahrscheinlich also auch mit dem Zeichner zusammenarbeiten, damit die Worte von der Länge her ins Bild passen.

(Blogs. Bücher. Worte. Toll. Wie immer. Aber wem sag ich das.)

Huhn mit karamellisierten Schalotten

schalottenhuhn

Alles wie David Lebovitz machen. Essen. Glücklich sein.

Oder alles wie Anke machen und beim Wenden des Hühnchens noch ein bisschen Öl nachgießen. Gibt mehr Bratensaft. Und Paprikareis geht immer, vor allem, wenn man Timbaltürmchen damit bauen kann. Dann aber auch essen und glücklich sein.