Samstag, 4. Mai 2024 – „Die Prüfung“

Gestern wieder brav gar nichts gemacht, um die Rekonvaleszenz nicht zu stören wie am Freitag, wo es anscheinend schon zu viel war, drei Mahlzeiten zuzubereiten. Also zurück zum Sandwich, Apfelmus (immer ein Gläschen im Haus) und Müsli. Und Immobilienschrott auf Netflix, „Black-ish“ auf Disney+ (die Serie ist völlig an mir vorbeigegangen – die kann ich jetzt komplett nachschauen) und einem Film auf Amazon Prime, auf den ich bei Christian aufmerksam geworden bin: „Die Prüfung“.

Ich zitiere von Amazon: „687 Bewerber, 10 Plätze, 9 Prüfer, 10 Tage Zeit: Jahr für Jahr ist die Aufnahmeprüfung an der Staatlichen Schauspielschule Hannover nicht nur eine besondere Herausforderung für die Bewerber, sondern auch eine außerordentliche Belastungsprobe für das Kollegium.“ Die Kamera durfte anscheinend in allen Auswahlrunden der Bewerber*innen dabei sein, wir sehen also erste Vorsprechen bis hin zum abschließenden Workshop, nach dem die Endauswahl der zehn zukünftigen Studierenden ansteht. Dazu gibt es Aussagen der Prüfenden, die ein bisschen einordnen, was wir sehen.

Ich war schon beim Beginn des Films erstaunt, als die ganzen Bewerberinnen aus der Straßenbahn am Messegelände ausstiegen – das Expo-Gelände ist dann doch recht unverkennbar. Ich wusste nicht, dass der Bereich Schauspiel der Hochschule für Musik, Theater und Medien anscheinend dort residiert. Gleich mal auf der Website geguckt, ob das auch alles seine Richtigkeit hat, denn ich hatte die Hochschule immer mitten im Grünen an der Eilenriede verortet. Da sitzt aber nur die Musik. Wieder was gelernt.

Die Doku ist bereits von 2016, weswegen man die Namen der Angenommenen aus dem Abspann schön ergoogeln kann. Einige sind anscheinend a) nach Hannover zum Studium gekommen anstatt sich für eine andere Stadt zu entscheiden, b) inzwischen in diesem Beruf tätig oder c) machen jetzt etwas ganz anderes.

Ich fand es spannend zu sehen, worauf die Prüfenden achten bzw. was sie suchen oder aus den Kandidat*innen herauskitzeln wollen. Ein Zitat eines Prüfers beschäftigt mich seit gestern, weil ich erst da rational nachvollziehen konnte, was im Theater eigentlich mit mir als Zuschauerin passiert: „Ein guter Schauspieler, eine gute Schauspielerin geht persönlich über die eigene Angst, zum Beispiel vor Veröffentlichungen oder auch vor Kontakt, die jedem Menschen innewohnt heutzutage. Und dass sie das schaffen und dann Dinge so öffentlich verhandeln, die man sich im Leben privat wohl kaum zu sagen traut – das ist ja nicht nur ein extrovertierter Rausch, sondern es ist für die meisten ein echter Schritt, [die Überwindung der Angst] zu erobern und zu kultivieren –, das ist für den Zuschauer eine Riesenchance zu einer Befreiung. Das dann zu erleben.“

Ja! Auch Kino mit seinen Geschichten und erzählerischen Kniffen erweckt in mir Dinge, von denen ich nicht wusste, dass sie da sind oder die an der Oberfläche wollen; auch in klassischen Konzerten bin ich neuerdings immer wieder davon überrascht, was alles hochgespült wird, das ich gar nicht auf dem Plan hatte, sobald die Geigen einsetzen. Aber Theater ist noch näher, direkter, intensiver. Das „öffentliche Verhandeln“ findet quasi auf Augenhöhe und vor der eigenen Nase statt. Das ist manchmal schwer auszuhalten; ich bin schon aus Theatervorstellungen gegangen, weil sie mich überforderten. Aus Kinos bin ich bisher nur gegangen, weil ich tödlich gelangweilt war.

Memo to me: mal wieder ins Resi gehen. Oder in die Kammerspiele.