Donnerstag, 8. Februar 2024 – Punkt und Komma

Fast den ganzen Tag die Fahnen für meinen Aufsatz korrigiert, der im Sammelband zur Bayerlein-Konferenz erscheinen wird, die schon im Oktober 2022 stattgefunden hatte. Das musste ich als totalen Gegensatz zur Werbung lernen: Die Wissenschaft hat gerne mal Gletschertempo. Also genau das richtige für mich ungeduldiges Hibbelbienchen.

Ich korrigierte freudig dutzende von Kommata zu Punkten um, weil der Style Guide nur so halbherzig verfolgt wurde bzw. sich nach der ersten Korrekturschleife irgendwie änderte; daher baute ich selber viele Fehler ein, die auch das Lektorat nicht alle fand, aber jetzt müsste alles hübsch sein. Hoffe ich. Der Band wird Open Access erscheinen, ich werde hier bei Erscheinen groß dafür trommeln.

Das ist jetzt der dritte Aufsatz oder längere Beitrag, den ich zu Protzen geschrieben habe, und jedesmal habe ich mir einen anderen Aufhänger gesucht; das wäre ja langweilig, einfach nur Teile der Diss abzuschreiben bzw. zu kürzen. Im Text für den Katalog zu „Kunst und Leben 1918 bis 1955“ ging es um eine superknappe Darstellung und warum man sich heute noch für den Maler interessieren sollte. Für die „Bayerische Staatszeitung“ wollte ich einen knackigen Reinkommer haben, wie in der Werbung: Grab them und lass sie nicht wieder los. Daher entschied ich mich dort für die Besichtigungsbusfahrt für Künstler*innen, die mit Ingenieuren und Konstrukteuren Baustellen anschauten, um sie abzumalen. Das dürfte nicht jeder*m bekannt sein.

Für den Sammelband der Bayerlein-Konferenz war die finanzielle und künstlerische Situation Protzens vor 1933 mein Einstieg, die nicht gerade rosig war: kaum Verdienste, kaum gute Kritiken, kaum überregionale Bekanntheit. Das änderte sich spätestens 1934, als er erste staatliche Aufräge bekam, 1936 war er Juror in „Die Straßen Adolf Hitlers in der Kunst“ und konnte seine sieben eingereichten Werke auch, Zauberei, sowohl in München als auch in Berlin und Breslau ausstellen und teilweise verkaufen. Ab 1937 reichte die Malerei als Lebensgrundlage, was ich für nicht unwichtig halte. Spätestens hier hätte der Herr sich auf Blumenstillleben zurückziehen können, aber er malte weiter Autobahnen, weil die halt ordentlich Geld brachten.

Mein Beitrag endet unter anderem mit einem Brief aus dem Nachlass, den ich in der Diss nur sehr en passant erwähne, weil mir gar nicht klar war, mit wem Protzen korrespondierte; das fiel mir erst ewig später auf, dass Herr Lorenz schon während der NS-Zeit ein Ansprechpartner für die Maler*innen war, denen er deutlich nahelegte, sich Mühe zu geben für „die Straßen des Führers“. Daher schließe ich mit der ersten Verkehrsausstellung nach dem Krieg in München, nämlich der Deutschen Verkehrsausstellung München 1953, wo, schon wieder Zauberei, sehr ähnliche Fotografien wie schon 1934 gezeigt wurden von sehr ähnlichen Streckenabschnitten. Diese Ausstellung hatte ich nicht in der Diss, dafür habe ich nochmal im Stadt- und Staatsarchiv gewühlt.