Dienstag, 7. September 2004

Guess what Anke did yesterday:

Genau. Anke war singen.

Seit einigen Monaten habe ich im Hinterkopf, Gesangsunterricht zu nehmen. Ich singe, seit ich denken kann. Meine englischen Vokabelkenntnisse kommen daher, dass ich Songtexte verstehen und mitsingen wollte. Ich bin allerdings niemand, der vor Leuten singt. Im Kinderchor, klar, in der Kirche, auch kein Thema. Aber mich vorne auf eine Bühne stellen und singen – no way. Ich war auch nie der Meinung, eine besondere Stimme zu haben. Aber vor ein paar Monaten sind zwei Freunde von mir und ich zu einer Party gefahren. Die beiden haben vorne zum Radio mitgegrölt, und ich dachte mir hinten irgendwann, ach egal, singste halt mit. Und als ich bei Pinks „Bahahahabyyyy, you’re mine“ zum ersten Mal aus vollem Hals mitsang, drehten sich beide um und meinten nur: „Wow.“

Seitdem habe ich unserer Empfangsdame in meiner alten Agentur mal vorgesungen, die ausgebildete Musicalsängerin ist, um festzustellen, ob da vielleicht doch ein bisschen Stimme in mir schlummert. Sie meinte, dass auf jeden Fall Potenzial da sei (im Klartext: ein Plattenvertrag wird’s nicht, aber da müsste ich ja auch nach vorne auf eine Bühne) und hat mir die Nummer ihres Gesangslehrers Tony gegeben. Nach ein paar Tagen Zieren und Zögern habe ich ihn angerufen, und gestern hatte ich meine erste Stunde.

Was soll ich sagen? Es – war – so – geil.

Tony ist Amerikaner, ausgebildeter Tenor und zurzeit einer der drei Vocal Coaches von Der König der Löwen – die Stunden finden übrigens im Theater statt, allerdings natürlich hinten im Verwaltungstrakt und nicht vorne, wo’s spannend wäre. Er hat zum Einstieg Tonfolgen auf dem Klavier gespielt, die ich nachgesungen habe. Anfangs noch etwas zittrig und nervös, aber schon nach wenigen Minuten freier und voluminöser. Dabei musste ich im Zimmer rumlaufen oder bei höheren Tönen so tun, als würde ich einen Frisbee schmeißen – inklusive Armbewegung und Kraftaufwand. Das Spannende dabei: Ich habe mich so auf den Arm und den imaginären Frisbee konzentriert, dass ich plötzlich in Tonlagen gesungen habe, von denen ich nie geglaubt hätte, dass ich sie hinkriegen würde – einfach weil ich nicht darüber nachgedacht habe, ob ich da wohl hinkomme, ob sich das gut anhört, ob ich genug Luft habe blablabla. Ich habe mittendrin in den „Etüden“ angefangen zu lachen, weil ich mich so gefreut habe, wie toll es klang und wie wenig nach DSDS erste Castingrunde, was ich insgeheim befürchtet hatte.

Nachdem ich warm war, habe ich zwei Lieder singen dürfen: Send in the clowns aus A Little Night Music und No one knows who I am aus Jekyll & Hyde. Tony hat einige Takte vorgesungen, ich hab leise mitgesummt und dann selbst gesungen. Dazu hat Tony mich auf dem Klavier begleitet. Auch hier habe ich kurz innegehalten, aber diesmal nur für mich: Ich singe! Ich singe, und jemand begleitet mich auf dem Klavier! Und es klingt für die erste Stunde schon verdammt annehmbar. Ist das SCHÖN!

Ich hatte leider nichts zum Aufnehmen dabei, wie Tony mir geraten hatte, so dass sich das Üben für nächste Woche als ein kleines Problem herausstellt. Ich habe zwar die Noten hier, aber leider weder mein Akkordeon oder meine Geige, um mir den Anfangston zu geben oder mir die Melodie nochmal zu vergegenwärtigen. Ich glaube, ich muss meine Melodica mal suchen, um für nächste Woche vorbereitet zu sein.

Der Kerl musste übrigens danach für Stunden meine geperlten Tonfolgen ertragen, denn ich wollte gar nicht mehr aufhören zu singen. Es hat soviel Spaß gemacht und soviel gute Laune, auch wenn mir meine Schultern jetzt weh tun und ich müde bin vom vielen Adrenalin. Es war einfach klasse. Und bis nächsten Montag schicke ich jetzt die Clowns rein und frage mich, wer ich bin. Mimimimiiiiiii …