Links vom Montag, 11. Oktober 2021 – Gutes Essen

Gegessen wird, was auf den Tisch kommt

Die Staatsbibliothek Dresden hat eine hübsche Online-Ausstellung zu Wolfram Siebeck und generell dem guten Essen in Bundesrepublik und DDR eröffnet. „In der SLUB wird derzeit ein eigener Raum für die kulinarisch-gastrosophische Literatur eingerichtet.“

Die FAZ, aus der auch das Zitat eben stammt, schreibt:

„Die Online-Schau nutzt historische Fotos, Videos und Texte. Sie ist auf zugängliche Weise klar strukturiert und übersichtlich nach Themen geordnet. Zwei „Intros“, einmal zum Deutschem Küchenwunder und einmal zu Wolfram Siebeck, folgen Kapitel wie „Vorgeschichte“, „Entstehungszeit und frühe Akteure“, „Kulinarische Ästhetik“, „Neue Kochstile“, „Anfänge kulinarischer Öffentlichkeit“. Schon diese Übersicht verdeutlicht, dass es auch um die Wirkkraft des Neuen Kochens in den Siebzigern auf die Öffentlichkeit geht.

In diesem Sinne hatte auch Wolfram Siebeck seine Kritiken und Feuilletons über die Nouvelle Cuisine geschrieben: als eine neue Form von kultureller Kompetenz in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und der NS-Zeit, die für Feinschmeckerei nicht viel übrighatte. Siebeck erklärt in einem Video aus auf seine typische kunstvoll-pointierte Art ebenso provozierend wie unterhaltsam: „Normalerweise ernährt sich der Deutsche im Sturmschritt, er kommt ins Haus gerannt, öffnet die Kühlschranktür, nimmt etwas heraus, was sich ruckzuck aufwärmen lässt, isst es ruckzuck, um bloß irgendwas anderes zu machen. Für ein gepflegtes Essen, für die Art von Esskultur, wie ich sie mir vorstelle, da lassen sich nicht so viele Leute engagieren in Deutschland. Wir anderen profitieren davon, von einem großen Angebot guter Produkte, die wir heute haben, aber die praktizierenden Feinschmecker, eine kleine Gemeinde, eine schützenswerte Minderheit.““

Hier zwei Fotos aus dem Tantris von 1971 nach der Eröffnung – die theoretisch auch heute hätten gemacht sein können; ich erwähne gern, dass die hummerrote Einrichtung unter Denkmalschutz steht.

Ebenfalls in der FAZ gelernt: Friedrich der Große brühte seinen Kaffee nicht mit Wasser, sondern mit Champagner auf. Ihr entschuldigt mich kurz.

What pretending to be a White guy taught me about privilege

Die Restaurantkritikerin Annabelle Tometich outete sich vor Kurzem als nicht der „French dude“, unter dessen Namen sie jahrelang schrieb. Der Artikel in der News-Press ist leider nur für Abonnentinnen zugängig, der Kommentar von ihr in der Washington Post hoffentlich nicht:

„I spent 15 years pretending to be a White guy.

For more than a third of my life, I wrote restaurant reviews under the pseudonym Jean Le Boeuf — as one in a long line of Le Boeufs at the News-Press in Fort Myers, Fla. The name dates to 1979 and has been handed down critic to critic. Le Boeuf could, in theory, be anyone. That was the point. But if my inbox served as indication — where emails started “Dear Sir” and “Cher Monsieur” — most readers assumed Jean was a dude. A French dude.

I liked being a French dude. Perhaps because I’m not at all a French dude. I’m a half-Filipina, half-Yugoslavian/English/Canadian woman, born one year after Le Boeuf was created in the same place he was created: a city named for a Confederate colonel. […]

When I got the job, I was overjoyed. I’d always been seen as Brown, as mixed, as never quite enough. But as Le Boeuf I could wield the ultimate power: Whiteness.

“One of the greatest underrecognized privileges of Whiteness might be the license it gives some to fail without fear,” the critic Adam Bradley recently wrote. I get it. As Le Boeuf, I was fearless.

I railed against rubbery deviled eggs and tired fusion concepts. I did so knowing no one would mansplain to me what eggs should “really” taste like or troll me with some “Stick to Chinese food!” nonsense. I told people where to eat, and they listened. This was power as I’d never known it.“