Tagebuch Samstag/Sonntag, 8./9. Mai 2021 – Weißwurst und Fußnoten

Der Samstag begann, wie seit Monaten traditionell, mit unserem einzigen gemeinsamen wöchentlichen Frühstück. Da ich im Moment bis zur Besinnungslosigkeit backe, gibt es derzeit eigentlich ständig Kuchen („Dann mögen sie doch Brioche essen“), aber Samstag früh musste ich zur Packstation, weil ich Freitag keine Lust mehr darauf gehabt hatte; auf dem Weg liegt mein Metzger und ein akzeptabler Bäcker, also wurden es auf dem Rückweg spontan Weißwürste und Brezn. Ich hatte noch süßen Senf im Haus, wonach F. sofort kritisch fragte, bis mir einfiel, dass ich den schon zum Einzug vor über zweieinhalb Jahren erworben hatte. Ein Geschmackstest ergab eine leicht säuerliche Note, woraufhin ich meinen brav eingehaltenen Plan, nur einmal in der Woche in einen Supermarkt zu gehen, kurz ignorierte – es sind noch zehn Tage bis zur Zweitimpfung, jetzt nicht einknicken! – und für den Senf flugs zum Edeka ging. Wenn ich schon mal da bin, Bananen, Klopapier, Müsli, Milch, hätte alles noch bis diese Woche gereicht, aber wenn ich schon mal da bin, Sie kennen das.

Seit ich die erste Zeile dieses Eintrags getippt habe, muss ich an einen Satz aus dem „Perfekten Dinner“ denken, das ich gerade rückwärts gucke, so lange TVNow mich lässt. Da wurde ein Paar gefragt, wie es sich kennengelernt habe, und die Dame meinte: „Im Internet. Ganz traditionell.“ Darüber freue ich mich seit Tagen.

Samstag begann ich die Dissertation von Theresa Sepp über Ernst Buchner zu lesen, die neulich gut in der SZ besprochen wurde und die netterweise umsonst auf unserem Uniserver liegt. Also das, was meine Arbeit leider nicht tun wird, weil ich einen Verlag habe. (Hier den üblichen Rant zu Urheberrechten und den Kosten für Golden Open Access einfügen.) Aber: Sie wird in der E-Library des Verlags erscheinen und wenn Sie einen Bibliotheksausweis besitzen, ist sie dort auch umsonst.

Eine Biografie über Buchner ist für mich natürlich sehr interessant, weil er sich im gleichen Raum wie Protzen bewegte und mit vielen Künstlern Kontakt hatte. Ich ahne, dass Protzen nicht darunter sein wird, dafür war er nicht wichtig genug, aber das Buch erweitert meinen Blick auf die Kunststadt München im Nationalsozialismus sehr. Und es sorgte, natürlich, dafür, dass ich in den Fußnoten auf Lektüre stieß, die mich ebenfalls interessiert und die teilweise schon zu Fußnoten in meiner Arbeit geworden ist. Wie das halt immer so passiert.

Damit hatte ich dann gestern einen überraschend produktiven Tag am Schreibtisch, was mich sehr gefreut hat, denn eigentlich hatte ich mit dem Buch auf dem Sofa angefangen. Und für Sport und gutes Essen war ich auch gut gelaunt genug.

Über den Tweet mit diesem Bild musste ich sehr lachen. Die Künstlerin verkauft das Werk ohne den Text.

Holgi hat mit Gabriel Yoran über seine viermonatige Zeit im Impfzentrum Berlin gesprochen. Sehr viel gelernt. Dass das Berliner Rote Kreuz und/oder der Senat die clevere Idee hatte, zum Aufbau des Zentrums Menschen aus der Eventbranche zu engagieren, die leider gerade nichts zu tun haben und außerdem wissen, wie man große Menschenmengen organisiert, hatte ich schon gehört. Vieles andere noch nicht. Das waren gut investierte 90 Minuten.

Shona McAndrew auf Instagram, via @TiniDo.