Tagebuch Montag, 2. März 2020 – Magic Monday

Morgens wieder fit gefühlt nach quasi zwei Tagen Rumdösen und Ausruhen, das war schön. Dann mit dem Rad zur Post gefahren, das war auch schön. Dort eine Zahlungserinnerung an einen Kunden per Einschreiben geschickt, das war nicht so schön. Das ist mir in zwölf Jahren Selbständigkeit auch noch nicht passiert, dass ich so ewig meinem Geld hinterherrennen muss. Aber da ich die Rechnung schon Anfang Dezember losgeschickt habe, würde ich jetzt doch ganz gerne allmählich bezahlt werden.

Tee gekocht, in die Thermoskanne umgefüllt und an den Schreibtisch gesetzt. Mir blutet zwar immer ein bisschen das Herz, Omis Teetasse und Sahnekännchen und Kandisdose neben zu mir haben und dann die olle Thermoskanne, aber die hält den Tee dann doch besser und unbitterer warm als Omis Teekanne auf einem Stövchen.

Dann gnadenlos bis ungefähr 19 Uhr ohne Pause durchgearbeitet. Wobei ich um halb vier den ersten Meilenstein auf Twitter verkünden konnte: Ich beendete die erste Textfassung des zweiten Teils meiner dreiteiligen Diss. Also den Teil, der am Ende vermutlich ungefähr 4/5 der Gesamttextmenge ausmachen wird. Erste Textfassung heißt, jetzt kommen noch die üblichen Gröner’schen 38 Korrekturschleifen, aber ich möchte das doch nochmal festhalten: Erste Textfassung des Brockens steht. Alle 570 Einträge im Werkverzeichnis angeguckt und in einen Kontext gesetzt, alle noch vorhandenen Fotos der insgesamt 678 Werke des Künstlers betrachtet, teilweise beschrieben, ebenfalls Kontext geschaffen. Sehr, sehr, sehr, sehr viele Ortsnamen gegoogelt, die unter Protzens Landschaftsbildern stehen, die ich alle nicht kannte und bei denen ich nie wusste, sind die jetzt in Österreich oder dem heutigen Polen? Ach, Italien. Ja gut dann. Dazu 1000 Ausstellungsrezensionen gelesen und teilweise zitiert, zwei wichtige Ausstellungen zum Thema Autobahnmalerei meiner Meinung nach sehr ordentlich nachvollzogen, erläutert, den Forschungsstand da deutlich erweitert und noch viel mehr Kram erledigt, der mir jetzt schon gar nicht mehr einfällt, weil er 250 Seiten her ist.

Während ich die externe Festplatte zur Sicherung anschloss, schwankte ich gefühlsmäßig zwischen „FUCK YEAH“ und „OMG was mach ich denn jetzt“, bis mir die 38 Korrekturschleifen einfielen. Puh, noch was zu tun.

Und weil ich gerade so schön im Flow war, begann ich gleich mit der ersten Schleife. Als ich dann um 19 Uhr das nächste Back-up machte, war ich noch zufriedener als ein paar Stunden vorher. Der erste Teil steht bis auf die Einleitung, also: Einleitung (kommt zum Schluss), Forschungsstand (NS-Kunst, Protzen, Autobahnmalerei), Quellen und als Abschluss des ersten Teils und Überleitung in den Hauptteil „10 Dinge, die Sie schon immer über die Reichsautobahn wissen wollten.“ Dann kommt der dicke Teil, den ich gestern vorerst abschließen konnte – und dann der dritte Teil, mit dem ich gestern morgen noch sehr gehadert hatte. In den mussten noch mehrere Dinge rein, bei denen ich selbst noch nicht wusste, wie genau und warum überhaupt, und dann gab es da einen Textteil, den ich ernsthaft schon vorne im Forschungsstand hatte, dann in den Quellen, dann in der theoretischen Einleitung und jetzt ist er ganz hinten und da bleibt er vermutlich auch, denn auch das fiel mir gestern ein: wie ich um den herum sinnvoll den Schluss aufbauen kann. Gleich mal stichwortartig notiert, aber damit fange ich dann erst heute an.

Jetzt glaube ich endgültig daran, dass das Ding fertig wird. Endlich getraut, das Titelblatt des Ganzen anzulegen: „‚Ziehet die Bahn durch deutsches Land.‘ Gemälde zur Reichsautobahn von Carl Theodor Protzen (1887–1956) im Kontext seines Gesamtwerks. Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Ludwig-Maximilians‐Universität München.“ Vorgelegt von DEM KLEINEN SECHZEHNTSEMESTER!

Den Rest des Tages eigentlich nur noch debil, aber sehr zufrieden vor mich hingeatmet. Und Salat gegessen. Und Ben & Jerry’s Peanut Butter Cups.