Was schön war, Mittwoch/Donnerstag, 6./7. November 2019 – Essen, trinken, bücherseufzen

Das derzeit übliche Programm, arbeiten, promovieren. Was man halt so macht.

Am Mittwoch ging ich zur Mittagszeit ein bisschen spazieren, um auf dem Rückweg Einkäufe zu erledigen. Mein Weg führte mich zu Lidl, wo ich den Tofu ausprobieren wollte, da ich gerade alle Tofus in meiner Umgebung anteste – quasi gezwungenermaßen, weil der von Edeka, der mein nächstgelegener Supermarkt ist, total ungenießbar schmeckt. Mir jedenfalls. Auch die Fertigprodukte aus Soja sind grauenhaft und ich will das Zeug nicht mehr weiter durchprobieren. Also Lidl.

Nachdem ich den Tofu in den meterlangen Regalen zwischen Käse und Wurst gefunden hatte (ein kleines Fuck you an vegane Kunden, oder was?), bereitete ich ihn zuhause zu meinem geliebten scharfen Tofu von Ottolenghi zu. Das ist eins meiner Lieblingsgerichte, die ich dauernd essen könnte, es aber nicht so oft tue, weil ich eher selten Frühlingszwiebeln im Haus habe. Rest ist immer da, aber die halt nicht, und komischerweise ist es ohne doof, auch wenn es nur ein weiteres zwiebliges Element im Ganzen ist. Ich nutze auch längst nicht so viel Butter wie im Rezept, mache aus den Schalotten manchmal Zwiebeln und die Chili-Dosierung ist auch sehr tagesabhängig, total egal, das Rezept schmeckt immer. Dieses Mal nutzte ich ausnahmsweise normalen Tofu, nicht den sonst verwendeten Räuchertofu, und dann auch noch eine Marke, die ich vorher nicht kannte, und was soll ich sagen: Es wurde das beste scharfe Tofu, das ich jemals gebraten hatte. Neuer Tofu-Liebling!

Ãœber gutes oder gelungenes oder beides Essen kann ich mich ja stundenlang freuen. Und das tat ich dann auch.

Donnerstag machte ich den Fehler, das Autobahnkapitel doch noch mal anzuschauen, obwohl ich mir geschworen hatte, es erstmal eine Woche liegenzulassen und was anderes zu schreiben. Aber so schaute ich und las und fand noch diverse Stellen, vor allem in den Fußnoten, wo ich mein beliebtes „quelle?“ in rot notiert hatte, oder „checken!“ oder „katalog im zi?“ Seufzend machte ich eine Liste in meinem Moleskine, mit dem ich mit dort frisch notierten Signaturen durch Bibliotheken renne, schaute dann auf die erstellte Liste, sah, dass ich einiges in der Stabi, aber noch mehr im ZI zu tun hätte – und machte mich auf den Weg ins ZI. Es hilft ja nichts.

Dort hatte ich wieder den Effekt, über den ich mich genau wie über gutes Essen stundenlang freuen kann. Ich schloss mein Zeug ein, zeigte an der Pforte meinen Ausweis vor, dessen Name und Nummer werden notiert (früher machte man das selbst, seit der DSVGO nicht mehr, damit man ja nicht mehr lesen kann, wer noch so alles im Haus ist – als ob man die Nasen im kleinen Lesesaal nicht sowieso sofort sehen könnte, aber gut), brachte Rechner und Moleskine an meinen Platz, stöpselte das Netzteil ein und ging ausnahmsweise sofort in die Magazine. Sonst muss ich im Katalog erstmal die Signaturen zu den Büchern oder Zeitschriftenbänden suchen, die ich haben will, aber die hatte ich ja schon brav in der Diss notiert oder ich wusste, wo irgendwas steht. Der Fahrstuhl brachte mich zunächst in den Keller, wo ich einen Zeitschriftenband brauchte und dann in den 3. Stock, wo ich diverse Ausstellungskataloge zusammensammeln wollte. Und spätestens dort war dann wieder das einmalige ZI-Gefühl da: zu wissen, hier steht (fast) alles, was du brauchst – und dann noch 500.000 weitere Bücher.

In den Magazinen begegnet man eher selten Leuten, weil das Haus so klein ist, man steht da einfach zwischen 100.000 Bänden und 50 Regalen, die teilweise vom nachträglich eingezogenen Fußboden bis zur niedrigen Decke vollgestapelt sind – deswegen hat das Haus auch fünf Stockwerke, wo es von außen nur nach dreien aussieht – und ich persönlich mache da durchaus ein Ritual draus, einfach kurz stehenzubleiben und zu gucken und nicht sofort ans gesuchte Regal zu sprinten. Einfach weil ich es so sehr genieße, diese Fülle an Wissen vor meiner Nase zu haben. Ich behaupte, mein Blutdruck geht sofort runter, wenn ich zwischen diesen Bücherbergen stehe und einfach nur gucke. Und meistens seufze ich nochmal glückselig vor mich hin.

Es war dann doch längst nicht alles da, worauf ich gehofft hatte, wir können ja auch nicht alles haben, aber dann seufze ich halt nächste Woche in der Stabi nochmal.

F. konnte relativ früh Feierabend machen (ausnahmsweise Home Office, kein doofer langer Arbeitsweg, yay for home office), und so gönnten wir uns gegen 18 Uhr schon unser gemeinsames Abendessen. Dazu gingen wir nicht in unsere Stammkneipe, das Obacht, sondern in den Görreshof, der leider, wie so viele Münchner Lokale, die Angewohnheit hat, alles auszureservieren. Wenn man spontan kommt, suchen die Kellner*innen aus den ganzen Reservierungsschildern auf den Tischen den Zeitpunkt aus, der am weitesten weg ist und fragen, ob a Stund reicht. Unsere Reservierung sollte erst um 19.30 Uhr kommen, das passte, wir tafelten Schnitzel bzw. Backhendlsalat, tranken jeder zwei Helle und überlegten, ob ein drittes noch drin war, es war grad so nett. Es war kurz nach 19 Uhr, das hätte noch gepasst, aber dann wurde eine Gruppe an den Nebentisch gesetzt, die eigentlich erst um 19.30 hätte kommen sollen, auf unserem Tisch stand plötzlich das Reservierungsschild von dort, auf dem 19.15 Uhr stand, und daher war die Zeit auf einmal knapp. An der Bar stapelten sich auch schon Wartende, und so zogen wir einen Hauch missmutig weiter.

Die schlaue Überlegung wäre gewesen, beim Supermarkt einfach noch zwei, drei Helle zu holen oder die beiden, die noch in meinem Kühlschrank lagen, zu trinken, aber nein, wir gingen „nur noch auf einen Absacker“ dann doch ins Obacht, was wir uns eigentlich bewusst verkniffen hatten, denn da ist es immer so nett, dass wir grundsätzlich mehr trinken und länger bleiben als geplant. Also nur noch eins, gell?

Wir waren dann nach jeder vier weiteren Hellen zuhause und leerten noch die beiden im Kühlschrank, und dann war’s nach Mitternacht und auch mal gut. Das war ein sehr schöner Tag.