Was schön war, Sonntag/Montag, 15./16. September 2019

Lange ausgeschlafen. Während F. sich auf dem Heimweg machte, kochte ich natürlich meinen geliebten Flat White, der manchmal aussieht wie ein Cappuccino, und anstatt ihn am Rechner zu trinken, stellte ich mal wieder einen Stuhl auf den Balkon und schleppte Tasse und Handy danach ebenfalls an die frische Luft. Dieses Mal dachte ich auch daran, nicht im Sitzen zu fotografieren, sondern noch im Stehen, von hinter meinem Stuhl aus gesehen. Das war schön, da spätmorgens zu sitzen und still ins Blaugrüne zu gucken.

Danach gearbeitet.

Am frühen Nachmittag machte ich mich so langsam zum Fußballgucken fertig. Am Sonntag hatte ich noch darüber gebloggt, wie ich am Samstag den ganzen Kram aus meinen Hosentaschen wieder in meinen Rucksack umräumte, was mir wenige Stunden später als total idiotisch auffiel, denn jetzt musste ich es vom Rucksack wieder in die Hosentaschen räumen.

Die FCB-Damen spielten ausnahmsweise nicht im seelenlosen Campus, sondern im guten alten Stadion an der Grünwalder Straße. Daher brauchte ich kein Cap und keine Sonnenbrille und damit auch kein Täschchen, weil ich mich auf die Tribünenseite setzen konnte, wo Schatten war. Da saßen leider weitaus weniger Leute als auf der anderen Seite, aber egal, irre viele Leute waren eh nicht da. Frauenfußball halt. Leider.

Ich finde die Sitze im Grünwalder total unbequem, aber die Akustik macht weitaus mehr Spaß als auf dem Campus. Obwohl es deutlich größer ist, hört man sowohl die Kommandos der spielenden Damen als auch die Reaktionen von den Rängen viel lauter; es fühlt sich halt wie ein richtiges Stadion an und nicht wie ein Trainingsgelände. Vermutlich weil es ein richtiges Stadion ist, duh.

In der Halbzeitpause gesellte sich kurz der Herr @el_loko74 zu mir, der dem Herrenfuppes ziemlich abgeschworen hat und nun als akkreditierter Fotograf für die Damen unterwegs ist. Ich muss mir mal sein Gwinn-Foto klauen, ich entwickele da einen sehr unerwarteten Crush.

Das Spiel gegen Leverkusen ging mit 1:2 verloren, und Sven gratulierte Wolfsburg per Twitter schon zur Meisterschaft. Die Damen haben eine deutlich kürzere Saison als die Herren, weil es schlicht weniger Vereine gibt, daher ist jede Niederlage etwas gefährlicher als bei den Jungs.

Nach dem Spiel ging ich zwei U-Bahn-Stationen zu Fuß, weil ich ausnahmsweise nichts mit mir rumschleppte, was beim Gehen nervt: kein Plastikrucksack, der mich am Rücken schwitzen lässt, kein blödes Täschchen, das mir auf der Hüfte rumwippt, weil eben alles in die Hosentaschen passte. Ich konnte sehr unbeschwert gehen und ärgerte mich im Nachhinein, nur zwei Stationen gelaufen zu sein. Ich wollte eigentlich nur den Giesinger Berg runtergehen, weil ich nicht so ganz ins Schwitzen geraten wollte, denn abends hatte ich noch was vor und ich musste noch arbeiten, aber wie gesagt, sobald ich in der U-Bahn saß, ärgerte ich mich über mich selbst, nicht einfach noch eine Station gegangen zu sein. Nächstes Mal.

Gearbeitet.

Abends saß ich in netter Gesellschaft in der Philharmonie am Gasteig, wo John Cleese zu Gast war: “Last chance to see me before I die.” Auf der Bühne ein Hocker, ein Tisch mit einem Stoff-Lemuren drauf, dann kam ein älterer Herr, ließ sich beklatschen, zeigte lustige Monty-Python-Clips und erzählte ein bisschen was vom Krieg. Das war alles sehr nett und sein Timing ist wirklich perfekt, aber manchmal blitzte eben doch das gute alte white male privilege auf, wenn er Witze über andere Völker riss und auch darauf bestand, sie reißen zu müssen, denn über was solle man denn sonst noch lachen. Hm. Ich weiß nicht, ob wir unbedingt noch mehr Witze über angeblich geldgeile Juden brauchen oder vertrottelte Schotten, Iren, Franzosen und Deutsche, aber ich gebe zu, ich habe über vieles gelacht (immerhin über den sexistischen Clip aus Fawlty Towers nicht). Der Mann ist fieserweise wirklich sehr lustig, aber seine Begründung, man müsse über alles Witze machen dürfen, ist trotzdem doof.

Den Abend zu dritt an meinem Küchentisch ausklingen lassen bei Wasser, Bier oder Gin Tonic.

Montag morgen einen Text abgegeben und dann das Wochenende nachgeholt, an dem ich gearbeitet hatte bzw. für typische Wochenenddinge keine Zeit gehabt hatte. Erstmal Post erledigt und weggebracht, eingekauft, dann Zeitung gelesen, dann Wohnung geputzt. Was Anständiges gekocht, dann in Serien versackt, was die beste Wochenendbeschäftigung ist.


Zunächst fiel ich in zwei Folgen einer neuen Reality-Serie auf Netflix: Styling Hollywood über die zwei Herren hinter JSN Studio.

An mir ist Mode leider völlig verloren, ich kann damit nichts anfangen, gucke aber sehr gerne andere Menschen in tollen Klamotten an. Insofern mochte ich die Segmente, wo Stylist Jason sich um seine weibliche und meist schwarze Kundschaft kümmert, um sie für Emmy, Grammy und Oscar schick zu machen, schon sehr. Auch weil es wieder die kleinen Details waren, die ein Outfit perfekt machten. Ich musste an den Film Gerhard Richter Painting denken, wo Richter mit seiner Rakel über abstrakte Werke geht, und ich jedesmal dachte, reicht doch, sieht doch super aus – aber einen Strich später sah es besser aus. In Styling Hollywood ging es mir mit einem Paar Smaragdohrringe so – Klunker gucke ich auch gerne! –, die meiner naiven Meinung nach hervorragend zu einem strahlend weißen Kleid ausgesehen hätten, aber: Die Ohrringe, in denen zusätzlich zu den Smaragden auch Diamanten verarbeitet waren und die so einen farblichen Bezug zwischen Kleid und Schmuck herstellten, waren der Kracher.

Was ich außerdem spannend fand: den Einblick in schwarze Kultur, von der ich auch keine Ahnung habe. In einer Szene wirft Jason seinem (kubanischen? puertoricanischen?) Assistenten vor, niemals Mahogany gesehen zu haben: “You have a black boss and you’ve never seen Mahogany? Lady Sings the Blues? … That’s like you’re telling me that you’ve never seen Breakfast at Tiffany’s.“ – „Oh, I’ve seen Breakfast at Tiffany’s!“ – „Of course you have.“

Die beiden Filme musste ich auch googeln. Wieder was gelernt. Vom Trashgucken auf Netflix. So geht das nämlich. (Oh, look!)

Und abends gab ich meinem nächsten Crush nach und guckte ein paar Folgen Rise mit Josh Radnor, die schon nach einer Staffel bzw. zehn Folgen wieder abgesetzt wurde. Zu Recht. Egal, Schnuckelgucken.

Aus der Serie lernte ich, dass es ein Musical nach Frank Wedekinds Frühlings Erwachen gibt und musste das erstmal auf Spotify laufen lassen, bis F. vorbeikam und wir gemeinsam einschliefen. Das war schön.