Tagebuch Montag, 3. Juni 2019 – KTS und Fladenbrot

Den Vormittag an einem Job gesessen, der ein arger Fall von KTS ist – Kunde textet selbst. Dagegen habe ich ja im Prinzip nichts, aber wenn ihr eure Formulierungen so gerne mögt, warum bucht ihr mich dann überhaupt? Früher hätte ich gesagt: „Egal, gibt Geld.“ Heute denke ich: „Die Stunden hättest du auch sinnvoller auf der Diss verbringen können.“ Oder ehrlich gesagt auch beim Seriengucken auf dem Sofa.

Lange mit der besten Freundin telefoniert, das war schön.

Dadurch verrutschte allerdings mein Zeitplan für den Tag; ich kam erst um 15 Uhr aus dem Haus, um ein paar Bücher in die Stabi zu schleppen und mir einige weitere aus der Uni-Bibliothek abzuholen. Für die zehnminütige Radfahrt zu den Bibliotheken cremte ich mich ein, als wollte ich nach Augschburg zum Fuppes, aber ich kenne ja inzwischen meine memmige Alabasterhaut. Wie ich festgestellt habe, ist meine Hauptradelstrecke inzwischen eine Fahrradstraße, aber das ist den meisten Autos natürlich weiterhin egal. Wenn ich irgendwann mit gebrochenen Knochen im Krankenhaus liege, kann ich immerhin triumphierend krächzen: „ABER ICH HATTE VORFAHRT!“

Zeitung gelesen, eher unkonzentriert in ein paar Büchern. Lieber Brot gebacken und eine Lichterkette am Balkon angebracht. (Ich ahne eure Kommentare zum Stichwort „Lichterkette“, keine Bange.)

F. kam nach einem Biergartenbesuch noch vorbei, gemeinsam eingeschlafen. Dann aber um 2 aufgewacht und schlaflos rumgelegen. Irgendwann gegen 4 ging ich ernsthaft zum Arbeiten an den Rechner, bis ich mir selber sagte, dass ich spinne. Dostojewski weitergelesen, HitlerWagnerDings weitergelesen, irgendwann gegen 5 war ich dann wieder müde. Um 7 klingelte der Wecker, und ich sitze hier recht hirntot, aber mit einem Eimer Cold Brew. Wenigstens das.

Klaus Graf ergänzt seinen ersten Blogeintrag zu Hingst um viele Links.

Andreas Wolf über Fiktionalität und Blogs:

„Ich denke, dass die Form „Blog“ nicht automatisch den autobiographischen Pakt herbeibeschwört, über den Philippe Lejeune schrieb, ein Pakt zwischen Autor und Leser, durch welchen beide sich darauf vereinbaren, dass hier Annäherung an Wahrheit, an ein wirklich Passiertes, so unmöglich das sein mag, so doch wenigstens versucht wird. Bloggen heißt, viel simpler, ein Geschriebenes im Internet zu veröffentlichen, was über den Inhalt, die Natur dieser Schrift erstmal gar keine Aussage trifft. Ein Blog ist nicht per Form automatisch ein der Wahrheit verpflichtetes Tagebuch seines Autors. Niemand nähme es mir krumm, wenn ich hier in Wald und Höhle die unglaublichen Abenteuer eines Wolpertingers schilderte, weil alle wüssten: Wolpertinger gibts ja nicht.

Und Holocaust ist eben das Gegenteil davon: Das gab es wirklich, das hat tatsächlich stattgefunden, das Unvorstellbare – Auschwitz – war wirklich in der Welt. Hier zu erfinden, zu fabulieren, sich selbst (bzw. der Großmutter) eine Opferbiographie anzudichten – das verbietet sich einfach.“