Tagebuch Freitag/Samstag, 18./19. Januar 2019 – Gute Laune, schlechte Laune, gute Laune

Es sei mir verziehen, dass ich Samstag nicht bloggte, denn Freitag kam F. nach gefühlt TAUSEND JAHREN von den Asien-Meisterschaften wieder und ich wollte mir erstmal alles vom Louvre Abu Dhabi erzählen lassen. Und von allem anderen da. Wir hatten ein paar Erzählinseln über den Tag verteilt, dann mussten wir beide Kram erledigen, dann trafen wir uns wieder. Abends saßen wir dann auf ein, zwei Bierchen im Obacht, und wenn nicht direkt neben uns eine fünfköpfige Damentruppe so irre Lärm gemacht hätte, wären wir auch noch auf die Biere drei und vier geblieben. Wir zogen also in meine Küche um – ich hatte immerhin noch zwei Biere im Kühlschrank –, ich hörte mir weiter Spannendes an, und ich konnte endlich mal wieder nicht nur mit meinem Kuscheltier einschlafen.

Das war ein sehr schöner Tag, den ich einfach zu faul war zu verbloggen – obwohl ich mir den Louvre-Katalog ausgeborgt habe, weil da doch Exponate waren, die mich sehr überrascht haben. Ich muss mal ins ZI, bevor ich darüber schreibe. Außerdem war ich geistig schon in Augschburg, wo die Rückrunde der Bundesliga des FCA mit dem Spiel gegen Düsseldorf begann. Wir als Publikum gaben wenigstens im Vorfeld alles – und ich möchte kurz darauf hinweisen, wie gelungen ich hier die Farbkombi aus gelbgold, silbergrau und türkis finde …

… aber während des Spiels hatten wir weitaus weniger gute Laune. Eher extrem schlechte. Das Spiel ging verloren, und dann hatten wir an der Tram auch noch die totalen Drängeldeppen, was mich immer irre macht. Ich hasse es so sehr, in einer Menschenmenge eingezwängt zu sein und nach vorne geschoben zu werden, ohne etwas dagegen machen zu können. Und gerade in Augsburg sind eigentlich alle normalerweise halbwegs entspannt, weil die Trams netterweise schon in einer ewig langen Schlange am Stadion warten. Man steht echt nie länger als drei Minuten, bis man einsteigen kann. Wozu dann das beschissene Drängeln? Hass. Ich war bedient. Und F. fuhr schon wieder weg, gleich von Augsburg aus, wenn auch nur kurz, aber ich memmte ein wenig rum, ich bin grad anhänglich. Immerhin konnte ich auf der Rückfahrt nach München, die ich dementsprechend alleine zurücklegte, ohne schlechtes Gewissen lesen. Ich komme mir immer so ungesellig vor, wenn wir zu zweit irgendwo sitzen und ich mein Buch raushole, weil ich gerade nichts zu sagen habe. Was doof ist, denn F. guckt auch gerne mal ins Handy und muss nicht dauernd rumquatschen. Trotzdem.

In München bekam ich dann netterweise noch kurz vor Feierabend mein Lieblingsbrot vom Bäcker am Hauptbahnhof und nahm mir zum seelischen Ausgleich für das Kackspiel noch zwei Krapfen mit. Ich war immer noch mies gelaunt und fragte mich zum wiederholten Male, warum man überhaupt Fußball guckt und sich vor allem darüber so aufregen muss – es hat nichts mit meinem eigentlichen Leben zu tun. Über schlechte Filme oder Bücher oder Tweets rege ich mich auch auf, aber nur für fünf Minuten und dann sind sie mir egal. Über Fußball kann ich stundenlang quengeln, und ich weiß immer noch nicht warum.

F. meinte halb im Scherz, er würde gerne nur noch Spiele gucken, in die er emotional nicht so involviert wäre. Ich ahne, dass das nicht klappen wird, aber ja, das wäre ein Plan.

Ãœber den Fußballquatsch dachte ich noch länger nach: was ich davon habe, warum ich das mache. Warum ich das mache? Weil’s Spaß macht, ganz simpel. Auch wenn man derzeit mit Augsburg nicht viel Spaß haben kann, aber trotzdem: Ich mag das Stadion, ich freue mich immer noch über den Kaschperl, der das Spielergebnis (immer falsch) voraussagt, über den fähnchenschwingenden Kids Club, und ja, über die Stadionwurst, denn die ist echt gut. Ich gucke gerne Fußball, aber ich könnte zum Beispiel nicht emotional uninvolviert Fußball gucken. Das merke ich, wenn nicht „meine“ Mannschaft spielt, sondern irgendwer; da bin ich meist sehr schnell gelangweilt. Ich gucke Fußball also anscheinend nur, wenn ich irgendwie dabei bin, ob nun wirklich vor Ort oder wenn ich vor dem Laptop einer Mannschaft die Daumen drücken kann.

Auf die Frage, was ich davon habe, ist mir erst gestern eine Antwort eingefallen und sie hat mich selbst überrascht. Ich plane gerade eine winzige Feier, unter anderem, um mich endlich mal bei meinen Umzugselfen zu bedanken. Dafür habe ich eine nicht ganz so winzige Gästeliste geschrieben. Und dabei ist mir aufgefallen, dass mein Münchner Freundes- und Bekanntenkreis bis auf wenige Ausnahmen komplett aus einem Fußballstammtisch hervorgegangen ist, dem guten alten #tpmuc. Ich gehe inzwischen mit Menschen in Museen, Ausstellungen und Vorträge, ich podcaste mit ihnen, ich höre ihnen bei ihrer Arbeit für Orchester oder Chöre zu, ich verabrede mich mit ihnen in Lokalen oder bei ihnen zuhause auf Bier und Käsefondue, mit einer dieser Bekanntschaften schlafe ich seit ein paar Jahren gerne Arm in Arm ein – und so vielfältig das jetzt alles ist: Unsere allererste Gemeinsamkeit war der Fußball. Nicht mal der gleiche Verein, sondern ganz simpel der Sport, für den wir uns, weil wir alle zufällig in München wohnen, in München getroffen haben, um darüber zu reden. Und von da aus redeten wir dann plötzlich über andere Dinge, denn, total überraschend, Fußballfans haben auch noch ein Leben neben dem Fansein.

Das war sehr schön, das mal zu merken: dass Fußball eben nicht nur nervt oder schlechte Laune macht, sondern viel mehr sein kann.

Um den Tag wenigstens gut zu beenden, rührte ich mal wieder eine Majo an und gönnte mir mein übliches Essen, für das immer alles im Haus ist: Caesar Salad. Hat auch nur zwei Versuche gekostet! Der Rekord steht bei vier, bis aus Eigelb und Öl endlich ein Dressing geworden war.