Tagebuch Mittwoch, 5. Dezember 2018 – Kochfreuden und ein salzigfettiges Dankeschön

(Zuerst sollten das hier zwei Posts werden, ein Rezept und ein Dankeschön, aber dann fiel mir auf, dass beides gut zusammenpasst. Du musst die Regeln (deines Blogs) kennen, um sie zu brechen. Alte Weisheit der amerikanischen Ureinwohner.)

Vormittags Zeug weggearbeitet, dann von jetzt auf gleich nichts mehr zu tun gehabt und eine neue Folge Masterchef – The Professionals geguckt. Dabei wieder an eine meiner Lieblingsgarnituren in englischsprachigen Kochshows der letzten Jahre gedacht: charred onions, also Zwiebelhälften, deren Ränder verbrannt sind. Sieht superschick aus, hatte ich noch nie gemacht. Jetzt war Zeit da, Mittag war auch schon rum, also ab an den Herd. Und das kam dabei raus:

Sieht unspektakulärer aus als es geschmeckt hat. Im Nachhinein überlege ich, ob ich einen dunkleren Teller hätte nehmen sollen, aber ich mochte gerade die Zartheit der Farben so gerne. Ich übe das auch nach zehn Jahren Kochen noch, dieses Anrichten und Ablichten.

In der Mitte: Pommes Anna. Die hatte gerade jemand bei Masterchef produziert, sonst hätte ich mein übliches schlotziges Gratin mit Sahne gemacht. Pommes Anna gehen ähnlich, aber mit Butter. Für eine Portion habe ich drei mittelgroße Kartoffeln geschält, 3 mm dünn gehobelt und dann brav mit einem Ausstecher alle Scheibchen in die gleiche Größe gebracht. (Wenn Sie das bitte würdigen könnten? Die Reste werfe ich mir übrigens gleich für ein Frühstücksrösti in die Pfanne.) Dann habe ich um die 50 g Butter so halb geklärt: Ich habe sie geschmolzen und den Schaum abgeschöpft, aber nicht mehr abgegossen (vergessen). In einer feuerfesten, gefetteten Form platzierte ich meinen schönen metallenen Servierring, in den ich die Kartoffelscheibchen stapelte: immer eine Schicht einlegen, ordentlich salzen, ein bisschen pfeffern und mit ein bisschen Butter beträufeln. Zum Schluss restliche Butter darüber geben und bei 200 Grad backen, bis die oberste Schicht gebräunt ist. Das waren bei mir ungefähr 25 Minuten. Und wenn ich auch noch den Ring gefettet hätte, hätte ich das schöne Türmchen vielleicht auch heile aus ihm heraus bekommen. Mpf.

Die grünen Tupfer sollten eigentlich Petersilienöl sein, auch schon tausendmal bei Masterchef gesehen, in allen Formaten aus allen Ländern (nur nicht beim deutschen, aber über den möchte ich eh nicht mehr reden). Dazu theoretisch einen Bund Petersilie grob hacken, mit dem Öl des Tages vermischen (bei mir Rapsöl) und pürieren. Danach durch ein feines Sieb oder ein Mulltuch abtropfen lassen, voilá, wunderschönes grünes, frisch schmeckendes Öl. Ich hatte aber keine Petersilie und war auch zu faul, das Haus zu verlassen, also wurde es der jetzt wirklich letzte Rest vom Spinat. Hat auch funktioniert.

Und schließlich die verkohlten Zwiebeln: Dazu (bei mir zwei recht kleine) Zwiebeln durch die Wurzelenden halbieren, so dass die einzelnen Schichten zusammengehalten werden. Die Papierhaut abziehen und in wenig Öl in einer richtig heißen Pfanne mit der Schnittfläche nach unten platzieren. Auf mittlere Hitze zurückschalten und zehn, fünfzehn Minuten braten, ohne sie anzurühren. Sie müssen verbrannt aussehen und dürfen auch so riechen. Danach in der Pfanne noch ein bisschen im Ofen schmoren lassen, damit sie weicher werden. Ich habe dazu schlicht die Zeit genutzt, in der sich der Ofen bis auf 200 Grad für die Pommes Anna aufgeheizt hatte, das war anscheinend okay. Etwas abkühlen lassen, das eine Wurzelende entfernen und die einzelnen Schichten auseinanderfalten. Die kommen einem schon fast entgegen, das geht sehr einfach.

Aus der Papierhaut wollte ich eigentlich Asche machen und sie dekorativ über den Teller streuen, aber ich habe meinen eigenen Bunsenbrennerfähigkeiten nicht so recht getraut und wollte meine schöne neue Wohnung nicht unnötig abfackeln.

Also gab es nur Kartoffeln mit Zwiebeln und Würzöl, und es schmeckte ausgezeichnet. Die milden, noch nicht zerfallenen Kartoffeln mit ihrer knusprigen Oberfläche, die noch knuspriger hätte sein können, nächstes Mal länger im Ofen lassen, und ihrer wundervollen Buttrigkeit. Dazu die noch bissfesten Zwiebeln, die alle Schärfe verloren hatten und nun süß und mild schmeckten, bis auf die kleine rauchigbitterkaramellige Seite. Und dazu das sehr frische Öl, was mich wirklich überrascht hat. Es ist schließlich immer noch Öl, aber das bisschen Grünzeug drin macht schon viel aus. Es fehlte ein bisschen Säure oder Schärfe, das war alles recht mild. Vielleicht nächstes Mal eine Chili ins Öl oder so.

Ich hatte gerade zufrieden den Teller weggestellt und mich über ein größtenteils gelungenes Gericht gefreut, als es an der Tür klingelte. Durch die Sprechanlage kam nicht das übliche mundfaule „Post“, sondern ein fast gesungenes „AMAZON-PAKEEET!“ Ich staunte: Ein Mensch in Amazon-Warnweste statt der gelbroten DHL-Uniform brachte mir ein Päckchen an die Wohnungstür. Darin lag Samin Nosrats Salz. Fett. Säure. Hitze., um das ich seit Monaten herumgeschlichen bin. Vielen Dank an Petra, ich habe mich außerordentlich gefreut, weil es gerade so schön in mein Kochhoch passte! Das Buch musste ich dann auch erst einmal komplett durchblättern, und es hatte schon nach wenigen Seiten im Salz-Kapitel gewonnen:

Schon beim extrem flüchtigen Drüberlesen bekam ich schlaue Dinge mit und freue mich sehr auf die vertiefende Lektüre. Und was ich daraus heute koche – ein Rezept, das ich eigentlich beherrsche, aber nun die Variante von Nosrat ausprobieren möchte –, weiß ich auch schon.