Tagebuch Donnerstag, 25. Oktober 2018 – Eher ja

Vormittags hatte sich F. angekündigt, um mir noch bei ein paar Wohnungsdetails zu helfen. Ich hatte den armen Mann vollgejammert, dass die Wände meines Schlafzimmers aus Granit bestünden, jedenfalls konnte ich kein anständig tiefes Loch bohren, um meine Gardinenstangen anzudübeln. Das war einer der Gründe, warum mich der Mittwoch spontan und langanhaltend überforderte: Irgendwie funktionierte nichts, was ich mir vorgenommen hatte, die neuen Möbel sahen im Raum teilweise nicht so gut aus wie erwartet, die Pappverpackungen von drei Regalen standen im Flur rum, den ich seit fünf Wochen nicht leerbekomme, und Mittwoch war dann irgendwie alles ein bisschen zu viel. Es fühlte sich an wie ein Riesenberg, der nicht kleiner wird, und in ganz fiesen Minuten dachte ich so lustige Dinge wie: „Ich stecke jetzt irre viel Geld in eine Wohnung, aus der ich in drei Monaten ausziehen muss, weil mich niemand mehr bucht und ich kein Geld mehr verdiene.“ Und dann musste ich gedanklich in Papiertüten atmen bzw. Schokolade essen (für mein Seelenleben ist das dasselbe).

Aber gestern war Unterstützung da, und zu zweit geht Zeug wegschaffen besser. Wir begannen mit der Gardinenstange im Schlafzimmer, wobei mich F. fragte, wieso ich nicht zu seiner Hilti gegriffen hätte, wenn meine Bosch mit der Wand nicht klarkommt. Darauf hatte ich keine gute Antwort außer „Ich habe großen Respekt vor der Hilti“, woraufhin F. mir das Ding in die Hand drückte, ich auf die Leiter kletterte – und natürlich der Bohrer wie durch Butter in die Wand glitt. Ich hätte mir eine Menge Seelenfirlefanz ersparen können, wenn ich einfach die Bohrmaschine gewechselt hätte. Wieder was gelernt. Bohrmaschinen statt Schokolade. Andererseits wäre meine Gardinenstange dann garantiert nicht so perfekt gerade wie sie jetzt ist, denn ich neige beim Heimwerkern grundsätzlich zum „Das passt schon irgendwie“ aka „Da gewöhnt man sich dran“.

Auch die Gardinenstange im Arbeitszimmer wurde angebracht. Nachmittags bügelte ich dann Kürzungsbänder auf die zu langen Gardinen im Schlafzimmer, zog diese abends erstmals zu und fühlte mich gleich wie in einem Hotelzimmer. Was nett ist; ich schlafe gerne in Hotelzimmern. Im Arbeitszimmer hängte ich Gardinen auf, die ich letztmals vor 19 Jahren in Hannover abgenommen hatte (damals im Schlafzimmer) und die ich seitdem sinnlos von einer Wohnung zur anderen getragen habe, weil ich sie so schön finde, sie aber seitdem nirgends hingepasst haben. Es sind ganz schlichte, dünne, weiße Flattergardinen von Ikea (natürlich), die alles Licht reinlassen, aber von draußen kann man, solange im Zimmer kein Licht brennt, nicht reingucken. Also genau das, was ich fürs Arbeitszimmer haben wollte, denn die letzten Wochen konnte man mir von den Nachbarbalkonen ganz prima beim Tippen und Teetrinken zuschauen.

Aber vor diese Glückseligkeit hatte der Heimwerkerteufel noch zwei Lampen gesetzt. Nach den erfolgreich angedübelten Gardinenstangen machte sich F. an die Arbeitszimmerdeckenlampe. Da meine Monsterstehschreibtischlampe (ich erwähnte sie bereits) gerade nicht finanzierbar ist, hatte ich mich für eine simple Lichtschiene entschieden. Meine Vormieterin hatte ihre Lampe anscheinend aus der Decke gerissen, denn die noch hervorstehenden Kabel waren arg kurz und eine Lüsterklemme gab es auch nicht. Weswegen ich in den letzten Wochen immer brav aufgepasst habe, wenn ich lange oder hohe Gegenstände in der Gegend rumschwenkte, um bloß nicht an die offenen Kabel an der Decke zu kommen. Bei Strom bin ich vermutlich extrem übervorsichtig; bevor ich Kabel anfasse, schaue ich ungefähr achtzigmal mit dem Phasenprüfer, ob auch ja kein Strom fließt und gucke fünfmal nach, ob die Sicherung auch wirklich draußen ist. Gestern stieg aber F. freiwillig auf die Leiter, weil die Lampe zu schwer für eine Person alleine war, um sie vernünftig anzubauen. Wir bohrten erstmal nur Löcher und schraubten die Lüsterklemme der Küchenlampe im Arbeitszimmer an, die danach noch drankommen sollte, hatten nach den Gardinenstangen aber allmählich Hunger und gingen erstmal frühstücken bzw. mittagessen.

Danach wollte F. eigentlich noch wohin, aber vorher könne man ja noch schnell die beiden Lampen … äh. Ja. Ich glaube, der Mann kam erst gegen 16 Uhr bei mir weg, weil sich beide Lampen als zickiger herausstellten als gedacht. Wir hatten auf dem Rückweg vom Lunch zwar beim Suckfüll noch Lüsterklemmen, Dübel und zwei Meter Kabel besorgt, aber es war alles ein Schmerz im Arsch, und ich bewundere seit gestern die stoische Ruhe von F., während ich zwischendurch den ernsthaften Vorschlag machte, einfach eine neue Lampe zu kaufen, verdammte Axt.

Bei Suckfüll erstand ich auch einen Hammer. Mein Hammer hat mal meinem Opa gehört und bei meinem Auszug von zuhause bestückte mein Papa meine Werkzeugkiste damit. Seitdem weiß ich, dass man wackelige Hammerköpfe wieder festkriegt, indem man den Stiel fest auf irgendwas draufklopft, aber nach 30 Jahren wird das Ding nicht mehr besser. Daher kaufte ich einen neuen Hammer, werde den alten aber vermutlich einfach weiter in der Kiste liegen lassen.

Während F. auf der Leiter vor sich hinfluchte und ich nichts tun konnte als eiskaltes Spezi anzureichen bzw. kurz Wundversorgung zu machen, weil der Cutter doch recht scharf war, mit dem F. Kabel von der Umhüllung befreite, klingelte auch noch ein Handwerker, den mir die Verwaltung bestellt hatte. Ich wusste beim Telefonat gar nicht, was genau der Mann machen sollte, aber seit gestern habe ich vor der Balkontür jetzt eine Holzschwelle statt einer gammeligen Plastikschiene, die mir nicht mal groß aufgefallen war, bis der Mann sie herausriss. (Ich sag ja: „Da gewöhnt man sich dran.“)

Nachdem beide Fleißbienchen weg waren, saugte ich die ganze Wohnung durch und gefühlt 20 Kabelenden und 200 Gramm Holzstaub ein. Der Schreiner hatte aber brav nach Kehrblech und Handfeger gefragt, die ich seit meinem großen Baumarktkauf für die Farbeimer auch besitze. Und ich fand sie sogar! Aber innerlich jammerte ich dabei wieder, genau wie Mittwoch. Ich habe für diese Wohnung so vieles neu gekauft, was ich schon mal besessen hatte (Badezimmerschrank, anständige Teleskopstange zum Streichen, Handfeger, Besen, Schrubber undundund). Das hatte ich alles in Hamburg zurückgelassen, weil ich keinen Platz mehr dafür hatte bzw. weil ich wusste, es ist billiger, es neu zu kaufen, als es jetzt erst auf den Dachboden meiner Eltern zu schleppen und dann irgendwann wieder zu mir. Trotzdem nagt das alles manchmal noch an mir, dieses „Da war ich schon, das hatte ich alles“ und jetzt fange ich wieder neu an. Aber ich ahne langsam, dass das der Witz am Leben ist. Man fängt halt immer irgendwas oder irgendwo wieder neu an.

Abends saß ich dann auch einfach nur still in der Küche, freute mich über mein neues, warmes Schnuffellicht über dem Esstisch, schälte ein Dutzend Mandarinen und guckte in der Gegend herum. Das war schön.

‘Salt, Fat, Acid, Heat’ Changes the Rules for Who Gets to Eat on TV

Ich habe noch nicht alle Folgen von Salt, Fat, Acid, Heat gesehen, aber schon bei der ersten dachte ich genau das, was Jenny G. Zhang für Eater so eloquent formuliert hat: Da sagt eine Frau, dass sie bitte noch mehr essen möchte und macht das dann auch. Das ist radikal.

„Eating as a woman is fraught. Given that more than half of American women have unhealthy relationships with food or their bodies, it’s small wonder that dining in public is a mental tightrope walk of weighing indulgence versus restraint, portion sizes versus the eventual, inevitable hunger — all while being acutely aware of how any given choice may be read by dining companions and passersby alike. A salad? She’s dieting. A dessert all for herself? She’s not watching her figure.

Now imagine that amplified on screen, for the mass consumption of thousands and millions of viewers. If eating as a woman is fraught, doing so as a woman on TV is even more so. Food TV most often functions as an escape from reality, transporting the audience to faraway lands or alternate realities in which every bite is creamy, fatty, decadent, transcendent, glorious. But for many viewers, the existence of that fantasy is propped up by an underlying tension: the tangled relationship between food, weight, and self worth. If we had the means to eat like a king, if we had the metabolism — without fear of judgment or the sheer physicality of bodies — would we not just live every day like an episode of Diners, Drive-ins and Dives?

To confront that unspoken tension is to ruin the fantasy, as Great British Baking Show fans discovered with the latest iteration of the beloved baking competition series. “It’s not worth the calories,” judge Prue Leith has taken to declaring as her ultimate critique of cakes, pastries, and other desserts that don’t make the cut. It’s proven to be an inflammatory catchphrase, not least because it ruins the escapist joy of a show like GBBS: It poisons the fantasy with the nagging reminder that, in the real world, calories are the enemy because of the virtue we assign to thinness, and entire lives are reoriented around the axis of consuming as little of them as possible.

What would Leith call the generous way Nosrat eats on Salt, Fat, Acid, Heat? “Guilty pleasures,” perhaps, that infuriating phrase that denotes performative guilt and pleasure. We know we’re not supposed to enjoy too much butter in our pasta, according to societal conventions, so we must loudly confess our sin to absolve ourselves for eating it. What is radical, then, is to watch Nosrat, a woman of color who is neither a Giada nor an Ina, eat on camera with no reservations, and to do so without any mention of calories or guilty pleasures. She makes no apologies for occupying space and for consuming, even requesting more.“