Nachtrag: Tagebuch Mittwoch, 19. September 2018 – Mausgrau, Aschgrau, Steingrau

Der dritte Tag, das dritte Zimmer. Hier hatte ich mir eine andere Schöner-Wohnen-Farbe ausgesucht: Felsgrau aus der Naturell-Reihe. Dass die irgendwie weniger chemisch fies sein sollte als die anderen, war mir egal, mir gefiel der Farbton einfach. Der war auch top, aber bis ich ihn an der Wand hatte, verbrachte ich mehrere Stunden damit, über die Scheißfarbe zu fluchen. Ich brauchte drei Anstriche, damit sie nicht mehr streifig war. Ich merkte schon beim ersten Pinselstrich an der abgeklebten Fußleiste, dass diese Farbe eine totale Zicke war. Normalerweise benutze ich eher zu viel als zu wenig Farbe, aber hier deckte quasi gar nichts. Ich musste also nicht nur die Wand mit meinem geliebten und flinken Roller mehrfach streichen, sondern auch meine, nach Fußleistenabkleben größte Hasstätigkeit Fußleistenstreichen dreifach erledigen. Während ich schwitzend vor mich hinarbeitete, pöbelte ich den Hersteller an, der mit dusseligem Greenwashing dafür sorgt, dass der Käufer mehr Arbeit hat. Weniger schädlich? Da ist ähnlich chemischer Kram drin wie in den anderen Farben auch. Was soll da auch sonst drin sein? Gemahlener Skarabäus und Feenstaub? Wobei die vermutlich besser decken würden als diese Pampe.

Trotzdem war ich recht zügig fertig, was auch daran liegen könnte, dass ich nur drei statt vier Zimmerwände streichen musste. An der anderen stehen, wie oben, meine Bücherregale, die die gesamte Fläche vom Boden bis zur Decke und bis auf vier Zentimeter zur Fensterbank auch die gesamte Breite abdecken. Als die Umzugshelferlein Samstag die Regale reintrugen, maß ich trotzdem noch mehrfach nach, aber es passte alles. Natürlich.

Wobei: So natürlich war das gar nicht. Ich hatte im Vorfeld von der Verwaltung einen Grundriss bekommen, von dem ich inzwischen der Meinung bin, dass er eher auf Schätzungen beruht denn auf aktuellen Messungen. Ich hatte mit einem 3D-Programm den Grundriss nachgebaut und dann lustig Möbel verteilt, und gerade die Küche bereitete mir irres Kopfzerbrechen. Jetzt wo alles unten ist, sehe ich, dass ich deutlich entspannter hätte sein können, aber die letzte Entscheidung steht ernsthaft immer noch aus. Es ist jetzt alles da, wo ich es hinhaben wollte, aber ich ahne, dass ich noch ein bisschen rumschiebe.

Zurück zum Restmittwoch. Nachdem alle Malerarbeiten in der Wohnung durch waren, begann ich, Kleinkram oder Wichtiges runterzutragen, das ich nicht in Umzugskisten werfen sollte. Meine aktuelle Jobmappe, wichtige Papiere (wobei ich den neuen Studiausweis, den ich fürs neue Semesterticket ab 1. Oktober brauche, irgendwo hingeballert habe, mal sehen, ob ich die Kiste bis dahin finde), der Teddybär, die Aeropress, sowas halt. Meine geliebten Papierstehlampen hatten drei Umzüge überstanden, aber das Wohnen auf engem Raum oben nicht so ganz, wo ich dauernd mit irgendwas gegen sie gerannt war. Eine zerriss ich ernsthaft, als sie unten angekommen war, wo sie endlich Platz gehabt hätte. Sie funktioniert noch, sieht aber ein bisschen gerupft aus, und ich war trauriger als ich über eine 13 Jahre alte Ikealampe sein sollte.

Den Abend verbrachte ich mit der üblichen Vorsorgewärmflasche im Kreuz in der oberen Wohnung und sah Bayern beim Champions-League-Spiel zu. Ich hatte keine Lust zu kochen und bestellte mir eine Pizza. Es klingelte aber nicht an der Tür, sondern auf meinem Handy – der Pizzabote war da, aber ich Pappkopf hatte natürlich vergessen, dass die Klingel mit meinem Namen im vierten Stock läutete, während ich hungrig im fünften saß. Wir fanden uns aber, und die Pizza war sehr gut. Dazu ein Belohungsspezi.