Tagebuch, Samstag, 15. September 2018 – Any given Saturday

Wie seit Tagen früh aufgewacht und anstatt aufzustehen, auf Twitter rumgegammelt. Um diese Uhrzeit sind nur meine amerikanischen Verfolgten wach und ich las Zeug von da drüben.

Die Zeitung aus dem Briefkasten geholt und mich innerlich ein weiteres Mal von ihm verabschiedet. Der neue Briefkasten hängt ein bisschen weiter links und eine Reihe weiter oben und damit nicht mehr so schön als letzter in der Reihe und auf Augenhöhe. Warum ich meinen nicht einfach behalten kann, konnte mir die Verwaltung nicht so recht begründen, aber nun gut, dann zieht eben auch meine Zeitung um. Ich ahne, dass sie noch zwei, drei Tage im alten Kasten landet, aber ich plane, ein riesiges neonfarbiges Post-it am Kasten anzubringen, dass den müden Zusteller (m/w) auf die Umstellung aufmerksam macht.

Dann das gemacht, wozu Samstage erfunden worden: Hefeteig angesetzt. Der braucht halt Zeit und dafür sind Samstage da in ihrer einzigartigen Mischung aus Geschäftigkeit und Rumlungern. Die liebe Nessy charakterisierte ihn vor ein paar Tagen perfekt. Das fiel mir erst durch ihre Beschreibung auf, wie recht sie damit hat.

In der Halbzeit zwischen Mainz und Augsburg konnte ich so einen ausgekühlten Hefezopf anschneiden und nach Spielende auch gleich noch ein Scheibchen frustessen, denn die Partie verlief für den FCA so richtig ärgerlich. In der 82. Minute endlich in Führung gegangen, ich jubelte laut alleine in der Gegend rum, dann wenige Minuten später der Ausgleich und in der Nachspielzeit auch noch der Siegtreffer für die Heimmannschaft, beide Male durch beknackte Torwartfehler, wonach ich sinnlos meinen Laptop anzeterte und mehr gefrustet war als ich mir eingestehen wollte.

Aber: frischer Hefezopf. Als ob ich’s geahnt hätte.

Dann wurde es auch schon langsam Zeit, sich zu einer Geburtstagsfeier aufzuhübschen. Die Gastgeberin hatte um den feinen Zwirn gebeten, aber auf mein Opernoutfit hatte ich keine Lust, denn dazu gehören (halb-)hohe Schuhe und die trage ich nur, wenn ich weiß, dass ich stundenlang rumsitze. Also wurde es mein Businessoutfit mit den bequemen Schuhen, in denen ich prima stehen und rumlaufen kann.

Die erste Etappe zur Feier legte ich mit der U-Bahn zurück und musste sehr grinsen, als ich diesem Sitz gegenüber saß:

Gestern hatte der FC Bayern ein Heimspiel, das heißt, die U-Bahnen waren voll mit Fans gewesen. Dieser Herr (oder diese Dame) hatte anscheinend entweder ein nagelneues oder schon ein recht altes Trikot von Arjen Robben, denn die Beschriftung hatte sich vom Stoff gelöst und war in der U-Bahn geblieben. Immerhin weiß ich jetzt, dass meine Angst um mein Gomez-Trikot nicht ganz unbegründet war; immer wenn ich mit dem in einer dieser alten Bahnen mit ihren Kunstledersitzen gesessen hatte, hatte es fiese Geräusche gemacht, wenn ich den Rücken von der Sitzlehne bewegte – eben so, als ob Teile der Beflockung am Sitz bleiben würden. Blieben sie nie – scheint aber zu gehen.

Die Party selbst war sehr schön, die Gastgeberin in ein umwerfendes Kleid gewandet, die Gäste nett, die Verpflegung wunderbar, ich immerhin drei Stunden lang redselig, aber dann von einer Minute auf die andere nicht mehr, und deshalb ging ich schon vor Mitternacht wieder nach Hause.