Star Trek: Nemesis

Star Trek: Nemesis
(USA, 2002)

Darsteller: Patrick Stewart, Jonathan Frakes, Brent Spiner, Tom Hardy, Ron Perlman, LeVar Burton, Michael Dorn, Marina Sirtis, Gates McFadden
Drehbuch: John Logan
Kamera: Jeffrey L. Kimball
Musik: Jerry Goldsmith
Regie: Stuart Baird

Ja, ich gebe zu, ich bin ein Trekkie. Ich liebe The Next Generation, ich vergötterte Deep Space Nine, und ich habe sogar von Voyager jede Folge gesehen. Ich habe eine Uniform, einen Kommunikator, ne Menge Bücher über die Enterprise und ein Autogramm von Brent Spiner. Daher hat es mir auch das Herz gebrochen, als ich die ganzen negativen Kritiken zu Star Trek: Nemesis gelesen habe, die mir bescheinigten, dass dieser Film der schlechteste in der ganzen Reihe sei. Ich bin mit ganz tief geschraubten Erwartungen ins Kino gegangen – und wurde positiv überrascht.

Vordergründig geht es – wie immer – um böse Außerirdische (in diesem Fall dürfen mal wieder die Romulaner ran), die der Enterprise oder ihrem Captain ans Leder wollen. Es gibt – wie immer – Dialoge, die man schon hundertmal gehört hat (“Shields down to 40 percent”), kleine Witzchen, die nur funktionieren, wenn man die Charaktere kennt, zum Schluss gewinnen natürlich die Guten, und die Enterprise sieht ziemlich lädiert aus. Kennen wir alles, und wenn wir ehrlich sind, wollen wir genau das sehen. Weswegen sonst gibt es die Star Trek-Filme überhaupt noch? Es passiert nicht mehr als in einer normalen Doppelfolge; der einzige Unterschied zum Fernsehen ist, dass die Special Effects besser aussehen.

Was also macht den Reiz aus, sich nochmal die alte Besatzung auf ihrer letzten Reise anzuschauen? Das, was Star Trek für mich immer zu etwas Besonderem gemacht hat: der menschliche Unterton, der in jeder besseren Geschichte mitschwingt. Während Star Wars für mich immer ein bloßes Effektfeuerwerk war, hatten die besseren Episoden von Trek immer ein Thema, das mich berührt hat, eine Umsetzung, die sich vom üblichen Serien-Allerlei abgehoben hat und eine Auflösung, die mich an das Gute im Menschen hat glauben lassen. Ja, pathetische Worte, ich weiß, aber genau deswegen ist Star Trek für mich mehr als blöder Science Fiction-Grütz.

Star Trek: Nemesis beschäftigt sich mit dem Thema Individualität und der Frage, was uns eigentlich zu dem macht, was wir sind. Wir bekommen gleich von mehreren Seiten Ideen dazu präsentiert: Picard zum Beispiel trifft seinen Klon Shinzon, der im Gegensatz zu ihm, dem guten, nachdenklichen Captain, ein egoistischer, rachsüchtiger Hitzkopf ist. Shinzon sieht sich nicht als ein Kopie, sondern als ein Echo. Schönster Satz im Film, als er Picard schon abgeschrieben hat: “You will not live to see the victory of the echo over the voice.” Wieso ist Shinzon so anders als Picard? Sind es etwa doch nicht nur die Gene, die einen Menschen ausmachen, sondern auch die Umstände, in denen er aufwächst, der Einfluss seiner Umgebung und seine Erziehung?

Es scheint so zu sein, denn selbst Data, unser Lieblingsandroide, schafft es nicht, seinem Prototypen B-4, den die Enterprise auf einem Planeten entdeckt und zusammenbaut, seine eigene Persönlichkeit zu übermitteln. Er kann alle Erinnerungen und Fähigkeiten seiner selbst in B-4s positronisches Gehirn transferieren – aber er kann aus ihm keine Kopie Datas machen.

Gerade die Dialoge, die sich um das Thema „Was macht uns zu dem, was wir sind“ fand ich ziemlich gelungen und eben genauso, wie ich es von einer guten Trek-Folge erwarte. Der Anspruch, mehr zu sein, als man ist, besser zu werden, als von einem erwartet wird, nach Höherem zu streben, als einem zugedacht wurde – all das macht aus uns gute Menschen, gute Individuen. Die Tatsache, dass Shinzon trotz seiner Erbanlagen all diese Fähigkeiten nicht hatte, zeigt, dass wir alle an uns arbeiten müssen, um bessere Menschen zu werden. Wenn wir das wollen, denn auch Shinzon hatte die Chance (Picard nennt sich einen Spiegel für ihn, quasi ein Ziel, auf das sein Klon hinarbeiten könne), schlägt sie aber aus und wählt den bequemen Weg: der, bei dem der Einzelne, er selbst, gewinnt. Data hingegen, der als Android eigentlich nie den Anspruch an sich hätte stellen müssen, menschlich zu werden, es aber trotzdem immer verfolgt hat, wählt den unbequemen Weg: den, bei dem die Gemeinschaft gewinnt. Und er selbst zahlt idealistischerweise den Preis dafür.

Ich finde, Star Trek: Nemesis ist ein würdiger Abschied für diese Crew. Ich hätte mir noch ein paar mehr emotionale Szenen gewünscht und weniger halbgare Jokes, aber für diese kleinen Mängel haben mich der wie immer wunderbare Score und die anständigen Effekte entschädigt. Ich denke, Nicht-Trekkies werden dem Film nicht viel abgewinnen können, und anscheinend sind auch die Fans nicht ganz so angetan von ihm – ich persönlich kann nur widersprechen. Kein riesengroßes Kino, bei dem ich völlig aufgewühlt wurde, aber solide Unterhaltung – und auf jeden Fall besser als Insurrection und vor allem Generations. Und dazu ein schnuckeliger Bösewicht, dessen Namen ich mir mal merken werde. Ich fand’s gut. Dismissed.

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