The Shield

Ich bin seit Wochen völlig angefixt von The Shield. Ich hab keine Ahnung, ob die Serie jemals in Deutschland gelaufen ist; wenn ja, ist sie an mir vorbeigegangen.

Gleich in der ersten Folge wird die Tonalität der gesamten Serie verdammt deutlich, als eine der Hauptpersonen, ein Cop, sich ziemlich weit außerhalb der Gesetze bewegt, die er eigentlich schützen soll. So geht das Folge für Folge – man muss sich ziemlich schnell entscheiden, ob man sich ebenfalls die Hände dreckig machen will oder lieber brav den Kuschelpolizisten von CSI zugucken möchte. Die Serie hat pro Folge einen oder mehrere abgeschlossene Fälle, aber auch immer pro Staffel einen großen Bogen, der unheilvoll über allem schwebt. Und wir reden hier nicht von „Ach, mir geht’s heut mal nicht gut“, sondern es geht immer um Leben oder Tod, Freiheit oder Knast. Die großen Probleme von Polizisten eben.

Die Dialoge geben sich mit dem Nötigsten zufrieden; die Stimmung auf dem Revier ist genauso trostlos wie die abgenutzte Einrichtung. Wenige Witzchen heitern manchmal kurz die Stimmung auf, bevor es wieder um Mord, Vergewaltigung und Kinderpornos geht, und alle Charaktere schleppen irgendein Bündel mit sich herum. Einige Storylines versanden leider: So hat mich in der ersten Staffel der schwule Polizist fasziniert, der sehr religiös ist und deshalb versucht, sich von seiner Homosexualität „loszusagen“ und sogar heiratet. Dass das nicht gutgehen kann, sollte eigentlich klar sein, aber selbst nach fünf Staffeln schwappt dieses Thema nur ab und und an die Oberfläche, ohne richtig Dynamik zu bekommen.

Hauptpersonen sind allerdings andere: vier Cops, die das so genannte Strike Team bilden und, wie beschrieben, das Gesetz manchmal etwas individuell auslegen. Ihr Zusammenhalt wird des Öfteren auf die Probe gestellt, sei es von Freundinnen oder Vorgesetzten, und die Geschichte dieser vier Männer ist die Triebfeder für so ziemlich alles, was bei The Shield passiert.

Die Schauspieler könnten kaum weiter weg von Hollywood sein: normale Typen, keine Barbies, keine Beachboys, sondern Charaktergesichter, denen man abnimmt, was sie sagen und tun. Dazu ein ganzes Bataillon an Nebendarstellern, bei denen ich mich frage, wo man in Kalifornien noch so „normale“ bzw. wirklich abgewrackte Gesichter findet. Frauenrollen, die kein Klischee sind, Männerrollen, bei denen ich mir manchmal ähnliches wünsche.

The Shield macht überhaupt keine gute Laune, ist aber auch nicht so gekünstelt depressiv wie z.B. NYPD Blue. Die 40 Minuten einer Folge gehen wahnsinnig schnell rum, das Tempo ist immer hoch, aber stets gut dosiert, so dass man nie das Gefühl hat, man wird durch die Story gehetzt. Die Serie hat pro Season gerade mal elf bis 13 Folgen, und das reicht dann auch. Mehr vertrage ich an einem Wochenende nicht von krimineller Idiotie und Menschenverachtung.

In den USA ist gerade die sechste Staffel zu Ende gegangen; die ersten fünf Staffeln sind bereits auf DVD zu haben.

(Und wenn das jetzt nicht nach jubelnder Empfehlung klang, liegt das nur daran, dass sich Jubel so schlecht mit The Shield verträgt. Ich glaube, pro Staffel darf mal eine Person gute Laune haben, und das war’s dann.)

Bernd hat mich auf den Wikipedia-Eintrag hingewiesen, in dem erstens steht, dass The Shield mal lief, aber nicht besonders erfolgreich, und dass es zweitens demnächst auf Kabel Eins zu sehen sein wird.

(„Gesetz der Gewalt“ – och nee, Kinners. Muss das denn immer sein?)