Deutschland. Ein Sommermärchen

Da saß ich nun auf dem Sofa, natürlich im Nationaltrikot, und freute mich, die WM nochmal zu erleben, die gerade erst ein paar Monate her war und die so unglaublich viel Spaß gemacht hatte. Leider macht Deutschland. Ein Sommermärchen nicht annähernd so viel Spaß.

Ich fand die Szenen hinter den Kulissen natürlich sehr spannend, weil sie so ungekünstelt aussahen, eben nicht wie der typische Fünfminüter in der Sportschau, wo alle drauf achten, was sie tun und sagen, weil sie sich daran erinnern, dass sie gefilmt werden. Regisseur Sönke Wortmann war schon so lange dabei, dass er eher als Teil der Mannschaft wahrgenommen wurde denn als Außenstehender. Deswegen nehmen die Jungs auch nicht unbedingt ein Blatt vor den Mund, was sie mir alle sehr sympathisch gemacht hat. Den pep talk von Jürgen Klinsmann in der Kabine fand ich sehr aufschlussreich – von „auf die Fresse“ bis „und schon gar nicht von Polen“ war dann auch alles an martialischen Phrasen dabei, was man schon aus amerikanischen Sportfilmen kennt, aber anscheinend funktioniert’s.

Was mir den Film verleidet hat, waren die Spielszenen. Das ist ja schön, dass man hinter die Kulissen gucken darf, aber eigentlich hatte ich mir von einem Fußballfilm auch ein bisschen Fußball erhofft. Die Spiele der deutschen Mannschaft werden wahnwitzig kurz abgehandelt; man erfährt nicht einmal mehr die Ergebnisse. Und ich muss zugeben: Ich weiß zwar noch, dass „wir“ gegen Ecuador und Schweden gewonnen haben, aber ich hab keine Ahnung mehr, wie hoch. Und das hätte ich schon gerne noch einmal gezeigt bekommen. Die wenigen Spielszenen, die mir gefallen haben, hatten Fernseh-O-Töne über die Bilder gelegt, und da war dann auch die Gänsehaut wieder da, die man damals vor dem Fernseher hatte. Aber der überwiegende Teil der Spielszenen wurde mit Plinkerplinkermusik à la American Beauty unterlegt und hat mich einfach nur genervt.

Eigentlich hat mir der Film erst in den letzten 15 Minuten gefallen (lustigerweise ist das der Teil nach dem verlorenen Italienspiel). Da waren nämlich auf einmal auch die Fanmassen zu sehen, die die WM für mich persönlich so grandios gemacht haben. Natürlich waren die Spiele der Mannschaft toll anzusehen, aber was diese WM für mich von den anderen sechs unterscheidet, die ich bewusst mitbekommen habe, war die unglaubliche Stimmung im Land, diese wahnsinnige gute Laune, die Fähnchen an den Autos. Davon ist meiner Meinung nach viel zu wenig im Film zu sehen, um den Titel „Sommermärchen“ zu rechtfertigen. Denn schließlich ist das deutsche Team 2006 sogar einen Platz schlechter gewesen als bei der WM 2002. Das Märchenhafte waren also eher die Begleitumstände und das schöne Spiel der Mannschaft. Und von beidem hat mir der Film leider zuwenig gezeigt.