Home on the range

Und mein bester Freund meint noch am Telefon: „Wenn ich dir vor fünf Jahren gesagt hätte, dass du mich mal anrufst und den Satz bringst: „Ich komm grad vom Golfplatz“, hätte ich echt Ärger gekriegt.“

Wahrscheinlich. Vor fünf Jahren war ich auch noch der Meinung, nie wieder nen Kerl abzukriegen und nie wieder in die Kleidergröße zu passen, in die ich jetzt passe. Dinge ändern sich. Und manchmal zum Guten.

Ich war jedenfalls Sonntag auf dem Golfplatz. Ich hatte in Amerika mit Karl und seinen Freunden schon mal gespielt – wobei ich das Wort „spielen“ zu hoch gegriffen finde. Sie haben mir irgendein Eisen in die Hand gedrückt, mir ungefähr erklärt, wie man es zu halten hat und das war’s. Ich erinnere mich zwar mit Stolz daran, 18 Löcher durchgehalten zu haben, noch eher erinnere ich mich allerdings an die lustigen Golfcarts, mit denen wir von Loch zu Loch gedüst sind, und an die vielen Biere, die wir uns nach der Partie gegönnt haben.

Gestern war natürlich alles anders. Ich hatte mich für einen totalen Anfängerkurs angemeldet, in dem in anderthalb Stunden ein paar Grundkenntnisse vermittelt werden sollten. Zuerst haben wir Bälle aufs Grün gechippt – mit dem Neuner-Eisen, wie ich mir gemerkt habe, um beim nächsten Mal ganz professionell zu klingen. Der Trainer hat dabei versucht, uns auszutreiben, das Handgelenk zu verdrehen, die Bälle bewusst „löffeln“ zu wollen, anstatt einfach auf sie draufzuhauen, und lustige Sachen mit unseren Schultern und Knien zu machen, die man beim Golfen anscheinend nicht macht. Wir waren zu fünft, haben 500 Bälle aufs Grün gehauen, und nach einer Dreiviertelstunde waren genau drei drin. „Und jetzt machen wir was Lustiges.“

Erstmal haben wir die 500 kleinen Racker wieder eingesammelt, und dann sind wir auf die Driving Range gegangen, wo uns erklärt wurde, wie der Abschlag funktioniert. Oder funktionieren sollte. Eventuell. In guten Momenten.

Ich habe von golfenden Kollegen schon öfter den angeblich kürzesten Golf-Witz aller Zeiten gehört: „Ich kann’s.“ Seit gestern weiß ich, warum sie dabei immer so bitter lachen. Von den 100 Bällen hab ich ungefähr 90 beim ersten Mal getroffen – was ich schon gut fand. Von den 90 hab ich ungefähr 20 so ins Gelände gehauen, dass ich halbwegs zufrieden war. Und bei fünf von den 20 hab ich gelächelt, ihnen fast ungläubig hinterhergeguckt, wie sie bei der 150 Yards-Markierung runterkamen anstatt irgendwo bei 50, in einem langsamen, perfekten Bogen, neongelb vor stahlblauem Himmel, und gedacht: Yeah. Davon noch einen.

Worauf die nächsten zehn wieder völlige Gurken wurden.

Der nächste Kurs ist schon gebucht. Und mein Körpers fand die seltsame Haltung anscheinend okay (bis auf meine Unterarme, die richtig böse weh tun), was für mich nicht ganz unerwartet kommt. Denn vorletzte Woche Freitag bin ich nach hundert Jahren Einsamkeit mal wieder schwimmen gegangen. Seit ich WW mache, habe ich mir angewöhnt, regelmäßig spazierenzugehen oder radzufahren (Rad zu fahren?), und nach einem Jahr hatte ich einfach Lust, mal eine andere Sportart auszuprobieren. Oder anders: Ich traue mich wieder im Badeanzug in die Öffentlichkeit. Ich hatte mir eigentlich 500 Meter vorgenommen, mir aber auch gesagt, hey, wenn’s nur 250 werden, ist das okay, du hast schließlich keinerlei Kondition. Denn wann hatte ich in meinem unsportlichen Leben jemals Kondition? Aber anscheinend hat ein Jahr lang spazierengehen oder radfahren seine Spuren hinterlassen. Ich bin ohne große Anstrengung 1000 Meter geschwommen, und ich hätte noch mehr gekonnt, aber ich war mir nicht sicher, ob das muskelkatertechnisch eine so gute Idee sei. Also bin ich aus dem Becken geklettert – und habe am nächsten Morgen nicht die Bohne Probleme gehabt. Am Abend selbst war ich zwar irgendwann von jetzt auf sofort todmüde und wollte nicht mal die Zahnbürste halten, aber ansonsten fand mein Körper das Schwimmen ganz okay. Daher fand er wohl auch das Golfen ganz okay, denn obwohl ich mich so gut wie nicht von der Stelle bewegt habe, war ich danach angenehm verschwitzt.

Ich hoffe jetzt nur, dass mein bester Freund in fünf Jahren nicht sagt: „Wenn ich dir vor fünf Jahren gesagt hätte, dass du Zwillinge kriegst und nie wieder arbeiten gehst …“ Uh-oh.