Tagebuch Donnerstag, 6. Februar 2020 – Spaß im Prüfungsamt

Über den Mittwoch möchte ich nicht reden, vor allem nicht über die Farce im Thüringer Landtag. Ich sage nur so viel: Ich kam gegen 16 Uhr nach Hause und habe mir ein Bier aufgemacht. Half aber auch nichts.

(emilyscartoons)

Gestern ließ ich mich von der S-Bahn nach Dachau schaukeln, um in der dortigen Gemäldegalerie im Nachlass eines Malers zu stöbern. Ich fand leider nicht viel, aber doch ein bisschen, wenn auch nur über Bande zu Protzen selbst, eher zum Umfeld. Erstmal aufgeschrieben, wie bisher immer, wenn ich irgendwo saß und Quellen vor der Nase hatte, man weiß ja nie, was man damit noch anfangen kann.

Ich bin dann jetzt bei ungefähr 240 Seiten, habe seit zwei Wochen nicht mehr gezählt.

Nachmittags war ich im Prüfungsamt, um dort persönlich eine wichtige Frage loszuwerden, weil ich telefonisch nie durchkam.

Mein Plan ist es, im Oktober die Diss abzugeben. Wir dürfen in diesem Jahr im März, im Juni und im Oktober abgeben. März ist illusorisch, Juni fühlt sich zu knapp an, aber Oktober sollte wirklich drin sein, mit meinen üblichen 25 Korrekturschleifen und der noch anzufragenden Leistung einer meiner schnuffigen Art-Direktorinnen, ob von denen eine zum Freundschaftspreis 300 Seiten layouten möchte plus ein Abbildungsverzeichnis aus der Hölle. Das machen die bestimmt alle total gern!

Jedenfalls mailte ich vor ein paar Tagen die gewünschte Zweitgutachterin an, ob Oktober für sie okay wäre, denn nach der Abgabe kommt ja noch die Disputatio und die ist auf Februar 2021 festgelegt. Da kann die Dame aber leider nicht, wie sie mir mailte, ob wir die Disputatio auch im Januar machen könnten? Den Doktorvater angemailt, ob der das Gutachten bis Januar schafft, er meinte ja, aber ich müsste im Prüfungsamt nachfragen, ob die Disputatio-Verschiebung okay wäre. Ich also ins Prüfungsamt, wo anscheinend gerade Abgabe der Masterarbeiten von ein paar Fachbereichen ist, denn es war ungewöhnlich voll und alle hatten Papierstapel im Arm. Ich ging entspannt zur Tür für die Promovierenden und trug mein Begehr vor.

Antwort: Verschiebung ja, ungern, aber ja. Ob ich dazu auch noch eine Verlängerung meines Betreuungsverhältnisses bräuchte?

Ich so: Äh … ich bin bis September eingeschrieben, kann aber ja erst im Oktober abgeben.

Sie so: *zückt den Ordner, wo ich mit meinen ganzen tollen damals eingereichten Dokumenten drin bin inklusive des Führungszeugnisses, das ich zur Abgabe nochmal anfertigen muss, Bayern, du Schnuffel* Ihr Betreuungsverhältnis hat nichts mit der Immatrikulation zu tun. Das wurde im September 2017 begonnen, gucken Sie, das heißt, das ist im September 2020 beendet. Wenn Sie erst im Oktober abgeben, müssen Sie das Betreuungsverhältnis um ein Jahr verlängern, sonst können Sie nicht abgeben.

Ich so: *mind-blown emoji* Gut zu wissen. Gibt’s da Vordrucke oder so zum Download?

Sie so: Da reicht ein formloses Schreiben, muss Ihr Doktorvater halt unterzeichnen. Für die Verlegung der Disputatio reicht auch ein formloses Schreiben. Am besten vorbeibringen. Ach ja, und Sie brauchen auch noch einen Drittprüfer für die Disputatio, den müssten Sie uns auch mitteilen. Da könnte es im September online was geben, weiß ich aber noch nicht.

Ich so: *schreibe hektisch alles auf und nehme mir vor, es zu verbloggen, dann finde ich die Infos auf jeden Fall besser wieder als in meinem Moleskine*

Hiermit erledigt. Gut, dass wir darüber gesprochen haben!

(Ich schreib jetzt bis April durch und geb im Juni ab, was soll der Quatsch.)

Ich reichte die Infos an Doktorvater und Zweitgutachterin weiter. Letztere fragte nach dem Umfang meiner Arbeit und nachdem ich ihr die jetzige Seitenzahl und meine persönliche Schmerzgrenze von ca. 300 Seiten mitgeteilt hatte, meinte sie: Ihre Doktorand*innen bekämen immer den Richtwert 220 Seiten plusminus zehn Prozent. Das behalte ich gern im Hinterkopf.

Es beißt sich allerdings etwas mit dem, was mir mein Doktorvater im letzten Gespräch mitteilte, als ich fragte, ob dieses und jenes aus dem Nachlass auch noch in die Arbeit müsse. O-Ton: „Frau Gröner, Sie sind die erste, die sich ausführlich mit Protzen beschäftigt, und, seien wir ehrlich – vermutlich vorerst auch die letzte. Es ist also Ihre Pflicht, der wissenschaftlichen Community zumindest zu sagen, was alles noch im Nachlass liegt, auch wenn Sie es nicht groß verarbeiten.“

Ich sehe eine sehr lange Fußnote und mindestens zwei leerkorrigierte Rotstifte vor mir. F. hatte gestern abend aber einen sehr guten Tipp, als ich jammerte, was ich alles Schönes rausgefunden hätte, was ich aber streichen werde, weil es eher Infos zu Zeitumständen sind, die nicht direkt auf meine Fragestellung einzahlen: „Das kannste alles ins Buch packen.“ Wir haben einen Plan.

Tagebuch Dienstag, 4. Februar 2020 – Tippeditipp

Den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen. Bis morgen!

Na gut.

Ich muss ein Buch wieder in die Bibliothek bringen, deswegen sollte ich mir vielleicht endlich mal den Aufsatz durchlesen, wegen dem ich das Ding überhaupt nach Hause geschleppt habe. Wobei: Es war immerhin nicht schwer. In einem Essayband von Altmeister Nipperdey hatte ich etwas zur Moderne im NS-Staat gefunden und konnte ein bisschen zitieren. Denn auch darüber habe ich natürlich nachgedacht: Wieso ein Staat so viel Wert auf die Abbildung von bäuerlichen Szenen legte (rassistisch und antisemitisch mit Blut und Boden konnotiert), aber gleichzeitig über eine so hochentwickelte Industrie verfügt, die den Holocaust technisch möglich machen konnte.

Dann las ich das Kapitel für das Jahr 1936 Korrektur und war sehr zufrieden mit den ganzen schönen Quellen, die ich zur Ausstellung „Die Straßen Adolf Hitlers in der Kunst“ gefunden und in einen hübschen Sinnzusammenhang gebracht hatte.

Anschließend beendete ich vorerst die Jahre 1939 und 1940 und verlor mich dann äußerst schlecht gelaunt im Kapitel für 1941, wo der Generalplan Ost und der „Reichsgau Danzig-Westpreußen“ wichtig werden. Wie ich gestern schon auf Twitter schrieb, brummelte ich alle 20 Minuten „Diese verdammte Nazi-Rotze“ vor mich hin und erinnerte mich daran, mir nach Abgabe der Diss selbst irgendwas mit Eichenlaub und Schwertern zu verleihen.

Gefühlt viel zu lange in Archivsuchmasken rumgehangen. Das ist teilweise aber auch unkomfortabel, was da gebaut wurde.

Kochfaules Abendessen Halloumi mit Paprika und Tomaten. Der Käse schmeckte, als ob ich direkt vor ihm eine Waffel mit Puderzucker in der Pfanne gehabt hätte, und obwohl das sehr seltsam war, fand ich das super. Werde nächstes Mal Zucker auf den Käse streuen. (Und ihn damit vermutlich total ruinieren. Hey, Stoff fürs Blog!)

Vor meinem Küchenfenster entsteht am mit Grünzeug umrankten Außenfahrstuhl ein Vogelnest und ich bin sehr gespannt darauf, wer da wohl einziehen wird. Mit den Immobilien von Frau Nessy kann ich leider nicht mithalten.

Auf dem Sofa die digitale Farm bestellt, während F. auf dem iPhone DFB-Pokal guckte. Im Bett gelesen, er eine Biografie, ich immer noch den Adel auf dem Weg zum „Führer“. Gemeinsam eingeschlafen. Mit dem Tag zufrieden gewesen.

Tagebuch Montag, 3. Februar 2020 – Don’t stop dancing til the curtains fall

Eigentlich wollte ich ins ZI, wo ich mir letzte Woche mal wieder einen kleinen Handapparat gebastelt hatte. Aber ebenso eigentlich regnete es den ganzen Tag, was für die innere Anke bedeutet: Tee! Gemütlichkeit! Indirekte Beleuchtung! Immerhin die ersten beiden Dinge konnte ich abhaken, denn ich machte es mir mit der üblichen Kanne Tee aus Omis Teeservice am Schreibtisch bequem und dissertierte vor mich hin.

Endlich mal die Bestände im Bundesarchiv angefordert, die seit zwei Wochen als PDF rumliegen, Hotel und Flug hatte ich schon letzte Woche gebucht. (Ja, Flug, ich habe keine Zeit.) Zwischendurch Steuer gemacht, ist ja Monatsanfang. Weiter am Werkverzeichnis des Künstlers entlanggehangelt, das Kapitel bis 1925 Korrektur gelesen und zufrieden gewesen, und den Tag damit beschlossen, das letzte von Protzens 29 Gemälden zur Reichsautobahn (von denen ich weiß) zu beschreiben. Das ist für mich das Nervigste an meinem Fach, so albern es klingen mag, aber bei Werkbeschreibungen kommt bei mir immer die Werberin durch, die den Lesenden sagen möchte: „Da ist doch ne Abbildung, was muss ich das denn noch beschreiben?!“ Denn schließlich habe ich mein Gehirn jahrelang darauf trainiert, Dinge zu zeigen, die man nicht erklären muss, so ein Fernsehspot ist ja nur 30 Sekunden lang bzw. für eine Printanzeige nehmen sich Leute nur 7 Sekunden Zeit (meine ich mal gelesen zu haben). Das war ein ziemlicher Umdenkprozess für mich, haarklein zu beschreiben, was ich sehe. Aber weil es für die Autobahnmalerei noch kein Überblickswerk gibt, sondern alle bisherige Literatur ähnlich arbeitet wie ich – einen Künstler aufarbeiten und daran sein Werk erklären –, ist jede Beschreibung wichtig, denn mit ihr kann man vergleichen. Und das ist der Job.

Eigentlich wollte ich gestern nur das Jahr 1940 abschließen und dann Feierabend machen, aber Protzen malte als erstes Bild im Jahr 1941 noch eine letzte Autobahn, und die beschrieb ich dann eben auch noch. Das war mal wieder ein kleines Meilensteinchen, aber ich war trotz allem Stolz ein bisschen traurig.

Auf der Website des Prüfungsamts mal die Abgabetermine für die Arbeit angeguckt. Ich dürfte in diesem Jahr im März, im Juni und im Oktober abgeben. Team Oktober! Die Disputation wäre dann allerdings erst im Februar, was mich etwas irritiert hat. Bis dahin habe ich doch alles wieder vergessen, was derzeit ganz vorne im Kopf liegt, damit ich gut rankomme.

Abendessen nach nur Flat White und Tee den Tag über, man kommt ja zu nix, dringend nötig: Oriecchiette mit Speck, Zwiebeln und Erbsen.

Die letzten Folgen BoJack Horseman geguckt und auch hier ein bisschen traurig gewesen. Seltsamer Tag. (Don’t stop dancing til the curtains fall.)

Tagebuch Sonntag, 2. Februar 2020 – Mist, schickes Datum verpasst!

2.2.2020. Nicht mitgekriegt, weil ich gerade kein Dokument mit einem Datum versehen musste.

Ausgeschlafen. Also im Prinzip. Ich war um 5.30 Uhr wach, wollte aber noch nicht aufstehen, las, daddelte am Handy und döste vermutlich so gegen 7 nochmal weg, bis mich eine DM von F. um kurz vor 10 weckte. Tee gekocht, Saturday Night Live geschaut.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, den Kopf am Wochenende auszumachen, der arbeitet ja derzeit auch nachts und lässt mich nicht schlafen. Es juckte mich gestern dann aber doch gegen Mittag in den Fingern, an den Schreibtisch zu gehen. Bis 20 Uhr durchgearbeitet, Korrektur gelesen, Bilder beschrieben, Fußnoten aufgeräumt, über Dinge nachgedacht, To-Do-Liste verlängert, wie immer.

Bevor F. zum Superbowl-Gucken nach Giesing aufbrach, schaute er kurz vorbei, was mich sehr gefreut hat. Danach noch zwei Folgen Bojack Horsemann geguckt und zeitig ins Bett gegangen. Guter Tag.

Es ist kalt da draussen, Grossbritannien

Constantin Seibt in der Republik über britische Handelsabkommen – oder der Wunsch danach – nach dem Brexit. Man kann das durchaus schadenfroh lesen, auch wenn’s weh tut.

„Indien. Die am schnellsten wachsende Wirtschaft der Welt. Die Brexit-Befürworter versicherten: Die ehemalige Kolonie werde sich bestens an die Zeit mit England erinnern. Das tut sie tatsächlich. Nur viel zu gut. Es ist eine politische Notwendigkeit für jeden indischen Premier, die verhasste ehemalige Kolonial­macht möglichst stark zu demütigen.

Indiens wichtigstes Ziel für einen Freihandels­vertrag sind die zwei Dinge, bei denen Indien die einstigen Kolonisten noch für kompetent hält: Studien- und Arbeitsplätze. Das Problem für die verhandelnden Briten: Die scharfe Kontrolle der Grenzen war der wichtigste Grund, warum die knappe Mehrheit für den Brexit stimmte.

Die Frage ist, ob es wirklich der Wunsch der britischen Wähler war, aus der EU auszusteigen, um in Indien einzusteigen – womit zukünftig mehr Inder einwandern, nicht mehr Europäer.

Und die andere Frage ist: Wenn ein Freihandels­abkommen mit Indien möglich ist – dann wann? Die Verhandlungen Indiens mit der EU ziehen sich ohne absehbares Ende bereits seit zehn Jahren in die Länge.

Allerdings könnten sie bald an Schwung gewinnen. Schliesslich fällt das grösste Hindernis aufseiten der EU nun weg – die Briten. Die hatten gebremst, und da schliesst sich der Kreis, weil sie keine zusätzlichen Inder auf der Insel wollten.“

Tagebuch Samstag, 1. Februar 2020 – Studenten, die alles gendern

Ich weiß nicht, wie ich meinem Kopf beibringen kann, dass „Ausschlafen“ nicht „zwei Minuten vor dem Alltagswecker aufwachen“ bedeutet.

Den Vormittag komplett auf dem Sofa bei einer Kanne Tee verdaddelt. Das war schön. Die Wohnung ist ungeputzt, aber ich war entspannt.

Dann allmählich ins Stadion aufgemacht. Die schwierige Frage war die der Klamottenwahl. Vor zwei Wochen war klar: Alles, was ich tragen kann, wird mitgenommen, auch die Decke. Gestern waren es in München aber teilweise 15 Grad, was eigentlich mein geliebtes Frühling- und Herbsthoodie bedeutet. Es war allerdings Regen angesagt, und ich weiß auch, dass es dann doch irgendwann kühl wird, wenn man nur rumsitzt, selbst wenn man ab und zu das Glück haben sollte, wegen Torjubels aufspringen zu können. Also entschloss ich mich für einen Kompromiss: Jeans ja, aber keine Thermotights drunter, Winterjacke ja, aber nur Thermo-Longsleeve und Shirt drüber, nicht noch der dicke Pulli, Sneakers statt Winterstiefel, keine Mütze, keine Decke, aber vielleicht mal die Handschuhe in den Jackentaschen lassen. Und, ta-daa, es hat ungefähr gepasst.

Wenn mir jemand vor diesem ganzen Dauerkartengelump gesagt hätte, dass ich so viel Hirnschmalz auf meine Bekleidung aufwenden müsste, hätte ich das gelassen. Schließlich verwende ich im Alltag ungefähr eine Sekunde auf meine Bekleidung: Ist es sauber? Passt es? Dann ziehe ich es an.

PS: F. war im Bandshirt und Bandlongsleeve unter der Übergangsjacke ein bisschen zu kalt gekleidet. Aber dafür sah er top aus!

Zum Spiel selbst ist nur zu sagen, dass ich kein Foto gemacht habe. In der ersten Halbzeit sah ich die Jungs meist von hinten, weil sie auf das Tor von mir weg spielten, und in der zweiten Halbzeit wollte ich die Hände nicht aus den Handschuhen nehmen. Es war seit längerem mal wieder ein richtiger mies anzusehender Grottenkick, aber netterweise hat Bremen noch grottiger gespielt, und Augsburg gewann 2:1.

Auf der Tramfahrt vom Stadion zum Bahnhof lernte ich interessantes über die Stadt des gestrigen Gegners. Jetzt wo die Staumeldungen vom Deutschlandfunk Geschichte sind, muss ich mir die Infos über den Rest von Deutschland halt woanders herholen. In der Tram meinte ein Werder-Fan: „Ich komme aus Mannheim, das ist eine Arbeiterstadt, da wird noch ordentlich mit den Händen geschafft, nicht so wie Bremen, wo nur Studenten wohnen, die alles gendern!“ Ich wusste nicht, wie sehr das Ändern von Wortendungen Auskunft über Norddeutschland geben konnte und war einerseits fasziniert von dieser Aussage, kam aber gleichzeitig aus dem Augenrollen kaum noch raus. Kann auch daran gelegen haben, dass der Herr nicht müde wurde, das ortsansässig Bier zu preisen: „Riegele! Echt jetzt, Augsburg ist GESEGNET mit diesem Bier, echt jetzt!“

Den Restabend wollten F. und ich eigentlich gemeinsam verbringen, aber wie das so ist, wenn jeder erstmal zu sich in die Wohnung geht und man dann zum Aufwärmen unter der Decke liegt … getrennt geschlafen. War auch okay, mit mir ist nach Fußballspielen meist nicht mehr viel anzufangen.

Apropos Staumeldungen:

Sag zum Abschied leise Kamener Kreuz

„Und mehrmals täglich bändigten die bundesweiten Verkehrsmeldungen jene föderalistischen Zentrifugalkräfte, die in der Republik kulturelle Gräben zwischen Schwerin und München oder Dresden und Düsseldorf aufreißen. Wenn im Radio fortlaufend das deutsche Straßennetz ausgeworfen wurde, war das nicht nur immer eine gegenseitige Lektion in höherer Regionalkunde. Indem klar wurde, dass Menschen in Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern gleichzeitig im Stau stehen, vollzog sich auch die deutsche Einheit in ihrer vielleicht deutschesten Variante: geteiltes Bewusstsein in Form von geteilter Genervtheit.“

Der DLF hat aber ein Tondokument gegen die Entzugserscheinungen.

I Asked 1,000+ People About Crying at Work and the Answers Are… Emotional

Hand hoch, wer noch nie auf der Arbeit geflennt hat. Ich war beim letzten regelmäßigen Arbeitgeber dankbar für die Einzelkabine auf dem Damenklo, da hatte man seine Ruhe. Als das Weinen regelmäßiger wurde, war mir allerdings auch klar, dass es wohl Zeit für die Kündigung wäre.

In der Uni habe ich nur einmal geheult: als mein Bachelorprüfer vor dem versammelten Kolloquium meine Idee verriss. Zu Recht, aber da ging kurzfristig nicht mehr viel. Da saß ich dann zwischen den ganzen Zwanzigjährigen und ließ die Tränen laufen.

„I’ve been thinking a lot about this image over the last week, because it’s been repeating in my mind in various iterations since I started researching the phenomenon of crying at work—an experience nearly as universal as crying itself, according to my unscientific polls.

As responses poured in about people weeping in their office bathrooms, holding back tears in meetings with their managers, and running to parking lots for good car cries, I couldn’t help but picture the entire Earth-bound workforce sniffling at the same time. And just like on the train, the result was strangely endearing and unspecifically distressing, but on a global scale. What I quickly learned is that crying at work is almost its own emotion—with distinct rules, norms, and idiosyncrasies. Below I’ve organized my research for your perusal. It covers where people are crying, from freezers to classrooms; who is crying—do men cry as much as women?; why we’re crying; and interestingly, how to cry at work with more panache (a skill I now possess).“

(via Chestnut and Sage)

Thread eines Kurators über die Schwierigkeiten, digitale Kunst zu konservieren. Mit Appellen an Künstler*innen, wie sie Kurator*innen Hilfestellung geben könnten.

Ich erspare mir jetzt eine Abhandlung darüber, dass digitale Kunst vielleicht gar nicht für die Ewigkeit gemacht sein soll, sondern ein sehr spezifisches Zeitdokument ist, dessen Zeit dann eben irgendwann gekommen ist.

(via @wortfeld)

Tagebuch Donnerstag/Freitag, 30./31. Januar 2020 – Archiv und ZI

Der letzte Archivtag im Januar war eher nervig als erfolgreich, Schwamm drüber.

Wenigstens gut zum späten Mittag gegessen.

Und quasi als Ausgleich Post vom Sächsischen Staatsarchiv bekommen, die wieder etwas bessere Laune machte.

Abends eigentlich zu einem Konzert verabredet gewesen, aber nach zwei Nächten, in denen ich ab morgens um 4 wach war und meinen Kopf nicht mehr ausmachen konnte, der auf 800 noch zu bearbeitenden Diss-Lücken beschäftigt war, war ich so müde, dass ich in der Pause ging. Schade, denn das zweite Stück des Abends hatte mir sehr gut gefallen, das erst ging an mir unkonzentriertem Wusel eher vorbei.

Wie ein Stein geschlafen, aber gestern morgen irgendwie traurig aufgewacht, so ein Mittelding zwischen Überarbeitung und Zukunftspanik, tolle Kombi. Eine Stunde unentschlossen im Bett rumgewälzt und dann zum Allheilmittel gegriffen: in die Bibliothek fahren. Am besten ins Zentralinstitut für Kunstgeschichte, denn irgendwas steht da immer im Regal, was bessere Laune macht.

War dann eher nicht so, weil ich den Forschungsstand zur Kunst im NS finalisierte und mal wieder feststellen durfte, wie wenig vorhanden war. Dazu kam die Tatsache, dass mein Doktorvater, der ein Big Player in dem Bereich ist, quasi in jedem Ausstellungskatalog vertreten ist, den ich heranziehe, und ich ihn deswegen dauernd zitieren müsste. Was ich versuche zu vermeiden, weil das albern ist. Trotzdem fragte ich spaßeshalber auf Twitter, ab wievielen Nennungen im Literaturverzeichnis es komisch werden würde, woraufhin Herr @mediumflow die beste aller Antworten gab: „Als Doktorvater empfehle ich meinen Promovend*innen sachliche Distanz & Zurückhaltung beim Zitieren des Doktorvaters. Andernfalls rollen die Leser*innen nur die Augen & nehmen den Zitiergrund nicht ernst. Das größte Kompliment für den Doktorvater ist halt eine brillante Thesis.“


(Da wir immer noch kein finales Urteil zur Kunst im NS haben, ist alles zwischen Dings und Anpassung möglich.)

Ich puschelte weiter, als mein Handy stumm klingelte, was ich natürlich wegdrückte, Nummer aus München, keine Ahnung. Kurze Zeit später schlug eine Mail meines Doktorvaters auf, der mich anscheinend angerufen hatte, er hätte da ein paar Fragen, die er mir gleich in der Mail mitschickte, woraufhin meine Laune sehr viel besser wurde.

Ich habe da nämlich vor einiger Zeit eine Entdeckung gemacht, die für meine kleine Ecke der Kunstgeschichte nicht ganz unwichtig sein könnte. Über was ich per Zufall gestolpert bin, ist noch nirgends in der Forschungsliteratur verzeichnet, würde sie aber durchaus sinnvoll erweitern. Davon erzählte ich Vati im letzten Gespräch, und er war interessiert, aber nicht so enthusiastisch wie ich es gewesen war. Das hatte mich etwas enttäuscht, aber innerlich dachte ich, okay, der Mann weiß zehnmillionenmal mehr als du, dann war die Entdeckung wohl doch nicht so irre.

Und dann kam gestern die Mail mit sehr vielen Fragen. Ich beantwortete sie, schickte aber gleich noch eine hinterher: „Ich sitze gerade 50 Meter von Ihnen entfernt in der Bibliothek, soll ich kurz rumkommen?“ Was ich dann mit meinem Laptop tat, ein Kollege, der in der Mail auch CC gewesen war, guckte sich das ebenfalls gespannt an, ich zeigte Dokumente und Fotos, wir diskutierten, und ich fühlte mich wie eine richtige erwachsene Kunsthistorikerin. Das war schön.

Dieses Mal hatte ich auch brav einen Jogurt mit ins ZI genommen, damit ich nicht beim ersten Hunger nach Hause fahren müsste, was sonst immer mein Arbeitsmodus ist. Daher blieb ich bis gegen 17 Uhr, ließ mich dann nach Hause shutteln, obwohl gestern herrliches Fahrradwetter war, aber ich morgens noch zu bräsig für dieses Verkehrsmittel gewesen war, machte mir ein Käsebrot an Gemüseberg und verheulte das Finale von The Good Place. Wenn ihr auf der Suche nach einer perfekten Serie seid – nehmt diese hier.