1000 Fragen, 221 bis 240

(Ich paraphrasiere Christian: „Die Fragen stammen ursprünglich aus dem Flow-Magazin, Johanna von pink-e-pank.de hat daraus eine persönliche Blog-Challenge gemacht, und Beyhan von my-herzblut.com hat das PDF erstellt.“)

221. Gibt es Freundschaft auf den ersten Blick?

Ich glaube, es gibt Sympathie auf den ersten Blick, aber für Freundschaft oder sogar Liebe braucht es mehr als einmal rübergucken.

222. Gönnst du dir selbst regelmäßig eine Pause?

Ja. Immer. Das modische Wort „Self-Care“ habe ich ziemlich verinnerlicht.

223. Bist du jemals verliebt gewesen, ohne es zu wollen?

Ja. Das war eher scheiße. Aber auch toll, weil es ja schön ist, jemanden so irre gern zu haben. Aber dann doch eher wieder scheiße.

224. Steckst du Menschen in Schubladen?

Spontane Antwort: garantiert. Nach ein bisschen Nachdenken: weiß ich gar nicht. Ich teile Menschen ein in Freunde, Bekannte, Kolleginnen. Aber danach? Vermutlich stecke ich fremde Menschen oder neue Bekanntschaften irgendwo hin, aber mir fallen gerade keine Kategorien neben dem Level an Sympathie ein.

225. Welches Geräusch magst du?

Zusammenklirrende Eiswürfel im Getränk. Wind, der den Baum vor meinem Schlafzimmer verwuschelt. Das Entkorken von Wein. Das Umblättern von Buchseiten oder mein ewiges Rumgespiele an ihnen (auch ein Grund dafür, warum ich nicht einfach auf meinem Handy lese, wenn ich ins Stadion fahre). Biergarten-Atmo. Alles, was mit Wasser zu tun hat, vor allem Regen, auch wenn ich reingerate. Kirchenlieder. Meine nackten Füße auf dem Holzfußboden. Die ersten Takte jeder Ouvertüre. Die MacBook-Tastatur. Den Atem von F. Stille.

226. Wann warst du am glücklichsten?

Wieso „warst“?

227. Mit wem bist du gern zusammen?

Mit mir.

228. Willst du immer alles erklären?

Ich glaube, ich will eher immer alles erklärt bekommen.

229. Wann hast du zuletzt deine Angst überwunden?

Ich kann mich gerade an nichts erinnern. Wenn ich vor irgendwas wirklich Angst habe, mache ich es nicht, für blöde Mutproben bin ich zu alt. Wenn mir irgendwas unangenehm ist, aber halt sein muss, bin ich hoffentlich groß genug dafür, es frauhaft zu ertragen (Zahnarzt, Smalltalk, endlose Meetings).

230. Was war deine größte Jugendsünde?

Senfgelber Strickpulli zu grauer Kunstlederhose. Vermutlich noch Glitzerstulpen.

231. Was willst du einfach nicht einsehen?

Warum Finger- und Fußnägel wachsen. Die schneide ich doch immer wieder ab! Jetzt bleibt doch mal kurz!

232. Welche Anekdote über dich hörst du noch häufig?

Da fällt mir keine ein.

233. Welchen Tag in deinem Leben würdest du gern noch einmal erleben?

Ich erlebe lieber noch ein paar neue.

234. Hättest du lieber mehr Zeit oder mehr Geld?

Zeit schaufele ich mir frei. Also Geld. Ja, Geld hätte ich gerne viel mehr. Hallo, Penthouse in München, ich zahl dich in bar!

235. Würdest du gern in die Zukunft schauen können?

Nein. Wenn ich wüsste, was alles passiert, würde ich mich vermutlich um nichts mehr bemühen, nichts Neues mehr anfangen, ich weiß ja schon, was kommt.

236. Kannst du gut deine Grenzen definieren?

Ich arbeite immer noch daran. Manchmal geht’s: Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr, Partys abzusagen, gerne per DM oder Mail. Manchmal geht’s nicht: Direkter persönlicher Konfrontation weiche ich immer noch größtenteils aus. Aber mein Neinsageimpuls wird immer besser!

237. Bist du jemals in eine gefährliche Situation geraten?

Im Straßenverkehr vermutlich dauernd. Einer der Gründe, warum ich kein Motorrad mehr fahre. Irgendwann ist mir klar geworden, wie bescheuert diese Art der Fortbewegung ist, so als knautschzonenfreies Wesen ohne Anschnallgurt.

238. Hast du einen Tick?

Ich erledige Dinge gerne nach bestimmten Regeln (Monica: „YOU DON’T KNOW THE SYSTEM!“), aber Tick? Ich achte jedenfalls nicht darauf, mit welchem Fuß ich aufstehe oder dass erst alle roten M&Ms gegessen werden müssen oder sowas.

239. Ist Glück ein Ziel oder eine Momentaufnahme?

Schöne Frage.

Ich habe recht lange bei den täglichen Blogeinträgen die Überschrift „Was schön war“ gehabt, um mich selbst daran zu erinnern, wie oft es mir am Tag eigentlich gut geht, auch wenn meine Gesamtverfassung gefühlt eher mau war. Zu merken, wie glücklich mich Kleinigkeiten machen, hat sehr geholfen – und mir auch klargemacht, wie wenig es manchmal braucht, damit ich völlig erfüllt und zufrieden bin. Eine Glühbirne über dem Kopf in der Vorlesung. Ein perfektes Zitat in einem Aufsatz. Spaghetti Carbonara. Erdbeeren! Mich in meine Bettdecke einkuscheln. Ein richtig gutes Ende einer Serienfolge. Oder einfach nur langsam mit dem Fahrrad unter grünem Blätterdach zur Uni zu rollen. Das macht mich verlässlich glücklich, obwohl es nur kurze Momente sind.

Trotzdem habe ich irgendwo „Glück“ als Ziel im Hinterkopf, wenn ich über den Rest meines Lebens nachdenke. Ganz oben auf der Liste steht Gesundheit, aber dann kommen Dinge, die mich heute schon glücklich machen und die ich daher gerne behalten würde: eine schöne Wohnung, möglichst bezahlbar. Freunde, eine gute Beziehung, the interwebs. Lesen und schreiben können. Geistig klar zu bleiben. (Oder zu werden, höre ich aus den hinteren Reihen. Ich sehe euch!) Ein selbstbestimmtes Leben führen, so lange es irgendwie geht. Kurz gesagt: Das Leben, das ich jetzt führe, hätte ich gerne noch 40 Jahre lang. Alle Momentaufnahmen sind also irgendwie auch ein Ziel.

240. Mit wem würdest du deine letzten Minuten verbringen wollen?

Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Mit dem Lebensgefährten vermutlich. Sollte zu dem Zeitpunkt keiner da sein, mit meinem Kuschelteddy und viel Schokolade.

Tagebuch Montag/Dienstag, 29./30. April 2019 – Texterflöz

Meine Kontakterin und ich raten weiterhin, was die Kundin wohl lesen möchte, ich texte, sie korrigiert, ich texte um, wir schicken es rüber, und im Prinzip kommt als Feedback: „Ja, so, aber anders.“ Davon machen wir heute einen Tag Pause und ich bin sehr gespannt auf morgen.

Seit Montag kann mich aber eigentlich eh nichts erschüttern, denn die neue, die elfte Staffel der tollsten Kochshow der Welt begann: Masterchef Australia. Schon bei der ersten Folge lachte und weinte ich wieder, was man halt so bei Kochsendungen macht, und fand alles ganz großartig. Wie immer halt. Bis auf die letzte Staffel, da war mir das Finale egal.

Der Guardian weiß es auch: Move over, Bake Off! Why MasterChef Australia is TV’s best cookery show. Der Artikel beschreibt, dass man natürlich weiß, eine Reality-Soap zu gucken, die perfekt geschnitten ist und darauf abzielt, Emotionen aus dir rauszukitzeln. Aber was die Show so besonders macht, gerade im Unterschied zur amerikanischen, kanadischen, britischen oder (fuck off) der deutschen Version: die vielfältige Küche. (Mehr als die fünf Versionen kenne ich nicht.) Der Artikel beschreibt die letzte Staffel, aber das passt auf alle. Ja, ich habe nachträglich alle gesehen, obwohl ich mit der achten angefangen habe.

Ich hatte dazu auch mal einen ewig langen Artikel im Blog von jemandem anders, der auch sämtliche Staffeln nachgeguckt und über die Unterschiede gebloggt hatte, aber ich finde den selbst nicht mehr. Dafür habe ich meine eigene Liebeserklärung von 2016 wiedergefunden. Aber jetzt darf der Guardian was sagen:

„Australia was the first country to turbocharge the MasterChef format. Over seven months of filming, 24 finalists are hothoused, living together, cooking together every day, and facing challenges up to and including replicating Michelin-starred dishes, that are purpose made to push them over the edge. There are times when it feels like you’re watching some sort of shamanic initiation, as keen amateurs are broken down to the point of dissolution of ego, only to be rebuilt as superhuman cooks. And it reaps rewards: it has consistently been one of the most-watched shows on Australian TV, and not just its winners but more and more of the finalists each season instantly become part of the Australian culinary establishment. […]

[T]here’s an unmistakeable Aussie camaraderie, a give-a-bloke-a-fair go attitude among the contestants and judges that pulls the rug out from the cynical viewer again and again. And actually, you don’t get that much back story. Most of the emotional tug is from the relationships and the growing personalities that you see developing in front of you on screen, episode by episode. […]

But all of this would just be theatre if it weren’t for the substance of the show – the cooking. And that is where its Australianness comes into its own, because what we see is not the inward-looking, protectionist country of Malcolm Turnbull and Tony Abbott, but an immigrant nation, a part of the Asia-Pacific region, where people’s stories are told through food.

This season’s stars include a burly, bear-like Indian-Singaporean prison officer, a fearsomely high-camp Vietnamese EDM DJ born in a refugee camp, an almost impossibly lovable young Mauritian boxer, an effervescent Italian nonna, and on it goes. And through them you can learn more about the multiple strands and fusions of cuisine that run through that whole corner of the globe. There are guest spots too, from Nigella Lawson, Heston Blumenthal, Gordon Ramsay, Prince Charles – and some of them are fun – but they pale in comparison to the real reasons for watching MasterChef Australia, the real reasons you will laugh, cry and salivate: the people, their lives, and their food.“

Ich hoffe, dass ich niemanden spoilere – das letzte Finale war im Juli –, daher: Der erwähnte „burly, bear-like Indian-Singaporean prison officer“ hat das Ganze dann gewonnen. Der Mann heißt Sashi Cheliah.

Was außerdem den Montag schön gemacht hat: der Herr F. ist wieder im Land. Und wie immer, wenn er aus dem Ausland kommt, kriege ich die obligatorische Flughafen-Toblerone. Dieses Mal vom Münchner Flughafen, denn die kannten wir beide noch nicht.

Ich finde die Idee mit dem dreieckigen Lebkuchenherz großartig! Wir ignorieren mal die dusselige Carmen-Bluse und das Hängerkleid des Rotkäppchens oder was auch immer diese Dame darstellen soll.

„Waschen Sie sich die Hände, dann dürfen Sie auch mal zupfen!“

Eine schönes Interview mit der Harfenistin Silke Aichhorn – was wiegt so ein Ding überhaupt, können das auch Männer spielen und mögen Sie lieber Hochzeiten oder Beerdigungen?

„Wie berühmt sind Sie?

Unter den Solistinnen gehöre ich sicher zu den bekanntesten in Europa. Aber das ist wie bei Profi-Ruderern: Die kennt auch kaum einer. […]

Warum spielen Sie nicht in einem Orchester?

Ich habe viel in Orchestern gespielt, auch an großen Häusern. Aber ehrlich: Mich macht das nicht glücklich, ich bin kein guter Teamplayer, sondern ein typischer Freiberufler. Als Orchester-Harfe muss man unglaublich viel Geduld und super Nerven haben. Man hat in vielen Werken sehr wenig zu spielen, sitzt und sitzt und sitzt, dann spielt man ein paar Töne, dann sitzt man wieder eine halbe Stunde. Das ist wie in der Registratur in einem Amt, da kommt auch alle halbe Tage mal was rein, und dann ist wieder Ruhe. Ich kann so nicht arbeiten, bewundere aber die Menschen, die das gerne und gut machen.

Die Pauke hat auch nicht so viel zu tun.

Aber sie gehört wenigstens zur coolen Schlagwerkgruppe. Die Harfe hingegen ist meistens alleine, man muss alle Entscheidungen selbständig treffen. Oft wird man dann auch noch vom Dirigenten im Stich gelassen. Wenn zum Beispiel die Geigen 17 Takte Pause haben, bekommen sie natürlich ihren Einsatz. Wenn aber die Harfe 358 Takte Pause hat, kann sie sich selbst zusammensuchen, wann sie wieder dran ist. Dann macht sie einmal drrrt, und alle sagen, huch, Harfe ist auch dabei. […]

Sie spielen neben ihren vielen Konzerten und kabarettistischen Lesungen auch bei Hochzeiten und Beerdigungen. Was ist Ihnen lieber?

Unbedingt Beerdigungen. Die Harfe ist in solchen Momenten wunderbar für die Seele. Viele sagen mir danach, danke, ich hätte Ihnen gerne noch Stunden zugehört, nach Tagen konnte ich wieder einmal durchschnaufen. Das kann die Harfe wie kein anderes Instrument: Ruhe reinbringen in den Wahnsinn der Welt. Bei Hochzeiten ist das ganz anders: Mittlerweile machen sich viele Brautpaare so einen Druck, dass der schönste Tag des Lebens auch ultraperfekt sein muss. Wenn man dann als Harfenistin erst mal 50 Wochen lang in E-Mails Musikvorschläge und -wünsche diskutieren muss, wird mir das definitiv zu viel. So viel Bohei – und dann lassen sie sich oft gleich wieder scheiden.“

A symbol of slavery — and survival

Gerade hatte ich das Datum selbst bei der Rezension des Kendi-Buchs über die Geschichte des Rassismus erwähnt: Im August 1619 landete das erste europäische Sklavenschiff in Nordamerika. Ich hatte gar nicht überrissen, dass das jetzt genau 400 Jahre werden. Vor zwei Jahren wurde daher in Jamestown ein archäologisches Programm gestartet, das mehr über die ersten Sklaven herausfinden möchte. Vor allem über eine: Angela, die vermutlich erste Afrikanerin, die in die späteren Vereinigten Staaten verschleppt wurde und die wir nur noch unter ihrem neuen Namen kennen.

„She is listed in the 1624 and 1625 census as living in the household of Capt. William Pierce, first as “Angelo a Negar” and then as “Angela Negro woman in by Treasurer.” By then, she had survived two other harrowing events: a Powhatan Indian attack in 1622 that left 347 colonists dead and the famine that followed.

Yet little is known about her beyond those facts.

“It is presumed she was youngish — maybe in her early 20s,” said Cassandra Newby-Alexander, a history professor at Norfolk State University and co-author of “Black America Series: Portsmouth, Virginia.” “Angela was her Anglicized name. We don’t know what her original name was.”

“If they find the remains, we can know how old she was when she arrived,” Newby-Alexander said. “Did she have children? What did she die of? We will know more about this person, and we can reclaim her humanity.”“