The Number 23

The Number 23 (Number 23) merkt man in jeder Sekunde an, dass Drehbuchautor Fernley Phillips die Pointe zuerst eingefallen ist und er dann krampfig versucht hat, einen halbwegs schlüssigen Anfang zum Ende zu finden. Und das klappt leider eher ungelenk, wenn überhaupt.

Die Story fängt immerhin interessant an: Hundefänger (haha) Jim Carrey bekommt von seiner Frau Virginia Madsen ein Buch geschenkt: The Number 23 von einem gewissen Topsy Kretts. Den Namen bitte einmal laut vorlesen und zum ersten Mal gequält das Gesicht verziehen. Das Buch scheint ein Krimi zu sein über jemanden, der die Zahl 23 überall entdeckt. Was dazu führt, dass wir uns die erste Stunde des Film quasi die Zusammenfassung des Buches anhören, von Carrey unheilvoll aus dem Off erzählt, und diese mit düsteren Pseudo-Film-Noir-Szenen umgesetzt ertragen müssen. Genau wie eine der Personen im Buch verfällt auch der arme Hundefänger auf einmal dieser Zahl, warum, weiß kein Mensch, und als es sich endlich auflöst, ist es auch schon egal, weil man bis dahin kaum noch Lust hat, dieser Story zu folgen.

Es gibt genügend Beispiele von Filmen, in denen man die Lösung auf dem Silbertablett präsentiert bekommt und bei einigen guckt man sich wirklich den Film nochmal an, um zu gucken, ob die Lösung auch zu den ganzen Fährten passt, die uns im Laufe des Film vor der Nase rumgebaumelt haben. Bei The Usual Suspects zum Beispiel. Bei The Number 23 ist man nur froh, dass der ganze Quatsch jetzt ein Ende hat und Jim Carrey vielleicht endlich mal zum Friseur kann.

Premonition

In Premonition (Die Vorahnung) spielt Sandra Bullock eine Frau, der von der Polizei mitgeteilt wird, dass ihr Mann (Julian „Nip/Tuck“ McMahon) bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Sie ist fassungslos, holt ihre Töchter aus der Schule und ihre Mutter ins Haus, um nicht allein zu sein und geht schlafen. Und am nächsten Morgen wacht sie auf – und ihr Göttergatte sitzt schon putzmunter beim Frühstück.

Der Film springt aus der Gegenwart in die Vergangenheit und Zukunft. Mal lebt ihr Mann, mal ist er tot, plötzlich tauchen Tabletten in ihrem Bad auf, die ihr verordnet worden sind – nur dass sie sich weder an den Psychiater noch an ein Treffen mit ihm erinnert, das Begräbnis findet statt, an dem auch eine geheimnisvolle Frau teilnimmt, die behauptet, bereits mit Sandra geredet zu haben … genügend Zutaten für einen leidlich spannenden, aber letztlich doch belanglosen Film.

Premonition kann durchaus unterhalten und auch noch ein paar eklige Allgemeinplätze zu Ehe, Treue, Familie einstreuen, aber das Ende ist dann trotz aller Bitterkeit so zuckersüß, dass mir beim letzten Bild des Films fast schlecht wurde. Trotzdem gucke ich weiterhin tapfer alle Sandra-Bullock-Filme, auch wenn ich schon beim Trailer ahne, dass ich nicht begeistert von ihnen sein werde. Vor allem, wenn es mal wieder Filme sind sind, die sich nicht mit einer Zeitebene begnügen können.

Zodiac

Sehr lang (zweieinhalb Stunden), sehr schön ausgestattet (60er- und 70er-Jahre-Autos, yay) und sehr viele gute Schauspieler, aber im Endeffekt bleibt von Zodiac (Zodiac – Die Spur des Killers) leider auch nicht viel mehr übrig als lang, schöne Autos, gute Schauspieler.

Der Film erzählt die Geschichte des Serienkillers Zodiac, der die Polizei in San Francisco Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre beschäftigte. Wir sehen den Reportern zu, die von Zodiac Briefe in die Redaktion geschickt bekommen, und wir folgen den diversen Polizisten, die die vielfältigen Spuren untersuchen. Das Ganze geschieht sehr betulich, nicht so hektisch und schnittig wie man das in normalen „Zwei Stunden und zack! sitzt der Killer im Knast“-Filmen gewohnt ist. Man ahnt, wieviel Detailgenauigkeit nötig ist, um einen solchen Fall zu lösen. Zodiac hat durchaus meinen Respekt für die Polizeiarbeit erhöht, aber trotzdem fand ich den Film etwas unbefriedigend. Ich gebe zu, ich kannte die Geschichte nicht, wusste also nicht, wer der Killer ist und ob er geschnappt wird. Daher hatte ich wenigstens einen kleinen Spannungsbogen. Wenn man die Geschichte aber kennt (und ich ahne, dass sie einige kennen werden), weiß ich nicht, warum man sich Zodiac angucken sollte. Außer man mag lange Filme mit vielen Autos und guten Schauspielern.

The Simpsons Movie


© 20th Century Fox

The Simpsons Movie (Die Simpsons – Der Film, USA 2007, 87 Minuten)

Stimmen: Dan Castellaneta, Julie Kavner, Nancy Cartwright, Yeardley Smith, Harry Shearer, Hank Azaria, Marcia Wallace, Pamela Hayden
Musik: Hans Zimmer
Drehbuch: James L. Brooks, Matt Groening, Al Jean u.v.m.
Regie: David Silverman

Offizielle Seite

Trailer

Ich mag die Simpsons. Ich mag diese Mischung aus Familienidylle – selbst wenn Homer Bart zu erwürgen droht, weiß man doch, dass er sich in der nächsten Szene für Sohnemann vierteilen lassen würde – und Rotzigkeit, aus Lisas political correctness und Marges Sorge darüber, was die Nachbarn wohl sagen. Ich freue mich über jeden Telefonscherz auf Moes Kosten und über die ständig wechselnden Schilder vor der Kirche, über Ralphs unendliche Blödheit und Smithers Malibu-Stacy-Sammlung. Und deswegen habe ich auch am Simpsons-Film so gut wie gar nichts auszusetzen.

Ich hatte mich im Vorfeld gefragt, warum man die Simpsons überhaupt ins Kino bringen muss. Lustigerweise fragt sich das auch Homer schon bei Beginn des Films und beschimpft die Zuschauer erstmal als Deppen, weil sie für etwas zahlen, was sie im Fernsehen auch umsonst bekommen. Nicht ganz, möchte man da Freund Dumpfbacke zurufen – im Fernsehen hätte ich Barts Penis garantiert nicht zu Gesicht bekommen. Ich glaube zwar, dass das so ziemlich der einzige Grund war, den Film zu drehen, aber dafür hat sich’s gelohnt. Nicht unbedingt für Barts Geschlechtsorgan, aber für die, wie immer in solchen Situationen, irrwitzigen Versuche, eben dieses Organ nicht zu zeigen. Und dann für die Simpsons-typische Art, mit diesen Versuchen umzugehen.

Schon der Beginn des Films macht Spaß, weil bereits während der 20th-Century-Fox-Fanfare die erste gelbe Nase auf der Leinwand erscheint. Und auch den Abspann sollte man sich gönnen, sonst bliebe einem der gescheiterte Versuch einer Hymne für Springfield verborgen. Dazwischen gibt es eigentlich „nur“ eine überlange Simpsons-Folge, aber die ist, wie alle normalen Folgen auch, gespickt mir verbalen und visuellen Seitenhieben und Gags, die man verpasst, wenn man blinzelt. Die Witzdichte ist genauso hoch wie im Fernsehen – und, was mich überrascht hat, man ermüdet dabei keineswegs. Normalerweise fand ich 25 Minuten immer eine wunderbare Länge für „Seltsame Exposition, die gar nichts mit der Geschichte zu tun hat“, Wendung und Auflösung. Jetzt weiß ich, dass das auch in 85 Minuten funktioniert, ohne langweilig zu werden.

Einziger Kritikpunkt: Wenn man schon 85 Minuten Zeit hat, hätte man ein paar mehr der vielen, vielen Charaktere zu Wort kommen lassen können. Ich habe vor allem Apu vermisst, der, glaube ich, höchstens mal durchs Bild rennt, aber sonst gar nicht vorkommt. Die Geschichte konzentriert sich fast vollständig auf die Familie Simpson, und so gerne ich sie mag, hätte ich doch ebenso gerne noch mehr vom Rest von Springfield gesehen.

Ach ja, die Geschichte. Da reicht ein Satz: Homer weiht Springfield dem Untergang und rettet die Stadt dann vor eben diesem. Was die Simpsons so unterhaltsam macht, sind ja sowieso eher die Gags nebenbei und die grandiosen Dialoge, und die haben wir hier auch wieder zu Genüge. Ich muss gestehen, ich habe mir keinen einzigen merken können, weil ich mit Lachen beschäftigt war. Ich komme immer noch nicht über die Fanfare weg (hier leider nur in sehrsehrkurz); über die eine Szene, kurz vor Springfields sicher geglaubtem Untergang, als sich alle Kirchgänger zu Moe flüchten und alle Säufer in die Kirche rennen; über Lisas Versuch, cool zu wirken – und über Maggies erstes Wort (mal wieder). Wer wissen will, wie es heißt: ins Kino gehen.

Ein Hoch der Globalisierung. Als langjähriger Stammkunde bei amazon.de, .co.uk und .com gestern zum ersten Mal was bei .fr bestellt. Keine einzige Schaltfläche verstanden, aber trotzdem immer genau gewusst, wo ich hinklicken musste.

Das Bestatterweblog, via Anna.

Neulich bei Holgi in den Kommentaren gefunden, ich glaube, von Ronsens: Beaker aus der Muppetshow singt Feelings.

Überhaupt kann man sich mit dem Suchwort „Muppets“ einen ziemlich netten Nachmittag bei YouTube machen.

(„Neulich bei Holgi in den Kommentaren“. Meanwhile at the ranch.)


© imdb

Ulrich Mühe, 20.06.1953 – 22.07.2007

Sing mich, wenn du kannst

Mal wieder shuffeln. Diesmal gibt’s aber nur Text, nämlich die jeweils erste Songzeile. In Blogs mit Kommentaren könnte jetzt lustig geraten werden, wer gerade was singt. Bei mir gibt’s nur 20 Zeilen Buchstaben, weil Buchstaben so schön sind.

Love is in the air

Wake up on sunday morning

Tosca è un buon falco!

I stood on mountain tops

Ladies and gentlemen, children of all ages

It was a ruby that she wore

Marilyn baby, wants to be a pop star

Goodnight, my angel, time to close your eyes

Loving you isn’t the right thing to do

When everything goes wrong

Know it sounds funny but I just can’t stand the pain

Hey, world, here I am

You are the one for me, for me, formidable

If I had known what he would say

There he is, they’re all asleep, the fools

Out of a million seeds only the strongest one breathes

Times have changed and times are strange

Girl, you really got me going

Yesterday the sky was bright and clear

Catch my breath, close my eyes

„Was ist eigentlich die Katze? Eine Korrektur der Schöpfung. Als der liebe Gott die Maus geschaffen hatte, sagte er: Holla, da habe ich mich vergaloppiert. Die Katze ist gewissermaßen die Berichtigung des Irrtums Maus. Katze plus Maus stellt einen Beweis dafür dar, dass wir die Schöpfung heute in revidierter und korrigierter Auflage vor uns haben.“

(aus: Die Elenden, Victor Hugo. Klassiker mit Katzencontent.)

Nachtrag zum gestrigen Eintrag, den ich auch als Edit angefügt habe: Jürgen Kalwa hat mich auf zwei Radiointerviews mit Joshua Bell aufmerksam gemacht. Ich habe es noch nicht geschafft, sie anzuhören, daher vertraue ich mal seinem Urteil. Das erste Interview ist aus All Things Considered, „eine unserer besten Radiosendungen. (…) Es gibt noch ein anderes Radio-Interview mit ihm. Viel länger, eigentlich eher langweilig (was eindeutig an der Personality der Fragestellerin liegt). Erst am Ende reden sie über die U-Bahn-Geschichte.“

“What is this life if, full of care, we have no time to stand and stare?”

ThinkChristian hat mich mit einer netten Headline geködert: Would you recognize true beauty if you walked past it on the way to work? Im Artikel geht es um einen anderen Artikel aus der Washington Post: Pearls before Breakfast, den ich heute mal jedem geschätzten Leser an sein hoffentlich weiches Herz legen möchte.

Die Post hat ein interessantes Experiment gestartet. Auf ihre Anregung hin hat sich Joshua Bell, einer der weltbesten Violinisten, mit seiner Stradivari in eine Washingtoner U-Bahn-Station gestellt und gespielt – wie alle anderen Straßenmusikanten weltweit auch, die darauf warten, dass ihnen jemand für zehn Sekunden zuhört und ihnen vielleicht sogar einen müden Euro in den Hut wirft.

„Each passerby had a quick choice to make, one familiar to commuters in any urban area where the occasional street performer is part of the cityscape: Do you stop and listen? Do you hurry past with a blend of guilt and irritation, aware of your cupidity but annoyed by the unbidden demand on your time and your wallet? Do you throw in a buck, just to be polite? Does your decision change if he’s really bad? What if he’s really good? Do you have time for beauty? Shouldn’t you? What’s the moral mathematics of the moment?

On that Friday in January, those private questions would be answered in an unusually public way. No one knew it, but the fiddler standing against a bare wall outside the Metro in an indoor arcade at the top of the escalators was one of the finest classical musicians in the world, playing some of the most elegant music ever written on one of the most valuable violins ever made. His performance was arranged by The Washington Post as an experiment in context, perception and priorities – as well as an unblinking assessment of public taste: In a banal setting at an inconvenient time, would beauty transcend?“

Ich will euch die Pointe nicht verraten – und euch außerdem auch nicht um den Genuss des Artikels bringen, den ich persönlich für ein wunderbares Stück Journalismus halte: brillant geschrieben und wunderbar balanciert zwischen Information und fiesem Herzschmerz. Wir erfahren nicht nur, wieviele Menschen stehengeblieben sind, um Bell zuzuhören (oder auch nicht), sondern auch etwas über Kants Definition von Schönheit, über Bilder aus Museen, die vielleicht mal in Kneipen hängen sollten, über Kinder und ihre Eltern und wie sie auf Musik reagieren und über einige Menschen aus Washington.

Ich gebe zu, ich war bei der Lektüre ziemlich bewegt und habe mir sofort vorgenommen, mir jeden Straßenmusiker jetzt ein bisschen genauer anzuschauen. Und auch mal wieder auf Sonnenuntergänge und so’n Zeug zu achten.

Edit: Jürgen Kalwa hat mich auf zwei Radiointerviews mit Joshua Bell aufmerksam gemacht. Ich habe es noch nicht geschafft, sie anzuhören, daher vertraue ich mal seinem Urteil. Das erste Interview ist aus All Things Considered, „eine unserer besten Radiosendungen. (…) Es gibt noch ein anderes Radio-Interview mit ihm. Viel länger, eigentlich eher langweilig (was eindeutig an der Personality der Fragestellerin liegt). Erst am Ende reden sie über die U-Bahn-Geschichte.“

Paris, die Nachwirkungen

Ich esse nur noch Käse und Weißbrot und trinke zuviel Rotwein.

Ich hab dem Kerl einen Film aus dem Regal geklaut und ihn geguckt, OV mit Untertiteln, von Anfang bis Ende: Ça commence aujourd’hui. Ich möchte, dass alle Stammleser und alle, die mich persönlich kennen, sich das mal kurz auf der Zunge zergehen lassen: Ich habe freiwillig einen ganzen französischen Film geguckt.

Dann war ich im Kino: 2 Tage Paris. Ich habe Geld für einen französischen Film bezahlt.

Danach bin ich auf die wunderschöne Empfehlung von Herrn K. hin einkaufen gegangen und habe mir Noir Désirs Le vent nous portera bei iTunes gegönnt. Dann habe ich den Text erstmal durch die Google’schen Sprachtools gejagt, damit ich weiß, worüber die Jungs so singen, und werde jetzt, ganz wie damals mit Nik Kershaws The Riddle, alle Vokabeln lernen, die in dem Song chanson vorkommen. (In diesem Zusammenhang: Endlich, endlich, endlich ist mir das Wort scullery mal begegnet, Herr Kershaw. Im letzten Harry-Potter-Buch nämlich.)

Wenn ich bei Safari die Buchstaben „dict“ eingebe, lande ich inzwischen automatisch beim Französischlexikon von LEO und nicht mehr beim englischen.

Vor ein paar Tagen ist das Lehrbuch für den Französischkurs an der Volkshochschule bei mir eingetroffen, das ich alter Streber wie früher natürlich schon in den Sommerferien durchlesen werde.

Dazu lese ich Les Misérables von Victor Hugo. Auf deutsch allerdings. Ganz wahnsinnig bin ich ja auch nicht. Für die Ein-bisschen-wahnsinnig-Tage habe ich mir Premier Livre zugelegt, ein kleines, zweisprachiges dtv-Büchlein, mit dem ich so wichtige Vokabeln wie le chat oder la poupée lerne. Gut, dass ich den Glöckner von Notre-Dame und den Grafen von Monte Christo schon als Jugendliche gelesen habe, sonst müsste ich das jetzt auch noch erledigen.

Unser nächster Urlaub wird aber so was von dringend nach Amerika gehen, mein lieber Herr Gesangsverein!

(Mon cher monsieur chorale!)

„Journalism is the first draft of history.“

(aus Front Row at the White House von Helen Thomas. Vor ein paar Tagen mal wieder in der Hand gehabt.)