Please hold the line

Ist das jetzt Deppenspam oder warum war meine Handy-Mailbox gestern morgen voll mit einer Warteschleife?

Anke nölt über die üblichen Eisprungbauchschmerzen: „Der weibliche Körper ist eine einzige Nervensäge.“

Kerl: „Wem sagst du das?“

(Ich werde mit sofortiger Wirkung aufhören, sein Gemächt zu preisen.)

bundestagswahlblog.de

Bei Nico lauert eine schöne Idee darauf, umgesetzt zu werden.

Da in den Kommentaren das Watchblog angesprochen wurde, möchte ich zum wiederholten Male auf den Daou-Report aufmerksam machen. Der Report ist ein netter Service, den Salon anbietet, und der einen schnellen Überblick über die politische Blogosphäre der USA ermöglicht. Die Weblogs sind schön nach rechts und links geordnet, und mittendrin stehen noch ein paar Nachrichten oder aktuelle Schlagzeilen.

“Break me a fucking give.”

Neben Stephanie Zacharaks Kinokritiken auf Salon liebe ich ganz besonders die von Anthony Lane im New Yorker. An dieser Stelle mache ich auch nochmal auf sein wundervolles Buch Nobody’s Perfect: Writings from the New Yorker aufmerksam, in dem die schönsten seiner Rezensionen versammelt sind. Heute möchte ich euch sein neuestes Werk ans Herz legen: einen wundervollen Verriss von Star Wars: Episode III. Wunderschön.

The general opinion of Revenge of the Sith seems to be that it marks a distinc improvement on the last two episodes, The Phantom Menace and Attack of the Clones. True, but only in the same way that dying from natural causes is preferable to crucifixion. So much here is guaranteed to cause either offense or pain, starting with the nineteen-twenties leather football helmet that Natalie Portman suddenly dons for no reason, and rising to the continual horror of Ewan McGregor’s accent. “Another happy landing” – or, to be precise, “anothah heppy lending” – he remarks, as Anakin parks the front half of a burning starcruiser on a convenient airstrip. The young Obi-Wan Kenobi is not, I hasten to add, the most nauseating figure onscreen; nor is R2-D2 or even C-3PO, although I still fail to understand why I should have been expected to waste twenty-five years of my life following the progress of a beeping trash can and a gay, gold-plated Jeeves.

No, the one who gets me is Yoda. May I take the opportunity to enter a brief plea in favor of his extermination? Any educated moviegoer would know what to do, having watched that helpful sequence in Gremlins when a small, sage-colored beastie is fed into an electric blender. A fittingly frantic end, I feel, for the faux-pensive stillness on which the Yoda legend has hung. At one point in the new film, he assumes the role of cosmic shrink – squatting opposite Anakin in a noirish room, where the light bleeds sideways through slatted blinds. Anakin keeps having problems with his dark side, in the way that you or I might suffer from tennis elbow, but Yoda, whose reptilian smugness we have been encouraged to mistake for wisdom, has the answer. “Train yourself to let go of everything you fear to lose,” he says. Hold on, Kermit, run that past me one more time. If you ever got laid (admittedly a long shot, unless we can dig you up some undiscerning alien hottie with a name like Jar Jar Gabor), and spawned a brood of Yodettes, are you saying that you’d leave them behind at the first sniff of danger? Also, while we’re here, what’s with the screwy syntax? Deepest mind in the galaxy, apparently, and you still express yourself like a day-tripper with a dog-eared phrase book. “I hope right you are.” Break me a fucking give.

Ich würde ja doch gerne wissen, wie das restliche Wochenende des Pärchens ausgesehen hat, das am Samstag vor mir an der Supermarktkasse gestanden und folgendes gekauft hat: für 200 Euro Hochprozentiges und 60 Rollen Klopapier.

Kinsey

Kinsey erzählt die Geschichte des Biologen Alfred Kinsey, der mit seinem Kinsey-Report über die männliche Sexualität 1948 für sehr viel Aufsehen in den USA und weltweit sorgte. Nachdem er fünf Jahre später auch ein Buch über die weibliche Sexualität veröffentlichte, strichen ihm Förderer die Mittel – “you are telling Americans that their mothers and grandmothers had oral sex and masturbated” – und er starb wenige Jahre später.

Ich fand es spannend zu sehen, dass sich Kinsey erst für Sexualität und Probleme in diesem Bereich zu interessieren beginnt, als der eheliche Verkehr zwischen ihm und seiner Frau nicht klappte. Überhaupt ist die Beziehung zu seiner Frau der Motor, der ihn anscheinend antreibt. Umgekehrt haben seine Studien auch auf die Beziehung Einfluss; so gibt Kinsey seinem Verlangen nach einem homosexuellen Abenteuer nach – aus wissenschaftlichem Interesse, wie er sich zu rechtfertigen versucht. Seine Frau verzeiht ihm, geht aber ihrerseits ein Verhältnis mit demselben Mann ein, mit dem auch ihr Gatte geschlafen hat. Ebenfalls rein wissenschaftlich natürlich, denn auch sie ist Forscherin.

Kinsey behandelt das Thema „Sex“ sehr vorsichtig. Wir bekommen zwar explizite Bilder zu sehen und hören teilweise sehr anstrengende Berichte von Kinseys Umfragekandidaten, aber komischerweise fühlt sich der Film selbst an wie ein Experiment. Er bleibt unemotional, genau wie Kinsey und sein Team bei den Befragungen. Er maßt sich kein Urteil über seine Protagonisten an, sondern bildet sie einfach ab: mit ihren Wünschen, Moralvorstellungen, Schwächen, Widersprüchen, die so unwissenschaftlich daherkommen. Kinsey erscheint nicht als der strahlende Held, der ein verklemmtes Land befreien will. Wir sehen stattdessen, wie er an seinem Sohn die gleichen Fehler wiederholt, die er seinem eigenen Vater vorwirft, wie er sein Team als Studienobjekte behandelt und wie er manchmal vergisst, dass Liebe mehr ist als Sexualität und dass man sie deshalb nicht wissenschaftlich ergründen kann. Kinsey ist bis zum Schluss jemand, der auf der Suche ist, und manchmal vergisst man (vergisst er selbst?), wonach eigentlich.

Ich mochte die Distanz, die der Film hält, sehr gerne, denn durch die fast dokumentarische Handlung fühlten sich die Emotionen, die abgebildet werden, tief und wahrhaft an. Die Liebe gerade zwischen Kinsey und seiner Frau erschien manchmal so leicht und manchmal wie ein hartes Stück Arbeit. Aber sie trägt den ganzen Film. Und so ist Kinsey ein Film, der über Sexualität redet, aber dabei Liebe ausstrahlt.

Beyond the Sea

Kevin Spacey gehört zu meinen Lieblingen, denen ich jede Rolle abkaufe, aber bei Beyond the Sea habe ich mir zum ersten Mal gewünscht, er wäre 20 Jahre jünger. Vielleicht hätte der Film dann etwas besser funktioniert. Wahrscheinlich aber auch nicht.

Beyond the Sea erzählt das Leben des Sängers Bobby Darin, der Anfang der 70er Jahre mit nur 37 Jahren starb. Der Film versucht, nicht nur ein gradlinig erzähltes Biopic zu sein, sondern vermischt eine Rahmenhandlung mit Bobby als Kind mit der eigentlichen Geschichte. Dazu kommen noch einige Musicalnummern, in denen Bobby nicht nur einfach einen Song singt oder wir ihn im Hintergrund hören, nein, Spacey tanzt im kanariengelben Anzug durch die Kulisse, während er Sandra Dee verführen will oder walzert die Straßen der Bronx entlang, um seinen Weg nach Vegas zu feiern. Das Dumme ist: Es passt alles nicht zusammen. Bobby junior, der Spacey sein eigenes Leben erklären will, fühlt sich die ganze Zeit wie eine Plot-Entschuldigung an, weil er den Zuschauern nochmal erzählt, was gerade passiert oder wie es Bobby gerade geht oder wie wir die unglaublich tiefe Metapher mit der Uhr verstehen sollen. Und die Musicalnummern, so schön sie auch anzusehen sind, wirken im Zusammenspiel mit der Realhandlung einfach nur albern. Hätte der Film sich nur auf sie konzentriert, hätte vielleicht was draus werden können. We Will Rock You oder Mamma Mia sind ja auch nur Rahmenhandlung um Queen- respektive Abba-Songs rumgestrickt. Ich kann mir vorstellen, dass das mit Bobby Darin-Liedern auch funktioniert hätte.

Als rein erzählter Film hätte Beyond the Sea teilweise mit einem anderen Darsteller arbeiten müssen. Spacey sieht eben nicht mehr wie 22 aus, als Darin seinen ersten großen Hit hatte, und deswegen wirken die Szenen, in der er der 16jährigen Dee den Hof macht, ziemlich absurd. Hätte man allerdings einen anderen Darsteller genommen, hätte man auf der Vergnügen verzichten müssen, Spacey singen zu hören. Denn das ist das einzige, was mich davon abgehalten hat, den Film in die Tonne zu kloppen. Spacey hat nicht nur eine honiggetränkte Sprechstimme – er singt noch viel weicher. Das reicht zwar nicht für einen guten Film, aber immerhin für einen Soundtrack auf dem Amazon-Wunschzettel.

Star Wars: Episode III – Revenge of the Sith

Star Wars: Episode III – Revenge of the Sith (Krieg der Sterne: Episode III – Die Rache der Sith, USA 2005, 140 min)

Darsteller: Ewan McGregor, Natalie Portman, Hayden Christensen, Ian McDiarmid, Samuel L. Jackson, Jimmy Smits, Frank Oz, Christopher Lee
Musik: John Williams
Kamera: David Tattersall
Drehbuch: George Lucas
Regie: George Lucas

Trailer

Offizielle Seite

Mir ist noch nie ein Anfang für eine Kritik so schwer gefallen wie zu Star Wars: Episode III – Revenge of the Sith oder wie ich ihn hier nennen will, Sith, weil ich mich nicht tottippen möchte. Ich habe bisher jeden Star Wars-Film so richtig doof gefunden, habe mich meist dazu auch noch ziemlich gelangweilt und wusste daher vorher, wie ich Sith finden werden würde: doof und langweilig. Im Kopf hatte ich schon den Verriss vorformuliert, den ich im Kino gemütlich ausbauen wollte, wenn die langweiligen Dialoge zwischen den doofen Kämpfen kommen. Leider bin ich dazu nicht gekommen. Denn, ich muss es hier öffentlich gestehen, obwohl ich hoffe, dass es niemand merkt und mir irgendwann unter die Nase reibt: Sith hat mir überraschenderweise wirklich gefallen.

So. Jetzt isses raus. Bitte gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen.

Wobei „gefallen“ ein weiter Begriff ist. Natürlich ist die Story von Sith genauso holzschnittartig und schlicht wie bei seinen Vorgängern – oder Nachfolgern (das Star Wars-Universum hat noch mehr Raum-Zeit-Paradoxe als das Star Trek-Universum). Es gibt wie immer eine Handvoll Gute, die eine ganze Galaxie voller Böse aufmischen. Diesmal gibt es allerdings einen Guten, der zum Bösling wird – der kleine Anakin Skywalker, inzwischen zum Manne gereift und anscheinend kurz im Fitness-Studio gewesen, wenn man der einzigen Szene, in der ein bisschen Haut zu sehen war, glauben darf. Schließlich haben wir nur noch diesen einen Film lang Zeit, um aus Ani, wie seine Gespielin Padmé (Natalie Portman) ihn zärtlich (albern) nennt, Oberschurke Darth Vader zu machen. Hayden Christensen bemüht sich daher von Anfang an, ganz, ganz gemein zu gucken, um für uns arglose Zuschauer den Schock nicht allzu groß werden zu lassen, wenn er zweieinhalb Stunden später auf der dunklen Seite der Macht angekommen ist. Und ich muss sagen, mir hat diese latente Gefährlichkeit ziemlich gut gefallen.

Ich habe mich schon länger gefragt, wie man aus dem edlen Jedi den bronchitischen Vader machen kann. Die Auflösung ist so einfach wie menschlich: die Liebe beziehungsweise die Hormone machen eben aus jedem aufrechten Mann immer noch einen Idioten. Normalerweise reißen solche Männer sich ihr T-Shirt vom Leib und brüllen „Stellaaaaaa!“ in den Regen oder schlagen Kurgan die rasierte Rübe von den Schultern, aber Anakin muss es natürlich übertreiben. Er richtet lieber stilgerecht ein Blutbad unter seinen Jedi-Kumpeln an. Und wozu? Damit seine Liebste nicht im Kindbett stirbt, wie er es im Traum gesehen hat, denn die dunkle Seite hat die Macht, Tote wiederzuerwecken.

Die Storyline von Padmé in anderen Umständen war allerdings die, bei der ich meist schmerzlich das Gesicht verzogen habe. Bereits die freudige Nachricht war der erste Lacher im Kino. Padmé flüstert ihrem Ani zu, sie sei schwanger, worauf er sich ein “This is the happiest day of my life” rauswürgt, dabei aber aussieht, als würde er denken: „Verdammt, sie hat doch gesagt, sie nimmt die Pille!“ Außerdem hat mich die Geschwindigkeit der Schwangerschaft sehr beeindruckt. Am Anfang des Films sieht man ihr gar nichts an, und keine zwei Stunden später schenkt sie Lucky Luke und Schneckenschwester Leia das Leben – wobei im Kino Zeitraffer ja nichts Ungewöhnliches ist, aber das Dumme hier ist, dass sich der Rest der Geschichte eben nicht wie neun Monate anfühlt, sondern wie neun Tage.

Überhaupt: die Geburt. Ich hätte ja gerne darauf verzichtet, aber immerhin wird das Wunder des Lebens in Sith gleich doppelt gefeiert. Während Padmé in den Wehen liegt, entsteht nämlich zeitgleich und im Gegenschnitt in a galaxy far, far away Darth Vader. Der vom Kampf gegen Obi-Wan Kenobi ziemlich erledigte Anakin wird medizinisch versorgt und bekommt sein schwarzes Plastik-Antlitz, das wir alle kennen. Und obwohl ich, wie gesagt, überhaupt kein Star Wars-Fan bin: Als ihm die Maske aufgesetzt wird, sie mit einem leisen „Klick“ einrastet, die Musik stoppt und man als einziges Geräusch im Kino zum ersten Mal das charakteristische Atmen von Vader hört – ja, da lief auch mir ein kleiner Schauer über den Rücken. Eine Ikone wird geboren, und ich war dabei. Wer dabei nicht gerührt ist, hat kein Herz. Oder keine Ehrfurcht vor einer Kinolegende.

Es gab – unvermeidlich bei Star Wars – genügend Szenen von unfreiwilliger Komik. Wenn Obi-Wan auf einem gefiederten Dinosaurier reitet, weiß ich nicht, ob ich die Tricktechnik bewundern oder mich fragen soll, wer sich solche Kreaturen ausdenkt. Das Fahrzeug, auf dem General Whatshisname vor Obi-Wan flieht, sieht zwar toll aus, klingt aber wie eine Nähmaschine und hat mich daher auch eher kichern lassen. Und Yoda wird für mich nie ein Jedi-Meister sein, sondern immer ein kleines, grünes Gummimonster, das verdammt hoch springen kann und ein farblich passendes Laserschwert hat. Dazu kommen die Dialoge, die einem wie immer die Ohren bluten lassen. Mein Liebling: Anakin betrachet seine Liebste auf dem Balkon ihres schicken Penthouses und bringt wie ein Sextaner folgende Perle: “You look so … (wie heißt das Adverb, auf das alle Mädels so abfahren? Ach ja:) … beautiful.“ Worauf Padmé backfischartig zurücksäuselt: “That’s because I love you.” Was schon schlimm genug ist, aber Lucas wollte unbedingt noch einen draufsetzen und lässt den armen Christensen noch ein “No, because I love you” hinterherquetschen, worauf ich mich geistig auf den ersten Streit der Turteltäubchen eingestellt hatte: Ich hab dich lieber als du mich; nein, ich hab dich lieber als du mich; nein, ich hab dich immer einmal mehr lieb als du mich, du Arsch! was mir aber gottlob erspart blieb.

Aber trotz all der Macken und Peinlichkeiten und dünnen Story von Sith habe ich mich komischerweise nicht eine Sekunde gelangweilt. Die Kampfszenen waren erfrischend kurz gehalten, bis auf den großen Showdown, der aber gerne etwas länger dauern darf, denn sonst wäre es kein Showdown. R2D2 ist wie immer ein netter, kleiner comic relief. Ewan McGregor bemüht sich, aus seinen „Dialogen“ noch ein bisschen was zu machen, und das gelingt ihm meist sogar. Besonders die Szene zum Schluss, als der geschlagene Anakin am Boden liegt und Obi-Wan seinem Bruder im Geist hinterhertrauert, kam – für Star Wars-Verhältnisse – wirklich ehrlich und emotional rüber. Auch wenn ich bei der Szene stark an Die Ritter der Kokosnuss denken musste (guckt euch den Film an, und ihr werdet verstehen). Bei dem üblichen „Republik, Demokratie, Senat“-Gequatsche, das mir sonst immer fürchterlich auf den Keks gegangen ist, habe ich diesmal auf Durchzug geschaltet und gar nicht versucht, großartig einen Sinn darin zu finden. Diesmal hat es mir genügt zu wissen, wer die Guten und wer die Bösen sind und fertig. Das ist vielleicht nicht unbedingt eine intellektuelle Herangehensweise an einen Film, aber ich möchte Star Wars auch nicht unbedingt intellektuelles Kino nennen.

Stattdessen muss ich mir eingestehen, dass ich von vielen Settings sehr beeindruckt war, vor allem vom Vulkanplaneten zum Schluss, dass die Ausstattung viel weniger nach Plastik und Hochleistungsrechner aussah wie alle Teile vorher (oder nachher – damnit), dass das Erzähltempo angenehm hoch war und dass ich diesmal wirklich einfach Spaß im Kino hatte. Star Wars: Episode III – Revenge of the Sith macht vielleicht auch deshalb Spaß beziehungsweise erwischt einen emotional mehr als die anderen Teile, weil eine Saga nun wirklich ihr Ende findet. Die losen Handlungsfäden, die noch zur alten Trilogie fehlten, werden verknüpft; man bleibt mit dem wohligen Gefühl zurück, dass jetzt die Kinogeschichte ihren Gang gehen kann. Kein schlechtes Gefühl. Und ich bin jetzt doch ein kleines bisschen froh darüber, sagen zu können, dass mir wenigstens ein Film der ganzen Reihe gefallen hat. Hauptsache, Lucas dreht nicht doch noch drei weitere.

Tantalusqualen, selbstgemacht

Vom Zahnarzt kommen und den kompletten Unterkiefer betäubt haben. Den hungernden Kerl nicht länger leiden sehen wollen und ihm liebevoll leckere Spaghetten an feinem Sößchen kredenzen. Zusehen, wie’s ihm schmeckt, während man selbst nicht mal nen Schluck Wasser trinken kann, weil der Mund nicht weiß, wo er anfängt und aufhört, geschweige denn, wie man Flüssigkeit oder sogar feste Nahrung ins Körperinnere weiterbefördert.

Chuck Palahniuk schreibt im Guardian über One Flew Over the Cuckoo’s Nest – leider mit einem nicht ganz gelungenen Bogen zu Demokratie und Außenseitern, wo ich doch viel lieber mehr über seine Familie gehört hätte. Egal. Ist Palahniuk. Lese ich trotzdem. Slaves and saviours:

In 1975, my parents’ marriage had been through several trial separations, little rehearsals for their eventual divorce. My siblings and I lived with our mother. Our father lived an hour’s drive away, and every Sunday he’d collect us for an afternoon and evening. That’s when anything was possible. He took us to see Klute with Jane Fonda and Bonnie and Clyde with Faye Dunaway, films full of sex and violence. He was so desperate to please us for those few hours, if we’d asked he would’ve taken us to see a snuff movie.

We had only one cinema, five towns away from our town, and one Sunday night the only choice was Cuckoo’s Nest.

On the surface, the story was new and different, but really – even as a child – I could see my parents in that mental hospital, battling each other for power. Here was my father, Randle Patrick McMurphy, who always looked for a quick miracle to fix his life. A trick or a new scam that would rescue him – even faking a back injury so he could retire early from the railroad – the way McMurphy faked being insane. And there was Bill Bibbit as our mother, trying to follow a path she’d been taught since childhood: being good, giving in, obeying orders, trusting that good behaviour and hard work would bring love. My mother, who got straight-As in school. (…)

And here I was, Big Chief, the witness to their battle.

Bluts … äh … bruder?

Sabine Horst stellt in der Zeit die 9-teilige Winnetou-DVD-Reihe vor und behauptet, der tapfere Häuptling der Apachen wäre ein Metrosexueller gewesen: Ein Mann wie eine Frau.

Anfangs, so erinnert sich der Produzent Horst Wendlandt in einem der Features, habe (Pierre) Brice ständig mit dem Regisseur Harald Reinl im Clinch gelegen: Ob er nicht mehr Dialog haben könne, er stünde immer nur in der Gegend herum. Schon bei der Premiere von Der Schatz im Silbersee, entpuppte sich der Herumsteher indes als „Hingucker“ der Serie: In München versammelte sich eine weibliche Fangemeinde, seufzend, applaudierend, ergriffen vom Appeal des „noblen Wilden“, der nicht nur zivilisierter war als die weißen Siedler, sondern auch als seine Ko-Stars. Neben dem straighten Lex Barker fiel Winnetou durch seinen Hang zum schmückenden Accessoire auf. Stewart Grangers grelle Leutseligkeit trieb gelegentlich einen indignierten Ausdruck auf die edlen, im unteren Bereich zur Weichheit neigenden Häuptlingszüge.

Ach ja, der Brice, der Pierre. Ich fand ihn ja damals auch unglaublich attraktiv – jedenfalls attraktiver als den Blondling Old Shatterhand, der mir immer zu pomadig rüberkam, während Winni stets so schön versonnen in die Ferne geguckt hat. Ich liebe auch heute noch die Titelmelodie und erinnere mich, dass ich beim im Artikel angesprochenen Schatz im Silbersee die Augen zugemacht habe, als der Fiesling im Schlamm versank und nur noch seine Hand herausragte, die einen Becher (oder was immer das war) umklammert hatte. Die Todesart hat mein kindliches Gemüt noch lange beschäftigt.

(Wieso durfte ich sowas überhaupt gucken?)

Und noch eine weitere Ikone wird „geoutet“: James Dean war schwul, sagt Germaine Greer im Guardian. What else is new? Mad about the boy:

In the 1950s homosexuality was so far off the suburban radar that Jimmy Dean could give us all the visual clues, and we would see nothing. He could flirt outrageously with the camera, and get away with it. There was no gay establishment; young men growing up “different” had no easy way of identifying what it was that troubled them or why it was that they couldn’t fit in with teen culture of dating and necking and boasting. A friend of mine, obsessed with the movies, trained himself to walk like John Wayne, straight-backed, shoulders wide, head immobile on a stiff neck, rolling on the balls of his feet. He still walks that way, in all a living caricature of screen masculinity. Before he came rocketing out of the closet in the late 1960s, he even asked me to marry him. A good many marriages were made that way in the old days, and a great deal of grief and destruction they caused.

Am 30. September diesen Jahres ist übrigens der 50. Todestag des Schauspielers. In Marion und Fairmount, Indiana, werden wieder tausende von Fans erwartet, vor allem in Fairmount, wo Deans Grabstätte liegt. Ich bin nicht dabei. Ich war da schon.

blog for rent

Rent, das mehrfach preisgekrönte Musical (offizielle Seite, Wikipedia), wird verfilmt. Dabei übernehmen sechs der Darsteller aus der Original-Broadwayproduktion ihre Rollen im Film, der am 11. November diesen Jahres in Amerika starten wird. Zu den Dreharbeiten gibt es ein Weblog, das anscheinend von mehreren Protagonisten gefüllt wird. Es ist allerdings erst wenige Tage online, daher sind die Einträge noch etwas spärlich.

Vera Drake

Sehr ruhiger Film von Mike Leigh über eine Mutter, die Anfang der 50er Jahre illegale Abtreibungen durchführt und deswegen von der Polizei verhaftet wird. Vera Drake erzählt zwar auch von den Vernehmungen und dem Gerichtsverfahren, aber er legt viel mehr Wert auf die Vorgeschichte. Der Film zeichnet ein sehr liebevolles, aber kein verklärtes Bild von England nach dem Krieg: Familien, die eng zusammenrücken mussten, aber auch Familien, die sich vor Platz kaum retten konnten. Das scheinbar sozial engagierte Leben der „Unterschicht“ und die kühle Distanz der „Oberschicht“. Schwarzmarkt und Schiebereien, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit.

Der Film erzählt seine Geschichte sehr schnörkellos und schlicht und weicht nie von seinem direkten Weg aufs Ziel ab. Wahrscheinlich hat er mich deswegen so gerührt, wahrscheinlich war ich deswegen so fasziniert von Vera und ihrer Familie. Sie kamen mir in den zwei Stunden, in denen ich sie erlebte, sehr nahe; ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, mit ihnen im Wohnzimmer zu sitzen und Tee zu trinken. Und deswegen hat es mich, obwohl ich wusste, worum es in diesem Film geht, fast überrascht, die Hauptfigur dabei zu sehen, wie sie Abtreibungen durchführt. Es wollte so gar nicht in ihr sonstiges Leben passen, in dem sie soviel Güte und Rücksicht und Freundlichkeit anderen gegenüber zeigte – und genau deshalb passte es dann doch.

Imelda Staunton als Vera Drake liefert ein wundervolles Porträt einer Frau, die mit ganzem Herzen an das glaubt, was sie tut, und der erst sehr spät klar wird, was sie wirklich getan hat. Ich habe selten einen glaubhafteren Charakter gesehen. Und schon länger keinen Film, der sich so dicht und stimmungsvoll anfühlt.

The sun always shines on TV

Schönster Satz bei einer Zuchtschau für Hasen in irgendeiner Spiegel TV-Doku: „Bewertet werden die Tiere mit Punktzahlen von 1 bis 10. Ab 4 Punkten abwärts wird es eng für den Rammler.“ Schnitt auf Züchters Ehefrau, die Kaninchengulasch serviert.