Religulous

Bill Maher macht schon im Titel klar, was einen erwartet: Religulous setzt sich aus religious und ridiculous zusammen. Und auch wenn er in der Anmoderation sagt “I need to understand”, versucht er genau das in den nächsten knapp zwei Stunden nicht: zu verstehen. Stattdessen beschränkt sich Religulous darauf, die Standardirren und Religionsstalinisten vor die Kamera zu holen, die natürlich genau die Sätze loslassen, über die man sich als Agnostiker oder Atheist prima lustig machen kann – und vor denen man sich als Gläubiger fürchtet, weil sie so wunderbar Munition für alle Skeptiker liefern.

So gibt es im bunten Reigen der Christen, Juden und Muslime den Ex-Homosexuellen, der durch den Glauben brav hetero geworden ist, die gutgekleideten Prediger mit Goldkettchen und Eidechsenschuhen, die ein prima Leben dadurch führen, dass ihre Gemeinde ihnen bereitwillig Geld in den Rachen wirft, den Juden, der sagt, Israel sollte nicht existieren, weil die Juden noch nicht lange genug gelitten hätten, um sich einen Staat zu verdienen, und den muslimischen Rapper, der in seinen Songs von Sprengstoffattentaten singt und Redefreiheit für sich beansprucht, die er Salman Rushdie allerdings nicht gönnen will. Bei den ganzen Pappnasen kann ich jeden bissigen Spruch von Maher verstehen, habe es aber im Gegenzug sehr genossen, als ihn ein Wissenschaftler freundlich davon unterrichtet, dass er selbst gläubiger Christ sei und wie einer der Darsteller in einem der fiesen Holy-Land-Freizeitparks ihm die göttliche Dreifaltigkeit („Wie kann ein Gott gleichzeitig sein Sohn und ein Geist sein?“) mit den drei Aggregatszuständen von Wasser erklärt – was Maher zum ersten Mal im Film sprachlos macht.

Ab und zu gönnt er also auch seinen Gesprächsgegnern mal einen Punkt, kann es dann aber doch nicht einfach so stehen lassen, argumentativ ausgeknockt worden zu sein. Nach jeder Vignette, nach jedem Gesprächspartner fasst Maher im Auto auf dem Weg zum nächsten Drehort nochmal zusammen, was gerade passiert ist – und schon hat er wieder die Pointe. Religulous ist keine Doku, sondern ein vorgetäuschter Meinungsaustausch, der nur eine Seite wirklich zu Wort kommen lässt: die der Zweifler und Spötter. Ist auch okay, das ist schließlich Mahers Film, aber man fragt sich schon nach einer Stunde, ob da nochmal was anderes kommt. Irgendwann beginnt das ewig gleiche arrogante Lächeln zu nerven, genau wie die vielen, vielen kurz eingestreuten Filmschnipsel aus den miesesten Bibelverfilmungen ever – also die, die nicht mal Bibel TV zeigen will, weil sie so trashig sind. Religulous fängt sehr unterhaltsam an und wird leider sehr schnell banal, weil er nicht mehr macht – machen kann? –, als immer wieder in die gleiche Kerbe zu dreschen. Und wenn sich Maher zum Schluss, ausgerechnet in Meggido, vor die Kamera stellt, um nochmal darauf hinzuweisen, wie gefährlich Religionen sind (danke dafür, das hatte ich trotz der in Hochhäuser crashenden Flugzeuge und brennender Strohpuppen noch nicht verstanden) und wie jeder Gläubige dafür sorgt, dass die Welt ein schlechterer Ort wird, klingt er genauso radikal wie die Gläubigen, über die er sich die ganze Zeit lustig gemacht hat.