Tagebuch Montag, 5. November 2018 – Kleinkramtag

Gearbeitet, Steuer gemacht, staubgesaugt, an ausgewählten Stellen der Wohnung Staub gewischt, keine Lust auf weitere Putzarbeit gehabt, auf Feedback gewartet, gelesen. Eigentlich wollte ich auch mal wieder in meine Diss-Dokumente gucken, aber das verschiebe ich aus Gründen auf nächste Woche. Wein für die nächste Fehlfarben-Ausgabe bestellt.

Einen Artikel über Adam Driver in der Timeline gehabt, nur überflogen, aber dafür ewig das Foto angestarrt.

Die neue Folge Outlander gesehen (Start der vierten Staffel) und schon genervt gewesen: Können die beiden nicht mal eine Staffel lang einfach nur glücklich sein, uns hübsch anzusehende Sexszenen spendieren, ein Häuschen bauen und sich meinetwegen einen Hund anschaffen? Dieser ständige seelische Ausnahmezustand ist mir gerade zu anstrengend. Gilt auch für dich, This is Us: Stop trying so hard to make us cry.

The importance of stupidity in scientific research

Die Pointe dieses Essays von 2008 hatte mir F. im Laufe meines Studiums mehrfach eingebleut, weil ich sie immer wieder gerne vergessen habe – und sie auch immer wieder vergesse, wenn ich in Archiven verzweifle: „If you know what you’re doing more than half of the time, it’s not research.“ Der Meteorologe Paul Williams twitterte den Link gestern mit dem Satz: „I show this brilliant essay to all my new PhD students. It contains some excellent advice on how to handle – and even learn to love – the feeling of being constantly immersed in the unknown.“

Der Essay erwähnt, dass man sich als Studi während des BA oder MA meist halbwegs sicher fühlt – man lernt ja brav für die Tests und Klausuren, also weiß man Zeug. Erst bei den längeren Arbeiten fällt einem manchmal auf, welche Lücken man noch hat – und wie irrwitzig und unüberwindlich groß diese Lücken sind. Der Essay sagt aber auch: Genau so ist das richtig.

„My Ph.D. project was somewhat interdisciplinary and, for a while, whenever I ran into a problem, I pestered the faculty in my department who were experts in the various disciplines that I needed. I remember the day when Henry Taube (who won the Nobel Prize two years later) told me he didn’t know how to solve the problem I was having in his area. I was a third-year graduate student and I figured that Taube knew about 1000 times more than I did (conservative estimate). If he didn’t have the answer, nobody did.

That’s when it hit me: nobody did. That’s why it was a research problem. And being my research problem, it was up to me to solve. Once I faced that fact, I solved the problem in a couple of days. (It wasn’t really very hard; I just had to try a few things.) The crucial lesson was that the scope of things I didn’t know wasn’t merely vast; it was, for all practical purposes, infinite. That realization, instead of being discouraging, was liberating. If our ignorance is infinite, the only possible course of action is to muddle through as best we can. […]

One of the beautiful things about science is that it allows us to bumble along, getting it wrong time after time, and feel perfectly fine as long as we learn something each time. No doubt, this can be difficult for students who are accustomed to getting the answers right. No doubt, reasonable levels of confidence and emotional resilience help, but I think scientific education might do more to ease what is a very big transition: from learning what other people once discovered to making your own discoveries. The more comfortable we become with being stupid, the deeper we will wade into the unknown and the more likely we are to make big discoveries.“

Das sicherste Kernkraftwerk der Welt

Die FAZ schrieb gestern über das einzige Atomkraftwerk Österreichs, das nie ans Netz ging und das heute Strom durch Solarpanels erzeugt. Fand ich äußerst interessant zu lesen. Ich vertwitterte gestern die abfotografierte Zeitungsseite, @berlinschochise machte mich auf die Online-Version aufmerksam, die ich nicht gefunden hatte.

„In der Schaltzentrale, die mit ihren Kontrollpulten, Wählscheibentelefonen und Röhrenmonitoren aussieht wie ein Technikmuseum, liegen bis heute die handschriftlichen Protokollbücher aus dieser Zeit aus. „Werkzeug und Schlüsselkasten übernommen“, steht in diesen Zeugnissen der Monotonie, oder: „Rundgang durchgeführt“. Die gut bezahlte Langeweile hatte ihren Preis. Insgesamt sind in Österreichs größte Industrieruine 14 Milliarden Schilling geflossen, etwa eine Milliarde Euro.

Nach dem endgültigen Aus diente „Zwentendorf“ zunächst als Ersatzteillager für Siedewasserreaktoren im Ausland. Ein Investor wollte später in dem fensterlosen Gemäuer mit seinen 1000 Räumen ein Abenteuerland einrichten, ein anderer einen „Friedhof für Senkrechtbestattungen“. Am treffsichersten zeigte sich der Künstler Friedensreich Hundertwasser. Er schlug ein „Museum der fehlgeleiteten Technologien“ vor. Doch alle Vorstöße scheiterten.

Die EVN macht heute das Beste aus dem Fiasko und vermietet die Anlage. Im Kraftwerksinneren finden Betriebsfeiern, Konzerte, Modenschauen oder Messen statt. Die Turbinenhalle ist so groß, dass Autohersteller ihre neuesten Modelle umherfahren lassen. Auch als Filmkulisse haben der kirchenhohe Reaktor und das Gewirr aus Gängen, Hallen, Stiegen und Rohrleitungen schon gedient, etwa für den Katastrophenfilm „Restrisiko“ oder für die Kinoromanze „Grand Central“.