#12von12 im September 2016

Die anderen 12von12erinnen gibt’s wie immer bei Caro.

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Alleine geschlafen, kurz nach sieben aufgewacht und anstatt aufzustehen, wie neuerdings immer erstmal eine Stunde auf Twitter rumgelungert und Dinge gelesen. Zum Beispiel diesen schönen Eintrag von Journelle. Lust auf Schwimmen bekommen, genauso wie ich gestern unbedingt Radfahren wollte, seit ich Casey Neistat dauernd dabei zusehe. Sage niemand, das Internet macht einen doof und faul.

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Als ich das Foto aufnahm, dachte ich kurz, hm, TMI? Dann dachte ich aber, über ein Foto von mir unter der Dusche würde ich weniger nachdenken. Mir wäre meine Nacktheit egaler als die Tatsache, dass ich gerade turnusmäßig blute. Was für ein Quatsch. Hiermit also die Ansage: Ich blute gerade. Und ich habe bayerische Quietscheentchen.

Das linke ist aus dem FCB-Fanshop und könnte ein Geschenk vom ehemaligen Mitbewohner gewesen sein, ich bin mir aber blöderweise nicht mehr sicher. Das weibliche Entchen … he, Moment, sind Quietscheentchen teilweise Quietscheerpel? Und die werden einfach so verschwiegen? Wo sind die Maskulisten, wenn man sie braucht? (Obwohl: Die braucht man ja eigentlich nie. Okay. Weiter:) Das Entchen mit dem Dekollete habe ich mir auf dem Oktoberfest im Hippodrom gekauft, dem ich sehr hinterhertrauere, weil es das einzige Zelt war, in dem ich es mal geschafft habe, auf der Empore zu sitzen und auf die Massen unter mir runterzugucken. Und die Klos waren die besten bisher, wobei Klos auf dem Oktoberfest eigentlich – und das überrascht mich immer noch – alle gut sind. Aber auf einer Empore sitzt es sich schon netter als unten. Seitdem jammere ich bei jedem Oktoberfest, dass mir das blöde Schickimickihippodrom fehlt und muss mir vom ehemaligen Mitbewohner immer sein Augenrollen angucken.

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Tägliche Chronistinnenpflicht erledigt, die keine Pflicht ist, sondern eher wie Zähneputzen. Mach ich halt, denke ich nicht mehr drüber nach.

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Auf in den Tag. Mein Rad aus dem völlig überfüllten Fahrradkeller gezerrt und dabei versucht, weder meinen rechten noch meinen linken Nachbar noch mein eigenes Schnucki zu zerkratzen. Gut gelaunt auf die Schleißheimer Straße eingebogen, die seit einiger Zeit beidseitig einen anständigen Radweg hat, für den jeweils eine Autofahrspur geopfert wurde. Interessanterweise kollabiert die Stadt deswegen nicht.

Ein anständiger Radweg führt neben der Autofahrbahn lang, so dass einen die Autofahrer*innen stets sehen können. Er führt eben nicht zwischen Fußweg und parkenden Autos lang, wo man die ganze Zeit damit beschäftigt ist, auf sich überraschend öffnende Beifahrertüren zu achten, Kinder, Hunde, Fußgänger*innen, abgestellte Räder (werde ich nie verstehen), Mülltonnen und Lieferfahrzeuge. Er ist anständig asphaltiert und besteht nicht aus blöd verlegten und sich gerne mal verschiebenden Steinen, unter denen Baumwurzeln nach oben drängen. Er ist breit genug, dass zwei Leute nebeneinander fahren können und nicht handtuchschmal. Der Abstand zu den parkenden Autos ist größer als drei Millimeter.

Auf Facebook stolperte ich vor einigen Tagen wieder in eine nutzlose Diskussion in einem unglaublich aggressiven Tonfall darüber, wie schlimm Radfahrer sich aufführen und dass die armen Autos so unter ihnen leiden. Ich meine mich daran zu erinnern, dass es vor ewigen Zeiten in den Niederlanden (?) mal ein Experiment gab, alle Straßenbegrenzungen aufzuheben, also die Straße für alle freizugeben, Fußgänger, Radlerinnen, Autos. Jeder wusste, dass alle sich im gleichen Raum bewegen – der Gedanke dahinter war natürlich, dass alle aufeinander Rücksicht nehmen. Ich weiß nicht, wie dieses Experiment ausgegangen ist, aber ich würde das gerne nochmal starten. (Edit: Danke an @v_i_o_l_a für den Hinweis auf Shared Space.)

Ich wünschte mir, Autofahrer*innen würden nie vergessen, dass sie grundsätzlich die Stärksten, Schnellsten und Schwersten sind und daher dementsprechend defensiv fahren sollten. Tempo 30 in der Stadt wäre ein Traum, einspurige Straßen ebenfalls, ein noch besseres ÖPNV-System auch. Ich wünschte mir, Radler*innen würden nie vergessen, dass sie deutlich schneller als Fußgänger*innen sind und dass sie daher auf den Fußwegen rein gar nichts zu suchen haben; auf der Straße fährt sich’s eh besser. Ich wünschte, Fußgänger*innen würden daran denken, dass manchmal blöderweise direkt neben ihrem Weg der Radweg ist, auf dem von hinten jemand angeradelt kommt, und gucken, bevor sie in der Gegend rumrennen, macht man an Straßenrändern ja auch. Ich wünschte mir weniger Aggressivität im Straßenverkehr, sondern mehr Verständnis. Ich wünschte, Radler*innen würden die Verkehrsregeln einhalten, die sie ohne nachzudenken als Autofahrer*innen auch einhalten: nicht bei Rot über die Ampel, nicht in die Gegenrichtung fahren etc. Ich wünschte, Autofahrer*innen würde jemand erklären, dass Radfahrer*innen nur auf dem Radweg fahren müssen, wenn da ein blaues Schild steht. Wenn das da nicht steht, dürfen wir auf der Straße fahren, auch mittig, wo man vor Autotüren sicher ist. Mache ich persönlich nicht, weil ich langsam fahre, aber auch ich halte gehörigen Abstand zu parkenden Autos. Ich wünschte mir, ich würde dafür nicht angebrüllt oder angehupt werden von Autofahrer*innen, die deutlich schneller und mit mehr Knautschzone unterwegs sind als ich.

Ich wünschte generell, wir würden alle besser miteinander klarkommen, und ich weigere mich, diesen Wunsch aufzugeben.

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Ich hatte am Samstag in der Bibliothek rausgefunden, dass man Verluste durch Bombentreffer beim Kriegsschädenamt meldete, dessen Bestände im Stadtarchiv liegen. Mir liegt von von Welden ein dreiseitiger Bericht vor und ich war sehr neugierig, ob sich im Archiv vielleicht die noch fehlende vierte Seite fände – die zweite Seite der Auflistung beginnt mit Bildern von ihm, was für mich ein Traum ist, weil ich so endlich die Forschungslücke füllen kann, die bisher damit begründet wurde: Atelierverlust durch Bombentreffer, keine Ahnung, was der Mann vor 1943 gemalt hat. Ein bisschen was findet sich in seinem Nachlass, darunter auch Zeichnungen, die aus den Trümmern gerettet wurden und leicht mit rotem Ziegelstaub bedeckt sind (in der Mappe habe ich noch vorsichtiger geblättert als in den anderen). Auf der Liste stehen, ich nenne sie mal unverdächtige Gemälde, aber die erste Seite, auf der ich auch Ölgemälde vermute, fehlt. Da könnten jetzt ebenfalls Stillleben drauf sein, da könnten aber auch Porträts von Adolf drauf sein. Daher wollte ich mir die betreffenden Bestände im Archiv ausheben lassen und nachgucken.

Dummerweise wird der Lesesaal gerade umgebaut, weswegen vor dem schönen Archivgebäude auch der hässliche Lieferwagen steht. Der Saal ist für vier Wochen geschlossen – seit gestern. Extrem dusseliges Timing. Es gibt auch keinen Ersatz, aber: In vier Wochen soll man angeblich online die Bestände einsehen können. Das wäre ein Fest!

Mein Tagesplan, die #12von12 schön mit Archivfotos vollzuballern, war allerdings tot.

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Immerhin fand sich auch hier ein Hinweis aufs Histocamp. Schöne Idee; ich ringe immer noch mit mir, ob ich da hin sollte. (Timeline says yes.)

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Ich stieg wieder aufs Rad und überlegte, womit ich denn jetzt meinen Tag bestreiten sollte. Ich dachte kurz über eine Serie von Radwegen in München nach – der hier ist auf der Hohenzollernstraße und sogar farbig markiert –, hatte dann aber keine Lust auf Rumradeln und Fotomotivsuchen. Ich radele lieber, ohne über Fotos davon nachzudenken. Und dann fiel mir auf: He, du hast frei. Dir wurde gerade ein freier Tag geschenkt!

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Den verschwenden wir erstmal beim Einkaufen. Snooze. (Übrigens vielen Dank für die Tipps auf Instagram, wie ich zu Pizzateig komme, der nicht stundenlang gehen muss. Werden alle ausprobiert.)

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Dann habe ich doch was Produktives gemacht und den dicken Aktenordner eingescannt, den mir die Tochter von Weldens überlassen hat. Es hat sich sehr verantwortungsvoll angefühlt, einen Nachlass zu digitalisieren – und gleichzeitig fast sinnlos, denn ich ahne, dass das Papier länger da sein wird als meine Pixel.

Ich sitze gerade an einem Eintrag übers wissenschaftliche Bloggen, aber der grummelt irgendwie noch, der ist noch nicht gut. Kommt aber demnächst. Ich habe da ein paar Fragen.

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Nach ein paar Stunden Arbeit geguckt, was Casey so macht. (Ja, ich habe auch ein Quietscheentchen in meinem Dock.)

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Abends bei F. auf dem Balkon gemeinsam meinen Nudelsalat verspeist, auf den ich mich seit morgens gefreut hatte. Sind bloß Nudeln mit getrockneten Tomaten, Kirschtomaten, Rucola und Parmesan, Olivenöl drüber, fertig. Die Nudeln sind allerdings doof – mein Dealer hatte keine Orecchiette mehr, weswegen ich auf Gnocchi piccoli umgestiegen bin. Die schmiegen sich zwar nach dem Abgießen ästhetisch interessant aneinander, aber man hat immer gleich fünf von ihnen im Mund, vulgo: sehr viel Nudel. Werden nicht noch mal gekauft.

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Zum Nachtisch gab’s weiße Schokolade mit Eierlikör von Widmann. Wird auf jeden Fall noch mal gekauft.

Wir saßen noch länger bei Wein und Mondschein und sprachen über meine Arbeit, deren Abgabetermin übermorgen ist. Ich hasse es, Zeug, auf den letzten Drücker abzugeben, und diese Arbeit liegt hier ja nur noch, weil noch so viele Baustellen offen sind. F., der erprobte Akademiker, legte mir gestern vorsichtig nahe, Baustellen Baustellen sein zu lassen und die Arbeit jetzt abzugeben. Die sei ein Forschungsstand, eine Momentaufnahme meiner Überlegungen, die müsse nicht die definitive Antwort auf alle Fragen sein, die zu von Welden auftreten. Außerdem bin ich ja eh nie zufrieden und deswegen wäre es ziemlich okay, sie jetzt endlich loszulassen.

Das klang sehr gut, vor allem, weil ich in den letzten Tagen mal wieder gemerkt habe, mich selbst zu verfransen in den ganzen neuen Dokumenten und Erkenntnisse. Es fällt mir immer noch schwer, so einen Zwischenstand abzugeben. Ich war es jahrelang gewohnt, Projekte zu bearbeiten, die einen Anfang und ein Ende haben. Wenn ich wusste, der neue Audi XY kommt im März 2000zack raus, dann wurden wir ein Jahr vorher gebrieft, dann bastelten wir am Katalog, und weil der irgendwann gedruckt werden musste, meist in riesiger Stückzahl, hatten wir halt eine Deadline, und dann war das Ding durch. Ich habe mit meinen wissenschaftlichen Arbeiten zwar auch eine Deadline, aber ich weiß, dass ich danach lustig an genau dem gleichen Stoff weiterpuzzeln könnte. Das macht mich manchmal immer noch wahnsinnig.