Be Kind Rewind

Nach den ersten zehn Minuten dachte ich, igitt, geh mir weg, was fürn Quatsch. Dann kam aber das wundervolle Nachdrehen von Ghostbusters, das sehr, sehr viel Spaß gemacht hat. Dann wurde Be Kind Rewind wieder drömelig, dann kam auch noch ein kleiner Seitenhieb auf die pöse Filmindustrie (immerhin mit Sigourney Weaver), und zum Schluss war ich sehr gerührt, aber nur, weil ich mir eingeredet habe, jetzt gerührt sein zu müssen. Hm.

Die Story: Jack Black hat ein fieses Brillengestell und glaubt, Mikrowellen würden sein Hirn schmelzen. Er wohnt neben einem Kraftwerk, das er sabotieren will. Dabei wird er magnetisiert (don’t ask), und als er das nächste Mal in den kleinen Videoladen geht, in dem sein Kumpel Mos Def gerade Vertretung schiebt, löscht er alle Tapes (ja, Tapes. Wir sind in einem typischen Klischeekinoparalleluniversum, wo das Medium DVD als das Böse gilt). Diese Videothek bzw. das Gebäude, in der sie sich befindet, soll umgebaut werden, was Inhaber Danny Glover nur verhindern kann, indem er ne Menge Geld zusammenkratzt. Dieses Vorhaben ist jetzt in noch weitere Ferne gerückt, weil ja nun alle Videos hin sind. Und so drehen Jack und Mos, um wenigstens ein paar Dollar Leihgebühr reinzukriegen, einfach die Filme nach, die sie im Regal stehen haben – und oh Wunder, die Kundschaft kloppt ihnen dafür nicht den Laden kaputt, sondern findet’s toll. Nochmal hm.

Der Film lebt von den üblichen Spielereien, die Michel Gondry so mag: viel Pappmaché, schräge Charaktere und eine Geschichte mit Herz, die manchmal bei mir klappt wie in Eternal Sunshine of the Spotless Mind, mich manchmal aber komplett kaltlässt wie in Science of Sleep. Be Kind Rewind hat sich für mich wie mittendrin statt auf die 12 angefühlt: Ich mochte natürlich die ganzen Kinoanspielungen, und es ist ziemlich lustig zu sehen, dass man den Obelisken aus 2001 auch als Kühlschrank interpretieren oder wie einfach man Nachtaufnahmen am Tag simulieren kann. Die ganze Story drumrum fand ich aber sehr gewollt und nicht hingekriegt. Ich konnte mich dem angeblichen Nachbarschaftszauber nicht hingeben, der aus Menschen, die sich sonst wohl kaum kennen, eine eingeschworene Bande von Filmafficionados macht. Mir hat allerdings sehr gefallen, dass die Dialoge genauso improvisiert klangen wie die nachgedrehten Filme. Und wie gesagt: Sigourney Weaver.

Ich guck lieber nochmal Ghostbusters. Den hab ich sogar auf Kassette.

Vantage Point

Der US-Präsident wird auf offener Bühne bei einem Gipfeltreffen in Spanien angeschossen (oder erschossen?), seine Bodyguards verfolgen mal den einen, mal den anderen Verdächtigen, die anwesenden Fernsehkameras haben sicherlich auch irgendwas aufgezeichnet, ein Tourist filmt in der Gegend rum, und dann sind da noch ein paar Spanier, die einem gleich als irgendwie verdächtig präsentiert werden. Im Laufe von Vantage Point (8 Blickwinkel) werden einem verschiedene Perspektiven gezeigt, die sich alle um die Tat herum drehen, um dann am Ende aufzulösen, was eigentlich passiert ist.

Klingt erstmal spannend, hätte es vielleicht auch werden können, aber Vantage Point verfranzt sich ziemlich schnell in sich selbst. Es geht relativ behäbig los, so dass ich nach drei Perspektiven schon dachte, reicht dann jetzt bereits, weil mir die ewigen Grußworte des Bürgermeisters und die zigtausendsten Schüsse allmählich langweilig wurden. Dann zieht der Film aber doch noch an – allerdings nur, um das übliche Actionfeuerwerk mit Autojagden und Schalldämpferpistolen abzufackeln, bei dem einige Handlungsstränge und Personen komplett auf der Strecke bleiben, während andere liebevoll abgebildet werden, die mich allerdings nur arg peripher interessiert haben. Für einige Figuren gibt’s eine alibihafte Hintergrundgeschichte, andere sind einfach da und machen ihren Job. Der ganze Film fühlt sich fürchterlich nach Reißbrett an und gleichzeitig so, als ob man einfach mal angefangen hätte zu drehen, bevor das Buch fertig war. Ein bisschen Weltpolitikschelte, ein paar große Namen, aber am Ende dann doch irgendwie nur eine einzige Idee, die auf 90 Minuten aufgeblasen wird.

Numb

In Numb (Numb – Leicht daneben) spielt Matthew Perry einen Drehbuchautor, der sich nach einem Joint zuviel plötzlich wie in einer Parallelwelt fühlt: Er spürt sich nicht mehr richtig, er kommt sich vor, als würde er stets träumen, und nach kurzer Zeit findet er auch einen medizinischen Fachausdruck dafür, nämlich depersonalization disorder (was auch immer das auf Deutsch heißen mag). Der Joint war nur ein Auslöser, erzählt ihm sein Psychiater und verschreibt erstmal ein paar Pillen, genau wie der nächste Doc, an den er sich wendet, ohne dass es ihm irgendwie besser geht. Aber dann, tataaa, tritt eine total schräge Frau in sein Leben, in die er sich verliebt und sie sich irgendwie auch in ihn, den seltsamen Menschen, der zudem noch mit seiner Familie hadert und dessen einzige Konstante sein Autorenkollege ist, der ihn immerhin ab und zu vom Golf Channel wegkriegt und in Pitches schleift.

Numb ist mir größtenteils fürchterlich auf die Nerven gegangen, weil ich Psychogequatsche nicht als intelligente Dialoge ansehe und so total crazy Mädels in weißen Kleidchen, die ihre Kerle in Stripbars schleppen, weil’s so unkonventionell ist, einfach nur affig finde. Aber ich war sehr positiv von Schnuffi Perry überrascht, dem ich ja gerne vorwerfe, nix anderes zu sein als die x-te Kopie von Chandler Bing (not that there’s anything wrong with that). Dieses Mal hat er sich sehr, sehr, sehr zurückgehalten, und das tut dem Film ziemlich gut. Der Rest der Welt erscheint als zehnmal „verrückter“ als der eigentliche Patient, und ich fand es sehr schön, Perry mal bei ernsthafter Arbeit zuzugucken anstatt beim Lustigsein. Das rettet Numb aber auch nicht davor, ein total vorhersehbares Ende abzuliefern und dazu auch noch ziemlich zäh zu sein. Aber allein für den kleinen Breakdown von Mary Steenburgen, die eine von Perrys vielen Doktoren spielt, lohnt sich’s dann doch.

Grace is Gone

Stan (John Cusack) arbeitet bei Homestore, einem Laden, in dem sich die Angestellten morgens per Schlachruf auf ihre Kunden einstimmen. Er trägt eine unmoderne Brille und wohnt in einem klassischen Gipswand-Häuschen in den USA. Eine gelbe Schleife auf seinem Auto weist darauf hin, dass ein Angehöriger gerade in den Krieg gezogen ist. Und als eines Tages zwei Militärangehörige vor Stans Tür stehen, weiß er, dass seine Frau Grace nicht mehr zurückkommen wird.

Grace is Gone beschreibt, wie Stan versucht, seinen zwei Töchtern, die 12 und 8 Jahre alt sind, vom Tod ihrer Mutter zu erzählen. Er bringt es nicht fertig, es ihnen einfach so zu sagen; stattdessen packt er sie ins Auto und lässt sie ein Ziel wählen, zu dem sie jetzt gerade möchten. Die kleine Dawn entscheidet sich für Enchanted Gardens, einen Vergnügungspark, und deswegen sind die drei nun Tage und Nächte unterwegs.

Im Laufe der Zeit erfahren wir in wenigen Worten und kargen Bildern etwas über das Verhältnis der Kinder zu den Eltern, der Vergangenheit des Vaters, wie es den Mädchen damit geht, nur ein Elternteil zu haben und ständig um den anderen Angst haben zu müssen, über das Erwachsenwerden und das Erwachsensein. Und dass es für Ausnahmesituationen kein Patentrezept gibt, sondern jeder anders mit seinen Tragödien klarkommen muss. Grace is Gone verzichtet auf den großen Soundtrack (Clint Eastwood kann ja auch nur Klavier), die großen Bilder und die großen Emotionen. Und trotzdem hat man nach anderthalb Stunden das Gefühl, sehr viel gesehen und sehr viel mitgemacht zu haben.

Persepolis

Persepolis ist ein animierter Film und erzählt die Geschichte der kleinen Marjane, die im Iran geboren und als Jugendliche Anfang der 80er Jahre nach Wien geschickt wird, um freier aufwachsen zu können. Dort fühlt sie sich aber jahrelang als Fremde und kehrt als junge Frau freiwillig wieder nach Teheran zu ihren Eltern zurück – nur um dort festzustellen, dass sie sich hier inzwischen ebenfalls fremd fühlt.

Der Film reißt viele politische Themen an – die Revolution und ihre Folgen im Iran, den Krieg zwischen Iran und Irak, die Wandlung der Gesellschaft und damit die Stellung der Frau – und verknüpft sie mit der Lebensgeschichte Marjanes. Wir sehen sie als fantasievolles Kind, das mit Gott redet und Kommunistin sein möchte, als Jugendliche, wie sie ihre Persönlichkeit entdeckt mithilfe von richtigen und falschen Freunden, ihre sexuellen Erfahrungen, ihre Liebe zur Familie, und schließlich ihr Erwachsenwerden.

Persepolis schafft es, stets die Balance zu halten zwischen großen Botschaften und kleinen Alltäglichkeiten. Er zeigt sehr eindrucksvoll, wie sehr beides zusammenhängt und lässt uns gleichzeitig an einer sehr spannenden Biografie teilhaben. Er bewegt, er unterhält, er hat mich einige Male laut lachen lassen (zum Beispiel beim animierten Derrick im österreichischen Fernsehen) und mich ebenso tief berührt. Und obwohl die Geschichte an einem realen Ort stattfindet, fühlt sie sich durch die Animation sehr universell an, nicht auf eine Hautfarbe oder eine Religion beschränkt. Natürlich schafft jeder Animationsfilm eine ganz eigene Welt, weil er sich eben nicht an die Regeln der echten halten muss, aber bei Persepolis hat man die ganze Zeit das dumme Gefühl, diese Welt zu kennen – und sie einerseits zu hassen, sie aber gleichzeitig nicht verlassen zu wollen.

Eben in der Videothek, die ich nach sechs Wochen Abstinenz wieder betrat:

Videothekar so: Warst du im Knast?

Ich so: Nee, nur in Berlin.

Videothekar so: Wie in dem Film: “We thought you were dead!” “Me too, but it was just Oklahoma.”

(Was zur Hölle ist das für ein Film?)

Edit: Thies hat einen Tipp, der wahrscheinlich zutrifft – Unforgiven. Zitat imdb:

English Bob: Little Bill, well I thought you was, well I thought that you were dead. (…) Well, actually, what I heard was that you fell off your horse, drunk of course, and that you broke your bloody neck.

Little Bill Daggett: I heard that one myself, Bob. Hell, I even thought I was dead ’til I found out it was just that I was in Nebraska.

Mehr Chinabilder.

˙uǝɹǝıqoɹdsnɐ ɥɔsʇɐnb uǝpǝɾ ɥɔnɐ ɐɾ ssnɯ ɥɔı

(Link, via Killefit)

„Wir alle müssen, um die Wirklichkeit für uns erträglich zu machen, ein paar kleine Torheiten in uns nähren.“

(Der Proust mal wieder, Mädchenblüte, you know.)