Why must I eat a crustacean in love?

Samstag morgen habe ich zum ersten Mal Riesengarnelen gekauft. Auf Twitter und per Mail kamen diverse Tipps – mit Panzer, ohne, gleich ausgenommen kaufen, wie lange braten, wie zubereiten –, die ich in meinem Herzen bewegt habe, um dann an der Fischtheke im Frischeparadies zu sagen: mit allem.

Wenn ich mich schon nicht traue, dabei zuzugucken, wie ein Schwein geschlachtet wird, dann will ich wenigstens toten Krustentieren die Köpfe selbst abdrehen und sie entdarmen. Mal wieder darüber nachdenken, was man da so isst. Also habe ich die Garnelen komplett gekauft, und nun liegen sie in unserer Küche, grausilber, feuchtglänzend, leicht nach Fisch duftend, mit mehr Beinchen als ich erwartet hatte und seltsamen Tentakeln, und überhaupt bin ich jetzt gerade der Meinung, ein Marmeladenbrot als Abendessen sei auch ne dufte Sache.

Im ganzen Internet habe ich keine vernünftige Anleitung gefunden, wie man respektvoll und vor allem so, dass man sie beim Ausnehmen nicht zerfleddert, mit den Krabbeltieren umgeht. Wie gut, dass wir noch Kochbücher im Schrank haben. In diesem sind freundliche Bilder, an die der Kerl und ich uns dann auch gehalten haben.

Wenn man Gustav oder Gloria Garnele den Kopf abdreht, kommt noch etwas ockerfarbene Flüssigkeit mit. Wir haben Witze darüber gemacht, ob das jetzt das Gehirn ist und wieso bei manchen mehr und bei anderen weniger rauskommt. „Die mit dem kleineren Hirn sind die Männchen.“ — „Und die mit dem leeren Darm sind die Weibchen, die gehen ja dauernd aufs Klo.“

Die erste Garnele finde ich wirklich eklig, und ich habe kurz über ein Leben als Vegetarierin nachgedacht, aber man hat sich ziemlich schnell daran gewöhnt, mit den Viechern umzugehen; das leise Knacken, wenn man mit dem Messer den Panzer aufschneidet, das sandige Gefühl an den Fingerspitzen, wenn man einen gefüllten Darm erwischt. Im Kochbuch steht noch der nette Hinweis, dass man die Köpfe aufheben könne, um zum Beispiel ein Süppchen draus zu machen, aber die Idee kann mir nicht mal der Kerl schmackhaft machen. Ich fühle mich eh schon wie im Schlachthaus, als gerade mal zehn von den Tieren vor uns liegen, und freue mich darauf, wieder so was Normales wie Zwiebeln und Zitrone unterm Messer zu haben. Denn daraus – und Knoblauch, Petersilie und Olivenöl – mache ich jetzt eine Marinade, in der die kopflosen Krustentiere noch eine Stunde baden dürfen.

Dazu soll es einen Salat und Brot geben. Der Salat fällt mit Postelein, Chicoree, Rotkohl und Radieschen vielleicht ein bisschen zu bodenständig aus, und das Bauernbrot mit Leinsamenkruste ist dann auch nicht gerade mediterranes Baguette, aber egal. Ich will ja nicht alles in eine Schüssel hauen.

Nach dem Marinieren landen die Garnelen in einer Pfanne mit dem Marinadeöl. Ein Geruch steigt auf, der mir bekannt vorkommt, den ich aber nicht verorten kann – aber ich weiß sofort: Den finde ich unangenehm. Erst Stunden nach dem Essen fällt mir wieder ein: So haben die Jakobsmuscheln gerochen, die ich einmal ausprobiert habe. Die waren fieses Tiefkühlzeug und haben mir sowas von überhaupt nicht geschmeckt, und ich habe zwei Tage darunter gelitten, dass in der Küche immer noch Spuren dieses Geruchs vorhanden waren, bis ich wirklich zu Raumspray gegriffen habe, um den Rest loszuwerden. Die Garnelen riechen nicht ganz so schlimm, aber sobald der Geruch da ist, ahnt mein Kopf, dass das nicht unbedingt mein Lieblingsessen werden wird.

War’s dann auch nicht. Ich glaube, wir haben den Garpunkt richtig gut hingekriegt; das Fleisch war fest, aber nicht zäh, sehr angenehm beim Kauen, aber ich mochte den Eigengeschmack der Garnelen eben nicht. Nicht wirklich eklig, aber doch so, dass ich mir selber sagen musste, das ist okay, das ist nicht schlimm, runterschlucken und schnell Wein drauf. (Ein goldgelber Sancerre übrigens.) Ich habe zwei gegessen und mich dann sehr über den Salat mit seinem wunderbaren Dressing aus Zitronensaft, Ahornsirup, Granatapfelkernessig und Olivenöl und über das geröstete Brot mit kalter Butter und Meersalz gefreut.

Der Kerl hat seine Garnelen so mit Salz, Pfeffer und Zitrone zugehauen, dass ich sie auch mochte – aber eben nur, weil sie nach Salz, Pfeffer und Zitrone und nicht nach Garnele geschmeckt haben. Ich weiß nicht, ob das der Sinn von Krustentieren ist, dass man sie mit Fremdgeschmack übertüncht isst, weil ihr Fleisch eine schöne Konsistenz hat, aber das erschließt sich mir nicht. Ich würde die Viecher gerne noch einmal probieren, von einem Profi zubereitet im Restaurant, aber ich möchte sie nicht nochmal in der eigenen Küche haben.

Die Garnelen wird’s freuen.

garnele_postelein

(Die Headline ist natürlich eine kleine Verbeugung vor dieser Sendung.)