Was schön war, Sonntag, 24. September 2017 – Wahldienst

Okay, dass der Wecker um kurz nach 6 klingelte, war nicht ganz so schön, aber ohne Dusche oder Frühstück wollte ich dann doch nicht im Wahllokal auflaufen. Dort war ich pünktlich um 7.30 Uhr; mein Wahlort war in einer Grundschule, wo sich noch sechs andere Wahllokale befanden, was den ganzen Tag dazu führte, dass die Leute im falschen Raum landeten – trotz liebevoller Auszeichnung. Aber dafür sind wir ja da – Leuten den Weg zur Urne zu weisen, notfalls mit der Ansage „Da müssen’S zwei Räume weiter.“

What happens in the Wahllokal stays in the Wahllokal, daher verblogge ich hier keine besonderen Vorkommnisse oder Eigenarten der Wählenden, die ich aber durchaus interessiert beobachten konnte. Vielleicht nur ein Hinweis für die nächste Bundestagswahl: Wir brauchen euren Perso nicht, die Wahlbenachrichtigung reicht, wir finden euch dann schon im Wählerverzeichnis. Oder andersrum: Wenn ihr eure Wahlbenachrichtigung verschlampt habt, reicht auch der Perso zum Wählen, wir finden euch dann schon im Wählerverzeichnis. Wir nehmen auch Führerscheine oder Reisepässe, hauptsache, ihr steht auf unserer unbestechlichen Liste.

(Edit, weil zum Thema „Perso mitbringen oder nicht“ ein paar Mails kamen: „Das Gesetz verlangt nicht ausdrücklich, dass Sie sich im Wahlraum ausweisen. Denn wählen kann, wer in das Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat.“)

Und noch was: Wenn ihr euch Briefwahlunterlagen zuschicken lasst, dann benutzt die doch auch einfach und kommt nicht mit ihnen ins Wahllokal. Falls ihr das doch tut, dann bringt bitte alles mit, denn wir behalten euren Wahlschein ein (während ihr die Wahlbenachrichtigung für die Urnenwahl wieder zurückkriegt und selbst wegschmeißen dürft), und ihr dürft die lustigen bunten Umschläge vor unseren Augen zerreißen, damit ihr sie nicht doch irgendwo einwerft. Falls ihr eure Unterlagen irre spät kriegt und glaubt, die olle Post schafft das nicht mehr zum Wahltermin – alleine in München gab es fünf (glaube ich) Briefkästen, in die ihr auch am Wahltag noch eure Briefwahlunterlagen einwerfen konntet und die dann um 18 Uhr geleert wurden. Einer davon stand am Rathaus am Marienplatz, also superzentral und für alle bequem zu erreichen. Fragen Sie Ihre freundlichen Wahlhelfer*innen bei der nächsten Wahl danach und haltet nicht die Schlange mit den netten Urnenwähler*innen auf.

Wir hatten bei uns im Lokal wirklich nur freundliche Wahlhelferinnen. Das fand anscheinend auch ein Wähler, der uns morgens Croissants und Kaffee vorbeibrachte. Das Kreisverwaltungsreferat hatte in die Urne nicht nur die Wahlunterlagen gelegt, sondern auch einen Riesenberg an kleinen Gummibärtütchen, von denen wir einige verzehrten und den Rest an Kinder verteilten – und an die Wähler Nummer 100, 200 usw. Ich bin kurz nach Wähler 350 bzw. gegen 13 Uhr nach Hause gegangen und kam um kurz vor 18 Uhr wieder, um beim Auszählen zu helfen. Wir hatten bei uns im Lokal eine Wahlbeteiligung von über 80 Prozent, weswegen wir den ganzen Tag gut beschäftigt waren. Das Auszählen hat problemlos geklappt – und was noch viel wichtiger war: die Computerunterstützung auch. Für München wurde für diese Wahl eine eigene Software entwickelt, die wir gestern erstmals im Einsatz erprobten. Das System lief fehlerfrei und bis auf eine etwas dusselige Menüführung problemlos; das Hantieren mit Taschenrechnern und 700 Notizzetteln entfiel, die Schnellmeldung wurde von uns gegen kurz nach 20 Uhr elektronisch verschickt. Da wir praktischerweise richtig gezählt hatten – Anzahl der Stimmzettel stimmte mit der der erfassten Wählenden überein – und wir auch sonst recht flink waren, hatten wir die, wenn ich mich richtig erinnere, 666 Stimmzettel in gut zwei Stunden ausgezählt, alles in entspannter, unhektischer Atmosphäre. Mit den Damen würde ich gerne noch einmal zusammenarbeiten, da gab es kein nerviges Rumquatschen, keine wollte Chef spielen, wir arbeiteten konzentriert und professionell, obwohl wir natürlich alles Laien waren.

Bei uns im Stadtbezirk ist nach Zweitstimmen die CSU stärkste Kraft, dann folgen die Grünen, die FDP, die SPD und die Linken. Die AfD landete bei uns auf Platz 6, aber ich frage mich wirklich, warum in einem gut situierten, teils bürgerlichen, teils studentischen Viertel immer noch fünf Prozent der Wählenden meinen, sie müssten diesen menschenverachtenden, populistischen, demokratiefeindlichen Arschlöchern ihre Stimme geben. Darüber tröstet mich auch meine Ehrenurkunde nicht hinweg, die das Innenministerium gestern erstmals springen ließ. (Neben den Gummibärchen.)