Bücher Oktober 2011

Habe in diesem Monat eher mit Kopfhörern im Ohr als mit einem Buch vor der Nase in Bussen gesessen, daher ist die Ausbeute gering. Aber ich kenne jetzt viele schöne neue Lieder.

Jean Rhys – Wide Sargasso Sea

Klassiker. Hat ein bisschen gedauert, bis ich drin war, aber dann war es schön. (Was soll man zu Klassikern schon sagen?)

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Nick Hornby – Fever Pitch

Das Buch hätte ich vor fünf Jahren wahrscheinlich mit Interesse, aber ohne Leidenschaft gelesen, denn Fußball war für mich damals noch ein netter Zeitvertreib. Inzwischen ist es zu einem ernsthaften Hobby geworden, und daher konnte ich vieles, was Hornby über das Fan-Sein schreibt, nachvollziehen. Fever Pitch ist aber nicht deswegen toll. Auch, aber nicht deswegen. Es ist toll, weil es gleichzeitig über das Erwachsenwerden spricht, über den großen Lebensplan, den man haben sollte (oder auch nicht), über Beziehungen zu verschiedenen Menschen und wie sie sich ergeben oder ändern, indem man zu Fußballspielen geht. Weniger schön, aber nicht weniger aufschlussreich sind Hornbys Erinnerungen an Ereignisse wie Heysel oder Hillsborough, die Fußball für immer verändert haben.

Fever Pitch ist bereits 20 Jahre alt, weswegen vieles nicht mehr so stimmt (so haben sich zum Beispiel die von Hornby angesprochenen „verrottenden Stadien“ in der englischen Liga, soweit ich weiß, größtenteils zu hochgerüsteten Arenen herausgeputzt), aber genau das gibt dem ganzen eine weitere, charmante Ebene. Große Empfehlung.

Arno Geiger – Der alte König in seinem Exil

Eine weitere große Empfehlung. Geiger beschreibt, wie sein willensstarker, fast starrköpfiger Vater an Demenz erkrankt und wie es die Familiendynamik verändert. Das Buch ist gleichzeitig ein Biografie seiner Familie mit Schwerpunkt auf Eltern und Großeltern, und es erzählt vom Wandel des ländlichen Österreich. Was das Buch für mich so faszinierend gemacht hat, waren die vielen Dialoge, die Geiger mit seinem Vater geführt und danach aufgeschrieben hat. Ich war sehr hin- und hergerissen zwischem der Bewunderung für viele schöne Sätze und dem Wissen, dass diese schönen Sätze überhaupt keinen Sinn ergeben, weil sie einem zerbrechenden Geist entspringen.

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Craig Thompson – Habibi

Ich hadere noch mit dem Buch, wenn ich ehrlich sein darf. Habibi ist episch und sieht wunderschön aus, verbindet arabische Kalligrafie mit westlichem Storytelling, aber leider verbindet es auch eine extrem unschöne Geschichte von Gewalt gegen Frauen mit so putzigem Zeug wie Tausendundeiner Nacht, Suren, Bibelversen und einem süßlichwabernden Orientkitsch plus total aus dem Nichts kommender Zivilisationskritik, was mir mehr und mehr auf die Nerven gegangen ist.

Ja, mir ist schon klar, dass es in der Geschichte um Liebe geht, um den Wunsch nach Zusammenhalt, Familie, Geborgenheit, um den Willen, einander wiederzufinden, ja, weiß ich. Aber alles, was mir im Gedächtnis geblieben ist, sind die unzähligen Vergewaltigungen, die Dodola über sich ergehen lassen muss, weil ihr als Frau anscheinend keine andere Möglichkeit bleibt zu überleben. Ich weiß gerade nicht, ob das meine eigene Verweigerungshaltung ist („Ich will sowas einfach nicht mehr lesen“) oder ob das Buch sich wirklich um Alternativen rumdrückt, weil’s halt so toll in die Geschichte passt, wenn die Hauptfigur einen Großteil der Geschichte gezwungenermaßen in einem Harem verbringt.

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