Barfuss

Ziemlich danebengegangene … Komödie? Danebengegangener Liebesfilm? Danebengegangenes Roadmovie? Keine Ahnung. Auf jeden Fall danebengegangen. Barfuss beginnt in einer Klinik, in der sich Klischeeirre mit Klischeeärzten abfinden. Til Schweiger bringt als vom Arbeitsamt geschickter Putzteufel Nick mal eben alles durcheinander, die schöne Kranke Leila (Johanna Wokalek) verliebt sich in ihn, er rettet sie vor dem Selbstmord, sie flieht aus der sepiagetönten Klinik in seine sepiagetönte Souterrainwohnung, und im Folgenden entfaltet sich ein nerviges Gewurschtel, das romantisch und verzaubert sein soll, aber dabei nur eine Aneinanderreihung von schlechten Witzen und kindischem Gequatsche ist.

Schon die ersten Eindrücke von Leila haben mich gequält aufseufzen lassen: die ewig barfuß laufende Kindfrau im weißen Kleidchen, die glatten Haare stets schützend vor den großen, blauen Augen hängend, das kleine Köfferchen, das sie mit sich trägt, und im Hintergrund entweder zarte Pianoklänge oder Dido, die „Don’t leave“ singt. Uah. Die Reise, auf die sich die beiden warum auch immer gemeinsam begeben, steckt voller Situationen, die schwer zu ertragen sind: Wenn Leila zum Beispiel für eine Prostituierte gehalten wird und die Aufforderung zum Blasen so versteht, als solle sie in der Gegend rumpusten, ist das nicht lustig, sondern fürchterlich. Die Cameos von unter anderem Axel Stein, Jürgen Vogel, Mark Keller, Markus Maria Profittlich und Armin Rohde haben keinen Spaß gemacht („Ach, guck mal, das ist doch …“), sondern haben dem Film endgültig den Rest gegeben, weil ich dadurch den Eindruck gewonnen habe, dass die Szenen, in denen die bekannten Gesichter vorkamen, nur durch diese gerettet werden sollten. Was selten geklappt hat. Ich habe Barfuss 55 Minuten lang durchgehalten, aber als auf dem sepiagetönten Rummelplatz so verdammt romantisch Karussell bei Nacht gefahren wurde und dazu Hallelujah von Jeff Buckley erklang, hat’s gereicht. Weg damit.

(Und weil der Filmtitel auf dem Plakat und der DVD und überhaupt ÃœBERALL falsch geschrieben wird, gibt’s noch nen Punkt Abzug.)

6 Antworten:

  1. danke anke.
    ich fand den film neulich so scheisse, das ich die DVD nach exakt 24 minuten völlig entnervt aus dem player nahm.

    da hat sich der schweiger mal nen wunsch erfüllt. ( und der hieß: permanent sonnige räume mit staubkörnern in der luft, wenn ich mich recht entsinne. )

  2. Ja, ähnliche Eindrücke hatte ich auch im Kino, gerade auch zu den Cameos, muß ein potentiell erfolgreicher, deutscher Film ja heutzutage haben. Die Musikauswahl fand ich zudem wirklich sehr pathetisch und daneben.

  3. Mehr als 24 Minuten hab ich dem Film auch nicht gegeben. Alternativ sollte man sich lieber Gorillas in The Mist ansehen. Da ist der Nebel echt. Und der Rest auch. ;)

  4. Ich weiß echt nicht, was ihr alle habt; da gibt es doch so viele viel schlechtere Filme, über die man meckern könnte, dieser hat es so aber nicht verdient.

    Ich fand die Atmospähre, die Schweiger versuchte durch die extrem ausgewählten Locations und Elemente zu erzeugen und alles irgendwie stimmig zu kombinieren unglaublich toll. Fahrkartenkontrolleure im Bus und Dampflocks gibt es heute zwar nicht mehr, aber das hat einfach in den Film gepasst.
    Atmosphärisch kam dabei ein zeitloses Kleinstadtfeeling heraus, das man weder vom Ort noch der Zeit genau zuordnen kann. Das fand ich einfach klasse. Das macht den Film in 10 Jahren keinen deut älter.

    Und die sonnendurchleuchteten, rauchigen Räume sahen doch super aus. Der grün-gelb-Stich hat doch Flair und sowieso ist der Film optisch/technisch doch absolute Oberklasse. Hätte ich Till Schweiger überhaupt nicht zugetraut, dass er so ein Auge für sowas hat.

    Ja, inhaltlich geht es hier wiedermal darum, wie zwei Menschen zueinander finden. Gabs schon tausend Mal und wirds noch öfter geben. Und sicher auch das ein oder andere Mal einiges realitätsbezogener.
    Aber es wurde schon oft viel schleimiger und weniger erträglich auf die Leinwand projeziert und gerade um den Film von der unsrigen Realität etwas zu trennen ging es, was, wie oben erwähnt, meiner Meinung nach sehr gut geglückt ist.

    Man muss einfach bereit sein, sich auf den Film ein bißchen einzulassen, ja etwas naiv anzuschauen, dann kann man solche in die Luft pustenden Aktionen sogar vorhersehen und passend finden.
    “Ich liebe sie” – “Mich?” – “Nein, sie.” Kein Brüller aber komisch. Genau wie der Film: Kein Meisterwerk, aber sehr solide Unterhaltung und, wenn man denn bereit ist, ein kleiner Ausflug in eine andere Welt.

  5. Dominic, man muss ihn aber schon sehr naiv anschauen. Am allermeisten nervt mich wohl der Spruch der Irrenhausleiterin, als ein Polizist die Beschreibung “Sir hat keine Schuhe” rausgibt: “Nein, das stimmt nicht – sie ist barfuß! Da ist ein Unterschied!”
    Das charakterisiert fast den gesamten Film: er versucht immer irgendwas zu sein, wie schon gesagt wurde ein klein wenig Road Movie, ein klein wenig tiefsinnig (“da habt ihr was zum Nachdenken”), ein klein wenig die-da-oben-kritisch (die Spießer sind doch viel bescheuerter als die Verrückten).
    Und bei den Versuchen bleibt es.

    Am zweitschlimmsten ist die Szene, in der Schweiger merkt dass er es in der Welt der reichen Spießer nicht aushält, beim Dinner bei dem die Kamera die Zeit rafft und sich mit seinem Kopf mitschüttelt…. und der Film eben versucht, ein klein wenig Musikvideo zu sein.

  6. Das ist ein Märchen, man muß sich da schon drauf einlassen wollen. Ein paar alberne Szenen? Geschenkt. Aber doch bitte nicht nach “Realismus” fragen. Das ist versponnener Kitsch, zumeist recht vergnüglich – und mit einer meiner jüngeren Lieblingsschauspielerinnen besetzt. Ich bin also parteiisch, milde gestimmt und habe immerhin schon 85 Minuten durchgehalten ;-)