Reverb 10

Ãœber das Reverb-Projekt bin ich bei misscaro und coolcat gestolpert. Darum geht’s:

“Reverb 10 is an annual event and online initiative to reflect on your year and manifest what’s next. Use the end of your year as an opportunity to reflect on what’s happened, and to send out reverberations for the year ahead.”

Jeden Tag eine Gelegenheit zur Reflektion. Ich bin spät dran und reflektiere die ersten acht Tage im Schnelldurchlauf.

December 1 – One Word.

Encapsulate the year 2010 in one word. Explain why you’re choosing that word. Now, imagine it’s one year from today, what would you like the word to be that captures 2011 for you?

Ein Wort: großartig. Jobs waren toll, Beziehung war toll, Freunde waren toll, und im Prinzip war auch das Internet toll. Aber eine Sache gab es, die das Jahr von „toll“ zu „großartig“ hat werden lassen. Jede_r, der oder die mein Blog dieses Jahr verfolgt hat, wird wissen, warum ich dieses Wort wähle. Weil Essen kein Dämon mehr ist, kein Seelentröster, kein Zwang, nichts, wofür ich mich hassen oder mir Vorwürfe machen muss, nichts, was mir mehr weh tut. Es ist einfach nur Essen. Und das ist so unglaublich viel für mich, weil es das so lange Zeit nicht war.

Wenn ich Ende 2011 das gleiche Wort nochmal nutzen könnte, würde mich das sehr freuen. Denn so ganz traue ich dem Frieden mit Körper und Geist natürlich nicht. Sonst wär ich ja nicht ich, wenn ich einfach mal was hinnehmen könnte, ohne es geistig zu zerpflücken. (Das klappt nur bei klassischer Musik und schlimmen chick flicks.)

December 2 – Writing.

What do you do each day that doesn’t contribute to your writing — and can you eliminate it?

Ich schreibe beruflich und dazu noch in ein Blog, das ich fast täglich aktualisiere. Mehr will ich gar nicht schreiben.

December 3 – Moment.

Pick one moment during which you felt most alive this year. Describe it in vivid detail (texture, smells, voices, noises, colors).

Ach, das hat wieder was mit Essen zu tun. Das wird der eintönigste Jahresrückblick, den ich je geschrieben habe.

Ich mochte ungefähr 365 Momente, in denen ich abends irgendwas gezaubert und es dann verzehrt habe. Aber der Augenblick, der mir sofort eingefallen ist, war der, als ich das hier gegessen habe. So simpel. Warmes, weiches Naanbrot mit den Fingern zerpflücken, das Brotstück durch das breiige Bohnenpüree ziehen, das milde Gemüse schmecken, die Hefe im Brot und das leichte Röstaroma, das Salz, die Zitrone, den Knoblauch – und dazu hatte ich einen fantastischen Rosé, von dem noch ein paar Flaschen in der Speisekammer stehen.

Ich habe mich dabei so lebendig gefühlt, weil es so einfache Zutaten waren, aus denen ich (ich!) etwas so Wundervolles gemacht habe. Es war einer der Augenblicke, in denen ich mich zurückgelehnt und jedem Gefühl auf der Zunge nachgespürt und gemerkt habe, wie sich das Glück auf der Zunge bis zum Herz ausbreitet. Ja, das klingt sehr schwülstig, aber so hat sich’s halt angefühlt.

December 4 – Wonder.

How did you cultivate a sense of wonder in your life this year?

Mein neuer Respekt für meinen Körper ist für mich jeden Tag ein kleines Wunder. Es ist so viel weggefallen – der angewiderte Blick in den Spiegel, die schlechte Laune, sobald auf der Waage eine Zahl zu sehen war, die höher war als die vor fünf Minuten, der unwillkürliche Griff zur Schokolade danach („Jetzt isses auch egal“), was den angewiderten Blick zur Folge hatte. Jetzt gucke ich in den Spiegel und sehe eine Frau, die sich mit dem angefreundet hat, was da vor ihr steht. Das mag nicht nach Gisele Bündchen aussehen, aber es sieht nach Anke Gröner aus. Und das steht mir sehr gut.

December 5 – Let Go.

What (or whom) did you let go of this year? Why?

Ich habe mich vom Selbsthass verabschiedet. Vom Selbstzweifel noch nicht dauernd, und auch der diätgestörte Kopf sitzt noch auf meinen Schultern. Aber wir haben Waffenstillstand geschlossen und gemeinsam den Hass vom Hof gejagt. Warum? Weil es so, so viel leichter ist, morgens aufzustehen, wenn man sich nicht von vornherein scheiße findet.

December 6 – Make.

What was the last thing you made? What materials did you use? Is there something you want to make, but you need to clear some time for it?

Wieder Essen, sorry. Ich habe gerade ein neues Rezept aus dem VegItalia-Buch ausprobiert, das mir eine freudliche Leserin geschenkt hat. Pasta e Fagioli, im Buch eine Suppe, bei mir Bohnenpaste mit Nudeln und Parmesan drüber. Sehr lecker.

December 7 – Community.

Where have you discovered community, online or otherwise, in 2010? What community would you like to join, create or more deeply connect with in 2011?

Ich habe auf Twitter eine Menge Menschen kennengelernt, die gerne über Essen reden. Im Offline-Leben bin ich noch etwas schüchtern, was das Treffen mit Foodbloggern angeht oder auch nur den Gang in ein Sterne-Restaurant. Gibt ja genug davon hier in Hamburg, aber ich traue mich da noch nicht so recht hin. Aber das ist etwas, das ich mir fürs nächste Jahr vorgenommen habe: mehr auswärts essen und mehr Menschen „in echt“ kennenlernen, mit denen ich stundenlang über Rotwein und Käse reden kann, während wir stundenlang Rotwein und Käse verzehren.

December 8 – Beautifully Different.

Think about what makes you different and what you do that lights people up. Reflect on all the things that make you different – you’ll find they’re what make you beautiful.

Ich finde es schwierig zu sagen, was ich mache, wovon andere gute Laune kriegen. Ich hoffe, das Blog hier ist so eine Sache. Und weil jedes Blog individuell ist, ist das logischerweise mein Differenzierungsmerkmal zu allen anderen. Eat this, „nur so geht bloggen“-Labernasen.