Matrix Revolutions

Matrix Revolutions
(USA, 2003)

Darsteller: Keanu Reeves, Laurence Fishburne, Carrie-Anne Moss, Hugo Weaving, Mary Alice, Sing Ngai, Jada Pinkett-Smith
Musik: Don Davis
Kamera: Bill Pope
Drehbuch: Andy & Larry Wachowski
Regie: Andy & Larry Wachowski

Wenn Matrix Revolutions den Titel Heute hau’n wir auf die Pauke gehabt hätte, hätte ich dem Film ein paar Punkte auf der Sympathieskala gegeben, denn er ist ein ordentlich gemachtes, wenn auch sehr konventionelles Stück Actionkintopp geworden. Leider steht aber Matrix Revolutions auf den Plakaten, und somit erwarte ich (denn die Hoffnung stirbt zuletzt), dass der dritte Teil der Saga an die Faszination des ersten anknüpfen und den unsäglichen zweiten Teil vergessen machen kann. Kann er aber nicht. Revolutions – deux points. Wenn’s hochkommt.

Auf den Plakaten steht noch etwas: “Everything that has a beginning has an end.” Ich bin ständig versucht, “und die Wurst hat sogar zwei” hinten dran zu hängen, so sehr geht mir inzwischen die völlige Hohlschwätzigkeit des Matrix-Universums auf die Nerven.

In der ersten halben Stunde von Matrix Revolutions dürfen wir uns wieder mit Programmen in Menschengestalt rumschlagen, die uns sicherlich was wahnsinnig Wichtiges mitteilen wollen, aber ich hab nach drei Sätzen voller choice, purpose und meaning nicht mehr zugehört. Wir begegnen noch einmal den Nervensägen aus Reloaded – dem franzackigen Merowinger und seiner großzügig dekolletierten Gespielin Persephone –, aber diesmal hält sich das belanglose Wortgefecht in Grenzen. Gottlob. Ich hätte beinahe Beifall geklatscht, als Trinity das Ganze auf den Punkt bringt: “I don’t have time for this shit.”

Monica Bellucci ist in diesem Film komplett auf ihre Oberweite reduziert und hat einen – einen! – Satz zu sagen. Der ist natürlich wieder von unglaublicher Wichtigkeit, denn das Wort love kommt drin vor. Und das ist auch die Botschaft, die uns in Matrix Revolutions in schöner Regelmäßigkeit um die Ohren gehauen wird, so diese denn noch auf Empfang sind: Wer liebt, gewinnt. (Oder wahlweise: Wer glaubt, gewinnt. Irgendwie.)

Die folgenden 90 Minuten fühlen sich dann eher nach „Terminator meets Alien“ an als nach Matrix – was ich aber ganz erholsam fand. Die Maschinen haben Zion aufgespürt und dringen in die Stadt ein, die Bewohner wehren sich nach Kräften, und es zündelt und explodiert, dass es eine Freude ist. In dem ganzen Feuersturm fällt dann auch gar nicht mehr auf, dass eine Menge Handlungsstränge komplett unter den Tisch fallen oder keine Auflösung stattfindet. Egal. Ich hab eh irgendwann nicht mehr durchgeblickt, welche Programme jetzt gegen wen und wieso das Orakel und der Architekt und dieser komische Inder und der Trainman und überhaupt … statt mir weiter nutzlose Interpretationen (vulgo: heiße Luft) aus dem Schädel zu klopfen, habe ich wohlig an meiner Cola gezuzzelt und entspannt dem munteren Treiben der Special Effects zugeguckt.

Aber dann musste mal wieder ein bisschen geredet werden. Trinity darf darüber monologisieren, was sie Neo alles noch sagen wollte, Morpheus darf dem Senat erklären, dass er keine Ahnung hat, ob Neo sein Ziel erreicht, aber hey, er versucht es wenigstens, und ein Kommandant der Bodentruppe darf eine schmissige Rede halten, die auch aus Independence Day hätte stammen können: “If these machines will kill us, at least we give them hell before!” Yeah, man! Und schon fühlt sich der 16jährige, der die Kanonen nachladen darf, nicht mehr ganz so nach Volkssturm an, sondern wie ein heiliger Krieger. Wobei ich grad nicht weiß, ob das besser ist.

Das Finale verströmt wieder ein bisschen Matrix-Geist: Der Showdown mit Agent Smith ist ziemlich nett geworden und nicht mit Bullet Time oder Zeitlupe zugekotzt worden, und das Ende, das nicht ohne Verluste unter unseren Helden ausgeht, versöhnt ein wenig, denn es ergibt ein halbwegs rundes Bild. Es passt zu den ausgelegten Fährten des einen Auserwählten; die ganzen religiösen Anklänge erhalten eine stimmige Auflösung, und es versinkt nicht in Kitsch. Womit ich nicht gesagt habe, dass es überhaupt nicht kitschig ist.

Ganz perfekt ist es allerdings nicht, denn die Maßnahme, die der Film anbietet, löst nicht das Problem, das eigentlich die Hauptmotivation hinter der ganzen Trilogie ist: nämlich die Befreiung der Menschheit aus ihrem Dasein als pure Energiespender für die Maschinen.

Deswegen ist mir jetzt noch schleierhafter als nach Reloaded, wofür wir zum Teufel drei Filme gebraucht haben, wenn wir eigentlich nicht sehr viel weiter sind als nach dem ersten. Ich hatte ja schon in der Kritik zu Reloaded angemerkt, dass ich der offiziellen Sprachversion nicht traue, dass Matrix von vornherein als Trilogie angedacht gewesen ist. Wenn dem so wäre, hätte ich mir für den zweiten und dritten Teil genauso clevere Drehbücher gewünscht wie für den ersten, die nicht so klingen, als wären sie um die Special Effects rumgetextet worden. Und ich hätte mir eine Dramaturgie gewünscht, die nach dem ersten Teil nicht noch mehr Fragen aufwirft und die dann einfach nicht beantwortet und die mir außerdem im dritten Teil nicht noch mehr seltsame Charaktere zumutet, deren Bedeutung mir bis zum Schluss schleierhaft geblieben ist.

Nach Matrix Revolutions bleibt ein bisschen Wehmut zurück. Wehmut darüber, dass zwei mittelprächtige bis schlechte Popcornstreifen der Intelligenz und dem Geist eines Überraschungserfolgs einen schlechten Geschmack beimischen. Wenn es wenigstens nur blöde Sequels gewesen wären wie zum Beispiel bei Highlander, dem die fürchterlichen Fortsetzungen nichts anhaben konnten. Reloaded und Revolutions haben sich aber leider von vornherein auf die Fahnen geschrieben, das Original noch übertreffen zu wollen. Davon sind sie weit entfernt. Und damit haben sie den ersten Teil in meinen Augen ein kleines bisschen entwertet, denn nun fühlt er sich an wie ein normaler Film, der leider mit einer miesen Auflösung geschlagen ist und nicht mehr wie ein schlaues Meisterwerk mit offenem Ende.

Master and Commander

Master and Commander: The Far Side of the World
(Master and Commander: Bis ans Ende der Welt, USA 2003)

Darsteller: Russell Crowe, Paul Bettany, Billy Boyd, James D’Arcy, Edward Woodall, Chris Larkin, Max Pirkis, Lee Ingleby
Musik: Klaus Badelt, Iva Davies, Christopher Gordon, Richard Tognetti
Kamera: Russell Boyd
Drehbuch: Peter Weir & John Collee, nach den Romanen von Patrick O’Brian
Regie: Peter Weir

Was macht eigentlich ein Epos aus? Für mich ist ein Epos ein Film, der meist einen historischen Hintergrund hat und der eine relativ klar strukturierte Geschichte erzählt, in deren Verlauf viele kleine menschliche Begebenheiten aus eben dieser klaren Geschichte ein ganzes Panorama zeichnen.

Master and Commander ist ein Epos. Und was für eins.

Der historische Hintergrund des Films sind die napoleonischen Kriege. Es geht um das englische Kriegsschiff HMS Surprise, das den Auftrag hat, das französische Schiff Archeron zu stoppen. Vor der Küste Brasiliens liefern die beiden Schiffe sich ein Gefecht, das die Surprise verliert. Aber anstatt nun geschlagen nach England zurückzukehren, lässt Kapitän Jack Aubrey (Russell Crowe) sein Schiff auf See reparieren und nimmt die Verfolgung der Archeron auf.

Master and Commander erzählt von dieser Verfolgungsjagd, aber eigentlich rückt diese Geschichte in den Hintergrund; viel eher erzählt der Film vom Leben an Bord. Wir begegnen mehreren einzelnen Charakteren, von denen jeder eine Art Blaupause für viele ist. Der Offizier, dem seine Männer keinen Respekt entgegenbringen. Der kleine Junge, der durch seine adlige Abstammung einen höheren Rang einnimmt als Männer, die doppelt so alt sind wie er. Der Koch, der weiß, dass er eine kleine Sonderstellung an Bord hat. Die Mannschaft, von denen jeder einzelne weiß, dass er sein Bestes geben muss, damit niemand zu Schaden kommt. Und natürlich der Kapitän, der stets ein Vorbild sein muss, der aber auch für Disziplin sorgen und daher manchmal sehr unpopuläre Entscheidungen treffen muss.

Allein die Tatsache, dass die Surprise nicht nach Hause zurückkehrt, ist eine solche Entscheidung; ebenso die Tatsache, dass man sehenden Auges einem Feind entgegentritt, der stärker und besser ausgerüstet ist als man selbst. An Bord gibt es nur einen, der es wagt, dem Kapitän ab und zu zu widersprechen: Stephen Maturin, der Schiffsarzt (Paul Bettany), der ebenfalls ein Sonderling an Bord ist. Als Nicht-Seemann ist er allerlei Späßen ausgesetzt, die er aber gutmütig und anscheinend fasziniert von der menschlichen Natur hinnimmt.

Aus der Dynamik dieser beiden Männer ergibt sich die Spannung, die den ganzen Film durchzieht und aus ihm mehr macht als ein reines Seefahrer-Abenteuer. Während der Kapitän Schlagworte wie Vaterland, Stolz und Disziplin im Munde führt, ist der Arzt eher ein Forscher, ein Denker, jemand, dem sein Vaterland ziemlich egal ist, wenn er knietief im Blut stehend seine Mannschaft verarztet. Sein Verständnis von Fortschritt und Humanität ist ein anderes als das des Kapitäns, und obwohl die beiden Männer alte Freunde sind, ist klar, wer an Bord das Sagen hat und wer stets zurückstecken muss.

Was sich anhört wie eine simple Charakterstudie, ist mehr. Beide Männer überraschen den Zuschauer mit Regungen, die wir nicht erwartet haben. Ab und zu entdeckt man unter der strengen Schale des Kapitäns eine sehr weiche Seite, sei es beim Geigenspiel oder als er einem verletzten Jungen ein Buch ans Krankenlager bringt und ihm erzählt, dass es einige sehr hübsche Illustrationen zu bieten habe. Genauso kommt beim Arzt, der sich deutlich gegen die Mission des Kapitäns ausspricht, auf einmal ein Pflichtgefühl durch, das ihn dazu bringt, seine eigenen Wünsche für das Wohl der Gemeinschaft zurückzustellen.

Master and Commander lebt von seiner unaufdringlichen, aber eindrucksvollen Inszenierung. Man wird nicht mit üppigen Geigen zugeschmettert, und die Kameraarbeit ist fast altmodisch gradlinig. Man könnte erwarten, dass einem nach 20 Minuten der Anblick von Holzplanken, Großsegeln und Wasser, Wasser, Wasser langweilig wird. Dem ist aber nicht so. Die ruhige Kamera sorgt sowohl für atemberaubende Weiten als auch für sehr intime Blicke in die Gesichter und Herzen der Charaktere. Außerdem ist es Kameramann Russell Boyd gelungen, durch viele verschiedene Perspektiven ein sehr ausführliches Bild vom Schiff zu zeichnen. Man bekommt ein sehr gutes Gefühl für die Surprise und verliert sich so nie an Bord, wobei der Detailreichtum des Sets und die vielen kleinen Gesten und Handlungen der Mannschaft den Eindruck noch vervollständigen.

Aber bei aller Liebe zur Story und zur Ausstattung – was Master and Commander so außergewöhnlich macht, sind seine Darsteller. Russell Crowe ist für mich einer der wenigen Schauspieler, der durch seine reine Präsenz beeindruckt. Ich habe bei ihm nie das Gefühl, dass er spielt; im Gegenteil, ich nehme ihm jede seiner Rollen ab, weil er mindestens einmal in jedem seiner Filme diesen zwingenden Gesichtsausdruck draufhat, der mir sagt: Das hier ist kein Spaß. Crowe spielt den Kapitän nicht nur, er ist es. Jeder Blick von ihm kommandiert ein ganzes Schiff – und die Zuschauer. Man glaubt ihm einfach, was er tut und sagt, ohne dass er uns erklären muss, warum.

Paul Bettany als sein Gegenpart Stephen beeindruckt durch eine leicht spöttische Zurückhaltung, die seinen Sinneswandel in Richtung Pflichtgefühl umso dramatischer macht. Beide zusammen ergeben ein perfektes Gespann, dem wir atemlos und gleichzeitig voller Vertrauen um die halbe Welt folgen.

Master and Commander ist ein altmodischer Film. Er lässt sich Zeit, um seine Geschichte zu entwickeln, er führt uns erst in alle Gepflogenheiten an Bord ein, bevor er langsam an Dramatik zunimmt, und immer, wenn man glaubt, jetzt kommt ein bisschen Tempo in den Film, geschieht genau das Gegenteil. Die Story läuft zwar zwingend auf die erneute Auseinandersetzung mit der Archeron hinaus, aber auf dem Weg dahin haben wir genug Gelegenheit, uns an Bord umzusehen. Der Film besteht eher aus vielen einzelnen Momenten als aus einer langen Geschichte. Aber genau das macht ihn zum Schluss beim großen Gefecht so mitreißend – alle an Bord sind uns inzwischen ans Herz gewachsen, und ganz plötzlich entfaltet sich die Hingabe der Mannschaft an ihren Kapitän und seine Mission in ihrer ganzen epischen Breite. Und auf einmal wird man fast selbst zum Teil der Mannschaft, fiebert mit, leidet mit, erlebt mit, während man vorher nur ein Zuschauer, ein Gast an Bord war. Und deswegen fällt es einem zum Schluss sehr schwer, sich von dieser Mannschaft zu verabschieden, mit der man so viel mitgemacht hat. Ein ganzes Epos, um genau zu sein.

Finding Nemo

Finding Nemo
(Findet Nemo, USA 2003)

Originalstimmen: Albert Brooks, Ellen DeGeneres, Alexander Gould, Willem Dafoe, Allison Janney, Geoffrey Rush
Musik: Thomas Newman
Kamera: Sharon Calahan, Jeremy Lasky
Drehbuch: Bob Peterson, Andrew Stanton
Regie: Andrew Stanton

Um’s kurz zu machen: Ich verneige mich mal wieder in Ehrfurcht vor Pixar. Soweit ich weiß, ist es das einzige Studio, bei dessen Filmen ich mich jedesmal – jedesmal! – mitten im Film dabei erwische, mit offenem Mund auf die Leinwand zu glotzen wie eine Sechsjährige und ständig versucht bin, den Charakteren zuzurufen: „Nein, nicht da lang, Kasper! Da wartet das Krokodil!“ Sie kriegen mich jedesmal. Und dabei sind da auf der Leinwand doch nur PIXEL!

Finding Nemo handelt vom Clownfisch Marlin, dessen Sohn Nemo von einem Sporttaucher gefangen wird. Dieser landet in einem Aquarium in einer Zahnarztpraxis und versucht zu fliehen, während Marlin den ganzen Ozean nach ihm absucht und dabei eine Menge neuer Bekanntschaften macht: mit dem Fisch Dory zum Beispiel, der unter einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses leidet, aber dafür lesen kann (“I can read? I CAN READ!”); er trifft eine Selbsthilfegruppe für Haie (“Fish are friends – not food!”), bekiffte Schildkröten, die auf einer Strömung in Richtung Australien surfen (“Grab a shell, dude!”) und noch viele weitere Charaktere, die sich im Meer halt rumtreiben. Jeder einzelne von ihnen verströmt diesen wundervollen Pixar-Charme, der aus einem animierten Fisch eben einen Vater macht, der sich um seinen Sohn sorgt und aus einem Seestern einen Experten für Wurzelbehandlungen.

Der Film fühlt sich weniger zwingend an als die Vorgänger Monsters, Inc, A Bug’s Life oder Toy Story. Die Geschichte hat zwar eigentlich eine klare Richtung, aber irgendwie weicht man ständig vom Weg ab. Das mag an den geteilten Schauplätzen liegen, zwischen denen wir ständig hin- und herspringen – Marlin im Ozean, Nemo im Aquarium –, aber ich denke, es sind eher die ganzen Mitspieler, mit denen sich die beiden „Hauptdarsteller“ das Wasser teilen. Alle fünf Minuten lernen wir jemand anders kennen, und so vergisst man beim Zuschauen manchmal komplett, dass man sich auf einer zielgerichteten Suche befindet, soviel gibt es zu sehen und zu entdecken. Der Film fühlt sich fast an wie ein Roadmovie, wo der Weg das Ziel ist. Und da Pixar zu Disney gehört, gibt’s auch ein bisschen Botschaft zwischen den ganzen Witzen: Marlin und Nemo lernen auf ihrer Reise, dass man Kindern mal die lange Leine gönnen sollte, aber auch, dass Väter manchmal recht haben.

Aber selbst die wenigen moralischen Einsprengsel stören kaum, denn man eigentlich gar keine Zeit, großartig über sie nachzudenken. Der Film hat ein hohes Tempo, wundervoll ausgefeilte Dialoge und die üblichen kleinen Gags, die jede Szene veredeln und wegen derer man den Blick gar nicht von der Leinwand wenden möchte, um bloß nichts zu verpassen. Fast überflüssig zu erwähnen, dass die Optik wie immer bei den Pixelschubsern atemberaubend ist. Selten sah der Meeresboden so verlockend, so feindselig, so leer, so überfüllt, so glitzernd blau und so unheimlich tiefschwarz aus wie in Finding Nemo.

Pixar hat es also mal wieder geschafft: Ich habe aus vollem Halse gelacht, als ein Seepferdchen zugibt, gegen Wasser allergisch zu sein, habe heimlich zwei oder drei Tränen verdrückt, als Dory Marlin gesteht, dass sie sich bei ihm zuhause fühle, habe atemlos meine Fingernägel in die Armlehne gedrückt, als ein riesiger Wal auftaucht, habe fast lauthals mitgejubelt, als Marlin Nemo endlich wieder in die Flossen schließen kann und habe sogar den einzigen Ekeldialog (“I love you, Daddy”) gut gelaunt hingenommen.

Das einzige, was ich an Finding Nemo auszusetzen habe, ist das Fehlen der Outtakes im Abspann, an die ich mich doch bei den anderen Pixar-Filmchen so gewöhnt habe. Dafür singt Robbie Williams Beyond the sea als Rausschmeißer, und neben sämtlichen Charakteren darf auch Mike aus Monsters, Inc ganz zum Schluss mit Taucherbrille durch den Abspann schwimmen. 9,9 von 10 Punkten. Mehr davon.

El crimen del padre Amaro

El crimen del padre Amaro (Die Versuchung des Padre Amaro): stimmungsvoller mexikanischer Film mit Schnuffi Gael García Bernal. Vordergründig geht es um die Geschichte eines jungen Priesters, der der Versuchung der körperlichen Liebe erliegt. Daneben beschäftigt sich der Film aber auch mit dem Leben im heutigen Mexiko, mit der Stellung der Kirche und ihren Angestellten, Ambitionen versus Gefühlen und Moral versus Geschäft. Manchmal wirkt die Geschichte ein wenig zerfahren – man weiß nicht so genau, was eigentlich das Hauptthema des Films ist, aber eine gefühlvolle Darstellerriege tröstet über manche Ungereimtheiten oder allzu altmodische Klischees hinweg.

Ich hab mir den Film im spanischen Original mit Untertiteln gegeben und behaupte, ungefähr vier Sätze verstanden zu haben. Meine Güte, ist diese Sprache schön. Und meine Güte, sprechen die Mexikaner schnell!

Old School

Old School: typischer Männerfilm über drei Kerle, die ihrem langweiligen Erwachsenenleben dadurch entfliehen, dass sie eine studentische Verbindung gründen. Luke Wilson, Vince Vaughn und Will Farrell sind nette Jungs und daher für diesen Film viel zu schade. Er wimmelt von vorhersehbaren Gags auf Grundschulniveau, dummen Dialogen und einer Story, die ihren Namen nicht verdient. Dafür ist das Bonusmaterial auf der DVD ganz unterhaltsam. Trotzdem Daumen runter. Leider. Ich hatte mir ein bisschen mehr davon versprochen als die übliche Gummipuppen- und Bierdosen-Nummer. Ich weiß allerdings nicht mehr, warum.

Anger Management

Anger Management (Die Wutprobe): schlecht, schlecht, schlecht. Eine „Pointe“, die man aus zehn Kilometern Entfernung riecht, eine „Story“, die so belanglos und abstrus ist, dass man sich nie entscheiden kann, ob man gelangweilt oder genervt sein soll, und ein völlig verschenktes Ensemble aus eigentlich guten Darstellern, die sich hier durch die Bank nutzlos zum Affen machen. Der Trailer war witzig, aber für mehr als zweieinhalb Minuten reicht die Story um einen Mann (Adam Sandler), der zu einer Aggressionstherapie bei einem anscheinend ziemlich durchgeknallten Arzt (Jack Nicholson) verurteilt wird, dann auch nicht.

Nicholas Nickleby

Nicholas Nickleby: Es gibt Filme, bei denen einem einfach das Herz aufgeht, bei denen man sich nach wenigen Minuten wieder wie ein Kind fühlt, dem vorgelesen wird. Man folgt mit offenem Mund der Geschichte, obwohl man bereits ahnt, wie sie weitergeht, aber man möchte jedes Detail mitbekommen, jede Geste würdigen und die Hauptpersonen gar nicht wieder ziehen lassen. So ein Film ist Nicholas Nickleby.

Er ist vordergründig eine altmodische Familiengeschichte und doch so viel mehr: Es geht um Freundschaft, Liebe und den Sieg des Guten. Die Buchvorlage stammt von Charles Dickens, und dementsprechend wimmelt es im Film von bösen Oberschurken, die aber zum Schluss natürlich ihre Strafe bekommen, und ehrlichen, großherzigen Lichtgestalten, die zwar einiges durchstehen müssen, aber doch als die Sieger vom Platz gehen.

Dickens birgt ja stets die Gefahr, dass die relativ simple Botschaft seiner Werke durch ebenso simple Dialoge runtergedummt wird oder dass man den Schauspielern ihre Emotionen nicht abnimmt, weil diese schon ziemlich plakativ angelegt sind. Hier funktioniert aber alles: Die Geschichte wird mit einer wundervollen Leichtigkeit und einem großartigen Ensemble erzählt. Nathan Lane und Barry „Dame Edna“ Humphries machen jede ihrer Dialogzeilen zu einem Genuss, Jamie „Billy Elliot“ Bell bricht einem mit jedem Blick das Herz, und Charlie Hunnam in der Titelrolle ist so unschuldig und bemüht, stets das Richtige zu tun, dass man ihm nachsieht, ein bisschen wie ein weichgespülter Heath Ledger zu agieren. Christopher Plummer, Edward Fox, Juliet Stevenson und Jim Broadbent als die Bösen runden die Darstellerriege perfekt ab. Besondere Beachtung verdient Tom Courtenay als Butler von Plummer, der einen wundervollen Sidekick abgibt und das Böse stets ein wenig lächerlich aussehen lässt.

Der Film ist fürchterlich altmodisch, strotzt nur so von theatralischen Sets und nimmt sich viel Zeit für seine Story. Aber ich habe mich die ganze Zeit so wohl und warm und aufgehoben gefühlt, dass ich den Beginn des Abspanns verflucht habe wie schon lange nicht mehr.

Also: die Sofakissen aufschütteln, Kuscheldecke bereitlegen, Tee kochen und DVD ausleihen. Sofort.

(Ich guck ihn jetzt nochmal. Nee, watt isset schön.)